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Edda246
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 59 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2021
Was fehlt dir
Nunez, Sigrid

Was fehlt dir


ausgezeichnet

Der Versuch einer Annäherung an ein Thema, das ein schwieriges ist, die Sterbensbegleitung.

Der originale Titel „What are you going through“ ist für mich treffender, als die deutsche Übersetzung. Dieses Buch beschreibt einen Zeitabschnitt, indem sich zwei ehemalige Freundinnen während eines ungewöhnlichen Lebensabschnitts, ihre damals tiefe Freundschaft erneuern.

Die todkranke Freundin der Protagonistin ist selbstbestimmt und stellt sich ihre letzten Tage mit einer Begleitung in einem schönen Haus in schöner Umgebung vor.
Ein sehr trauriges Ereignis, doch die beiden machen sich auf zum unbekannten Abenteuer. Die gemeinsame letzte Zeitspanne wird von der Ich-Erzählerin betrachtet und durch viele Essays bebildert. Intelligent und berührend, man kann sich dem Charme und feinem Humor dieser kurzen Erzählungen nicht entziehen und taucht gerne ein, Der rote Faden ist das reale Verhältnis der Erzählerin zu ihrer Freundin und ist nicht ein bedrückendes Schwergewicht des Romans, macht aber das sensible Thema Sterben und wie man damit umgeht, leichter. Die Menschlichkeit durch die eingefügten, traurigen doch auch urkomischen Essays, Anekdoten, über Ausschnitte anderer Schicksale, lassen nicht unberührt zurück. Es wird ein emotionaler Bogen gespannt zu dem tatsächlichen Roten Faden, das Sterben der Freundin und die Sterbensbegleitung. Ist es doch ein Thema, zu dem wir nichts sagen können da es uns selbst noch nicht betroffen hat.
Sigrid Nunez schreibt intelligent, sensibel, mit großem Herz für ihre Mitmenschen und gesunder Distanz. Mag man auch manche sprunghaften Gedanken nicht nachvollziehen, bleibt es doch ein nachhallender Roman, überraschend ehrlich, dadurch humorvoll und nie aufdringlich. Ein gelungener Spagat zwischen Betrachtung und Tiefe.
Schöne Literatur, die leise und doch kraftvoll nachklingt.

Bewertung vom 17.05.2021
Letzte Ehre
Ani, Friedrich

Letzte Ehre


ausgezeichnet

Ein Roman über Frauen als Opfer mit einer weiblichen Protagonistin von einem männlichen Autor.

Der Verdächtige Barig im Fall der verschwundenen Finja führt in die dunkle Welt der Fantasien. Doch das ist erst der Anfang.
Es geht in diesem Roman um vier Frauen, die zu Opfern wurden – von jeder erfahren wir ihr Schicksal und ihre Konsequenz, damit umzugehen.
Fariza Nasri, die Oberkommissarin konfrontiert sich mit eigenen sowie den Abgründen der Frauen, mit denen sie zu tun hat. Vermisst, vergewaltigt, geschändet. Als es ihre beste Freundin trifft, schafft sie es gegen Widerstände, den Fall aufzunehmen; gerät selbst in das Visier von Anfeindungen.

Es gibt keinen schützenden Gott, wie den Kindern glaubhaft gemacht wurde, doch es gibt eine Gerechtigkeit. Fariza Nasri ist deren Gehilfin. Sie ist prädestiniert für die Gesprächsführung – hat sie nicht auch eine dunkle Seite, die verdrängt ist. Auch sie schaut in den Spiegel und sieht. Mit feinem psychologischem Gespür für Wahrheit und Lüge und im Bewusstsein, dass das Aussprechen, die Gnade ist und eben nicht die Beichte in der Kirche, die oft missverstanden wurde. Alles Unausgesprochene wird zur Qual. Fariza ist die „Geburtshelferin. Durch ihre Art des Einlassens in die Fälle der vermissten und geschändeten Frauen, von sehr jung bis alt, deckt sie Verborgenes auf. Und die Lebensgeschichten der Frauen sind aufwühlend.

Friedrich Ani, der Autor, gibt in seinem Roman diesen Frauen, ganz besonders Frau Nasri, die letzte Ehre. Die Fälle verknüpfen und kommen Fariza Nasri immer näher, die Oberkommissarin, die feinsinnig und gnadenlos Wahrheiten aufdeckt;
Die männlichen Täter bewegen sich in Grauzonen, die hiermit einen Namen bekommen - Grauzonen wie Gier, Wegsehen, Machtmissbrauch und Vertuschung – ausgeführte männliche Fantasien; ein verwerfliches Sittenbild,
Niemals langweilig, unglaublich berührend – große tiefsinnige und intelligente Spannung und ein kluger Aufbau, sehr feinsinnig umgesetzt und poetisch erzählt.

