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Booklove15_11

Bewertungen

Insgesamt 56 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2021
Die Erfindung der Sprache
Baumheier, Anja

Die Erfindung der Sprache


sehr gut

Warmherzig, Sprachgewaltig, Liebeswert
Adam... Sohn von eine Norddeutsche Deeren und ein Bayer und geboren auf der nordfriesischen Insel Platteoog. Er ist ein ganz besonderer Junge, denn er fängt erst mit zwei Jahren an, auf einem Tag zu den anderen, zu reden. Die Sprache und wie die seine Mitmenschen miteinander klarkommen, ist für ihm ein Rätsel. Dafür hat er eine Vorliebe für die Zahl 7, die für ihn ein Fels in der Brandung ist. Adam wächst, besonders verwöhnt von seiner tschechischen Oma und seinem Vater Hubert sehr liebevoll im kleinen Kreisen auf der Insel auf. Doch kurz nach seinem 13. Geburtstag bricht Adams Welt zusammen. Sein Vater verschwindet spurlos, seine Mutter verstummt aus Trauer.

Viele Jahre später ist Adam Dozent für Sprachwissenschaften an einer Berliner Uni, lebt zurückgezogen und allein mit einer Sprachassistentin. Eines Tages erhält er einen Anruf von seiner Oma, die sehr aufgebraucht ihm von einem Buch erzählt, welches einen Hinweis von seinem verschwundenen Vater enthält. Ab hier fängt die Adams ungewöhnliche Reise an...

Es ist mein erstes Buch von der Autorin und ich bin begeistert von ihrem Schreibstil! Denn es ist auf richtigen stellen poetisch, lustig, berührend und mitreißend. Was mir sehr gut gefallen hat: Anja Baumheier hat viele Nordfriesische und Tschechische Wörter/Sprichwörter hineingebaut und die mithilfe der Fußnoten übersetzt, sodass man nicht ahnungslos durchblättern muss. Die Gedichte von dem österreichischen Lyriker Rilke und die vielschichtige, liebenswerte und etwas skurrile Charaktere runden die gesamte Geschichte. Besonders Adam und seine Oma Leska wächst einem sofort ans Herz.

Durch Adams Reise zeigt uns die Autorin wie wichtig es ist, egal was kommt, immer Ruhe zu bewahren und Mut haben.
Einen Schritt zurücktreten
Einatmen
Ausatmen
Systematisieren.

Es ist eine herzerwärmende Geschichte über Heimat, Familienzusammenhalt und Freundschaft.

Bewertung vom 20.02.2021
Mein Glück in deinen Händen
Simses, Mary

Mein Glück in deinen Händen


gut

Geschmackssache

Die Eventmanagerin Sara und ihre kleine Schwester Mariel haben sie sich schon klein auf nicht vertragen. Doch als Mariel und Saras Freund Carter sich ineinander verlieben und ihre Schwester ihre große Liebe bald heiraten möchte, brennt bei Sara die Sicherung endgültig durch. Aus verletzten Gefühle kommt Sara eine Idee: Den schönsten Tag von ihrer Schwester sabotieren...

Als ich das Buch zum ersten Mal in den Händen gehalten habe, dachte ich: Wow... was für ein schönes Buch! Doch nach paar gelesenen Seiten baute in mir schon die Enttäuschung. Denn ich habe hier, wie in den ersten beiden Bücher von der Autorin, einen leichten, schönen Sommerroman erwartet aber stattdessen bin ich in eine Kindergarten artige Story gelandet. Obwohl die Charaktere Mitte/Ende 30 sind, benehmen die wie 3-Jährige auf dem Sandkasten. Die ganze Meine, Deine, doch nicht meine verhalten, ewige Zickerei und Eifersucht hat mich beim Lesen nur noch genervt. Und noch dazu kommen einige Szenen, die eigentlich Situationskomik mitbringen sollten, worüber ich aber nur den Kopf geschüttelt hab. Es ist meine Empfindung und wie bekanntlich, über den Geschmack streitet man nicht!

Der Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen. Es war zwar überhaupt nicht mein Humor aber denke ich gibt es Leser, welche über die Geschehnisse lachen können. Zum Glück sind die Geschmäcker verschieden, sonst wäre der Welt langweilig! Wer nach leichter Unterhaltung sucht, ist hier richtig. Von 2,5 Sterne gerundet auf 3 Sterne..

Bewertung vom 18.02.2021
Darling Rose Gold
Wrobel, Stephanie

Darling Rose Gold


ausgezeichnet

Raffiniert, verstörend, spannend

Rose Gold war Jahrelang schwerkrank, zeitweise musste sie im Rollstuhl sitzen und über Magensonde ernährt werden. Kein Arzt hatte eine Diagnose für ihre Beschwerden. Erst mit achtzehn Jahren findet sie heraus, dass ihre Mutter Patty sie Jahre hinweg belogen hat. Durch Rose Golds Anzeige musste Patty für fünf Jahre wegen Kindesmisshandlung ins Gefängnis. Kurz vor Pattys Entlassung kontaktiert mittlerweile schwangere Rose Gold ihre Mutter und nach dem Entlassung nimmt sie bei sich auf. Patty ist froh, dass Rose Gold ihr offenbar verzeihen konnte und freut sie sich auf ihren kleinen Enkel Adam. Doch was Patty nicht ahnt: Das ist der Moment, auf den ihre Tochter gewartet hat...

