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Maralind

Bewertungen

Insgesamt 88 Bewertungen
Bewertung vom 02.03.2021
Die Mitternachtsbibliothek
Haig, Matt

Die Mitternachtsbibliothek


ausgezeichnet

Wer kennt dieses Gefühl nicht? Dieses Gefühl, etwas verpasst zu haben, vermeintliche Chancen und Gelegenheiten nicht wahrgenommen zu haben. Es zu bereuen, die vermeintlich falschen Entscheidungen getroffen zu haben oder sie zumindest in Frage zu stellen.

Nora Seed leidet an Depressionen und mit 35 Jahren ist sie des Lebens müde, sieht keinen Sinn mehr darin, fühlt sich von allen verlassen und überflüssig und ihre Reue über bestimmte Entscheidungen ist grenzenlos.
Nora findet sich jedoch nach ihrem Selbstmordversuch in einer großen Mitternachtsbibliothek wieder und trifft dort auf ihre ehemalige Schulbibliothekarin Mrs Elm, eine für Nora wichtige Konstante aus ihrer Jugend.
Mrs Elm erklärt nun der verwirrten Nora, dass jedes dieser Bücher ein anderes Leben darstellt, ein Leben das Nora hätte führen können, wenn sie andere Entscheidungen getroffen hätte. Sie ermuntert Nora, verschiedene Bücher und damit Leben auszuprobieren, um dann vielleicht ein Leben zu finden, das Nora „passt“ und wo sie sich zu Hause fühlt.

Die Idee einer Mitternachtsbibliothek finde ich einfach großartig!
Auch das die unendlich vielen Bücher, und wie unendlich zeigt sich noch im Laufe der Geschichte, bis auf das große Buch der Reue eine Farbe haben, ist ein schönes Detail. Durch die ausgewählten Bücher sprichwörtlich in andere Leben einzutauchen, die Nora hätte führen können, ist sehr reizvoll und für mich spannend umgesetzt.
Zuerst probiert Nora ein Leben mit ihrer vermeintlich jüngsten Fehlentscheidung aus, das fand ich sehr sinnig und gut nachvollziehbar. Gebannt habe ich dieses mögliche Leben und deren Auswirkungen verfolgt, wobei ich mir auch gedacht habe, dass es hier ja auch wieder unendliche Varianten geben muss, je nachdem welche Entscheidungen in jeweiligen Situationen getroffen werden…

Es folgen so einige Leben, die ich alle sehr interessant fand, besonders gefallen hat mir dabei die Gletscherforscherin. Dabei bergen alle Leben mindestens eine wichtige Erkenntnis für Nora, das fand ich auch super. Richtig gut fand ich auch, dass vieles sogar konstant bleibt, egal welches Leben sie wählt.
Die Geschichte ist wunderbar erzählt und es kommen auch so einige philosophische Zitate vor, die mir aber alle sehr gut gefallen haben und die ich auch sehr passend fand. Ich hätte mir sogar am liebsten welche notiert.

Das Ende war für mich sehr passend, lebendig und intensiv und ich habe regelrecht mitgefiebert!
Abwechselnd hatte ich Gänsehaut und dann musste ich aber auch wieder besonders bei einer Situation schmunzeln. Nora hatte ich schon zu Anfang ins Herz geschlossen und auch Joe und vor allen Mrs Elm mochte ich gern.

Ein wunderbares Buch, toll geschrieben, gelesen und lebendig vorgetragen! Mit der Mitternachtsbibliothek für mich sehr charmant und einfallsreich und mit den verschiedenen Paralleluniversen super spannend und faszinierend umgesetzt.
Das Ende hat mir persönlich teilweise Gänsehaut bereitet und auch wenn sich natürlich nicht alle Probleme und Sorgen auf wundersame Weise auflösen und es nicht einfach ist, hat mir die Aussage des Buches wirklich sehr gefallen!

Bewertung vom 21.02.2021
Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
Schröder, Alena

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid


ausgezeichnet

Dieses Buch mit dem unfassbar langen Titel hat mich nicht mehr losgelassen und ich habe es mir dann spontan als Hörbuch geladen. Und ich habe es nicht bereut, ganz im Gegenteil! Die Sprecherin fand ich großartig und die Geschichte hat mich gleich von Anfang an gepackt. Dabei war ich erst tatsächlich unschlüssig, ob der Roman was für mich ist. Das Thema fand ich zwar hochinteressant, aber Bücher mit dem Thema Nationalsozialismus sind für mich nicht gerade leicht zum Lesen oder eben auch zu hören.

