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Benutzername: 
LindaRabbit
Wohnort: 
Freiburg
Über mich: 
Leseratte erster Klasse!

Bewertungen

Insgesamt 254 Bewertungen
Bewertung vom 09.08.2023
Zippel macht Zirkus / Zippel Bd.3
Rühle, Alex

Zippel macht Zirkus / Zippel Bd.3


sehr gut

Tür - Schlossgespenster

Was für eine tolle Idee - Geschichten um zwei klitzekleine Türschlossgespenster. Schlossgespenster existieren ja so viele, aber Türschlossgespenster?

Frau Wilhelm, ganz oben unterm Dach, hat Quokel bei sich in Türschlössern wohnen. Und da ist noch Zippel. Paul von unten, der beide Schlossspenster gut kennt, verhindert mit Oma Wilhelm, dass sie entdeckt werden. Bei Frau Wilhelm steht so ein alter Schrank mit nur Schlössern drin. Wie praktisch für Schlossgespenster. Der quicklebendige Morgengeist Zippel flitzte durch die Regenrinne, hat alle Teelöffel geklaut und erst die Dusche von Paul bringt ihm von seinem Morgenlärm weg.
Allein der Einstieg ist so mitreißend. Doch dann folgen die Abenteuer mit dem Zirkus in Italien. Die Türschlossgespenster besuchen mit Paul und seiner Nachbarin den Zirkus Giacometti. Der Zirkus muss vor dem Zauberer Burlesconi gerettet werden.

Die Illustrationen von Axel Scheffler ergänzen die Geschichte von Alex Rühle einfach auf eine tolle Art. Dazu ein kunterbuntes Titelbild, was die Fantasie anregt. Und dann natürlich ‚Awachsanaquatsch‘ und ‚Abajetztmachendlich‘ und ‚Kanne ohni‘ und ‚Kanne mit‘. Auch die italienischen und österreichischen Wortfetzen passen zu der gesamten Geschichte. Doch am Besten setzt man sich mit dem Kind zusammen und erklärt dann diese ihm eher unbekannte Worte. Daraus lassen sich dann wieder eigene Wortspiele bilden… auch Fantasieanregend! Einfach ein herzallerliebstes Kinderbuch (und schon, wie es heißt, das dritte seiner Art).

"Zippel macht Zirkus", Alex Rühle / Autor, Axel Scheffler / Illustrator
dtv Verlag, 15 Kapitel, 136 Seiten

Bewertung vom 01.08.2023
Salz und Schokolade / Halloren-Saga Bd.2
Martin, Amelia

Salz und Schokolade / Halloren-Saga Bd.2


gut

'Schokolade ist Liebe, aber ohne Liebe ist Schokolade nichts'

Liebe und Schokolade, zwei der schönsten Dinge im Leben. Eine Saga um die älteste Schokoladenfabrik in Deutschland samt einzelnen Mitgliedern der Familie, real existierenden und fiktiven. Dazu das historische Ambiente um Halle an der Saale (mir völlig unbekannt, aber solche Romane machen Lust auf die Örtlichkeiten!).

In dem Roman, der im Heimatort der Hallorer Kugeln spielt, ein Ostkultprodukt, wird Realität und Fiktion geschickt miteinander verbunden.
Es geht – natürlich – um Schokolade, Herstellung, Rezepte, Verfeinerungen, um die Salzsieder, die Halloren und ihre Brüderschaft, um Unternehmungen, um Wünsche der Nachkommen, um Liebe und um Unmögliches. Ein Sittenbild der Zeit Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts. Und nicht zuletzt macht der Roman Lust auf Pralinen und Schokolade aus Halle...
Im Prolog liegen zwei Brüder, Julius und Friedrich, 1915 im Schlachtfeld an der Westfront, Erster Weltkrieg. Beide rechnen mit dem Schlimmsten, doch wenn es vorbei ist, was machen wir dann besser, was machen wir mit unserem Leben?
Das Buch beginnt mit dem Jahr 1905 und spielt in Halle an der Saale. Julius, der Chocolatier ist und großartige Pralinenkreationen erschafft, charmant, gutaussehend, doch gefangen im Netzwerk seiner Familie – es geht nur um die Schokoladenfabrik. Schokolade oder Liebe...