Ich hatte Tränen in den Augen so ergreifend. Ganz großes Erzählen – ein Meisterwerk.

Bewertung vom 03.05.2021
Die Geschichte von Kat und Easy
Pásztor, Susann

Die Geschichte von Kat und Easy


ausgezeichnet

Die intensivsten Freundschaften sind oft die, in der Schulzeit geschlossenen. So erging es auch Kat und Easy. In den frühen 1970ger Jahren 16 Jahre alt und bereit für das, was die Zeit auswarf. Aus der Sicht von Kat geschildert, bekommt man einen Eindruck von Spießigkeit und Ausbruch ins eigne Leben. Neue Musik, Drogen, Parties, Zusammenkünfte im Jugendzentrum der Kleinstadt Laustedt. Die erste Verliebtheit, die beginnende Hippiezeit. Der zweite Erzählstrang findet in der Jetztzeit statt, wo sich beide, inzwischen über 60 Jahre alt, durch einen Blog von Kat wiedergefunden haben. Kat entscheidet sich, erst zögernd, mit Easy einige Tage in deren Ferienhaus auf Kreta zu verbringen. Schauplatz ist Süd Kreta, nahe Matala, bekannt für die jährlichen Hippie Revival Festivals. Damals wie heute geschildert, spielen Musik und Dogen eine Rolle in ihren sozialen Begegnungen und so lockern sie auch ihre Begegnung auf Kreta, so dass auch die anfänglich zurückhaltende Kat sich nach und nach ihren Erinnerungen stellt. Diese stimmen nicht immer mit denen von Easy überein und so müssen sich die beiden ihren Unwahrheiten und den Ungeklärtheiten ihrer damaligen Trennung stellen; ebenso den Konsequenzen, die daraus erwuchsen.. Ergänzt wird ihre Begegnung durch die Kommunikation über Katis Blog, bei der Kati die Ratgebende und Easy die Fragestellerin ist.

Der Roman regt an: Die Rückschau in älteren Jahren und der Wunsch nach Aufklärung von Missverständnissen. Wie hätte es sein können, wenn die Welt sich durch Ehrlichkeit anders gedreht hätte – wer wäre man dann jetzt? Susann Pasztor beschreibt eine vergnügliche Aufarbeitung von Erinnerungslücken, die beide Frauen näher bringt und ihnen Spielraum zum Verzeihen anbietet. Das alles in der farbigen Kulisse einer verlorenen Zeit, die dem Leser farbenfroh und identisch nahe gebracht wird. Interessant ist auch auf welchem Wege die beiden so unterschiedlichen Frauen sich wieder annähern können. Es ist keine Frage der Moral, welche Mittel helfen, es ist die Annäherung mit dem Ziel, die damalige gemeinsame Zeit aufzuarbeiten, mit Mitteln von damals. Das gelingt Susann Pastor wunderbar leicht und sympathisch.
Ein Buch, das Spaß bringt zu lesen und leichtfüßig nachhallt.

Bewertung vom 13.04.2021
Gefangen und frei
Sheff, David

Gefangen und frei


ausgezeichnet

Die von David Sheff zusammengefasste wahre Lebensgeschichte eines zum Tode Verurteilten ist kein leichter Stoff. Es ist eine sachliche und mitfühlende Dokumentation über Jarvis Jay Masters, der im Hochsicherheitstrakt von San Quentin zum Buddhisten wird.
Trotz des viermaligen Versuchs, das damalige Todesurteil zu widerrufen, scheitert es an der Gesetzgebung. Jarvis, inzwischen 50 Jahre alt, ist seit seinem 19.Lebensjahr in Haft. Er lernt durch engagierte Menschen den Buddhismus kennen, der ihn all die Jahre begleitet. Der Leser bekommt nicht nur weltliche Einblicke in das Gefängnisleben dieser Korrekturanstalt, auch werden umfassende Einsichten in den buddhistischen Werdegang Jarvis vermittelt. Die Spannung liegt in eben dieser Diskrepanz.
Wir bekommen tiefe Einblicke in das Leid des zu unrecht Verurteilten und seiner Sehnsucht, dem durch Meditation zu entfliehen. Was würde Jarvis darum geben, eine echte Türklinke zu berühren! Doch er erlangt und erkennt, dass durch seine Transformation zu tiefem Mitgefühl sich selbst und den Menschen gegenüber, er eine wahre Art der Freiheit gewonnen hat.
Eine zutiefst nachhallende Lebensgeschichte, deren Spannung in der eigenen menschlichen Betroffenheit liegt.