Die Geschichte umfasst vier Generationen, sie startet mit Großmutter Evelyn, die mittlerweile in einem gehobenen Seniorenheim lebt und einmal wöchentlich von ihrer Enkelin, der 27 Jährigen Hannah besucht wird. Die Besuche waren für mich irgendwie distanziert, sie folgten einer regelmäßigen Routine und gerade Evelyn ist alles andere als herzlich zu Hannah.
Germanistik Studentin Hannah, die zwar ihre Doktorarbeit angefangen hat, aber trotzdem noch nicht weiß, ob und was sie richtig will, entdeckt bei einen ihrer Besuche einen Brief an ihre Omi und Evelyn, die stur und sehr harsch alles abblockt und nichts mit dem Brief aus Israel zu tun haben will, erlaubt Hannah dennoch den Brief mitzunehmen.

Der Inhalt ist außergewöhnlich, Evelyn wird dort als einzige Erbin eines Kunstschatzes genannt, der im Nazideutschland geraubt worden sein soll und Evelyn wird gebeten eine Kanzlei für die Suche zu bevollmächtigen. Hannah, die nichts von ihren jüdischen Vorfahren gewusst hat, und das erst auch gar nicht so richtig greifen kann, möchte mehr erfahren, aber Evelyn bleibt stur und sagt kein Wort. Lehnt es kategorisch ab, über diese Zeit zu sprechen.

Die Geschichte wechselt zu Senta, Evelyns Mutter, die in den 20er Jahren ungeplant schwanger eine überhaste Ehe mit einem Fliegerhelden eingeht, jedoch nicht glücklich wird und kurze Zeit später allein zu ihrer besten Freundin Lotte nach Berlin zieht. Evelyn wird von ihrer Tante Trude, eine spätere glühende Nationalsozialistin, aufgezogen, mit der Evelyn eine innige Beziehung hat. Die Beziehung zur Mutter Senta gestaltet sich allerdings schwierig und sehr konfliktreich.
Der Mutter Tochter Konflikt zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, sowohl Senta und Evelyn als auch später Evelyn und ihre Tochter Silvia haben ihre Probleme miteinander und die Mütter mit ihrer Rolle als Frau und Mutter.
Ich fand das sehr spannend mitzuverfolgen und habe so manches Mal mit Mutter oder Tochter mitgelitten, wobei ich sagen muss, dass mir Senta noch am sympathischsten war. Mit Trude hatte ich die meisten Probleme, auch schon von Anfang an und Evelyns Charakter war manchmal auch ein bisschen schwierig für mich.

Sehr fesselnd und wunderbar lebendig war für mich die Spurensuche nach den verschollenen Kunstschätzen, auch wenn es nicht ganz so viel Raum eingenommen hat, wie ich gedacht hätte. Die moderne und teilweise humorvolle Erzählweise, wenn von Hannah und ihrem Leben erzählt wurde, fand ich herrlich erfrischend. Und auch ihr Verhältnis zu Andreas und auch zu Jörg haben mir sehr gut gefallen. Besonders gefallen daran hat mir auch die Schilderung, dass eben auch Hannahs Generation ihre Kämpfe austragen muss, vor allen in einem späteren fast beiläufigen Satz wird das sehr deutlich.

Die aufkommende Judenverfolgung fand ich trotz allem sehr beklemmend und die Wucht mancher schlimmer Szenen wird mir im Gedächtnis bleiben.
Der lange Titel des Buches klärt sich im Laufe der Geschichte und ich fand das ganz wunderbar gelungen!

Mir hat dieses Buch super gefallen und ich empfehle es sehr gern weiter!

Bewertung vom 19.01.2021
Die siebte Zeugin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.1
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Die siebte Zeugin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.1


sehr gut

Nikolas Nölting fährt eines Sonntag morgens mit seinem Fahrrad los, winkt seiner Tochter noch mal kurz zu und wenig später tritt er in eine Bäckerei und schießt um sich. Allein diese Kurzbeschreibung hat mich elektrisiert und ich musste diesen Justiz Krimi einfach lesen.