Der andere Teil der Schokoladenunternehmer, die Familie David, möchte die Töchter entsprechend gut verheiraten. Diese haben sich aber anderweitig bereits orientiert und kämpfen um ihren Willen. Wie wird es weiter gehen? Bekommen sie das, was sie wollen? Väter und Mütter wollen Töchter und Söhne gewinnbringend vermählen, entsprechend ihrem gesellschaftlichem Status. Doch Töchter und auch die Söhne der Familien haben andere Pläne. Dann kommt der Krieg und alles, aber auch wirklich alles ändert sich.
Doch der Einstieg in den Roman beginnt gleich mit dem entsetzlichen Klassenempfinden der Vorkriegszeit. Das Personal wird durch die Gegend gehetzt. Ein Klassengesellschaft mit einem ziemlichen Standesdenken.

Sehr gut lesbarer Text. Ich lernte sehr viel zur Schokoladenproduktion. Das regt den Appetit auf Pralinen und Schokolade enorm an.
Das nostalgisch gestaltete Umschlagsbild führt natürlich gleich in die richtige Richtung, die Zeit um den Beginn des 20. Jahrhunderts. Lediglich die junge Dame im historischen Kleid lässt darauf hinweisen, dass es in erster Linie um die Töchter, oder eine, Cici, geht. Das stimmt so nicht. Insofern ist das Titelbild etwas irreführend.

Bewertung vom 01.08.2023
Marschlande
Kubsova, Jarka

Marschlande


ausgezeichnet

Zwei Leben (16.Jhdt. / 21. Jhdt)

'Dies ist ein weiblicher Text, geschrieben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Wie spät es ist. Wie viel sich verändert hat. Wie wenig.'
Ein Geist in der Kehle, Doireann Ni Ghriofa

Dieses voran gestellte Zitat drückt genau das aus, was auch meine Gedanken zu dem Roman Marschlande sind:

Zwei Stränge - die historischen Ereignisse um Abelke Bleken und um Britta 500 Jahre später.
Abelke, die Kämpferin, die so mies und hinterhältig bestohlen wurde. Und der letztendlich sogar das Leben gestohlen wurde. Ich danke den Frauen in der Hamburger Gegend, die an sie erinnern. (Obwohl ich Geschichte in HH studierte, hatte ich damals nie von ihr gehört).

Es macht mich sehr traurig, dass es damals so schlimm, so ekelhaft war. Es macht mich traurig, dass es heute noch immer so schlimm und ekelhaft ist wie Frauen behandelt werden. Frauen haben so viel Kraft, aber es sind immer noch zu wenig Frauen, die sich auflehnen. Wir sind 50 % der Bevölkerung eines jeden Landes!

Danke Jarka Kubsova für eine starke Erzählung. Der Titel passt exzellent - einfach nur ein regionales Wort; auch das Umschlagsbild - ein schlichtes Bild, was so viel sagt. So lange Autorinnen wie J. Kubsova schreiben, geht die Hoffnung auf Veränderung nicht verloren... Frau - Leben - Freiheit!

Bewertung vom 01.08.2023
Irgendwo wartet das Leben
Kelly, Erin Entrada

Irgendwo wartet das Leben


sehr gut

Fawn Creek Abenteuer

Dieses langweilige, kleine Nest, auch schon mal 'Yawn Creek' genannt, weil so absolut nichts passiert. Und jeder jeden kennt. Dinge, die einem kleinen Kind passierten, hängen selbst in der siebten Klasse noch an. Die beiden Unternehmerfamilien Crawford und Kingsley - samt ihrem Nachwuchs - beherrschen den Ort. (Restaurant, Angelerladen). Wer nicht dazu gehört - wird zum Außenseiter abgestempelt, auch oder gerade von den Jugendlichen.
Greyson hat kein Interesse an den typisch männlichen Dingen, er würde gerne nähen und Kleider entwerfen. Für sein Idol Kate Middleton, die Prinzessin von Wales. Selbst sein eigener (dämlicher) Bruder nennt ihn seine kleine Schwester.

