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Buchstabengeflüster

Bewertungen

Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 13.06.2023
Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


ausgezeichnet

Eher emotionslose Erzählung über die Frau, die die Weltgeschichte hätte verändern können

Hedwig Kiesler ist 18 Jahre alt als sie nach einem eher gewagten Film als „Sisi“ im Theater an der Wien bekannt wird. Dadurch wird auch ein Mann auf sie aufmerksam, der sie bald umwirbt. Fritz Mandl ist einer der einflussreichsten und vermögendsten Männer Österreichs, sowie Waffenhändler. Doch obwohl sich Hedy in den älteren Mann verliebt, wird ihre Ehe doch nicht glücklich, weil er über sie herrscht und als hübsches Accessoire nutzt. Dabei spielt sie aber die glückliche Ehefrau und formvollendete Gastgeberin und begegnet vielen einflussreichen Herren, wie Mussolini und später auch Hitler. Nach einigen Jahren flüchtet sie nach Amerika und wird unter dem Namen Hedy Lamarr berühmt, vergisst ihre Heimat und deren politischen Lage jedoch nie. Diese Romanbiographie erzählt von Hedys Leben als sie 1933 eine junge Frau in Wien ist bis zum Jahr 1942 in Amerika.
In den ersten zwei Dritteln des Buches erleben wir Hedy als Fritz‘ Ehefrau. Die Autorin berichtet ausführlich von deren Privatleben und den Geschäftsessen, die sie gekonnt miteinander verflicht. Dadurch erhalten wir Leser/innen entsprechend der Zeit auch einen tiefen Einblick in die Geschichte Österreichs, was ich sehr interessant fand. Wir erfahren von der sich ändernden politischen Lage des Landes, bis es ein Teil des dritten Reichs wurde.
Ich habe bisher noch nie von Hedy Lamarr gehört, die nicht nur Schauspielerin war, sondern auch einige Erfindungen entwickelt hat. Die wahre Persönlichkeit hat mich sehr beeindruckt und es ist zu schade, dass sie immer nur als die hübsche Frau galt und nicht ernst genommen wurde. Ich bin mir unsicher, wie sympathisch sie mir ist, weil ihre Gefühlswelt in diesem Buch eher untergeht. Die Autorin beschreibt Hedys Rolle perfekt, aber mehr als die Ehefrau des reichen Waffenhändlers sieht man beim Lesen leider oft nicht, obwohl ihre Geschichte in der Ich-Perspektive erzählt wird. Ich hätte mir öfter Einblicke in ihre Gefühle und Emotionen gewünscht, so hat man auch als Leser/in fast nur die Rolle gesehen, die sie stets verkörpert hat, ohne in bestimmten Situationen hinter die Fassade blicken zu können. Insbesondere in den Kapiteln ihres Lebens in Amerika wurden wichtige Momente nur kurz und mit wenigen Emotionen abgehandelt. Auch ihre Leidenschaft für Technik und Tüfteleien tauchen erst im letzten Drittel des Buches auf, wodurch ich ihren Erfindergeist oft nicht mit der erfolgreichen Schauspielerin in Einklang bringen konnte.
Marie Benedicts Anmerkungen am Ende des Buches verdeutlichen nochmals, wie wenig Beachtung Hedy und ihre kriegsverändernde Erfindung gefunden haben. Ich finde es sehr erschreckend, dass die Technologie nicht im zweiten Weltkrieg, jedoch heutzutage sehr oft genutzt wird. Die technikaffine Schauspielerin hat leider erst sehr spät in ihrem Leben Anerkennung für ihre Erfindungen erhalten.

Fazit:
"Die einzige Frau im Raum" war nicht nur eine erfolgreiche Schauspielerin, sondern auch eine talentierte Erfinderin. In den ersten beiden Dritteln steht die Ehe mit dem größten Waffenhändler Österreichs und dessen politischen Lage im Vordergrund. Die Emotionen von Hedy und ihre Zeit in Amerika kommen insgesamt etwas zu kurz. Dennoch ist dies eine anschauliche und interessante Romanbiographie über Hedy Lamarr, die nicht nur durch ihre Filme unterhalten konnte, sondern auch viel positiven Einfluss auf die Welt hätte nehmen können, wenn sie gedurft hätte.
4,5 von 5 Sternen

Bewertung vom 12.06.2023
Babel
Kuang, R. F.

Babel


sehr gut

Wortgewaltiger historischer Fantasyroman

Der junge Robin wird in Kanton als Waise von Professor Lovell aufgenommen und nach England gebracht, wo er jahrelang Englisch und andere Sprachen erlernt. Denn 1836 (quasi in einer alternativen Vergangenheit, aber doch mit einigen Parallelen zu unserer) tritt Robin das Studium an der Universität zu Oxford an: Nun gehört er zu den „Bablern“, die am Königlichen Institut für Übersetzung arbeiten und durch die Kunst der Übersetzung Magie auf Silberbarren wirken können, die überall eingesetzt werden. Gleichzeitig beginnen dort auch Ramy, Victoire und Letty ihr Studium in ihren spezialisierten Sprachen. Doch der Ort voller Wissen und Robins ersten Freunden stärkt die Macht des Empire und ist der Motor der Kolonialisierung von Ländern, wie Robins einstmaliger Heimat.

