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kaffeeelse

Bewertungen

Insgesamt 564 Bewertungen
Bewertung vom 03.03.2024
Kanadischer Winter / John Cardinal Bd.1
Blunt, Giles

Kanadischer Winter / John Cardinal Bd.1


sehr gut

Spannende Mörderhatz im kanadischen Winter


John Cardinal und Lise Delorne sind die ermittelnden Polizisten in dem Fall um die ermordete dreizehnjährige Chippewa Katie Pine in Algonquin Bay in Ontario. Zwei ungleiche Ermittler, die einander neu zugeteilt wurden, die nun miteinander auskommen müssen. Denn für John Cardinal ist die Versetzung von Lise Delorne aus der Abteilung Sonderermittlungen ein Achtungsgebot. Ermittelt sie etwa gegen ihn? Trotz dieser Bedenken raufen sich die Beiden zusammen, es geht schließlich um das widerwärtigste Verbrechen überhaupt, ein Mord an einem Kind. Und die beiden ermittelnden Polizisten finden schnell noch mehr Grauen.



„Kanadischer Winter“ ist ein rasanter und spannender Krimi, den man kaum aus der Hand legen kann. Es sei denn man ist dazu gezwungen, wie es mir leider erging. Dennoch empfand ich dieses Buch als so ein Buch, welches man bibbernd bis um Vier Uhr morgens in der Hand hält und beim Lesen vergisst, das Licht auszumachen und vielleicht doch mal zu schlafen. Die Charaktere der Ermittler verlangen förmlich nach mehr, denn sie sind sehr sympathisch und authentisch gezeichnet. Die Örtlichkeiten, das verschneite Kanada und das Auftreten von Indigenen, wenn auch nur kurz, sind sowieso mein Beuteschema. Und auch in diesem Krimi ist beides gut eingebunden. Was ich etwas zu bemängeln hatte, in der Rasanz des gezeichneten Themas ist einiges Tun gerade gegen Ende des Buches hin etwas zu vorhersehbar geraten. Dennoch ist das Buch spannend gelungen und ich hoffe definitiv auf mehr von John Cardinal und Lise Delorne.

Bewertung vom 03.03.2024
Meine Männer
Kielland, Victoria

Meine Männer


sehr gut

Trauma und Folgen


Victoria Kielland wirft in ihrem Roman „Meine Männer“ einen Blick auf die erste bekannte amerikanische Serienmörderin, sie wirft einen Blick auf Belle Gunness. Und dieser Blick ist spannend, absolut nicht einfach zu lesen, denn es klingt schon etwas verschroben und künstlerisch verdichtet. Dennoch empfand ich dieses Buch als richtig interessant. Denn was bedeutet es eine vielfache Mörderin zu sein, wie kann man dazu fähig sein und wie schafft man es sich dieses Tun selbst zu erklären. Unter diesem Gesichtspunkt ist dieser Blick auf diese Belle Gunness interessant gewählt. Ob diese Erklärung und diese Sichtung hier stimmig sind, wer weiß. Aber es ist ein interessanter Versuch sich in die Denke dieser Person einzufühlen. Ob die gezeichneten Gründe hier stimmig sind, keine Ahnung. Aber wir wissen, dass es Menschen gibt, die zu mehrfachen Morden fähig sind. Die zu schlimmen Taten fähig sind. Die Gründe hierzu werden sicher recht mannigfaltig sein. Hier ist eine Version auf das Leben der Belle Gunness zu lesen. Ob diese stimmt. Keine Ahnung. Man sollte auch bedenken, dass diese Person zu vielen Neuanfängen fähig war, viele Menschen regelrecht umgarnen konnte und nie gefasst wurde. Gut, dies mag damals sicher einfacher gewesen sein in den USA. Aber dennoch zeigt dies auch ein gewisses schauspielerisches Talent auf, was hier in dieser Geschichte nicht vollkommen zum Tragen kommt. Aber gut, hier wird ja auch versucht, das Hauptaugenmerk auf die Denke von Belle Gunness zu richten. Die sicherlich verschroben gewesen sein muss. Aber eigentlich könnte man auch sagen, wer weiß das schon. Vielleicht hat sie dieses Tun auch genießen können und war überhaupt nicht verschroben. Vielleicht ist der Versuch dies so zu gestalten nur eine Möglichkeit für Normal Empfindende sich dieses Grauen begreifbarer zu machen. Letztlich Auskünfte darüber geben können nur die Täter und ob man diesen Menschen noch so einen Raum geben sollte. Nun ja. Ich finde dies gar nicht gut. Aber gut. Ist ja nur meine Meinung. Gern gelesen habe ich dieses Buch hier allemal.

