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Ute54
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Tostedt

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Insgesamt 86 Bewertungen
Bewertung vom 06.06.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1


ausgezeichnet

Erfolgreiche neue Kriminalistik
Gleich nach der Lektüre von “Das Buch des Totengräbers” habe ich beschlossen, dass meine nächste Urlaubsreise mich unbedingt nach Wien führen muss, denn der Roman liefert ein sehr anschauliches Bild von dieser von Kultur geprägten Stadt mit dem herausragend schönen Friedhof mit vielen Prominentengräbern.
Bisher kannte ich nur 2 Historienromane von Pötzsch, aber nach der Lektüre dieses Werkes bin ich hellauf begeistert von diesem Kriminalroman, der eine neue Reihe um den Inspektor Leopold von Herzfeldt und den Wiener Totengräber Augustin Rothmayer einleitet. Von Herzfeldt wird von Graz ins kriminaltechnische sehr rückständige Wien versetzt, um dort neu aufkommende Ermittlungsmethoden wie Spurensicherung und Fotografie einzuführen, aber das führt zu Konflikten mit seinen erzkonservativen Kollegen. Er wird sogar als “Jude” beschimpft.
August Rothmayer, der sehr intelligente aber schrullige Totengräber des Wiener Zentralfriedhofes schreibt einen Almanach für Totengräber und interessiert sich für von Herzfeldts neue Methoden. Somit wäre Ken sie ein Ermittlungsteam. Aber auch die für damalige Verhältnisse sehr emanzipierte Telefonistin, Juli Wolf, interessiert sich für Von Herzfelds neu ja Ermittlungsansätze. Alle 3 sind hervorragend beschrieben.
Plötzsch liefert ein Zeitenportrait des ausgehenden 15. Jahrhunderts und beschreibt gekonnt die damaligen Lebensumstände in Wien. Die 3 sind mit einer Ermordungsserie von Dienstmädchen konfrontiert, die alle gepfählt wurden. Das Buch liefert viele Hinweise auf den Serientäter, die Handlung ist spannend, interessant und gekonnt aufgebaut und die Buchthematik ist meisterhaft umgesetzt.
Der atmosphärische, metaphernreiche Schreibstil erzeugt ein Gänsehautgefühl, und man muss und will immer weiterlesen. Ich bin hellauf von diesem Kriminalroman begeistert und hoffe sehr auf weitere Fälle mit Leopold von Herzfeldt und seinen Mitstreitern.

Bewertung vom 19.05.2021
Letzte Ehre
Ani, Friedrich

Letzte Ehre


sehr gut

Im Angesicht der Mörder
Oberkommissarin Fariza Nasri ist spezialisiert auf psychologisches Feingefühl in ihren Befragungen. Dabei ist sie besonders höflich und entgegenkommend, sodaß sie den Kriminellen oft, auch ungeplant, Fakten entlocken kann oder aus deren Verhalten Rückschlüsse ziehen kann. Sie ist für ihre Vernehmungsmethoden bekannt und kommt dadurch voran, wo andere scheitern beim Dezernat für Gewaltdelikte und ungeklärte Todesfälle.
In diesem Werk geht es um den Fall der verschwundenen Schülerin Finja. Nasri spricht mit dem Freund von Finjas Mutter, Herrn Barig. An Kleinigkeiten kann die Befragungsspezialistin festmachen, dass er lügt, und somit dringt sie in die ganze düstere Wahrheit ein, die an diesem Fall hängt.
der Roman ist in der “ Ich - Form”, aus der Perspektive von Fariza Nasri geschrieben. Immer mehr rückt die Polizistin mit ihren eigenen Problemen und einem schweren Schicksalsschlag in den Vordergrund, das ist derzeit up- to-date. Die einzelnen Charaktere werden gut beleuchtet und auch die Spannung bleibt bis zum Schluss erhalten.
Der wichtigste und spannendste Moment war für mich, als sie einen zunächst völlig unverdächtigen Mörder gegen Ende durch Empathie zu einem Geständnis bringen kann.
Der Stil enthält viele Metaphern und auch einige hypotaktische Bandwurmsätze. Generell besteht das Werk aber zum größten Teil aus kurzen Fragen und Antworten, was ich nicht besonders spannend fand. Aber davon lebt der Roman, denn es ist kein Action – Krimi. Allerdings waren wir einige Wörter und Wortschöpfungen unbekannt.
Besonders schlüpfrige, aufrüttelnde Fakten würden oft nur angetippt, nie direkt benannt. Deren Bedeutung wird oftmals erst in Folgekapiteln deutlich.
Anis Stil ist düster und verschwommen. Er liefert keine Lösungen und Antworten. Von daher wirkt das Ganze auf mich oft irrealistisch. Will er den Leser besonders schocken?
Das Ende hat mir gar nicht gefallen, Nasris Verhalten ist völlig dahergeholt und unlogisch. Oder soll das auch wieder eine Phobie der Protagonistin darstellen, einen Tagtraum der den seelischen Notzustand der Protagonistin reflektiert?