Nikolas tötet einen Mann und verletzt zwei Personen, kurz nach dem Überfall lässt Nikolas sich jedoch widerstandslos festnehmen, aber er sagt kein Wort und schweigt zu seiner Tat. Auch später gegenüber seinem Anwalt, den renommierten Rocco Eberhardt, den seine Frau Anja verzweifelt und fassungslos über das Geschehen engagiert hat.

In klarer und sachlicher Sprache und in sehr kurzen Kapiteln, wird nun über das Gerichtsverfahren berichtet. Das hat mir super gefallen! Jedes Kapitel trägt eine Überschrift mit genauer Ort, Zeit und Datumsangabe, was das Ganze für mich noch authentischer macht. Roccos Gegenstreiter ist der selbstverliebte Staatsanwalt Bäumler, den ich schon regelrecht im Licht der vielen Fernsehkameras sehen konnte, so gut konnte ich mir das vorstellen.

Angenehm zurückhaltend taucht der Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer auf, der schon oft im Gericht mit seinen fundierten Aussagen überzeugen konnte und zu dem Rocco dann auch Kontakt sucht. Dr. Jarmer Aussage ist es auch, die Roccos Sichtweise auf den Fall und seinen Mandaten eine ganz andere Richtung gibt.

Obwohl die Tat selber schon von Beginn an klar ist und auch ein mögliches verstricken in die Unterwelt von Berlin angedeutet wird, ist das Buch trotzdem spannend.
Ich mag es, über Gerichtsverfahren, Zeugen, Befragungen, Plädoyers zu lesen. Rocco Eberhardt und Justus Jarmer sind sehr sympathisch und ich kann mir sie sehr gut als künftiges Team vorstellen, zumal sie zwar nicht immer einer Meinung sind, aber sich anscheinend wunderbar ergänzen.
Tobias Baumann, Privatdetektiv und bester Freund von Rocco, mochte ich auch auf Anhieb und da auch einige Familien Hintergründe von Eberhardt eine Rolle spielen und das Buch mit einen vielversprechenden Hinweis endet, darf man auf weitere Bücher gespannt sein!

Bewertung vom 14.01.2021
Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1
Hancock, Anne Mette

Leichenblume / Heloise Kaldan Bd.1


sehr gut

Das Cover und vor allen der Buchtitel sind für mich ein echter Blickfang. Etwas später wird dieser Titel auch noch erklärt, das ist schon wirklich sehr interessant!

Zu Anfang habe ich mich allerdings etwas schwer getan mit der Geschichte, ich wurde nicht so ganz warm mit der Hauptfigur Heloise Kaldan, einer Investigativ Journalistin und musste mich erst ein bisschen an den fast schon schnodderigen Ton gewöhnen.
Dagegen hat mir gut gefallen, dass ich in die Geschichte gleich „reingeworfen“ wurde, ich mag das gern, wenn man mit dem ersten Satz gleich schon mittendrin ist. Mit Anna Kiel konnte ich zwar am Anfang auch noch nicht viel anfangen, aber das hat sich schnell gegeben. Auch Heloise wurde mir mit der Zeit immer sympathischer und ich kann jetzt schon mal sagen, dass ich mich auf jeden Fall schon mal auf den Nachfolgeband freue, der glaube ich im Sommer 21 erscheinen soll!

Heloise Kaldans Job ist gefährdet, da sie eine brisante Story veröffentlicht hat, ohne noch mal ihre Informanten Quelle, eine neue Bekanntschaft, gegen zu prüfen. Sie ist sich zwar schon sicher, dass sie ihren Job aus verschiedenen Gründen nicht verliert, aber ist privat sehr verunsichert.
In dieser Situation erreichen sie kryptische Briefe, unterschrieben mit Anna Kiel, einer Mörderin auf der Flucht. Anna soll ohne ersichtliches Motiv einen jungen, erfolgreichen Anwalt überfallen und getötet haben.
Obwohl auch erst skeptisch, ist Heloises Interesse geweckt und sie versucht zusammen mit Kommissar Erik Schäfer, den ich auf Anhieb mochte, mehr herauszufinden. Gerade auch weil Anna in ihren Briefen private Dinge erwähnt, die sie eigentlich gar nicht wissen kann und auch eine Verbindung zu Heloise andeutet.