"Sprache war einfach Unterschied. Eintausend verschiedene Arten, die Welt zu betrachten und sich durch sie zu bewegen. Nein; eintausend Welten innerhalb der einen. Und Übersetzung - das war ein notwendiges, wenn auch vergebliches Unterfangen, sich zwischen diesen Welten zu bewegen.", S. 721f

Ich finde die Idee der Autorin richtig gut, die Übersetzung von Büchern und Texten in den Fokus zu rücken. Eine wichtige Disziplin ohne derer wir Menschen uns kaum verstehen könnten und vor allem, viele Bücher, wie dieses, gar nicht konsumieren könnten. R. F. Kuang stellt die Hürden der Übersetzung da, schildert die gemeinsamen Entwicklungen einiger Sprachen und besticht mit viel linguistischem Wissen. Manches davon wird auch durch Fußnoten ergänzt. Auch wenn die sprachwissenschaftlichen Ausführungen in Robins Studium manchmal zäh erscheinen, fand ich die Erklärungen über Sprachen und deren Übersetzung faszinierend. Neben diesem Gebiet spielt durch die Kolonialisierung auch Rassismus und ebenfalls Sexismus eine wichtige Rolle. Durch die vier Student/innen, die Diskriminierung erleben, nehmen diese Themen einen noch größeren Stellenwert als die Silbermagie ein. Dieses Buch ist vielmehr eine alternative Vergangenheit und Tadel an der Kolonialisierung als ein Pageturner im Fantasygenre. Die Geschichte beinhaltet dadurch viele düstere Themen und schafft durch Robins Freundschaft und interessantem Studium in diesem altehrwürdigen Turm Babel eine Balance zwischen Grausamkeit und Wohlfühlen. Etwas, das bald auch Robin zwischen den Stühlen sitzen lässt. Obwohl die Autorin eher das große Ganze im Blick hat und Robins Gefühlswelt mir manchmal zu kurz kam, ist dieses Buch einfach nur gewaltig und R. F. Kuang trifft mit ihren perfekt beschriebenen Worten einfach direkt in die Wunde der Geschichte.

Nach einer eher ruhigen und lehrreichen ersten Hälfte wird die Geschichte im letzten Drittel doch noch sehr spannend und rasant. Hier überschlagen sich fast die Ereignisse und haben mich an die Handlung gefesselt. Das Ende hat mich nicht ganz überzeugt, ist aber realistisch, erschütternd, berührend und vielleicht auch hoffnungsvoll.


Fazit:
„Babel“ ist ein gewaltiges Buch, eher eine alternative historische Geschichte mit einem Hauch Magie als ein großer Fantasyroman, aber nicht minder lesenswert. Die Erläuterungen zu Sprache und Übersetzung sind sehr interessant und Robins Geschichte im Übersetzungsinstitut zunächst eher gemächlich, später aber auch überraschend actionreich und fesselnd. Der Erzählstil der Autorin ist sehr treffend und oft detailliert, eher aber thematisch statt emotional, und setzt die Themen Kolonisierung, Rassismus und Sexismus gekonnt um.

Bewertung vom 30.05.2023
Stealing Infinity / Gray Wolf Academy Bd.1
Noël, Alyson

Stealing Infinity / Gray Wolf Academy Bd.1


ausgezeichnet

Nachdem es in die Gänge kommt, absolut rasant

Natasha kümmert sich seit Jahren um ihre Mutter, verdient das Geld und vernachlässigt die Schule. Eine neue Mitschülerin nimmt sie in einen exklusiven, schrägen und leicht unheimlichen Club mit, nach dessen Besuch nichts mehr normal ist. Daraufhin erhält sie das Angebot an der Gray Wolf Schule aufgenommen zu werden, fühlt sich überrumpelt und nimmt an. Direkt zu Beginn lernt sie den gutaussehenden Braxton kennen, während sie versucht mit all den Merkwürdigkeiten umzugehen.

Die Geschichte ist anfangs sehr interessant, denn man fragt sich, was genau hinter dieser Schule steckt und warum Natasha aufgenommen wird. Dass sie anfangs mit Ablehnung reagiert, finde ich völlig verständlich, genervt hat mich hingegen das Verhalten der anderen. Braxton, ein ehemaliger Absolvent, und die anderen Mitschüler/innen fordern bestimmtes Wissen, Verhalten und vor allem Anpassung von ihr, was sich ständig in Gesprächen wiederholt. Außerdem wollten alle, dass Natasha einfach alles hinnimmt und sich anpasst, was eigentlich völlig unmöglich ist, weil sie (und wir Leser/innen) noch nicht einmal wussten, was da auf der geheimen Schule geschieht und Natasha quasi gezwungen war, dorthin zu gehen. Mit der Zeit wurde es aber besser, man hat mehr erfahren und die gesamte Thematik wurde spannender. Vor allem zum Ende hin geschieht viel mehr und spannendes, das mich total gefesselt hat, und ich gerne jetzt sofort den nächsten Band in Händen halten würde.