Bewertung vom 12.05.2021
Die Reise / Das Internat der bösen Tiere Bd.3
Mayer, Gina

Die Reise / Das Internat der bösen Tiere Bd.3


ausgezeichnet

Noëls Abenteuer
Schon das Cover macht Lust zum Lesen, denn es evoziert Geheimnisse und Abenteuer. Die Schlange, Mrs Moa, schaut den Leser durch ein Loch an, und auch die Haptik des Hardcovereinbandes ist besonde, was durch die kräftigen Farben noch unterstützt wird.
In “Internat der bösen Tiere” geht es um den Jungen, Noël, der dort lebt. Er hat seine Eltern nicht kennengelernt und ist nun auf der Suche nach Unterlagen von seiner Mutter, die ihm die Schuldirektorin, Mrs Moa, gibt, ihm jedoch gestohlen werden, bevor er sie lesen kann. Zu allem Übel verschwindet die Schlange auch, und Noël begibt sich in größte Gefahr auf seinen Abenteuern, um die Unterlagen zu finden.
Die Botschaft an die kindlichen Leser lautet: jedes Lebewesen hat ein Recht auf Leben. Jedes Tier hat besondere Fähigkeiten, die irgendwann nützlich sein können. Das Leitbild der Schule lautet: “Wir lernen zuerst die eigenen Stärken kennen und dann teilen wir sie miteinander” (S.64). Dabei wird deutlich, wie wichtig Freunde, Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung sind. Die unterschiedlichsten Tiere und Menschen leben in Harmonie miteinander. Die Kommunikation verläuft über Gedanken und es dürfen im Unterricht keine Notizen gemacht werden, denn nicht alle sprechen die gleiche Sprache oder können schreiben.
Die Autorin hat jedem Wesen einen detailliert beschriebenen, unverwechselbaren Charakter gegeben. Zum Beispiel sind hier die Haie die Guten.
Das Werk regt die Phantasie der jungen Leser an und lässt sie träumen, aber auch nachdenken und hinterfragen. Dieser pädagogische Wert ist mir sehr wichtig, denn Klischees werden präsentiert, dann aber wieder aufgehoben. Auch wir Erwachsenen können unsere vorgefasste Meinung immer wieder hinterfragen.
Der Schreibstil regt die Phantasie an, ist altersgerecht und gut verständlich. Die Abenteuer bleiben bis zum Schluss aufregend und spannend. Aber das Werk ist nichts für sehr ängstliche Kinder, Jungen wie Mädchen. Kinder unter 10 Jahren sollten nicht damit konfrontiert werden, denn die Botschaft könnte verloren gehen. Die 3 Teile und die recht kurzen Kapitel gliedern das in sich geschlossene Buch auf sinnvolle Weise. Es macht auf alle Fälle “Appetit auf mehr!” Und so ist die Leseprobe zu Band 4 hinten im Buch auch gedacht!
Insgesamt ein tolles Werk, das die Phantasie anregt und auch viele Lerneffekte enthält