Doch dann kommt eines Tages diese so ganz andere Orchid Manson in die Schule geschneit: In einem weißen Kleid, wirren roten Haaren und einer Blume im Haar.
Greyson findet sie toll, vom ersten Moment an. Und er überzeugt auch seine Freundin Dorothy - die Schüchterne, der sofort der 'rote Schreck' über den Hals kriecht, wenn sie mit Unvorhersehbarem konfrontiert wird. Die Drei werden eine Gruppe in einer Klasse (und sogar Schule), wo es nur Gruppen gibt. Greyson und Didi (Dorothy) waren bislang die Außenseiter.
Die Aufmerksamkeit der Klasse richtet sich sofort auf die Neue... Neugierde plagt viele, eigentlich alle. Eifersucht andere... Vor allem die Bullies, diejenigen die gerne andere dominieren und einschüchtern.

Dieses Jugendbuch ist ein großartiges 'Gemälde' einer Kleinstadt in Louisiana. Mit ihren Sonnen- und vor allem den Schattenseiten. Wer anders ist hat in so einem Gefüge kaum Entwicklungsmöglichkeiten (gelobt seien die Städte, wo doch mehr Freiheit möglich ist...). Es ist aber auch wieder ein tolles Mutmacherbuch. 'Irgendwo wartet das Leben'. Die Entwicklung von Greyson und Didi ist wunderbar, sie trauen sich. Doch das Dreierteam muss schlimme Entwicklungen ertragen.

Während des Lesens habe ich mit den Außenseitern gelitten und mich gefreut über jeden Schritt, der sie zu mehr Aufmüpfigkeit führte. Einfach großartig, dass nun solche Bücher geschrieben werden. Laßt Euch nicht unterkriegen!
Die Sprache ist wunderschön und poetisch. Ein wirklicher Lesegenuss, auch für Ältere.

Bewertung vom 28.07.2023
Eine Lady hat die Wahl
Irwin, Sophie

Eine Lady hat die Wahl


sehr gut

Eliza

Etwas Leichteres für zwischendurch. Eine Romanze.
Die siebzehnjährige Eliza wird mit dem weitaus älteren Earl of Somerset (25 Jahre Differenz), dem neunten seiner Art, verheiratet, rein aus ökonomischen Gründen. Und für den Earl ist das junge Ding auch nur eine Zierpuppe. Witwe geworden, nach zehn Jahre Ehe, überrascht sie die Testamentseröffnung. Sie ist die Haupterbin. Aber nicht, weil ihr Mann sie so sehr liebte, sondern anderen Verwandten eines auswischen wollte. Gleichzeitig wird sie mit ihrer Jugendliebe konfrontiert, denn er erhält den Titel des Lords. Doch auf jeden Fall, nun darf das Leben beginnen…

Die junge Frau wird selbstbewusster, ‚with a little help of good friends‘, genießt das Leben und entzieht sich den Konventionen…Doch im Testament steht, dass ihr der sagenhafte Reichtum nur zusteht bei einem tadelloser Lebensführung. Was sie aber letztendlich nicht davon abhält eine Dreiecksbeziehung auszuleben...

Unterhaltsam, zum Abschalten, keiner hohen intellektuellen Erwartung muss genügt werden… Ambiente der Regency Zeit. Gleichzeitig ist es wirklich gute Unterhaltung, mit einem Schuss Humor und Augenzwinkern und einen deutlichen Hinweis darauf, wie eingeengt das Leben von Frauen im 19. Jahrhundert war.
Das Umschlagsbild deutet natürlich zu gut die Richtung an. Der Titel ebenfalls. Und doch werden auch Themen angesprochen, die selbst heute noch wichtig sind, nicht nur in gewissen Ländern, auch bei uns in Mitteleuropa.

Die Hauptpersonen: Natürlich alle aus aristokratischen Kreisen, England in der Regency-Epoche - Eliza Eunice Courtenay (27, verwitwet), Right Honourable Countess of Somerset. Margret, die Gesellschaftsdame, verwandt mit Eliza und enge Vertraute. Die männlichen Teile – der Schriftsteller Lord Max Melville, charmant aber sehr eigen, und Lord Oliver Somerset, der Neffe, Titelerbe (von Julius Edward Courtenays) und erste Liebe von Eliza. Gut beschrieben wird eine zunehmend selbstbewusste Eliza. Sie lässt ihre bisherigen Einschränkungen hinter sich und geht neue Wege, sucht Freiheit und Unabhängigkeit.