Bewertung vom 03.03.2024
Transitmaus
Sichelschmidt, Eva

Transitmaus


sehr gut

Ja, wahrlich ein kleines Mäuschen


Die Erzählstimme in Eva Sichelschmidts Roman „Transitmaus“ möchte ihrer drögen Heimat entfliehen, möchte etwas Neues, möchte etwas Modernes, möchte weg aus dem Ruhrgebiet, möchte weg von einem traumatischen Geschehen. Sie wählt sich als neues Ziel das schillernde West-Berlin aus, eine interessante Wahl, war doch diese Enklave ein Ziel von interessanten Leuten und auch dadurch bildete sich dort eine ganz eigene Art von kulturellem und auch politischem Leben. Somit klingt das neue Buch von Eva Sichelschmidt doch sehr interessant. Und wieder fangen mich hier meine Erwartungshaltungen ein. Denn leider ist dieses West-Berliner Leben hier nur sekundär. Das Hauptaugenmerk liegt in „Transitmaus“ auf der naiven Erzählstimme, diesem Mäuschen. Eine Erzählstimme, die mir mehr und mehr auf den Nerv geht. Dennoch ist dieses Buch gut geschrieben, es ist nie langweilig. Nur diese junge Frau nervt mich ungemein. Vielleicht waren es in der letzten Zeit einfach zu viele Coming of Age Romane. Vielleicht triggert mich dieses Naive. Sicher eine Mischung aus beidem. Denn getroffen wurde dieser Charakter von Eva Sichelschmidt grandios. Ihre Unsicherheiten, ihre Fluchtgründe, ihre einfachen Sichten, dieses Verstecken bei Männern, dieses vor sich hinleben ohne Ziel. Einen Teil kennt man aus der eigenen Findung, selbst möchte man ja ganz anders gewesen sein, doch ob das die Personen der damaligen Zeit auch sagen würden?! Nun gut. Von daher ist dieses Finden gut getroffen, obwohl ich hier ein Finden wollen etwas vermisse. Denn ein Wollen erkennt man bei der Transitmaus wenig. Ihr Weggang aus dem Ruhrgebiet war ein Wollen. Ansonsten finde ich wenig Wollen, sondern eher ein Treiben lassen, ein Vertrauen in die Liebe, welches letztendlich umsonst war, wie bei vielen anderen Menschen. Die Gründe der Flucht aus dem Ruhrgebiet offenbaren sich nach und nach und auch dadurch drängt ein gewisses traumatisches Erleben der Erzählstimme in den Vordergrund, doch letztlich kann man der Erzählstimme und ihren Erinnerungen auch nicht immer trauen. Obwohl man auch vermuten könnte, dass diese Erinnerungen schon von der Transitmaus erträglicher gemacht wurden. Und deshalb kann man dieser Transitmaus nur wünschen, dass alles ertragbarer für sie wird, nach und nach. Was sich ja irgendwie abzeichnet.

Bewertung vom 02.03.2024
Die Stärkste unter ihnen
Seemann, Selina Kristin

Die Stärkste unter ihnen


sehr gut

Milena schaut vor und zurück


Milena will sich verlieben, und zwar in Josh, sie ist deshalb zu ihm nach Irland gefahren. Doch so einfach ist dies natürlich nicht. Denn die Vergangenheit, der Milena entfliehen will, reist natürlich mit. Und so wirft Milena Blicke in die Zukunft und Blicke in die Vergangenheit. Und die Vergangenheit wirft lange Schatten. Denn da gab es den Erwachsenen Nick, der Milena manipuliert hat und zu einem Werkzeug gemacht hat, nämlich zu einer willigen Sexgespielin. Die erst spät begriffen hat, welches Spiel Nick hier betreibt. Aber wichtig ist, Milena hat es schlussendlich begriffen. Und natürlich fällt diese Vergangenheit nicht von Milena ab und verschwindet. Sie ist ein Teil von ihr und sie wird Zeit brauchen sich von dieser Vergangenheit zu lösen. Und dies kommt in Selina Seemanns Roman gut rüber. Auch die Zeichnung der Protagonistin Milena gelingt der Autorin Selina Seemann in ihrem Roman „Die Stärkste unter ihnen“ recht gut. Sie zeichnet eine junge Frau mit ihren Fehlern, Fehler, die etwas mit den Lesenden machen. Und dies wiederum zeigt, dass dieses Buch triggert. Und wenn man sich dann fragt, warum dieses Buch triggert, zeigt dieses Buch durch die Antwort der Lesenden die Wichtigkeit dieses Buches. Oder täusche ich mich hier? Ich denke nicht.