Einige Themen sind hier angerissen, die sich scharf am Abgrund bewegen. Zunächst spielt Geld und zur Schau gestellter Reichtum eine große Rolle, aber im weiteren Verlauf klärt sich, warum der reiche Gönner der Schule so viel Luxus bietet und beispielsweise eine gehobene Kleiderordnung zum Abendessen fordert. Trotzdem hat es einen gewissen Beigeschmack, dass die Beziehung von Natasha zu ihrer Mutter durch Geld definiert wird, was mir für sie total leid tut. Flirten und sexuelle Reize werden später auch oft erwähnt, wobei das Wörtchen Sex (ups, ich habs benutzt) seltsam umschrieben wird. Ist heutzutage wohl ein Ding bei Jugendlichen? Dass eine Schülerin damit prahlt sich einem Mann hingegeben zu haben, von dem sie etwas haben wollte, passt zu deren Charakter und es gibt nur eine heiklere Situation. Nochmal Kurve gekriegt. Aber muss denn der Loveinterest Braxton echt wieder so ein Adonis sein? Er hat zwar eine schiefe Nase, aber dieser Makel macht die Perfektion meiner Meinung nach erst komplett. Und auch die Liebe auf den ersten Blick zwischen Natasha und Braxton ist mir zu heftig, verläuft aber später langsamer, was mir mehr zugesagt hat. Ein paar Kleinigkeiten, die mich gestört, aber glücklicherweise keine zu große Rolle im Geschehen gespielt haben.


Fazit:
„Stealing Infinity“ ist ein toller erster Band über eine geheimnisvolle Schule und ein interessantes Thema. Leider wiederholt sich das Geschehen anfangs und verlangt zu viel von der Protagonistin, wird im weiteren Verlauf aber sehr viel spannender und ich lechze nun nach Band 2!
4,5 Sterne

Bewertung vom 29.05.2023
Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie / Die Dresden Reihe Bd.1
Stern, Anne

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie / Die Dresden Reihe Bd.1


ausgezeichnet

Geschickt gezeichnete Frauenportraits

Geschickt beginnt die Autorin die Geschichte mit Georg Spielmann, dem Vater der Protagonistin, in der Nacht, als sie geboren wurde. Später wird darauf auch Bezug genommen und man begleitet die Familie Spielmann dadurch von Anfang an. Elise ist nun 21 Jahre alt und soll im nächsten Jahr heiraten. Doch ihre Leidenschaft zur Musik und der distanzierte Gesichtsausdruck ihres Verlobten lassen sie bangen, wie ihr Leben als verheiratete Frau aussehen wird und ob sie noch viel Möglichkeiten haben wird Geige zu spielen. Unerwartet trifft sie auf Christian, den Malergehilfen der Semperoper, der ungeahnte Gefühle in ihr entfacht. Großer Fokus ist auch die Oper in Dresden, wie dessen Maler Christian, seine Schwester die Requisiteurin, die Ballerina Magdalene und die Kostümschneiderin Bertha.

Anne Stern hat einen fesselnden und mitreißenden Schreibstil, sodass die Charaktere alle auffallend lebendig vor dem inneren Auge erscheinen. Die Protagonistin scheint Elise zu sein, doch die Geschichte dreht sich um so viel mehr Frauen, die die Autorin zu Wort kommen lässt. Sogar oft vorkommende, aber eher am Rande spielende Charaktere bekommen ihr eigenes Kapitel. Ich finde es toll, so vielen Charakteren zu folgen und in jeden Kopf und vor allem Herz derer blicken zu können. Damit hat Anne Stern ein umfassendes Bild der Figuren und der Geschichte insgesamt geschaffen, wodurch ich tief in die fesselnde Geschichte eintauchen konnte.

Durch die gesamte Geschichte zieht sich Elises Unsicherheit, ob ihre Liebe zu Christian eine Zukunft haben könnte. Die beiden haben sich nur kurz gesehen, woraufhin sie bald starke Gefühle verbinden. Heimlich hält sie Kontakt zu Christian, doch versprochen ist sie einem Freund ihres Vaters. Die Liebe zu Christian birgt nicht nur eine unmögliche Zukunft, sondern beschattet auch ihre Gegenwart. Denn in keinem bisherigen historischen Roman kommt wie hier zur Geltung, wie sehr Frauen nur das eine besaßen: Ihre Ehre, die auf keinen Fall beschmutzt werden darf. Anne Stern zeigt durch Elise deutlich, wie wenig Frauen damals Wünsche und Leidenschaften haben, geschweige denn ausleben, durften und nur ihre bestehende Schicklichkeit zählt.


Fazit:
"Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie" ist eine rundum gelungene Geschichte über Elise, die leidenschaftlich Geige spielt und einer ungewissen Zukunft entgegenblickt, und vielen anderen stark gezeichneten Charakteren. Die Autorin hat viele Buchfiguren zu Wort kommen lassen und somit ein umfassendes Bild der fesselnden Geschichte geschaffen.

Bewertung vom 08.05.2023
Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
Yagisawa, Satoshi

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki


gut

Abrupter Cut ab der Hälfte

Die junge Takako ist glücklich mit ihrem Leben in Tokio und ihrem Freund. Doch eines Abends stellt sich heraus, dass er mehrere Freundinnen gleichzeitig hatte und nun die andere heiraten wird. Tief verletzt kündigt Takako ihren Job, denn ihr Ex arbeitet auch dort, und verkriecht sich. Bis ihr Onkel ihr anbietet bei ihm im Buch-Antiquariat unterzukommen. Bücher sind nicht Takakos Welt, doch allmählich fühlt sie sich in dem kleinen Buchladen mit tausenden von Büchern und interessanten Kunden wohl.