Die Geschichte hat mich immer mehr gefesselt, durch die verschiedenen Schauplätze fand ich das ganze sehr spannend! Die anderen Figuren, wie zb Annas Mutter, die Eltern des Ermordeten Anwalts, Martin, und besonders ein alter Freund von Anna fand ich sehr interessant und ich konnte mir sie durch den Schreibstil sehr gut vorstellen!

Am Ende kommt allerdings etwas ans Licht, womit ich so nicht gerechnet habe und für mich persönlich auch harter Tobak war. Die Schilderungen waren dann auch für mich doch schwer zu ertragen.
Und obwohl-oder gerade weil!-das Ende und die Auflösung so gut nachvollziehbar war, lässt mich das Ende zwiespältig und vor allen nachdenklich zurück.

Bewertung vom 05.01.2021
Die Rabentochter
Dionne, Karen

Die Rabentochter


ausgezeichnet

Das tolle und mystische (Buch) Cover allein ist schon ein Blickfang und der Klappentext verspricht einen richtig guten und fesselnden Thriller.

Die mittlerweile 26 jährige Rachel lebt seit 15 Jahren freiwillig in einer psychiatrischen Klinik, da sie glaubt, als 11jährige ihre Eltern getötet zu haben und sie daher diese selbstauferlegte Strafe verdient. Erst ein angehender Journalist und der Blick in damalige-bis dahin unbekannte-Unterlagen, stellt ihre ganze Welt auf den Kopf und Rachel beginnt sich zu fragen, was damals genau geschehen ist und ob sie die Tat vielleicht gar nicht begangen hat. Und sie beschließt, dorthin zurückzugehen, wo alles angefangen hat.

Dieser Ausgangspunkt hat mich gleich gefesselt und ich konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen! Ich fand den Schreibstil unglaublich gut, sehr klar und geradeheraus, flüssig und packend. Die Geschichte wird abwechselnd aus Rachels Sicht und aus der Sicht von Rachels Mutter Jenny erzählt, was in meinen Augen das Tempo und die Spannung noch steigert. Schon bald tun sich Abgründe und Tragödien auf, die ich so nicht gleich erwartet hätte und die mich schockiert haben. Das alte Jagdhaus im Wald, in dem Rachel und ihre Schwester Diana zusammen mit ihren Eltern, die Wildbiologen waren, und ihrer Tante Charlotte aufgewachsen sind und das einsam im Wald liegt, konnte ich mir bildlich sehr gut vorstellen und Rachels Liebe zur Natur, zum Wald und zu den Tieren habe ich regelrecht gespürt und war absolut greifbar. Und auch ihren –ich nenne es mal-eigenen Draht zu den Tieren, zu den Raben war für mich seltsamerweise nicht sonderbar, sondern völlig selbstverständlich. Einfach authentisch. Eine besondere Liebe verbindet Rachel mit den Bären und die Schilderungen auch die der Bärenforschung von Rachel Mutter Jenny, waren für mich nie zuviel, sehr interessant und einfach nur toll.

Obwohl ich auch schon geahnt habe, wohin das Ganze führt, ist das Ende doch noch eine Überraschung!

Das Buch hat mir wirklich super gefallen und ich empfehle diesen großartigen, atmosphärisch dichten, packenden und zum Nachdenken anregenden Thriller sehr gerne weiter!

Bewertung vom 05.01.2021
Der Bewohner
Jackson, David

Der Bewohner


sehr gut

Dieser Thriller ist anders. Ich fand die Idee, die Geschichte aus der Sicht eines Serienkillers zu schreiben, super spannend! Dazu kommt, dass sich der Killer Thomas Brogan auf einem Dachboden verstecken muss und dabei entdeckt, dass gleich drei Wohnungen durch die ungewöhnliche Bauweise miteinander verbunden sind. Er fängt an, die Wohnungsbesitzer zu beobachten, dabei zieht ihn besonders die junge verheiratete Colette in seinen Bann. Und er beschließt, ein wenig mit ihr und auch den anderen zu „spielen“…

Allein das verspricht Nervenkitzel pur und tatsächlich hatte ich beim Lesen teilweise Gänsehaut und mich hat diese Vorstellung gegruselt. Das Besondere und ungewöhnliche ist hier, das Thomas Brogan mit sich selbst redet, mit der Stimme in seinem Kopf. Das hat mir super gefallen und das macht diesen Thriller auch für mich so anders, so außergewöhnlich. Fast wie nebenbei hat man erfahren zu welchen Grausamkeiten Brogan in der Lage war und ist, aber diese manchmal sogar sehr humorvolle Stimme machte ihn auch für mich beinahe schon sympathisch!

