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Benutzername: 
probelesen
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 53 Bewertungen
Bewertung vom 28.08.2021
Das Archiv der Gefühle
Stamm, Peter

Das Archiv der Gefühle


ausgezeichnet

Stamm schreibt aus der Perspektive eines Mannes, der sein Leben fast autistisch einem Ordnungssystem unterordnet, das er als Archivar gelebt hat. Nach der Kündigung wegen der Digitalisierung des Zeitungsarchivs hat er die Regale in sein Haus übernommen und arbeitet neue Kategorien aus, die aber nie gefüllt werden. Der Leser folgt wie nebenbei dem Lebenslauf und erfährt von seiner ersten Liebe Franziska, die ihm immer wieder in fiktiven Gesprächen und Erinnerungen begegnet. Interessant ist die Beschreibung des Kontrastes zwischen der streng auf Ordnung bedachten Person und der Entwicklung von Phantasie und Gefühl. Was ist Wirklichkeit? Es stellen sich viele Fragen. War es ein ungelebtes Leben trotz seiner Beziehungen zu verschiedenen Frauen? Ist ein neues Leben zu Franziska jetzt nach vierzig Jahren möglich? Ein Buch, das nachdenklich macht, ruhig, sensibel, ein wenig melancholisch. Sehr lesenswert.

Bewertung vom 22.08.2021
Die Überlebenden
Schulman, Alex

Die Überlebenden


ausgezeichnet

Die spannend erzählte Geschichte ist kunstvoll aufgebaut. Ausgangspunkt ist die Eskalation im Verhältnis dreier Brüder, die in einer wüsten Schlägerei endet. Stunde um Stunde rückwärts wird der Tag geschildert, der eigentlich die Brüder wieder zusammenführen sollte, weil sie die Asche ihrer verstorbenen Mutter im See ihres Sommerhauses versenken wollen. Zwischen diesen Kapiteln sind Episoden aus den Ferienerlebnissen in diesem Sommerhaus eingebunden. Diese Schilderungen sind verstörend, weil die Unfähigkeit der Familie Liebe oder Zuneigung zu zeigen, die Wankelmütigkeit der Mutter, die Gewalt des Vaters nicht zu erklären sind. Dazu kommen die düsteren Schilderungen der einsamen schwedischen Wälder. Alles läuft auf eine Erklärung hinaus, die aber erst im letzten Kapitel erfolgt und sehr überraschend ist. Für mich blieben ein paar Fragen offen, aber ich habe mich der Spannung nicht entziehen können und das Buch gerne gelesen. Das Cover entspricht dem Text sehr gut.

Bewertung vom 17.06.2021
Von hier bis zum Anfang
Whitaker, Chris

Von hier bis zum Anfang


ausgezeichnet

Die Geschichte zog mich von Beginn an in ihren Bann. Die unauflösbare Verkettung von Schicksalsschlägen in einer Familie, die zu dramatischen Abstürzen in Armut und zerstörerischer Gewalt führen, sind bewegend und erschütternd geschildert. Besonders die Charakterisierung der jungen "Heldin" ist in ihrer Verhärtung und ihrem Hass sensibel. Gleichzeitig steht auf der anderen Seite der Großvater, der versucht, mit ungeheurer Zartheit und Emotionalität diese Härte aufzulösen. Dem Autor gelingen neben der ergreifenden Darstellung dieser Familientragödie interessante Beschreibungen der amerikanischen Gesellschaft und Natur. Das Buch ist weit mehr als ein Krimi. Die geschilderte Ausweglosigkeit, bei der alles immer nur schlimmer wird und auch das überraschende Ende eigentlich keine Hoffnung bringt, geht unter die Haut. Empfehlenswert!