Wer hinter diesen Bonbon-farbigen Cover eine zuckersüße Mutter-Tochter-Beziehung erwartet, täuscht sich. Denn die Autorin hat für ihren Debüt das Münchhausen-Stellvertreter-Syndroms als Thema ausgesucht und meine Meinung nach hat sie es auch sehr professionell eingearbeitet. Die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt. Pattys Sicht beginnt mit der Gefängnisentlassung in der Gegenwart und Rose Golds in der Vergangenheit, deren Zeitlinie immer weiter an Pattys annähert. Dank der Kapitelweise Sichtwechsel, bekommt man einen guten Einblick in die jeweilige Gedankenwelt. Obwohl ich mit dem beiden hin und hier gerissen war, waren weder der Mutter noch die Tochter mir sympathisch. Ein gutes Buch braucht nicht unbedingt Sympathieträger um die Leser begeistern zu können.
Der Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen und durch viele Wendungen und Psychospiele ist die Geschichte von Anfang bis zum Ende sehr spannend.

Es ist ein außergewöhnlicher, spannender Roman, welchen ich nur weiterempfehlen kann.

Bewertung vom 07.02.2021
Krass
Mosebach, Martin

Krass


sehr gut

Ralph Krass... ein großzügiger Geschäftsmann, der niemals Zeit hat aber dafür einen unendlich erscheinende Vermögen besitzt. Ein voluminöser, opulenter Mann, der nicht viel redet, aber dafür mit seiner schweigen alles unter Kontrolle hält. Wenn es um Manipulationen geht, ist er ein Genie.
Im Jahr 1988 genießt er sein Leben in Neapel mit ausreichend Champagne, Langusten und mit dem für ihm vorteilhaften Menschen. Mit dabei; Dr. Jüngel, sein neuer Buchhalter, der Pechvogel mit blasser Haut und mit ein Koffer voller Geld in der Hand. Woher der Geld stammt? Wahrscheinlich da spielt paar Anzugmänner eine Rolle, so genau weiß man als Leser nicht.

Herr Jüngel... ein magere, arbeitslose Kunsthistoriker, der viele Sprachen spricht und nicht nur die Rechnungen für Herr Krass bezahlt. Er führt die hochinteressante, kleine Reisegruppe, die aus Deutschland, Frankreich und Italien stammen, ins Museum, zum feinsten Restaurants und zum Bootsausflügen und übersetzt dabei all die Sprachen. Die kleine Gruppe versteht sich bravourös, keine fragt oder jammert sich über irgendetwas, Hauptsache die Bäuchlein sind voll und die Köpfe beschwipst. Bis eines Tages die Abenteuerlustige, Zauberkünstler Assistentin Lidewine in die Gruppe eintritt...

Martin Mosebach nimmt seiner Leser*in mit seiner Wortgewaltigen Darbietungen auf die pompöse, skurrile Reisen. Die Reisen teilt sich auf drei Abschnitten. In den ersten Teil erlebte ich den Schönheit von Neapel mit Herrn Krass und mit seinen kuriosen Reisebegleitern. In den zweiten war ich nach einem Jahr mit mittellosen, oft durcheinander wirkenden Jüngel in Frankreich und in der dritte Reise habe ich mich auf Wiedersehen mit Lidewine, Krass und Jüngel in Kairo gefreut. Drei große Kapitel, die nicht vorhersehbar waren.
Wortgewaltig

Mosebachs Charaktere sind wie Karikatur Figuren. Die sind entweder zu dick, zu klein oder haben eine Faible für irgendetwas und genau damit hatte ich meine Probleme. Denn egal was die Männer taten, wirkten mir wie die Helden, Gegensatz zu den Frauen. Ob die Frauen Haupt oder Nebencharaktere sind, die sind Geld und Sexbesessen dargestellt, was mich sehr gestört hat.

Mit einer bildhafte Sprache, mitreißende Stimmungen und kuriose Charaktere hat mich Martin Mosebach auf eine „Krasser“ Reise mitgenommen. Für die Literaturliebhaber ist eine genussvolle Reise...