Die Situation und die Vorkommnisse um die ältere Elsie haben mich zusätzlich tief berührt und für mich war es fast schon wie in einer anderen Welt, da gerade das Verhalten des Killers in den Momenten so ganz anders war, aber die Entwicklung war für mich auch gut nachvollziehbar.

Die „Spiele“ bei Colette und ihrem Mann Martyn zeigen Wirkung, wobei ich Colettes Reaktion manchmal ein wenig zu übertrieben fand. Das klärt sich aber für mich am Ende, was ich dann wiederum gut verstehen konnte.

Eine Sache am Schluss jedoch ist für mich persönlich jetzt nicht ganz so glaubwürdig, obwohl es auch wieder zur Geschichte passt.

Insgesamt ein außergewöhnlicher, spannender und interessanter Thriller!

Bewertung vom 05.01.2021
Die Farbe von Glück
Bagus, Clara Maria

Die Farbe von Glück


sehr gut

Das wunderschöne Cover hat mich total angezogen, ich finde es total edel und auch der Klappentext hat mich neugierig gemacht.
Die Geschichte entwickelt sich dann aber doch etwas anders als ich erwartet habe... Das Buch enthält so viele Weisheiten und wahre Worte, es scheint mir unmöglich auch nur ein paar tolle Zitate hervorzuheben.
Den Schreibstil empfinde ich als sehr angenehm, trotzdem konnte ich das Buch nicht so schnell lesen und musste immer wieder Pause machen, weil ich die vielen klugen und bildhaften Worte, Aussagen und Gedanken wirken lassen wollte und es mir sonst auch offen gestanden „zu viel des Guten“ gewesen wäre.

Ich hatte durch die Ausgangslage des Kindestausch, begangen durch die junge Krankenschwester Charlotte und dem Richter Jules, etwas anderes erwartet, ich kann aber auch nicht sagen, dass ich enttäuscht bin. Ganz und gar nicht. Es ist für mich nur fast ein Lebens Ratgeber, ein Wegweiser, ein Mutmacher, sein Leben so anzunehmen wie es ist, aber auch die Möglichkeit zu nutzen, ihm jederzeit eine andere Richtung zu geben, wenn uns das glücklich macht. Daher bleiben die Figuren für mich irgendwie unwirklich. Besonders die Gedanken und Aussagen von Charlotte, die zu Anfang doch noch recht jung ist, sind mir persönlich auch ein wenig zu weise gewesen für ihr Alter.

Es gibt einige Zeitsprünge in der Geschichte und es ist schon interessant zu lesen, wie fremd sich die beiden, mittlerweile Frauen, die im Geburtshaus vertauscht worden sind, sich in ihrer Familie fühlen, auch wenn das nichts an ihrer Liebe zu ihren Eltern ändert. Dieses unbestimmte Fremdheitsgefühl nimmt aber keinen großen Raum ein, weil sich die Frauen auch geliebt und angenommen fühlen.
Zu erfahren, wie groß und belastend diese Lüge für Jules und Charlotte ist und wie sehr sich das vor allen auf Jules Ehe mit Louise auswirkt.
Und auch Antoine, der Ziehsohn von Charlotte, muss sich mit seiner leiblichen Mutter auseinandersetzten, die ihn als 6 Jährigen ohne große Erklärung verlassen hat.

Die großen Worte Annehmen, Verzeihen, Vergeben, Akzeptanz, Liebe und nicht zuletzt den Mut zu haben, sein Leben so zu leben wie man möchte, solange es mir und anderen gut tut sind im Buch immer präsent und werden auch mit Beispielen sehr klug eingesetzt.

Das Ende mag ein wenig unrealistisch sein, aber es passt für mich zum Buch, zur Geschichte und nicht zuletzt zur Aussage des Buches.