Anfangs fühlt sich Takako noch erschlagen von den Büchern (und befürchtet sogar, dass diese es auch im physischen Sinn tun könnten), doch irgendwann greift sie zu einer Geschichte von einem der unzähligen Stapeln in ihrem Zimmer über dem Antiquariat um Ablenkung zu finden. Die Geschichten erfüllen sie zunehmend, zu ihrem Onkel (den sie jahrelang nicht mehr gesehen hat) baut sie auch wieder eine engere Beziehung auf und selbst zu den Kunden der Buchhandlung bildet sie eine Verbindung. Das Ausbrechen aus ihrer Trauer und Depression wird richtig angenehm beschrieben. Vor allem die Buchliebe, die Takako mit der Zeit entwickelt, ist sehr schön dargestellt und füllt bald die Seiten der Geschichte. Leider konnte ich mit den gelesenen Autor/innen und Büchern nichts anfangen, aber das ist bei älterer japanischer Literatur nicht weiter verwunderlich. Als Leserin habe ich die Beschreibungen von Takakos aufkommender Leidenschaft zum geschriebenen Wort natürlich besonders gut nachvollziehen können. Zudem habe ich mir an diesen Stellen auch viele Zitate markiert, weil der Autor das Gefühl, das Takako und wir Leseratten Büchern entgegenbringen, ausdrucksvoll zu Papier gebracht hat.

"Ich begann, die Bücher um mich herum förmlich zu verschlingen. Es war, als hätte die Leseratte in meinem Herzen nur darauf gewartet, endlich freigelassen zu werden. [...] Ich ärgerte mich, dass ich nicht schon viel früher angefangen hatte zu lesen. Mein bisheriges Leben schien mir regelrecht verschwendet." (S. 50f)

Und dann kam der zweite Teil der Geschichte und ich war enttäuscht. Schon während Takakos Zeit in der Buchhandlung hat mich gewundert, dass diese relativ schnell vorangeht und nicht mehr in die Tiefe zu Geschichten oder ihrer Tätigkeit in dem Antiquariat eingegangen wird, denn wer erwartet denn schon eine zweite völlig davon losgelöste Buchhälfte? Hier taucht plötzlich wieder die Frau von Takakos Onkel auf. Deren Beziehung hat mich überhaupt nicht interessiert und auch die Tante selbst fand ich nicht gänzlich sympathisch. Kontrastreich zu dem schönen Anfang über Bücherliebe, geht es hier plötzlich um Takakos Beziehung zu ihrer Tante und deren Probleme und Vergangenheit. Nachdem ich nun das Buch schon seit einiger Zeit beendet habe, kann ich auch jetzt nichts damit anfangen und frage mich immer noch, wie die zweite Buchhälfte zu dem Rest der eigentlich schönen Geschichte, angepriesen durch Cover und Titel, passen soll.


Fazit:
„Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ ist eine schöne Geschichte über Takako, die nach einem gebrochenen Herzen wieder zurück ins Leben findet, und der Liebe zu (japanischen) Büchern. Zugunsten der zweiten Hälfte des Buches wurde die Begeisterung zu Geschichten nicht zu intensiv beschrieben, birgt aber trotzdem einige schöne Zitate und Szenen. Die eben genannte zweite Hälfte des Buches hat mir gar nicht gefallen und der Sinn dessen erschließt sich mir leider auch nicht.
2,5 Sterne

Bewertung vom 16.04.2023
Der stille Planet / Der dunkle Schwarm Bd.2
Graßhoff, Marie

Der stille Planet / Der dunkle Schwarm Bd.2


sehr gut

Fesselnder und logischer als Band 1

Das Buch knüpft fast nahtlos an den ersten Band der Reihe an, weshalb es gut wäre, dessen Inhalt noch parat zu haben (ich hab die letzten 50 Seiten von Band 1 nochmal gelesen, war sehr hilfreich). Atlas hat es sich nun zur Hauptaufgabe gemacht, die Daten ihres Androiden Julien zurückzubekommen und für Noah eine Lösung zu finden, der sich als Mensch derzeit in einem Androidenkörper widerfindet. Ich finde es gut, dass direkt zu Beginn Dinge aufgegriffen werden, die ich am Ende vom ersten Band enttäuschend fand, z. B. dass Atlas meinen Lieblingscharakter Julien einfach und vermeintlich ungerührt überschrieben hat, nun aber an ihre Grenzen geht um dessen Daten zurückzuerhalten. Auch dass ihre Tätigkeiten am Supercomputer zu enormen Kopfschmerzen und einer Überlastung ihres Adics geführt hat, wird hier deutlich und wirkt realistisch. Dadurch kann Atlas es nur eingeschränkt nutzen und nicht auf ihre Hackerfähigkeiten zugreifen. Deshalb wird der Zugriff auf Juliens Daten problematisch und auch die Hilfe für Bennie. Denn der Umweltaktivist erinnert sich jetzt plötzlich an einen Mord und landet im Gefängnis. Zusammen mit Noah und der Polizistin Lora versucht Atlas herauszufinden, was hinter dem Mord steht und ob Bennie ihn wirklich begangen hat. Daneben spielen der Reboot des Supercomputers durch Hypermind und Atals‘ Probleme mit ihrem Adic eine wichtige Rolle.