Bewertung vom 28.02.2021
Die dritte Frau
Fleischhauer, Wolfram

Die dritte Frau


sehr gut

Die dritte Frau, jenseits von Heiliger oder Hure - der letzte Satz des neuen Romans von Wolfram Fleischhauer. Die "Purpurlinie", das Erstlingswerk des Autors, liegt 25 Jahre zurück, ein Bestseller. Es handelt von einem Gemälde von Henriette 'Entrague und Gabrielle d'Estrees, die Geliebten Heinrich IV. Durch einen Brief des Nachfahren von Henriette und dessen schonungsloser Kritik am Erstlingswerk, wird der Autor inspiriert, eine Fortsetzung zu schreiben. Er lernt die schöne Camille kennen, die mit unveröffentlichten Dokumenten sowie ihrer Erotik lockt.
Bis zur Hälfte des Buches etwas mühsam, erfährt man doch sehr viel von der politischen Stuation um Heinrich IV, seiner Leidenschaft und durch Intrigen verursachten Thronkämpfe. Heinrich IV, ein verliebter Narr.
Jetzt in der Gegenwart sieht sich auch der Protagonist in einer Lage wieder, die nicht vernunftgesteuert ist. Das was Camille moniert, ist, dass die Individualität, das Empfinden der dargestellten Frauen, kaum Beachtung bekommt. Der Roman nimmt in dem Moment Fahrt auf, als der Autor am eigenen Leib in Irrungen und Wirrungen gerät, ganz im Hier und Jetzt und hinterfragen muss, ob hinter all dem Schein noch eine dritte Frau zutage tritt.
Ich schätze Wolfram Fleischhauers Ideen, doch dieser Roman konnte mich nicht wirklich fesseln, der mühselige Beginn und dann ein fast an Kitsch heranragender zweiter Teil.
Ich werde noch einmal "die Purpurlinie" lesen.

Bewertung vom 16.02.2021
Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1
Mohlin, Peter;Nyström, Peter

Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

John Adderley, ein FBI Undercover Agent a.D. kommt auf seinen Wunsch in ein Zeugenschutzprogramm in seine Heimatstadt Karlstad in Schweden. Dort möchte er den Cold Case, Mord an Emelie Bjurwall, Industriellentochter, aufklären, denn sein Halbbruder wurde damals verdächtigt. Ungewöhnlich und zügig kommt er mit der Aufklärung voran, wobei er auch einige Mal unkonventionell und auf eigene Faust vorgeht.
Der Fall Emelie Bjurwall wird von damaliger Sicht beschrieben aus Sicht des Vaters der verschwundenen jungen Frau und der andere Erzählstrang ist die Sicht von John Adderly.
Die Fäden ziehen sich in der Gegenwart zusammen und verlaufen parallel und hochspannend weiter bis zum rasanten Finale. Viele überraschende Wendungen bieten beste Unterhaltung. Die Charaktere sind glaubwürdig, der Protagonist sympathisch mit Ecken und Kanten. Viel Wert wurde auch auf psychologische Aspekte der Verhaltensweisen gelegt, so dass es dem Thriller nicht an Tiefgang mangelt. Doch nie aufreißerisch, eher betrachtend. Interessant auch der Aufbau und die Verwobenheit der zeitlichen Abläufe des Geschehens. Die mitspielenden Personen sind übersichtlich mit klarem Wiedererkennungswert, so dass der 528 Seiten starke Schmöker niemals ermüdet. Die beiden Autoren haben ein spannendes und sympathisches Erstlingswerk erschaffen. DieVorfreude auf den nächsten Band um John Adderly ist garantiert.