Bewertung vom 27.12.2020
Miss Bensons Reise
Joyce, Rachel

Miss Bensons Reise


sehr gut

Zuallererst bin ich mal so frei und gebe für das gesamte Kapitel 10 eine Emetophobie Trigger Warnung, es beginnt schon mit der Überschrift.


Margery Benson liebt Käfer seit ihrer Kindheit und als ihr Vater ihr in einem Naturkundebuch einen goldenen Käfer zeigt, der aber nie gefunden worden ist und vielleicht sogar gar nicht existiert, ist sie wild entschlossen, diesen Käfer eines Tages zu suchen und zu beweisen, dass es ihn tatsächlich gibt. Ohne auch nur in ihren kindlichen Bewusstsein zu ahnen oder daran zu denken, dass sie dafür nach Neukaledonien muss, ans andere Ende der Welt.

Dieser Wunsch gerät allerdings im Laufe ihres Lebens in Vergessenheit und erst viel später nach einem unschönen und für Margery demütigenden Erlebnis, kommt ihr ihr alter Traum wieder in den Sinn. Und sie beschließt, „jetzt oder nie“
Die Vorbereitungen sind nicht ganz einfach und manche Hindernisse müssen weggeräumt werden und da Margery die lange Reise nicht alleine antreten kann und will, sucht sie eine kompetente Reisebegleitung…und findet nach einigen Missverständnissen und Turbulenzen Enid Pretty, die so ganz anders ist, als Margery gehofft und erwartet hat.

Es hat Spaß gemacht, die beiden völlig unterschiedlichen Frauen auf ihrer Reise zu begleiten! So manches Mal habe ich gestaunt, was vor allen auch in Enid steckt. Und beweist mir wieder einmal, dass die äußere Hülle eines Menschen nichts aussagt. Bei Margery kamen mir öfters die Gedanken spröde, ruppig und verschroben in den Sinn…und wenn man ihre Vergangenheit bedenkt, passt ihr Verhalten einfach. Margery beweist unheimlich Mut und Durchhaltevermögen, obwohl die ganze Expedition alles andere als einfach ist und sie manches Mal an ihre körperlichen und psychischen Grenzen kommt.
Sehr gut gefallen haben mir hier auch die Rückblicke in die Vergangenheit der beiden Frauen. Die gegenseitig wachsende Zuneigung, die Loyalität, das gemeinsame Durchhalten und Zureden und Aufbauen…das war für mich greifbar und ich habe es beiden Frauen geglaubt.
Spannung, aber für mich auch gleichzeitig eine besondere Tragik, bekommt die Geschichte durch einen Mr Mundic-mehr möchte ich hier nicht verraten.

Die Geschichte liest sich sehr flüssig und lebendig, ich habe geschmunzelt und war schon ein bisschen stolz auf die beiden Frauen, die so einiges erleben und mitmachen, aber auch so viel Stärke und Mut beweisen! Ich habe mich geschüttelt oder war auch froh, dass ich nicht im wahrsten Sinne des Wortes in Margerys oder Enids Haut steckte. Das Wort „Berufung“ und auch „zu sich selbst finden“ bekommt hier eine ganz entscheidende Bedeutung.
Das Ende habe ich so nicht erwartet, aber gerade deswegen hat es mir „gefallen“ und es hat im Sinne einer Storyline gepasst. Und ganz am Ende wird die Geschichte für mich wunderbar rund und ich habe genickt und gedacht „Jawohl!“
Es sind mit Sicherheit nicht alle Sachen im Buch realistisch, aber der Grundgedanke und die Message sind einfach toll!

Bewertung vom 04.11.2020
Wonderlands

Wonderlands


ausgezeichnet

Schon bei der Einleitung und der Kapitelaufteilung hatte ich das Gefühl, ein wunderbares, tolles und interessantes Buch vor mir zu haben. Ich habe es mir dann noch mal gemütlich gemacht und angefangen zu lesen.