Durch die drei Hauptthemen werden einige Fragen aufgeworfen und spannende Spuren verfolgt. Vor allem, wann Atlas ihr Adic wieder normal benutzen kann und ob der Reboot des Supercomputers negative Folgen mit sich bringt, wird immer wieder erwähnt und von den Protagonisten diskutiert. Leider wurden manche dieser Probleme und Unsicherheiten dann doch sehr schnell und einfach gelöst. Es ist manchmal ungleich verteilt, welche Aspekte der Geschichte nun im Vordergrund stehen und wichtig für den weiteren Verlauf sind. Ab einem gewissen Punkt gibt es für mich zu viele Organisationen, deren (momentanes) Ziel mir nicht immer klar war. Nachdem ich im ersten Teil von „Der dunkle Schwarm“ Probleme hatte mich in dieser Welt zurecht zu finden, war es nun im zweiten Teil viel leichter für mich den Protagonisten zu folgen. Entweder lag es auch daran oder diese Handlung war spannender als die vorherige. Es gibt auch einige Überraschungen, neuen Input und vor allem am Ende spitzt sich die Spannung zu. Ich hab diese Geschichte viel mehr genossen als die erste.

Fazit:
„Der dunkle Schwarm – Der stille Planet“ konnte ich mehr überzeugen als der erste Teil, weil ich mich nun besser in der Welt zurechtgefunden habe. Manche Themen wurden einerseits oft erwähnt, später aber zu schnell abgehandelt. Trotzdem konnte mich die Geschichte sehr fesseln, weshalb ich nun auf einen dritten Teil hoffe.

Bewertung vom 10.04.2023
Denn ohne Musik werden wir ertrinken / Mixtape Bd.1
Cherry, Brittainy C.

Denn ohne Musik werden wir ertrinken / Mixtape Bd.1


sehr gut

Wunderschöner und gefühlvoller Schreibstil, aber Charaktere sind nur Hintergrundstatisten

Hazel ist bei ihrer drogensüchtigen Mutter aufgewachsen, die mit ihrem toxischen Drogendealer-Freund in einem Trailerpark wohnt. Da die Mutter nun schwanger ist und weiterhin nicht auf sich und das ungeboren Baby achtet, plant Hazel mit ihr fortzugehen. Um Geld zu verdienen beginnt sie auf der großen Farm von Big Paw zu arbeiten. Dort trifft sie auf dessen Enkel Ian, der ein totaler Frauenheld ist und eine nach der anderen "vernascht". Sein großer Traum ist es, mit seiner Band erfolgreich zu werden. Nachdem Hazel von zu Hause rausgeschmissen wurde, lebt sie nun auch auf der Farm und trifft vermehrt auf Ian. Er kann Hazel zunächst nicht ausstehen, aber als sie ihm hilft seine Songtexte zu verbessern, kommen sich die gar nicht so ungleichen Protagonisten näher. Anfangs necken sich die beiden noch aus Abneigung und Trotz, aber mit der Zeit entwickeln sie dadurch Zuneigung, was ich richtig schön finde.

Dies ist mein erster Roman von B. C. Cherry und im internationalen Bereich ist sie ja die New Adult-Autorin. Sie kann Emotionen und Liebe wirklich sehr anschaulich und gefühlvoll beschreiben. Am meisten haben mir die Worte in den Szenen gefallen, wenn Hazel oder Ian ihre Liebe füreinander beschrieben oder darüber gesprochen haben. Die Autorin punktet mit ihrem sehr romantischen und herzerwärmenden Schreibstil. Das kann sie ausgesprochen gut!

Die Protagonisten sind ebenfalls sehr anschaulich und plastisch beschrieben. Vor allem, weil die Geschichte abwechselnd aus seiner und ihrer Sicht geschrieben ist. Hazel ist so eine starke Frau und ich war von Seite 1 an begeistert von ihr. Sie hat keinerlei Unterstützung, kämpft aber für ihre Mutter und ihr ungeborenes Geschwisterchen. Sie ist eine Macherin und lässt sich auch nicht von Ians anfänglicher Feindseligkeit entmutigen und schuftet z. B. mehr auf der Farm als alle anderen Mitarbeiter/innen. Ian ist zunächst der Frauenheld und Unfreundlichkeit in Person, weshalb ich echt Angst hatte nicht mit ihm warm zu werden. Aber wie gesagt beschreibt B. C. Cherry die Gefühle der Protagonisten so gut, dass ich mich bald in Ian hineinversetzen und ihn verstehen konnte. Die übrigen Charaktere bleiben hingegen eher blass und erscheinen nur auf der Seite, wenn sie gebraucht werden. Hazels angespannte Beziehung zu ihrer Mutter nimmt zunächst einen großen Stellenwert ein, verschwindet aber zunehmend hinter anderen Aspekten der Geschichte, weshalb ich es extrem schade finde, dass man die große Konfrontation der beiden nicht direkt miterlebt. Leah wird zu Hazels bester Freundin, taucht aber nur vier Mal in der Geschichte als Mittel zum Zweck auf. Auch die Boyband, die eigentlich auch Ians Freunde sind, geht oft hinter der Liebesgeschichte unter. Big Paw ist ein harter Hund mit weichem Herz, doch meines konnte er nie erobern, vor allem nicht, als er zum Schluss Personen dermaßen angreift, die ihm doch nur helfen wollen. Ich finde es schade, dass die übrigen Charaktere nur blasse Statisten sind, die immer nur kurz auftauchen. Genauso ist leider auch die Musik in den Hintergrund getreten. Aufgrund von Titel und Klappentext hätte ich erwartet, dass Musik eine zentrale Rolle in dem Buch spielt. Aber abgesehen von einer gemeinsamen Szene, als Hazel und Ian anfangs Songs zusammen schreiben, findet man sie leider nur noch indirekt in der Karriere der Band wieder.