Bewertung vom 01.05.2021
Girl A
Dean, Abigail

Girl A


ausgezeichnet

Erinnerungen an das Horrorhaus
Alexandra Gracie hat es als 15-Jährige geschafft, sich von ihren Ketten zu befreien und aus dem Horrorhaus ihrer Eltern zu fliehen. Jetzt, nach 15 Jahren, sie ist inzwischen Anwältin, wird sie wieder qualvoll mit ihren Erinnerungen konfrontiert, denn sie wurde nach dem Tod ihrer Mutter im Gefängnis als Testamentsvollstreckerin eingesetzt und muss deshalb jedes ihrer Geschwister kontaktieren, obwohl der Kontakt oft sehr lange unterbrochen war. Lex schwebt es vor, eine fröhliche Begegnungsstätte aus ihrem Elternhaus zu machen. Dafür benötigt sie Zuschüsse und das Einverständnis aller Geschwister.
In Vor- und Rückblenden, auch auf unterschiedlichen Vergangenheitsstufen, lässt Abigail Dean ihre Protagonistin von ihrem Leben berichten, das sehr plastisch für den Leser beschrieben wird. Sie schildert die grauenvollen Zustände im Horrorhaus, die durch die übersteigerte Religiosität der Eltern letztendlich in einen gestörten Wahn übergehen, die Entbehrungen, Misshandlungen, Grausamkeiten, den Dreck, den Hunger, die Schmerzen und die allgemeine Verwahrlosung. Der Vater wird immer mehr zu einem Monster und untersagt den Schulbesuch sowie den Kontakt zu anderen Menschen. Die Mutter ist ihm völlig hörig und unterwürfig. Auf sein Drängen muss sie 7 Kinder gebären.Nach der Befreiung durch Lex erhält jedes Kind einen Codenamen ( Lex ist Girl A) und wird von anderen Familien adoptiert.
Das Werk macht auch deutlich, wie die einzelnen Geschwister ihr Leben bisher bewältigt haben, mal mehr, mal weniger erfolgreich, jedoch wird auch offenbar, dass ein Überlebender zwar weiterleben kann, jedoch niemals in der Lage ist, die schrecklichen Kindheitserinnerungen abzulegen. Alle Charaktere sind vielschichtig beschrieben. Dabei werden die unterschiedlichen Beziehungen zueinander dargelegt. Besonders intensiv ist die Beziehung zwischen Lex und ihrer viel jüngeren Schwester, Evie, herausgearbeitet worden, denn Lex hat sie wie eine Mutter beschützt. Das Buch ist in 7 Kapitel eingeteilt. 6 Kapitel für jeweils ein Geschwisterkind, eines für alle. Dabei wird der Spannungsbogen bis zum Schluss aufrecht erhalten, denn mehere Geheimnise werden erst am Ende des Romans offengelegt. Auch werden oft nur Andeutungen bezüglich der Leidensgeschichte der einzelnen Kinder gemacht. Das regt die Phantasie des Lesers an, ebenso wie die bildhafte Sprache, die mit Metaphern durchsetzt ist. Es ist keine einfache lineare Erzählung, sondern man muss sich konzentrieren, da besonders gegen Ende, die einzelnen Erzählebenen schnell wechseln. Die religiösen Fakten wurden gut recherchiert und verständlich gemacht. Ob es sich wohl um einen rhetorischen Trick handelt, dass die Wortwahl und deren intendierte Bedeutung des Öfteren unklar bleibt, damit der Leser innehalten und nachdenken muss?
Ein In jeder Hinsicht spannendes und gelungenes Werk, das eine gewagte Problematik aufgreift, die danngenerell von der Presse ausgeschlachtet wird um die Sensationslust der Leser zu befiedigen.