Der Blick in die Vergangenheit zeigt der Protagonistin den Weg in die Zukunft und das gibt das Buch gut rüber. Für eine 5 Sterne Bewertung fehlt aber noch einiges, mir war die Schreibe etwas zu distanziert, so dass ich keine Verbindung finden konnte, aber vielleicht sperrt frau sich hier gleich automatisch, dies kann natürlich auch sein.



Denn dieses Thema stößt natürlich ab und insgeheim hofft man natürlich, dass man gefeit ist vor solchen Reinfällen. Aber in einem ruhigen Moment, wenn man sich dann ehrlich fragt, wäre dies denn in jungen Jahren wirklich so gewesen, hätte man die Kraft und das Wissen gehabt so ein falsches Spiel zu durchschauen? Diese Frage kann ich nicht völlig mit einem Ja beantworten. Und dies macht nachdenklich.



Was mich gestört hat, ist der Buchtitel. „Die Stärkste unter ihnen“ Wieso wird so ein Geschehen mit Stärke gleichgesetzt. Waren dann die anderen Mädchen schwach? Dies klingt irgendwie verwerflich in meinen Ohren, in meinem Hirn. Denn ist nicht auch eine Gesellschaft, die so etwas zulässt und nicht energischer dagegen vorgeht, schwach? Denn unsere Jugend ist ja eigentlich unsere Zukunft und gehört geschützt. Oder irre ich mich hier?

Bewertung vom 02.03.2024
California Girl
Halpern, Tamar

California Girl


sehr gut

Timeys Weg


Timey, ein vierzehnjähriges Mädchen pendelt in den 80er Jahren zwischen ihren geschiedenen Eltern in Los Angeles und Berkeley hin und her. Und ebenso pendelt sie in ihrem Leben hin und her. Sie begehrt auf, sie probiert aus, sie will sich finden. Und dies geschieht in ihrem eigenen Tempo. Sehr langsam, wie ich finde, aber gut sie ist vierzehn, dies darf man nicht vergessen. Rotzig im Ton, was mir sehr gefällt, dann wieder tiefsinnig, dann wieder recht künstlerisch, so kommt dieses Buch rüber. Was das Lesen nicht unbedingt immer einfach macht. Aber nicht nur das Lesen ist teils etwas holprig, nicht so in einem Fluss, auch eine Verbindung zur Hauptfigur wird durch die Gesamtkomposition etwas erschwert. Denn Timey müsste mich eigentlich erreichen, dies passiert nur recht wenig und ich glaube hier nicht, dass dies hier an mir und meiner Wahrnehmung der Hauptfigur lag.



Ebenso habe ich mir mehr Informationen zur Situation in Berkeley erhofft, aber gut, dies muss einer pendelnden Vierzehnjährigen nicht unbedingt auffallen, die ja mehr mit dem Deuten der Dinge beim jeweiligen Elternteil beschäftigt ist und ebenso mit ihrer Zugehörigkeit kämpft. Dann wird auch nicht jede 14-jährige gleich weit sein und gegen die Ungerechtigkeiten der Welt kämpfen, besonders wenn ihr genügend Ungerechtigkeiten in der näheren Umgebung das Leben schwer machen und sie beschäftigt halten. Von daher finde ich das Buch von Tamar Halpern schon recht stimmig und gelungen.