"Unser Lied ist noch nicht zu Ende. Wir sind gerade mal beim Refrain angekommen, und ich werde für uns singen, für dich, für immer.", Ian, S. 386

Das Ende des Buches fasst alle losen Stränge zusammen und zeigt deutlich, wie wichtig Freundschaft und Liebe ist. Wir begleiten nicht nur Hazels und Ians romantische Momente, sondern auch Big Paw und Grams rücken mit ihrer jahrzehntelangen Liebe in den Fokus. Manches löst sich zum Schluss viel zu einfach auf, dafür dass es lange ein großes Problem war. Obwohl es Sinn und Zweck des Epilogs ist, die Protagonisten in ihrem zukünftigen Leben zu zeigen, ist mir das Geschehen darin zu überhastet. Ich hätte mir hier ein längeres Ende oder einen ausschweifenderen Epilog gewünscht, damit wie ich im Rest des Buches hätte mitfühlen können. Trotzdem hat mir das Ende von Hazels und Ians gemeinsamer Geschichte gefallen, das durch ähnliche Szenen einen schönen Bogen zum Anfang zog, und ich war erfüllt von den herzerwärmenden Worten der Autorin.


Fazit:
Mein erstes Buch von Brittainy C. Cherry hat mich vor allem durch ihren anschaulichen und gefühlvollen Schreibstil überzeugt. Die Liebesgeschichte zwischen den Protagonisten ist absolut romantisch und berührend, während alle anderen Charaktere leider sehr blass bleiben und auch die Musik immer mehr in den Hintergrund rückt.

Bewertung vom 21.03.2023
Morgen, morgen und wieder morgen
Zevin, Gabrielle

Morgen, morgen und wieder morgen


sehr gut

Besonders raffiniert geschrieben, besonders viele Themen und besonders unnötig gehypt


Sam und Sadie lernten sich als Kinder kennen, als beide im Krankenhaus waren. Sam hatte durch einen Autounfall mehrere Knochenbrüche in seinem Fuß und Sadie war wegen der ernsten Krankheit ihrer Schwester oft zu Besuch. Zusammen haben sie die öden Stunden beim Spielen von Super Mario verbracht und sich über Videospiele besser kennen gelernt. Das Buch steigt nun ein, als die beiden Protagonisten studieren und sich zufälligerweise an der U-Bahn-Station wiedertreffen. Sadie gibt Sam eine Diskette mit ihrem selbst entwickelten Spiel und bald darauf erstellen sie zusammen ihr erstes gemeinsames, das der Anfang ihrer erneuten Freundschaft und (gemeinsam mit Sams Freund Marx) Karriere in der Gaming-Branche ist. Beginnend in den 90ern begleiten wir Leser/innen die beiden bzw. drei Freunde über mehr als 10 Jahre durch die Höhen und Tiefen des Lebens.

Gabrielle Zevin hat hier einen umfassenden Roman über eine Freundschaft geschaffen, eine realistische, enttäuschende, erfolgreiche und traurige Freundschaft. Gekonnt wird zunächst von Sam und Sadies Wiedersehen und deren Kennenlernen erzählt und, während von der Gegenwart berichtet wurde, schrittweise immer mehr darauf aufgebaut. Es gibt viele Sprünge in die Vergangenheit und Situationen, in denen vergangene Momente nochmals aufgegriffen und genauer erläutert werden, wodurch das Geschehen immer mehr gefüllt wurde. So hat Zevin sehr raffiniert eine vielschichtige Geschichte geschaffen, was für mich eine der Königsdisziplinen von Autor/innen ist. Trotzdem hat manches auch gestört, weil Dinge aufkamen, z. B. Sams Hund, bei denen ich zunächst sehr viele Fragen im Kopf hatte, diese aber erst viel später wieder aufgegriffen werden und ich bis dahin unsicher war, was dies nun zu bedeuten hatte. Manches jedoch ist nur ein kleines Detail im großen Ganzen und spielte keine weitere Rolle mehr, auch eigentlich große Ereignisse im Leben, wie der erste Erfolg und die Firmengründung, gehen oft unter. Anderes bringt einfach nur Symbolik ins Geschehen. Zevin erzählt die Geschichte überwiegend aus den beiden Perspektiven von Sadie und Sam, manchmal auch wie ein auktorialer Erzähler, wenn sie z. B. mal auf Situationen vor- oder zurückgreift. Einige Kapitel sind aber auch aus der Sichtweise anderer Charaktere oder sogar durch Computerspiele erzählt, was das Geschehen nochmals spannender und intensiver macht.

"Es ist mehr als romantisch. Es ist besser als eine romantische Beziehung. Es ist Freundschaft.", S. 137

Mein größter Kritikpunkt an der Geschichte ist die Entwicklung von Sams und Sadies Beziehung. Es kommen einige Dinge auf, die ich in einer Freundschaft nicht gut finde und eine/r der beiden wurde mir dadurch viel unsympathischer. Außerdem hat ihre Kommunikation auch nicht immer gepasst. Ich wurde einfach unzufrieden mit der Beziehung der beiden und da ich Sadie und Sam mit der Zeit nicht mehr gleichwertig gern hatte, konnte ich im weiteren Verlauf nicht mehr so mitfühlen wie anfangs, weil mir zunehmend das Verständnis dafür gefehlt hat. Die Autorin hat den gewissen Charakter durchgängig authentisch dargestellt, andererseits auch einen realitätsnahen Aspekt einer Freundschaft aufgezeigt, aber manchmal stört und nervt einem beim Lesen etwas sehr, wie hier.