Bewertung vom 21.04.2021
Die Wahrheit der Dinge
Thiele, Markus

Die Wahrheit der Dinge


ausgezeichnet

Recht versus Gerechtigkeit
Der Autor, Markus Thiele, das Werkes “Die Wahrheit der Dinge” ist Rechtsanwalt und weiß daher, dass Eloquenz im Bereich Jura zur Überzeugung von höchster Wichtigkeit ist. Juristin werden oft als “Rechtsverdreher” bezeichnet, denn es gibt keine absolute Wahrheit und Fakten können individuell interpretiert werden.
Der Protagonist dieses Romans, Frank Petersen, ein Strafrichter aus Leidenschaft, ist jedoch davon überzeugt, immer absolut rechtskonform und unfehlbar geurteilt zu haben, denn er hat Fakten immer exakt recherchiert. Nachdem seine Entscheidungen bereits mehrfach vom Bundesgerichtshof revidiert worden sind, befindet er sich nun in einer Identitätskrise, denn auch seine Ehefrau und sein Sohn bezeichnen ihn als voreingenommen, selbstherrlich und von Vorurteilen geleitet und wenden sich von ihm ab, nachdem er wegen eines sehr umstrittenen Urteils heftig in die Kritik geraten ist. Petersen muss sich nun mit seinen Ansichten und Beweggründen auseinandersetzen und Selbstkritik üben, um seine Integrität als Richter, Ehemann und Vater zu retten, und er muss sich mit der Schicksalshaftigkeit seiner Urteile für alle Beteiligten bewusst werden.
Inspiriert von zwei wahren Rechtsfällen, dem Fall Marianne Bachmeier sowie dem Fall Amadeu Antonio Kiowa, versteht der Autor es sehr geschickt, Elemente davon in seinen Roman zu integrieren, so hat “ Corinna Maier” in Petersens Gerichtssaal den rechtsradikalen Mörder ihres Sohnes erschossen, bevor er sein Urteil verkünden konnte.
In diesem Werk werden Fremdenhass, Selbstjustiz und Rassismus thematisiert sowie die Folgen, die daraus entstehen. Diese gesellschaftlichen Themen sollten die Leser*innen berühren und zur Selbstreflexion anregen. Der Autor wechselt zwischen Vergangenheit und Gegenwart und verknüpft auf meisterliche Weise Realität und Fiktion. somit wurde das Werk für mich immer spannender. Dabei erzählt Thiele oft in kurzen prägnanten Sätzen, sehr klar und pointiert, oft aber auch höchst anspruchsvoll. Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet. Generell erfordert die Lektüre Konzentration und wendet sich eher an den anspruchsvollen Leser. Der Roman hat mich stark berührt und Ich möchte ihn all denen ans Herz legen, die bereit sind, aus ihren eventuell eingefahrenen Denkweisen auszubrechen.

Bewertung vom 28.03.2021
Höllenkind / Clara Vidalis Bd.8 (eBook, ePUB)
Etzold, Veit

Höllenkind / Clara Vidalis Bd.8 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