Tolle Dialoge, humorig und charmant. Wie bereits erwähnt, eine leichte Lektüre... gemäß dem Anspruch, leichte Unterhaltung, gute vier Sterne.

Bewertung vom 28.07.2023
Toto und der Mann im Mond Bd.1
Sasha;Röntgen, Julia

Toto und der Mann im Mond Bd.1


sehr gut

liebevolle Gute Nacht-Geschichten

Toto heißt Kind auf Swahili und so stehen Kinder im Mittelpunkt des schönen Bildbandes. Niedliche Zeichnungen auf den Seiten ergänzen die Gute - Nacht - Geschichten, die unterschiedliche Längen haben.

Toto träumt also vom 'Mann auf dem Mond' (der Mond war schon immer fantasieanregend). Dank des Verzeichnisses am Anfang lernen wir den 'Mann im Mond' kennen, natürlich auch alle weiteren Mitwirkenden: Toto, Mimi, Frau Belatrix, Glühwürmchen Glow, Kuscheltier Luna, und natürlich Mama und Papa. Nicht zu vergessen auch - das allsehende Fernrohr.

Vorgesehen ist das tolle Bilderbuch für Kinder ab vier Jahren und beinhaltet nette Texte für Kinder, zum Selberlesen oder Vorlesen lassen! Auf dem bunten Umschlagsbild sind die Helden und Heldinnen im Buch bereits dargestellt. Gutes Titelbild, schön gezeichnet mit einem großen Herz. Einfach liebevoll. Großes Kompliment an den Zeichner Matthias Derenbach.

Bewertung vom 28.07.2023
Das Versprechen / Ein mörderisches Paar Bd.1
Wolf, Klaus-Peter

Das Versprechen / Ein mörderisches Paar Bd.1


gut

Krimisatire

Dr. Bernhard Sommerfeldt, alias Ernest Simmel (aha!), und Frauke, alias Winterberg: Seine Verlobte und ein gefälschtes Stammbuch, reden über eine Heirat...Ein Serienkiller und seine Braut, die gelegentliche Miet – Ehefrau. Das alles spielt sich in Strandnähe ab, in einer wunderschönen Landschaft, wo sich nur diejenigen mit viel Geld einkaufen können...
Besagtes Killerpärchen führt eine recht ominöse Klinik. Und hat sich sogar dem Guten verschrieben: Böse Menschen (der nicht verurteilte Schulhof – Heroindealer) werden mal eben um die Ecke gebracht.

Es wird alles sehr humorig beschrieben – Möven im Angriff, Brötchen versteckt euch, und sogar eine konzertierte Aktion, die erste Möve holte Verstärkung für den Käse.
Ist das Satire oder ein Krimi? Für mich eindeutig Satire. Da hat ein Autor wohl diese überbordende Krimikultur sattgehabt und eine Satire geschrieben (Seriensatiriker) und es kommt gut an.

Umschlagsbild - wie in Krimis üblich - ein Landschaftsbild, ein Boot.

Regio – Krimis sind etwas Besonderes – man kennt die Region, findet viele Details wieder und hat wieder richtig Lust seine Umgebungskenntnisse aufzufrischen.
Dieses Mal in Ostfriesland… Finn-Leandro, dreizehn, aus Aurich, wurde in der Schule angefixt, jetzt ist er tot. Der Anfixer kommt jedoch davon. Aber nicht mit Dr. Sommerfeldt...

Der Autor war mir bislang unbekannt, noch nie etwas von ihm gelesen. War ganz nett, jetzt diesen Satirekrimi zu lesen, so für den Strand und so.

Im großen Ganzen unterhaltsam, mal was anderes, teilweise zu langatmig, zu wenig Aktion. Dann Situationen, absolut überzogen beschrieben, Geschmackssache (nicht unbedingt meine). Doch dieses Schwarzhumorige - das lasse ich mir gefallen, macht Schmunzeln. Tatsächlich ist diese Art von Krimis so unüblich, dass es nicht viele Möglichkeiten für das Buch gibt. Entweder man liest es und sagt sich aha… okay. Nimmt es mit in Urlaub und verschenkt es dort. Oder man nimmt es als Ablage für seinen Ostfriesentee. Nimmt es wieder mit nach Hause und verschenkt es an einen Bergsteiger, damit er auch etwas von der Ostsee hat...