Durch den großen Zeitraum, in dem die Geschichte spielt, kommen auch sehr viele wichtige Themen vor, die im Leben eine große Rolle spielen – insgesamt fast schon zu viele. Man spürt, dass das Buch in der heutigen Zeit, wo immer mehr Sensibilität für einige dieser Probleme vorhanden ist, geschrieben wurde. Einerseits ist das Leben der drei Protagonisten realistisch, andererseits erleben sie jedoch auch sehr viel. Es werden Themen wie Sexismus, (der Umgang mit) Behinderung, soziale Unterschiede, verschiedene Arten von Liebesbeziehungen und vieles mehr angesprochen.

Durch den Zeitgeist und die Thematik der Videospiele und deren Entwicklung durch die Protagonisten, ist diese Geschichte für Fans von Computerspielen oder Kinder der 90er quasi schon ein Muss, aber trotzdem auch gut zu lesen, wenn man nicht viel Videospiele kennt. Die Autorin beschreibt die bekannten Spiele und auch die neu entwickelten von Sam und Sadie sehr gut, sodass man dem Geschehen stets folgen kann. Besonders schön finde ich auch, dass das dazu passende Cover und auch der Titel im Buch eine Rolle spielen bzw. eben genau deswegen so gestaltet wurden.

Fazit:
Es ist fast nur eine mittelmäßige Geschichte, die aber doch sehr raffiniert und vielschichtig geschrieben ist, was man als Autor/in können muss und Gabrielle Zevin auf jeden Fall tut. Die Freundschaft im Buch hat sich anders entwickelt, als ich mag, aber doch ist sie andererseits teilweise realistisch. Die Geschichte ist meiner Meinung nach viel zu sehr gehypt, aber eben auch eine, die definitiv lesenswert ist, auch wenn sie nicht jede/r Leser/in lieben wird.

Bewertung vom 19.03.2023
Das Haus an der Herengracht / Die Magie der kleinen Dinge Bd.2
Burton, Jessie

Das Haus an der Herengracht / Die Magie der kleinen Dinge Bd.2


gut

Sehr langwierig

Das Buch beginnt mit Theas 18. Geburtstag. Die gewohnten Geburtstagsrituale sind ihr zu kindisch geworden und sie will endlich selbst über ihr Leben bestimmen und dies mit ihrer großen Liebe Walter verbringen. Zum Geburtstag bekommt Thea einen Theaterbesuch geschenkt, den sie heimlich hinter den Kulissen bei Walter ausdehnt, und muss am Abend einen großen Ball besuchen, auf dem sie auf den Advokaten Jakob trifft, der eine gute Partie wäre.

Thea ist halb schwarz und wurde unehelich geboren, doch ihr Vater und ihre Tante haben sie so gut es geht von dem Spott der Amsterdamer Gesellschaft abgeschottet. Über ihre verstorbene Mutter und weitere Verwandte wird geschwiegen. Somit wächst Thea überbehütet auf und träumt von einem größeren Leben, während sie für die grundlegenden Dinge im Leben sehr naiv ist. Das Haus an der Herengracht ist nach außen hin zwar eine angesehene Adresse, doch innendrin wird es nicht nur durch die verkauften Gemälde immer leerer. Wie auf dem wunderschönen Cover in dem Puppenhaus angedeutet, hat jede/r von ihnen einen eigenen Platz und Willen, was die Familienmitglieder oft entzweit. Eine Familie voller Geheimnisse. Eine verarmte Familie, die auf die ungewisse Zukunft ihres jüngsten Sprösslings blickt, während diese von einer Zukunft mit ihrem Liebsten träumt.

"Sag etwas, denkt Thea. Sie wünscht sich, dass er diesen seltsamen Zauber bricht mit Worten, die sie aus diesem Raum in die Welt hinaus führen.", S. 104

Diese Geschichte trägt eher einen zauberhaften Touch, als ein spannender historischer Roman zu sein. Der Schreibstil ist sehr ausschweifend, denn die Autorin beschreibt das Geschehen nicht nur mit oft schönen, sondern auch vielen Worten. Dadurch zieht sich die Handlung immer mehr, wodurch ich die Geschichte zwar nicht langweilig, aber doch sehr langwierig fand. Ich konnte das Buch schnell und flüssig lesen, aber es hat mich nicht immer gefesselt und die Lust darauf ist mir zunehmend vergangen. Vor allem am Schluss war es durch das Geschehen klar, wie es endet, aber genau diese Handlung wurde noch sehr lang und breit beschrieben. Außerdem ist Thea sehr wohlbehütet aufgewachsen, wodurch sie anfangs arg naiv ist. Sie wächst in einer Zeit auf, in der Geld und Ansehen eine große Rolle spielen. Schlimmer noch, ihre Familie ist eigentlich schon verarmt, doch Thea ist so naiv und egoistisch, dass sie stets besserwisserisch auf die große Liebe pocht. Theas Charakter hat mich dadurch anfangs etwas genervt (wurde besser), aber genau dieser Gegensatz ihrer verliebten Träume und der bedrückenden Situation ihrer Familie ist der Kernpunkt der Geschichte und von der Autorin sehr gut dargestellt. Ein weiteres bezauberndes Detail der Geschichte sind die Miniaturen, die auf der Türschwelle an der Herengracht auftauchen. Die kleinen Figuren werden von einer Miniaturistin gefertigt, die Theas Tante Nella herbeisehnt, doch ihre Köchin fürchtet. Warum dem so ist, wurde leider nie ganz aufgeklärt und ich musste erkennen, dass dieses Buch eine aufbauende Fortsetzung von „Die Magie der kleinen Dinge“ ist, in dem es um die junge Nella und deren Puppenhaus und Miniaturen geht. Dadurch konnte ich den Teil der Geschichte nie greifen, die Vergangenheit von Nella und Otto (Theas Vater) wurde jedoch im Laufe der Geschichte genügend erwähnt.