entführt und gequält
Bisher kannte ich die “Clara - Vidalis”- Reihe von Veit Etzold noch nicht, aber ich bin von diesem Werk so begeistert, dass ich unbedingt noch einige Vorgängerbände lesen möchte.
Eigentlich will die Protagonistin Clara nach ihrer Suspendierung wegen eines anderen spektakulären Falles nur der Pressemeute in Berlin entkommen und reist deshalb nach Florenz. Dort wird sie von dem Ermittler des Vatikans, Commendatore Adami zu den Ermittlungen in einem grauenvollen Mord hinzugezogen, begangen in der Sixtinischen Kapelle während der Hochzeitszeremonie zweier Mitglieder des italienischen Hochadels. Die Schauplätze des Werkes sind Florenz und Rom, welche Etzold perfekt recherchiert und dargestellt hat, so dass viele Szenen lebendig vor dem inneren Auge des Lesers entstehen. Geschickt werden historische Hintergründe, Aberglaube und Mythologie in die Handlung eingebaut. Es gibt neben den weiteren Verwicklungen um die Familien Sforza und Visconti noch eine Parallelhandlung um das Höllenkind, welches in Rumänien unter grausamen Bedingungen leiden muss. Zum Schluss findet eine Verbindung beider Erzählstränge statt, und es kommt zu einem wenig vorhersehbaren Ende.
Der Perspektivwechsel macht das Werk zu einem page - turner durch die Cliffhänger - Technik am Ende eines Kapitels.
Da die Protagonisten sehr detailliert beschrieben wurden, konnte ich sie mir klar und deutlich vorstellen. Der lockere und flüssige Schreibstil mit viel direkter Rede hat dazu beigetragen, dass ich diesen packenden Thriller kaum aus der Hand legen mochte.

Bewertung vom 13.02.2021
Das achte Kind
Grabovac, Alem

Das achte Kind


ausgezeichnet

Gastarbeiterkind
In seinem Roman “Das achte Kind” scheint der Autor Alem Grabovac die Lebensgeschichte seiner Mutter und seine eigene zu verarbeiten.
Die Mutter Smilja, geboren 1949, stammt aus äußerst armseligen Verhältnissen im sozialistischen Jugoslawien Marschall Titos. Sie träumt, wie so viele ihrer Landsleute, von einem besseren Leben in Deutschland. Dort erhält sie als Gastarbeiterin in einer Schokoladenfabrik eine Chance. Jedoch ist ihr Ehemann, ein unberechenbarer Säufer, Spieler und Ganove, unfähig ihr neugeborenes Baby zu versorgen. Da sie gezwungen ist, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten, sieht sie sich gezwungen, ihr Kind bereits nach 6 Wochen in eine deutsche Pflegefamilie zu geben, in der er wohlbehütet, voller Warmherzigkeit, zunächst nur vorübergehend, dann jedoch bis zu seinem Abitur, aufwachsen kann. Diese Pflegefamilie ist Alems großes Glück, erfährt er dort doch geregelte Familienverhältnisse, Unterstützung und Sicherheit. Er wächst verortet in 2 Kulturen auf, denn jedes Wochenende verbringt er mit seiner Mutter und ihren gewalttätigen, neuen, jugoslawischen Lebensgefährten. Emir, sein Vater, ist verschwunden. Die Urlaube verbringt er mit seiner Mutter bei den sehr armen Großeltern im jetzigen Kroatien. Sein Opa hat im Zweiten Weltkrieg gegen deutsche Soldaten gekämpft. Als Heranwachsender beschäftigen ihn die Erzählungen seines deutschen Pflegevaters über die glorreichen Nazis, denn er ist auch in den 1980er Jahren immer noch überzeugter Nazi. Wie hat sich Alem unter diesen Bedingungen wohl gefühlt? Als Erwachsener, und selbst Vater, sucht er nach seinen Wurzeln, denn er erfährt von dem Leben seines erst kürzlich verstorbenen leiblichen Vaters.
Das Werk ist in kurze Kapitel aufgeteilt, und ist in einem einfachen, aber flüssigen Schreibstil verfasst. Die Charaktere entstehen plastisch vor dem inneren Auge des Lesers.
Smilja ist besonders gut gezeichnet: voller Sorge, Zuneigung und Intuition tut sie das Beste für ihr Kind: Verlässlichkeit und Nestwärme, aber auch Verinnerlichung der deutschen Kultur und eine perfekte Sprachausbildung bei Familie Behrens. Ihr ergeht es wie vielen Gastarbeiterinnen, die sich einem tradierten Frauenbild zu unterwerfen haben: harte Berufstätigkeit und alle Hausarbeit! Sie ist leider zu unsicher, um sich zu wehren!
Besonders gut hat mir gefallen, dass wichtige Teile der Geschichtsschreibung mit einfließen: 2. Weltkrieg, Balkankrieg und die gesellschaftspolitische Lage in Deutschland. Dieser Bildungsroman ist Alem Grabovac sehr gut geglückt