Gut ist die Idee von dem Rachefeldzug, nicht abgeurteilte Heroinhändler abzumurksen. Geht natürlich nicht in der Realität. Aber schon ein brauchbarer Gedanke. Bei 8 Milliarden Menschen weltweit gäbe es wohl schon ein paar. Würde nicht auffallen! Aber die Welt wohl besser machen...

Bewertung vom 28.07.2023
Nachts erzähle ich dir alles
Landsteiner, Anika

Nachts erzähle ich dir alles


ausgezeichnet

Ungeahntes, was zuerst harmlos daher kommt...
Nach 18 Jahren wieder einmal Urlaub an der Côte d‘Azur. In der alten Villa der Familie, wo Léa als Kind, als Heranwachsende öfters war und dann nicht mehr (oh, hätten wir eine Villa am Meer, ich wäre schon öfters hingefahren…). Ihre Mutter empfiehlt das dringend, damit sich die Tochter vom Stress in ihrem kleinen Unternehmen erholt.

Es sind eindringliche Worte, von der Autorin gewählt, gleich zu Beginn mit dem ‚Alpenglühen‘ im Zug und den Augen, die endlich zufallen…Der Bewusstseinsstrom, die Gedanken ziehen vorbei, lassen zuerst nicht einschlafen und dann doch träumen… dazwischen noch Gedanken an die Buchhaltung.
Und dann: Vom Ankommen und dem, Schritt für Schritt, Wiedererkennen. Sich einen Wein auf der Terrasse gönnen und dann dieses Rascheln der jungen Frau, die plötzlich auftaucht. Damit beginnt ein Abenteuer, das zu sich selbst führt. Statt Erholung und Entspannung tief schürfende Gedanken… vor allem zu der jungen Frau. Denn es taucht Emile auf, dessen Schwester die junge Frau war. Damit beginnen Gespräche, die – man mag es kaum glauben – diese Idylle um einiges erschweren. Es geht um eine Abtreibung, um das Leben der jungen Menschen in Saint Martin. Um zerplatzende Seifenblasen, um das was Léa als Kind so angenehm empfunden hat.

Der Titel hätte mich nicht abgeholt. Könnte auch ein Krimi sein, wo nachts das Schlimme passiert. Das Umschlagsbild hat mich auch zuerst nicht interessiert. Schönes Mittelmeerambiente, nur die skeptisch blickende junge Frau wirft offene Fragen auf, warum schaut sie so skeptisch? Doch der Roman ist vielmehr als ein Wohlfühlroman, oder ein Krimi, zumindest der Klappentext gibt bereits Hinweise. Als interessierte Leserin lese ich mich in die ersten Seiten ein und merke, das ist wirklich Hochkarätiger als mir Titel und Titelbild suggerieren…
Doch selbst eine Prise Humor ist – trotz der Strenge der Gespräche – zu finden. Ganz zu Beginn, Léa, erschöpft von der Arbeit im Cafe und von einer Trennung, fällt in einen Sekundenschlaf, rammt ein anderes Auto. Der Arzt im Krankenhaus sieht ihr die Erschöpfung an, sagt ‚Sie müssen dringend auf die Bremse treten‘, Léa schlagfertig, ‚dafür ist es jetzt wohl zu spät...'

Seit einiger Zeit sehe ich immer eine 'play list' in Büchern. Wie im Abspann von Filmen. Muss das jetzt so sein? Ist das ein Hinweis darauf, dass vielleicht schon ein Film ansteht oder bitte, bitte die Verfilmung erfolgen soll?

Doch allem in allem – der Roman ist es wert gelesen zu werden!

Bewertung vom 24.07.2023
Mein Leben als einsamer Axolotl
Bondestam, Linda

Mein Leben als einsamer Axolotl


sehr gut

der arme kleine Axolotl

So ein wunderschönes, reichhaltig bebildertes Büchlein, das von dem armen kleine Axolotl, der letzte seiner Art, berichtet. So schön gezeichnet, aber es macht auch zutiefst traurig...

Natürlich war mir dieses großartige Axolotl Wesen ein Begriff, eine Lurchart, die wirklich stark gefährdet ist. Auch weil es viele Freßfeinde gibt, selbst der Mensch gehört dazu. Aber die Umweltbedingungen sind schlimm geworden für den schönen seltsamen Lurch. Der Name ist Programm, da weiß man gleich woher er stammt...