Fazit:
"Das Haus an der Herengracht" ist eine eher zauberhafte Geschichte über eine verarmte Familie, die die junge Thea in sicheren Händen wissen will, die derweil aber von der großen Liebe träumt. Die Geschichte wird sehr anschaulich und beschreibend dargestellt, doch oft auch grundlos ausgeschmückt und in die Länge gezogen. Die Handlung ist recht gut gefüllt, doch irgendwann zieht es sich beim Lesen. Und ich hatte den Eindruck, mir hat das Gefühl und Wissen für die Handlung gefehlt, da ich den vorherigen Band um die Amsterdamer Miniaturistin nicht gelesen habe.

Bewertung vom 27.02.2023
Der Tote im Kurhaus / Fräulein vom Amt Bd.2
Blum, Charlotte

Der Tote im Kurhaus / Fräulein vom Amt Bd.2


gut

Genauso kurzweilig, aber nicht so überzeugend wie der erste Band

1924 ist ganz Baden-Baden in Aufruhr, denn die Oper Aida wird aufgeführt und durch ein rauschendes Fest mit ägyptischem Flair gekrönt. Die Faszination dieses Landes steigt durch die dortigen Ausgrabungen für die Bevölkerung ins unermessliche. Unglücklicherweise endet die Feier mit dem Tod des Tenors. Wer hat ihn ermordet? Ins Visier der Polizei gerät schnell August, Emmis momentaner Freund. Denn Emmi verbrachte den Abend nur mit dem Tenor auf der Tanzfläche und August wurde von Alma beruhigt. Zunächst um seine Unschuld zu beweisen beginnt Alma wieder zu ermitteln, wie zwei Jahre zuvor schon im Vorgängerband dieser Reihe.

Wie gewohnt ist dieses Buch wieder eine kurzweilige Erzählung über Alma, deren Job als Fräulein vom Amt, ihren kriminalistischen Ermittlungen und den vielfältigen Mitgliedern ihrer Familie. Die Verwandten tragen alle zu unbeschwerten und manchmal sogar humorvollen Momenten bei. Besonders die Großmutter kommt recht häufig zu Wort und stellt mit ihren veralteten Ansichten der längst vergangenen Kaiserzeit (z. B. Korsett) einen klaren Kontrast zu dem freien Leben der jungen Alma und Emmi in den goldenen 20ern dar. Die Freundin Emmi wurde mir in diesem Buch immer unsympathischer. Sie mag ja eine Männerheldin sein und sich nicht binden wollen, was völlig okay ist, aber dass sie ihren Freund August hinhält und von übertriebener Eifersucht gesprochen wird, wenn sie ihn links liegen lässt und sich mit einem anderen amüsiert, ist selbst nach rund 100 Jahren auch heute noch gemein.

Selbst für cosy crime geht der Fall um den verstorbenen Tenor im Mittelteil sehr unter. Alma plant kaum den nächsten Schritt, grübelt nicht über Zusammenhänge nach und ihre Ermittlungen werden in den Hintergrund gedrängt. Auch war der Fall eher langweilig, da ich mir selbst kaum weitere Gedanken darüber gemacht habe und es leider ebenfalls wie im ersten Teil der Reihe nur spärlich Anhaltspunkte für potentielle Verdächtige gibt. Aber anders als im ersten Teil ermittelt Alma nicht immer alleine, sondern hat endlich auch den mittlerweile zum Kommissar aufgestiegenen Ludwig an ihrer Seite. Darüber hinaus hat mich das Lokalkolorit von 1924 nicht mehr so von sich überzeugen können wie im ersten Band. Es wurden von dem Autorenduo viele Fakten und Begebenheiten von damals eingebaut, die politisch und gesellschaftlich zwar den Weg für die kommenden dunklen Jahre bereiten, aber in vielen Details einfach zu bemüht eingebaut wurden. Zum Beispiel der Hutnadelstreit in den öffentlichen Bahnen ist mir völlig unbekannt und noch interessant, aber das Aufkommen von Vegetarismus ist genauso fehl am Platz und nicht nötig für die Geschichte.


Fazit:
„Der Tote im Kurhaus“ kann leider nicht mit dem Vorgängerband mithalten. Auch wenn die Geschichte kurzweilig zu lesen ist, verliert sie sich in unwichtigen (manchmal noch interessanten) Details und der Fall rückt in den Hintergrund. Die cosy crime Geschichte schreibt das erste C viel größer, also solltest du dich für das Leben in den 20ern mehr interessieren, als die Auflösung des Mordes.