Nur eben der sich verändernde Schreibstil reißt meiner Meinung die Lesenden etwas aus der Thematik und dies sollte verfeinert werden. Aber nicht falsch verstehen, das Buch hat mir gefallen, auch wenn es mir eine andere Welt in den 80ern gezeigt hat, als ich erwartet hatte. Aber da haben wir es wieder, die unsäglichen Erwartungshaltungen, die einem das Leben schwerer machen. Aber völlig verhindern kann man sie nicht. Und wenn ich von einer Jugend in den 80ern lese, vergleiche ich auf jeden Fall. Dies ist glaube ich auch völlig normal. Und dass nicht jede Jugend in den 80ern Erwartungen erfüllt, ist glaube ich ebenso normal. Denn die Örtlichkeiten und die jeweiligen persönlichen Situationen variieren halt. Und Tamar Halpern gelingt es hier eine stimmige Timey zu zeichnen, deren noch interessantere Jahre sicher noch folgen werden, denn mit 14 hat sicher nicht jeder schon gegen das Unrecht der Welt protestiert und ist mit Pauken und Trompeten durch die Stadt gezogen.

Bewertung vom 02.03.2024
Die Dauer der Liebe
Gruber, Sabine

Die Dauer der Liebe


sehr gut

Schlagartig ist alles anders


Die Übersetzerin Renata verliert nach fünfundzwanzig Jahren Beziehung ihren Mann Konrad. Sie waren nicht verheiratet und ein Testament existiert auch nicht. Konrads Familie erkennt die Beziehung nicht als eine langjährige Beziehung an, verfällt eher der Krankheit der Gier und so wird Renata nicht nur ihres Mannes beraubt, sondern auch vieler Erinnerungen. Heftig! Definitiv. Doch dieses Buch zeigt, dass der Mensch auch unter den widrigsten Bedingungen versucht in die Zukunft zu schauen. Und genau dies versucht Renata, mit Hilfe ihres sozialen Netzes gelingt ihr dies auch. Ohne diesem sozialen Netz wäre dies sicher viel traumatischer verlaufen und so sieht man wieder, wie wichtig Freunde in einer gewissen Anzahl sind. Zwar gelingt diese Neuorientierung Renata mit wechselnden Stimmungen und mit wechselnden Kraftverhältnissen, aber genau dies macht das Buch authentisch, denn wer wird hier nur zukunftsorientiert durch die eigene Misere schreiten. Nur jemand bei dem keine Gefühle mehr da sind. Und dies ist bei Renata nicht der Fall. Renata durchschreitet die Phasen der Trauer und muss sich zudem noch mit der unempathischen Familie von Konrad herumschlagen. Harter Tobak. Aber nicht nur dies passiert. Auch die Vertrauensfrage gegenüber Konrad steht im Raum. Denn beim Sichten der zurückbleibenden Dinge treten auch Ungereimtheiten auf, Nachfragen geht ja nicht mehr und so muss sich Renata eigene Urteile bilden. Ein harter Weg für Renata, aber ein vollkommen nachvollziehbarer. Definitiv ein sehr interessantes Buch über ein schweres und schlimmes Thema.



„Die Dauer der Liebe“ von Sabine Gruber ist ein kluges Buch über den plötzlichen Verlust eines geliebten Menschen. Zudem ist es sprachlich und inhaltlich sehr gelungen, ich habe es sehr gern gelesen es hat mich Sinnieren lassen.

Bewertung vom 02.03.2024
Sprechen lernen
Mantel, Hilary

Sprechen lernen


ausgezeichnet

Interessante Einblicke in mögliche Prägungen


„Sprechen lernen“ ist mein erstes Buch von Hilary Mantel. Es sind Erzählungen. Und diese Erzählungen waren eine interessante Erfahrung für mich. Denn Hilary Mantel spielt hier etwas mit der Leserschaft. Es geht um mögliche Prägungen, mögliches Geschehen. Es gibt keine Auflösung, keine Erklärung. Dies ist wieder so ein Buch, wo es um die Frage der Fiktion und die Frage des autobiographischen Erzählens geht. Wieder wird nichts erklärt oder aufgelöst. Aber sehr eindringlich gibt die britische Autorin Einblicke in das Leben in der englischen Provinz. Leicht, aber auch sehr eindrücklich beschreibt Mantel das Leben ihrer Protagonisten. Diese wachsen auf, erleben ihr Umfeld, erleben die Menschen in ihrer ganzen Pracht und dies hat natürlich Folgen. Angesiedelt sind diese Erzählungen im England der 50er und 60er Jahre. Dennoch durchdringen auch mich beim Lesen Erinnerungen, Gedanken blitzen auf und auch Fragen. Man gerät bei der Lektüre ins Sinnieren. Was mir sehr gefallen hat. Diese Erzählungen haben eine gewaltige Kraft in sich und ich werde immer neugieriger auf weiteres aus der Feder von Hilary Mantel. Denn diese Erzählungen sind intensiv, einprägend und sehr kraftvoll. Und wenn der Mantel dies schon in ihren Erzählungen so gelingt, werden ihre Romane ein Leckerbissen sein. Die Preise, die ihre Bücher bekommen haben, sprechen da eine eigene Sprache. Wieder bin ich an einem Punkt, wo ich viel mehr Zeit zum Lesen haben möchte, und wieder weiß ich, dass die Realität nicht mitspielen wird. Aber wo wären wir ohne unsere Träume, ohne unsere Wünsche, ohne unsere Ziele. Also optimistisch in die Zukunft geblickt und auf zum nächsten Buch.