Das Büchlein ist gut zum Selberlesen, aber natürlich auch zum Vorlesen. Auf jeden Fall eignet es sich gut zum Nachdenken (über die Eingriffe in der Natur) und zum eigenständigen Weiterforschen.
Schön und wichtig, dass es nun so ein wunderschönes Kinderbuch darüber gibt...Damit hat Linda Bondestam ein tolles Werk geschaffen. Bitte mehr davon!

Auf jeden Fall eine dicke Empfehlung!

Bewertung vom 24.07.2023
October, October
Balen, Katya

October, October


ausgezeichnet

Das wilde Mädchen, der Wald und die wilde Stadt

Katya Balen, October October. Die weite, wilde Welt wartet auf mich

Wildes Leben: October lebt im Wald mit ihrem Vater, eins mit der Natur. Es folgen sehr schöne Naturbeschreibungen, jedoch mystisch durchsetzt durch die Ich – Erzählerin (October).

Der Einstieg in dieses märchenhafte Jugendbuch (ab 11 Jahren) beginnt im Wald. October ist ein wildes Mädchen, dem viel Freiraum erlaubt wird. Unterrichtet von ihrem Vater, liest sie viel, beschäftigt sich mit der Natur, lebt eben in diesem Wald. Sie lernt vom Wald und sie liebt den Wald.
Sie lebt mit den Zeiten, den Jahreszeiten, den Tieren und dem Wachsen der Bäume. Ihr Vater kümmert sich um die Waldbäume. Er will ebenfalls, so wie sie, nirgendwo anders leben als im Wald, mit seiner Stille, den Waldbegebenheiten und den Waldschönheiten. Die Stadt, selbst das nahe liegende Dorf, verunsichert October. Die dortige Lärmkulisse bringt sie fast um den Verstand. Doch im Wald sind sie sich selbst - so heulen October und ihr Vater den Vollmond wie Wölfe an, einmal im Jahr - im Oktober - springen sie in den eiskalten See, ertragen die Kälte. Sie züchten ihr eigenes Gemüse, sie finden alles was sie brauchen im Wald und dazu findet October auch noch 'Schätze'.

Doch October hat – trotz ihrer Intelligenz, trotz ihrer Liebe zum Wald und ihrer Freiheit tun und lassen zu können, was sie will – auch eine wilde Seite, wie eine Amazonenkriegerin. Sie kann urplötzlich brüllen und dann passieren schlimme Sachen. Als ihre Mutter zu ihrem elften Geburtstag kommt, läuft sie davon und klettert einen hohen Baum hoch. Ihr Vater will ihr hinterher, um sie zurückzuholen, und stürzt dabei ab. Schwerkrank liegt er nun im Krankenhaus und sie muss zu dieser fremden Frau, die sie nur die Frau, die meine Mutter ist, nennt.
October hat einen starken eigenen Willen. Im Wald kann sie das ausleben und ihr Vater lässt ihr alle Freiheiten. Doch in der Gemeinschaft, Schule, in der Stadt, muss sie lernen Teil der Gemeinschaft zu sein. Ein interessanter Lernprozess...

October ist eine Erfinderin von Geschichten, ebenso wie die Autorin Katya Balen. Mit wunderschönen Worten und Beschreibungen berichtet die Autorin von einem Mädchen, was dann auch lernt in der Stadt ihre Wege zu gehen (mudlarking) und selbst in der Schule mit ihrem Freund Yussuf Geschichten zum Besten gibt… Nur gelegentlich, wenn ihr Gehirnsalat zu wild wird, dann dreht October durch… Es zeigt den Lernprozess eines kleinen Mädchens, sich als Teil des Ganzen zu begreifen. Dieses Jugendbuch, wunderschön geschrieben ist wieder ein Mutmacherbuch, sei wie du bist und arrangiere dich mit den anderen… irgendwie wird das dann schon klappen.

Sprachlich interessant geschrieben. Es geht um Neurodiversität. Das Titelbild sieht anregend aus, fast schon märchenhaft, haptisch toll gemacht mit der kleinen Schleiereule Stig und deutet sehr gut auf den Inhalt, das Wilde und das Natürliche. Also passend zum Buch.

Sehr empfehlenswert!