Bewertung vom 08.02.2021
Der Klang der Wälder
Miyashita, Natsu

Der Klang der Wälder


ausgezeichnet

Der junge Tomura, der in den Bergen aufgewachsen ist, hört zufällig einen Klavierstimmer in seiner Schule das Klavier stimmen. Der Klang der Tasten, der ihn durchflutete, erinnerte ihn an das Bild der heimischen Wälder und ihn erfasst eine starke Wehmut. Fortan beschließt er, selber Klavierstimmer zu werden. Der Roman ist die Geschichte einer Berufung, so schlicht und berührend, spannend und tiefgreifend. Jede Seite berichtet von Erfahrungen, Erkenntnissen oder philosophischen Weisheiten. Natsu Miyashita, selbst Klavierspielerin, nimmt uns mit auf eine wunderbare Weise in die Welt des Klangs, der Bildvorstellungen, des Erwachsenwerdens.
Erfrischend ist der Respekt des Miteinanders, der unverfälschten Gefühle eines jungen Mannes, der
mit staunenden Sinnen in die Schule des Lebens eintritt. Durch seine Fragestellung entstehen viele kleine und große Weisheiten, die den Roman beflügeln und in deren Fragestellung man sich selber wiedererkennt. Doch ist dieser junge Lebensweg nicht von Geldgier und Konkurrenz bestimmt sondern von der Schönheit und Schlichtheit des Staunens und dem leidenschaftlichen Nachgehen einer gefundenen Berufung. Zusätzlich lernt man viel über den faszinierenden Beruf des Klavierstimmers, der hier in den Beruf des Klavierbauers integriert ist, in Japan offensichtlich einen eigenen Berufszweig darstellt. Was ist eine Klangfarbe, wie ändert sich die Akustik im Raum, wie kann man auf individuelle Wünsche der Kunden eingehen, die ein bestimmtes Klangbild erhoffen? Wie gern taucht man in diese Welt ein, die von Respekt und Höflichkeit bestimmt ist.
Ein wunderbares Buch, ein Schätzchen, in das man hineinfallen darf, um sich erfrischt wiederzufinden. Natsu Miyashita schafft es, den Leser von der ersten bis letzten Seite zu fesseln.
Für mich spannender als ein Krimi. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 28.12.2020
Die geheime Kraft des Fettstoffwechsels
Kiechle, Marion;Gorkow, Julie

Die geheime Kraft des Fettstoffwechsels


ausgezeichnet

Die beiden Autorinnen, Prof. Dr. Marion Kiechle und die Journalistin Julie Gorkow haben einen Ratgeber zum „schlank und gesund werden“ geschrieben mit dem Schwerpunkt Fettstoffwechsel.
Das Buch an sich ist schon ein Hingucker. Großes ungewöhnliches Format, hochwertig hergestellt.
Die Illustrationen sowie die Fotos sind hervorragend und unterstützend. Die Rezepte der Ökotrophologin Sarah Schocke sind unkompliziert und laden daher auch zu eigenen Variationen ein – sie beinhalten eben genau das vorher Beschriebene.
Es ist auf keinen Fall ein Diätbuch, sondern klärt auf über das, was in unserem Körper vorgeht, wenn wir Nahrung zu uns nehmen und verdauen. Die Autorinnen raten uns, den Verbündeten „eigener Fettstoffwechsel“ zu suchen und ihn, wie einen neuen Freund, kennenzulernen.
So fängt dieser Ratgeber schon ursympathisch an und das Gefühl davon, etwas zu müssen, um schlank und gesund zu werden, schwindet. Es ist eine entspannte Freude in dem Buch zu schmökern, um die dort beschriebenen aktuellen Erkenntnisse anzunehmen und erst einmal geistig zu verdauen. Wer weiß schon, dass die WHO Übergewicht und Adipositas als Pandemie eingestuft hat und Übergewicht unsere Gene auf Fettleibigkeit umprogrammieren kann ?
In übersichtlichen Kapiteln wird frau umfangreich aufgeklärt, was der Fettstoffwechsel mit dem Körper und dem Wohlbefinden macht. Es klärt über Symptome auf, wenn etwas nicht mehr richtig läuft und gibt detailliert Hinweise und Tipps, dies in den Griff zu bekommen - denn „die gute Nachricht ist: Fettstoffwechselprobleme lassen sich durch die Ernährung beeinflussen.“
Es gibt z.B. Tipps für einen gesunden Schlaf und mehr Bewegung und wie man Heißhungerattacken bewältigt. Zu guter Letzt ist das Stichwortverzeichnis sehr hilfreich, um gezielt Suchergebnisse zu erhalten. Fazit: Der Verlag Gräfe und Unzer hat wieder einmal einen informativen, aktuellen und sehr ansprechenden Ratgeber herausgebracht! Sehr lesens- und lernenswert!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.