Und ich bin begeistert! So toll und liebevoll und informativ zusammengestellt, die tollen Abbildungen und Illustrationen sind nochmal das Sahnehäubchen obenauf!
Angefangen mit den alten Mythen und Legenden, dem Gilgamesch-Epos, Homers Odyssee und Dantes Göttliche Komödie über Gullivers Reisen, Die Zeitmaschine und den Zauberer von Oz unter Wissenschaft und Romantik, um nur einige, wenige und vielleicht bekanntere Werke zu nennen. Es folgen das goldene Zeitalter der Fantasy, Neue Weltordnung und das Computerzeitalter, wo sich u.a. Harry Potter, Stephen King, Margaret Atwood und George R.R. Martin die Ehre geben. Es ist unmöglich, alle zu nennen oder auch nur eine Auswahl zu treffen, es gibt so unglaublich viel mehr zu entdecken und auch wieder zu entdecken!

Ich habe fast ehrfürchtig und ganz langsam die Seiten umgeblättert, damit ich dieses Buch richtig genießen kann. Ich habe gestaunt und vor vielen gedanklichen „Ah“s und „Oh“s die Zeit vergessen. Die Einteilungen sind ein wunderbarer Leitfaden, sie geben dem Buch Struktur und eine gute Orientierung.
Da ich überzeugt bin, dass ich das Buch nicht nur einmal lese, kann ich auch so wunderbar noch mal die einzelnen Kapitel, die meist eine Doppelseite lang sind, nachschlagen. Die Sammlung der fantastischen Wunderländer eignet sich auch großartig als Geschenk für alle Buchliebhaber und für die, die es werden wollen.
Das Buch vereinigt alte Mythologie und schlägt einen Bogen zu der Scheibenwelt von Terry Pratchett, Harry Potter, Herr der Ringe, Game of Thrones und vielen, vielen anderen. Es ist so umfangreich und dabei so klar verständlich gegliedert und beschrieben, es ist einfach nur toll! Man taucht in fantastische Welten ein und mir wurde nochmal bewusst, was Literatur und Bücher, die ihre ganz eigene Welt erschaffen, leisten können und uns tatsächlich zumindest für eine gewisse Weile abtauchen lassen. Allein das ist ein ganz großes Geschenk.

Ganz große und dicke Kauf und Leseempfehlung!

Bewertung vom 29.09.2020
Raum der Angst
Meller, Marc

Raum der Angst


sehr gut

Sieben Personen melden sich freiwillig für ein escape room Experiment des bekannten Professors Andreas Zagert. Sie versprechen sich ein Abenteuer und am Ende winkt auch noch eine Stange Geld. Die Gruppe wird jedoch auf den Weg dorthin entführt.
Sie finden sich unversehens in einem Raum wieder, noch völlig überzeugt, dieses Spiel zu spielen. Als die Psychologie Studentin Hannah, die zuvor entführt worden ist, auf die Gruppe trifft, beginnen auch die anderen langsam zu ahnen, dass dieses Experiment ein grausames Spiel ist..

Die Geschichte hat für mich einen sehr angenehmen Schreibstil und hat mich von Anfang an gefesselt!
Sehr gut gefallen hat mir, dass die Personen alle unterschiedliche Charaktereigenschaften und Wesenszüge haben und jeder einzelne ist wichtig, um diesen Spiel zu entkommen. Die Räume sind sehr unterschiedlich gestaltet und besonders einer hat mir super gefallen! Gute Ideen und eine flotte Erzählweise sorgen für Spannung und Nervenkitzel.
Manchmal fand ich es ein bisschen zu dick aufgetragen, aber das mag auch daran liegen, dass die sieben Personen bis auf Hannah vielleicht zugunsten der Spannung eher an der Oberfläche bleiben.
Sehr gut fand ich die Polizei Ermittlungen, die gleichzeitig "draußen" stattfinden, weil den Kommissaren sehr schnell klar wird, dass das kein gewöhnliches Experiment ist.

Professor Zagert, der vorsichtig ausgedrückt sehr von sich überzeugt ist, mochte ich dagegen so gar nicht. Ich fand es dennoch total spannend, etwas über ihn und seine Vergangenheit und auch über Personen, mit denen er gearbeitet oder deren Mentor er war, zu erfahren. Es regt doch sehr zum Nachdenken an, was und wozu Psychologie imstande ist...Und die Frage aller Fragen, wer oder was ist Janus?

Das Ende lässt einen zweiten Band vermuten und ich bin auf jeden Fall wieder dabei!
Ich habe mich wirklich sehr gut unterhalten gefühlt!