Bewertung vom 02.03.2024
Zeiten der Auflehnung
Mattioli, Aram

Zeiten der Auflehnung


ausgezeichnet

Indianischer Widerstand, 2. Teil
Die Indianer und ihr Widerstand. Aram Mattioli schildert in „Zeiten der Auflehnung“ den indianischen Widerstand nach den großen Kriegen. Er zeigt, dass die Denke der indigenen Urbewohner sich der westlichen Denke langsam angepasst hat und die Indigenen sich mit den ihnen nun zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr gesetzt haben. Ein Beweis für die Kraft dieser Menschen, denn sie konnten ihre Anpassung an die neue Welt ja nicht unbeschwert vollziehen, sondern sie wurden mit rassistischen Meinungen, rassistischen Gesetzen konfrontiert, sie wurden diskriminiert und weiter der Willkür unterworfen. Sie mussten weiter von der Stufe der Unterlegenen und der Diskriminierten agieren. Und wenn man bedenkt unter welchen wirtschaftlichen Bedingungen die Indigenen in ihren Reservaten leben mussten, ist es schon erstaunlich, dass sie weiter die Kraft hatten gegen ihre Behandlung zu protestieren. Und dies mit den nun neu zu Verfügung stehenden Mitteln. Dieses Buch zeigt deutlich welche Kraft den Indigenen innewohnt. Ein berührendes Buch. Und ein perfekt recherchiertes Buch, welches viel Neues präsentiert und umfassend zum Thema informiert. Wer sich für die Indigenen interessiert, sollte dieses Buch unbedingt lesen. Ich habe es verschlungen, allerdings mit Pausen, denn etwas erschlägt es auch mit seinen ganzen Informationen die Leser. Aber dies ist der Thematik zuzuordnen und nicht der Einstufung des Buches, denn dieses Buch bekommt von mir 5 ganze Sterne.

Bewertung vom 02.03.2024
Das leise Platzen unserer Träume
Lohmann, Eva

Das leise Platzen unserer Träume


ausgezeichnet

Neuordnungen
Jule und Hellen. Sie haben etwas gemeinsam. Einen Mann. Ihren Mann. Wer weiß das schon so genau. Jules Mann hat eine Affäre mit Hellen. Denn die Zeit schafft Wunden. Bei Jule, bei Hellen und auch bei Jules Mann. Und gerade diese Wunden, diese Treffer haben Folgen, bei jedem der drei Beteiligten. Also ist „Das leise Platzen unserer Träume“ von Eva Lohmann eine Dreiecksgeschichte, eine Geschichte von vielen. Nein, denn genau das ist sie nicht. Eva Lohmann leuchtet hier ganz bewusst ihre Charaktere Jule und Hellen ganz anders aus. Hier ist eben nicht gut und böse völlig eindeutig zugedacht. Denn ist die Eine oder die Andere in dieser Dreiecksgeschichte gut oder böse? Meines Erachtens mitnichten. Natürlich ist so ein Erleben alles andere als schön. Aber es gibt meist Gründe. Gründe, die bei allen Beteiligten gleichermaßen zu finden sind. Natürlich ist es für Beteiligte schöner mit dem Finger auf Andere deuten zu können und ihrer Schwarz/Weiß-Zuordnung einen Raum zu geben. Denn ein ehrliches Nachdenken über die Situation bedingt eine ehrliche Reflektion des eigenen Handelns und dies ist mit schmerzenden Dingen verbunden. Wer tut sich schon gern selbst weh. Da wühlt man doch lieber bei Anderen. Aber gut. Denn genau dieses Wühlen passiert hier bei Eva Lohmanns Buch eben nicht. Denn Eva Lohmann versucht jeden der drei Beteiligten zu sehen. Und das gelingt ihr recht gut! Natürlich liegt ihr Hauptaugenmerk bei den beiden Frauen Jule und Hellen. Doch auch Jules Mann bekommt einen Platz. Das Buch „Das leise Platzen unserer Träume“ ist eine stimmige Geschichte über das Leben, über Träume und der Versuch ihrer Verwirklichung, über Partnerschaft und deren Fallstricke, über das geplante Leben und die Wirklichkeit, denn beides hat oft wenig miteinander zu tun. Und es ist ein Buch neuer Lösungen. Und das hat mir hier besonders gut gefallen. Das macht es zu einem Meisterwerk in meinen Augen und sollte von vielen Frauen gelesen werden, denn es bedingt ein Überdenken der eigenen Entscheidungen, eine Neubewertung des eigenen Tuns. Ein interessantes Buch und ein lehrreiches Buch. Ein 5 Sterne Buch. Lesen Mädels.