Bewertung vom 11.02.2021
Big Sky Country
Wink, Callan

Big Sky Country


sehr gut

Landleben in der amerikanischen Provinz
In diesem Roman beschreibt Callan Wink den Weg eines amerikanischen Jungen in der ländlichen Provinz vom zwölfjährigen Jungen bis zum Erwachsenwerden. Dabei ist sein Leben als Teenager geprägt von Orientierungslosigkeit und der Unfähigkeit, genaue Entscheidungen für seine Zukunft zu treffen. Während der Pubertät ist diese Wankelmütigkeit sicherlich in gewissem Grade normal, jedoch spielen die amerikanischen Gegebenheiten eine große Rolle, das heißt, nur die Auswahl zwischen Hilfsarbeitertätigkeit oder sehr teurem Studium und die Notwendigkeit eines Autos wegen der sehr schlechten Infrastruktur, besonders auf dem Lande.
Die Sprache ist einfach und oft naturalistisch. Naturbeschreibungen nehmen einen großen Raum ein, um dem Leser die Wirkung der übermächtigen Natur, besonders in Montana, zu vermitteln. Gleich zu Anfang wird detailliert beschrieben, wie August als Kind Katzen erschlägt und vergiftet. Das zeigt uns sein raues, teilweise liebloses Leben, ohne Skrupel.
August wächst auf einer kleinen Farm in der Gegend der großen Seen auf. Schon als Kind hilft er bei vielen landwirtschaftlichen Arbeiten. Das Elternpaar hat nach einigen Jahren kaum noch Berührungspunkte, da die Mutter, aus relativ vermögenden Verhältnissen stammend und studiert, von einem anderen Leben träumt. Der Vater hat wohl als Hilfsarbeiter angefangen, und sein Leben ist von harter Arbeit geprägt. Nachdem der Vater ein Verhältnis mit einer sehr jungen Stallhilfe eingeht, lässt sich die Mutter scheiden und zieht mit August gen Norden. Sie schließt ihr Studium als Bibliothekarin ab und erhält eine gut bezahlte Arbeit in Montana.
Zerrissen zwischen der Hoffnung des Vaters, den elterlichen Hof zu übernehmen und dem Wunsch der Mutter auf ein Hochschulstudium, verdingt August sich als Handlanger in verschiedenen Jobs. Er löst sich so von dem elterlichen Druck, macht Fehler, indem er sich auf einer Ranch ausbeuten lässt und brutale Freunde findet, die ständig saufen. Besonders die frühe sexuelle Verführung durch eine Nachbarin verursacht ein Gefühlschaos. Das Ende schockiert: er verliert durch riskante Farmarbeiten 2 halbe Finger, kommt aber danach zu der Überzeugung, dass er nun doch studieren möchte. Als sein Vater daraufhin den Hof verkauft, bleibt er mit melancholischen Kindheitserinnerungen zurück.
Die Charaktere und die oft spärlichen Dialoge entsprechen dem Bild etwas hinterwäldlerischer Landbewohner, sind aber deswegen nachvollziehbar und stimmig.
Das gezeichnete Bild hat mir gut gefallen. Über die oft zu langen Naturbeschreibungen kann man hinweglesen.