Bewertung vom 22.01.2021
Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid (eBook, ePUB)
Schröder, Alena

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein gut gelungenes Debüt
Die 27-jährige Berlinerin Hannah weiß nicht so recht, wie mit ihrer Leben weitergehen soll. Sie arbeitet seit langem an ihrer Doktorarbeit und nebenbei kümmert sich um ihre über 90-jährige Großmutter Evelyn, die in einem Seniorenresidenz lebt. Die beiden Frauen haben außer sich aneinander keine Verwandten mehr und als plötzlich ein Brief aus Israel kam, verändert es alles. In dem Brief wird Evelyn als Erbin eines in Zweiten Weltkrieg geraubten Kunstvermögens ausgewiesen. Hannahs Neugier ist geweckt und stürmt sich sofort in Nachforschungen. Doch egal wie oft sie ihre Oma zu Rede stellt, Evelyn weigert sich stur über die Vergangenheit, besonders über ihre Mutter Senta zu reden...

„Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht blaues Kleid“ Dank diesem außergewöhnlichem Buchtitel bin ich auf das Buch neugierig geworden. Es ist das Debütroman von Alena Schröder und meine Meinung nach, hat sie eine beeindruckende Familiengeschichte erschaffen, welche die ich sehr gerne gelesen habe. Es geht hier um vier Frauen aus vier Generationen. Wo Urenkelin Hannah, im Gegenwart auf die Ahnenforschung geht, erzählt die Uroma Senta aus ihrem Leben und Oma Evelyn taucht mit dem Erinnerungen in die gemeinsame Zeit mit ihrer Tochter Silvia ein. Es hört sich zwar sehr kompliziert an, ist es aber nicht. Die Perspektiven wechseln recht schnell, sodass man spannend die Geschehnisse folgt. Allerdings ich fand die Erzählungen aus der Gegenwart nicht so berauschend. Klar war es spannend Hannah bei ihrem Forschungen zu begleiten aber da kommen einige Nebencharaktere, die ich stellenweise unpassend und langweilig fand. Das Thema NS-Raubkunst bleibt zwar nicht oberflächlich aber mich hat die Thematik Mutter-Tochter-Beziehungen mehr mitgenommen. Denn nicht jede Frau für Muttersein bestimmt und Schröder erzählt über die Gefühle von Frauen ungeschönt.

Ich finde, die Autorin hat mit ihrem leichtem, modernem Schreibstil und mit ihrer vielschichtigen, authentischen Charakteren ein bewegendes Debüt geschrieben, welches ich weiterempfehlen kann.
4,5 Sterne

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.01.2021
Miss Bensons Reise
Joyce, Rachel

Miss Bensons Reise


ausgezeichnet

London 1950

Seitdem ihr Vater, vor vielen Jahren, in einem Naturkundebuch einen goldenen Käfer aus Neukaledonien gezeigt hat, träumt Margery Benson eines Tages den Käfer zu entdecken. Doch dieser Traum verblasst sich über die Jahre hinweg. Margery ist mittlerweile 46 Jahre alt, arbeitet als Hauswirtschaftslehrerin, obwohl sie selbst nicht mal kochen kann, und lebt ein einsames Leben. Nach einem grauenhaften Tag in der Schule und nach geklauten paar Stiefeln, beschließt Margery sich endlich ihr Traum zu erfüllen. Sie kratzt ihre Ersparnisse zusammen, rüstet sich für ihre Expedition nach Neukaledonien aus und gleichzeitig sucht sie nach einer Expeditionsleiter. Doch Nachkriegszeiten in London, wo die Leute ums Lebensmittel kümmerten und kein Mensch, der wusste, wo Neukaledonien sein sollte, hat ihre Annonce sehr wenig Resonanz. Kurz vordem Abreise entscheidet Margery für Enid. Doch als Enid mit gelben Haaren, in knappen, pinken Kostüm mit winzigen Hütchen vor ihr steht, war alles spät für einen Rücktritt. Nun, die Reise kann losgehen...

Wenn ich ehrlich bin, als ich dem Cover zum ersten mal gesehen habe, dachte ich: Noch kitschiger geht es nicht wohl. Doch Rachel Joyce hat mich mit ihrem neuen Roman auf so eine ungewöhnliche Reise mitgenommen, dabei spielte das Cover gar keine Rolle.

Joyces Schreibstil ist leicht, sehr bildhaft aber vor allem Wendungsreich, sodass ich von Anfang bis zu Ende keine Langeweile beim Lesen hatte. Es gibt zwar Gegebenheiten die mir unrealistisch und kitschig wirkten aber die im Gesamtpaket passend, sogar stellenweise notwendig waren.
Die Autorin lässt ihre Fantasie mit ihrer Protagonistinnen blühen und versüßt sie die ganze mit Situationskomik. Schwarzer Humor, die nicht jedermanns Sache ist aber mich total amüsiert hat. Die Figuren sind weder gutartig noch böse. Die haben eigenen Last zutragen, haben Ecken und Kanten und verschiedene Interessen an das Leben. Allein diese Vielschichtigkeit macht das Buch für mich was Besonderes.

Obwohl die Geschichte unrealistisch und skurril war, war es für mich absoluter Lesevergnügen! Mich hat es lange nicht mehr ein Buch so richtig gleichzeitig amüsiert und nachdenken erregt, wie dieses hier. Ich kann es nur weiterempfehlen.