Bewertung vom 06.07.2023
Rosa Schleim
Trías, Fernanda

Rosa Schleim


ausgezeichnet

Zukunftsvisionen


Zukunftsvisionen
In diesem intensiven Buch kämpft sich eine junge Frau durch ihre veränderte Welt, durch ihre sich immer mehr verändernde Welt. Dabei erscheint sie traumatisiert, denn eine Veränderung in der Natur lässt die Menschen erkranken, lässt sie sterben und dieses Szenario lässt die Menschen verrohen und auch verhärten. Dennoch trifft dieses Verrohen ja nicht die Gesellschaft allgemein, sondern eher bestimmte Mitglieder der Gesellschaft, die sich ja wahrscheinlich auch schon vorher mit wenig Sanftmut ausgezeichnet haben. Denn diese junge Frau hier hat noch eine Mutter, um die sie sich sorgt und auch einen Freund, der an dieser neuen Krankheit erkrankt ist, aber eine gewisse Immunität besitzt und dadurch interessant wird für die Gesellschaft. Die junge Frau versucht den Spagat des Umsorgens der geliebten Menschen und einem eigenständigen Dasein. Dennoch geistern durch ihren Kopf die verschiedenen Begebenheiten in ihrem bisherigen Leben, es lassen sich gewisse Brüche in den Beziehungen der Hauptpersonen erkennen und es lassen sich auch Veränderungen in der Denke, in den Gefühlen der jungen Frau feststellen. Dennoch reichen diese Veränderungen noch nicht für einen daraus gezogenen Schluss und eine getroffene Entscheidung.



„Rosa Schleim“ ist ein sehr eindringlicher Roman, der einen wahren Blick auf den Menschen wirft und die Fragilität unserer Gesellschaften aufzeigt, eine Fragilität, die schon in der Corona-Zeit sichtbar wurde. Dabei erscheint das Gesamtbild des Buches sehr dystopisch, dunkel und düster. Diese sich verändernde Welt ist einnehmend und die Leserschaft fühlt sich gefesselt von dieser sehr intensiven und düsteren Geschichte. Die Autorin gibt sehr gezielte und kurze Informationen, die wie kleine Stichpunkte gestreut sind und erst nach und nach einen Blick auf das Geschehene preisgeben. Auch dadurch wird diese Intensität erzeugt. Und ebenso durch die Zeichnung des Hauptcharakters, die ja auch wie zwischen den Stühlen sitzend erscheint. Aber diese Frau empfand ich als sehr nachvollziehbar, denn was macht man, wenn die bis jetzt gekannte Welt auseinanderbricht? Ist man wirklich sofort in der Lage alle Zelte hinter sich abzubrechen und zu gehen? Oder klammert man sich an alle verfügbaren Strohhalme und verharrt, eventuell sogar in einer Hoffnung auf Besserung. Zu diesen Gedanken kommt ja auch noch diese Sorge um die Angehörigen, die ja auch bindet, die ja auch die Menschen festhalten lässt am Bekannten. Und auch die Angst vor dem Unbekannten wird hier wirken.



Eine intensive und eindrückliche Geschichte. Aber auch eine bedrückende Geschichte. Und ebenso ein sehr gutes Buch, welches ich zu meinen Halbjahreshighlights des Lesejahres 2023 rechne und damit auf ein Podest erhebe, welches dringlich zur Lektüre auffordert.