Bewertung vom 06.01.2021
Der Elternkompass
Schmidt, Nicola

Der Elternkompass


ausgezeichnet

Erziehungsrichtlinien für Eltern und Großeltern
Dieses Werk basiert auf der Recherche von über 900 Studien zum Thema Erziehung. Es ist in die vier Bereiche Schwangerschaft, Babyzeit, Kleinkind- und Schulkindalter unterteilt, die, je nach Interessenlage, einzeln gelesen werden können. In abwechslungsreicher, leicht verständlicher Sprache macht die Autorin uns mit den neuesten, aber auch tradierten Erkenntnissen zu diesen Themenbereichen bekannt. Sie geht auch auf andere Kulturen ein. Dabei wird schon deutlich, welche Tendenzen sie bevorzugt, allerdings drängt sie ihre Meinung nicht auf, denn jede Familie muss entscheiden, was sie leisten kann ohne “durchzudrehen”. Das Werk ist sehr gut strukturiert. Merksätze am Rande des Textes fassen die Kernaussage zusammen. Fremdwörter werden erklärt, und in einem Anhang wird auf weiterführende Literatur verwiesen. Zusätzlich gibt es ein 39 Seiten umfassendes Quellenverzeichnis sowie ein alphabetisch geordnetes Register.
Mir, als Großmutter in spe, die ihre Kinder nie nach Ratgebern, sondern nach Gefühl und gesunden Menschenverstand erzogen hat, liefert dieses Werk viel an Selbstbestätigung, denn auch ich habe 1 Jahr lang voll gestillt, nachts teilweise jede Stunde. Dabei schlief das Baby neben mir oder auf mir. Das Sauberkeitstraining kann sehr wohl früh beginnen. Einschlafen und Durchschlafen des Kleinkindes geht am besten im großen Elternbett (es gibt extra große Familienbetten). Ich habe meine Kinder niemals schreien lassen. Unser täglich frisch gekochtes Essen haben unsere Kleinen geliebt.
Ganz neu und angsteinflößend war für mich die Erkenntnis der Epigenetiker, dass z. B. stressauslösende Erfahrungen unserer Vorfahren sich in ihren Codes eingeschrieben haben und weitervererbt werden. In den meisten deutschen Familien wurden solche Erfahrungen durch Hunger, Krieg, Flucht und Vertreibung allerdings gemacht!!!
Insgesamt ein informatives, lohnendes Werk für Alt und Jung.

Bewertung vom 22.12.2020
Kissing Chloe Brown / Brown Sisters Bd.1
Hibbert, Talia

Kissing Chloe Brown / Brown Sisters Bd.1


gut

Princess meets butler 
Die an Fibromyalgie erkrankte Chloe stammt aus einer wohlhabenden Familie. sie beschließt aus dem behüteten Nest auszuziehen und möchte sich nicht weiter von ihrer Krankheit einschränken lassen, sondern stattdessen eine Liste mit außergewöhnlichen Dingen “abarbeiten”. Dazu erscheint ihr Red, der hübsche sehr gut gebaute Hausmeister ihrer neuen Wohnanlage der Richtige zu sein. 
Beide haben vorher schlechte Erfahrungen mit Partnern gemacht und sind deshalb vorsichtig bei neuen Beziehungen. 
Red erscheint Chloe “ unter ihrem Niveau”, obwohl er sehr hilfsbereit und sympathisch und eigentlich Künstler (Maler) ist. Als Charakter gefällt er mir gut. Besonders ist seine hingebungsvolle Art, wie er Chloes Herz gewinnt. Herausragend sind die “Softpornoszenen” bei denen er überhaupt nicht an seinen Höhepunkt denkt, sondern wie er Chloe zu ihrem “Plaisir” führen kann. Cloe finde ich überkandidelt und anstrengend. Somit der Bruch kurz vor dem waren Ende nicht überraschend. Es gibt wenig Handlung. auf endlosen Seiten plätschert der Dialog zwischen beiden hin. Der Schreibstil in den kurzen Kapiteln ist wenig anspruchsvoll. Wer eine schnell durchzulesen de Schnulze mag, der sollte das Werk kaufen, mir ist die Problematik und Handlung zu flach. daher nur 3 Punkte