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Benutzername: 
JosefineS
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Schwarzenberg
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https://bibliomanie-hoch2.blog/

Bewertungen

Insgesamt 143 Bewertungen
Bewertung vom 24.01.2022
Das Geheimnis von Windsor Castle / Frey & McGray Bd.6
Muriel, Oscar de

Das Geheimnis von Windsor Castle / Frey & McGray Bd.6


sehr gut

Das Ende für Frey und McGray?
Gerade mal ein Jahr nach dem ersten Zusammentreffen des feinen Engländers auf seinen ungehobelten schottischen Vorgesetzten, steht ihre besondere Abteilung vor dem aus. Die Majestät, Queen Viktoria höchst selbst trachtet ihnen beiden nach dem Leben. Doch Lord Salisbury macht ihnen Hoffnung, ein kleiner gefallen für die Queen könnte ihre Meinung vielleicht noch ändern. Dieser entpuppt sich jedoch als schier unlösbare Aufgabe und kommt einem Selbstmordkommando gleich. Zudem bringen sie zusätzlich jeden den sie kennen in Lebensgefahr, sogar McGrays geliebte Schwester. Sie stolpern in dem irrwitzigen Versuch ihr Leben zu retten über ein Geheimnis, welches die Herrschaft des Königshauses ins Wanken bringt, doch kann dies sie vor der Guillotine bewahren oder bringt es sie ihr nur noch viel näher?

Der 6. Band von Oscar deMuriel, um die beiden äußerst unterschiedlichen Ermittler hätte spannender nicht sein können. Verzwickte Ermittlungen sind mittlerweile Alltag für beide und heikle Situationen zu meistern, schon beinahe obligatorisch. Doch mit der Queen, der drohenden Guillotine und Salisburys skrupellosen Schlägern im Nacken steuern sie frontal auf ihr verderben zu. Froh den Hexen von Pendle Hill erst vor kurzem heil entkommen zu sein, sollen sie doch allen Ernstes die übrig gebliebenen jetzt aufspüren. Ein mehr als waghalsiges Unterfangen, da diese, nach den zurückliegenden Vorfällen Frey und McGray gegenüber alles andere als wohlgesonnen sind. Eine wilde Jagd beginnt, in der weder die beiden, noch der Leser so wirklich zum Luft holen kommen. Oscar deMuriel neigt in seinen Büchern gern mal zu längen im mittleren Teil, gerade wenn die Ermittlungen ins Stocken geraten. Im 6. Band hatte ich dieses Mal kein solches Gefühl, für mich ging es durchweg mehr oder weniger rasant durch die Story. Er schafft wunderbar den Bogen zum Anfang der Story und fügt sogar historisch belegtes Material in seine Geschichte ein, was er natürlich etwas zweckentfremdet für seine kreative Umdeutung der Ereignisse. Das Miteinander der beiden war dieses mal wieder in gewohnter Hochform, nach dem Frey im letzten Band mit seiner Lethargie die Stimmung etwas runterzog. Doch zurück im neusten und gefährlichsten Fall, zeigen sich die beiden wieder in gewohnter Manier und geben selbst stark angeschlagen noch alles. Man kann die Bücher zwar unabhängig voneinander lesen, da es sich immer um in sich abgeschlossene Fälle handelt, doch für den 6. Teil empfehle ich zumindest den 2. und 5. Band gelesen zu haben. Da man sich sonst bezüglich eben dieser Fälle und deren Aufklärung spoilert. Sehr gut konstruiert und erläutert, mit jeder Menge Action und der Thematik über Hexen konnte mich das Geheimnis von Windsor Castle sehr gut unterhalten.

Fazit: nach dem etwas schwächelnden letzten Teil, schrieb Oscar deMuriel diesmal einen der, für mich, besten Bände. Das Geheimnis von Windsor Castle hatte alles was ein guter historischer Roman über zwei Inspektoren für übernatürliche Fälle braucht.

Bewertung vom 13.01.2022
Perfect Day (eBook, ePUB)
Hausmann, Romy

Perfect Day (eBook, ePUB)


sehr gut

Es bedarf Mut, für die wirklichen Dinge
Für Ann wird ein gewöhnlicher Donnerstagabend bei ihrem Dad zum Beginn eines nicht enden wollenden Alptraums. Walter Lesniak , ihr geliebter Vater und international renommierter Philosophie Professor wird festgenommen. Der Vorwurf: Er wird Verdächtigt, die im Laufe der letzten 14 Jahre verschwundenen und leblos aufgefundenen, zwischen 6 und 10 Jahre alten Mädchen getötet zu haben. Rote Schleifenbänder führten die Beamten zu ihren, in abgelegenen Wäldern versteckten Leichen, deswegen nannten sie ihn den Schleifenmörder. Doch nun betitelt ihn die Presse ihren Vater als „Doktor Tod“. Ann kann es nicht fassen, sie wird die Wahrheit herausfinden, koste es was es wolle und dann wird sie seine Unschuld beweisen können.

„Perfect Day“ ist der mittlerweile 3. Thriller aus der Feder von Romy Hausmann. Wir begleiten Ann, die schon früh gelernt hat ihr Gefühle sehr genau zu beschreiben, auf ihrem emotionalen, spiralartigen Weg in den Abgrund. Niemand will ihr glauben, dass ihr Vater unschuldig ist denn es gibt Indizien aber eben auch nur Indizien. Sie erträgt die Situation und das Schweigen ihres Vaters zu diesen Vorwürfen nicht länger und begibt sich selbst auf die Suche nach dem wahren Mörder der kleinen Mädchen. Dabei wird sie zunehmend ungehaltener, stürzt sich Hals über Kopf in Schwierigkeiten, wägt selten die Konsequenzen ab und gerät somit oft an ihre Grenzen und menschliche Abgründe. Da ihr Vater Philosophie Professor ist, ist auch ein großer Dreh- und Angelpunkt dieses Buches sehr philosophisch geschrieben. Neben der Jagd nach der Wahrheit, geht es auch oft um Anns Gefühle, wie sie diese im Laufe ihres Erwachsen Werdens beschreibt und in welcher Konfrontation sie diese stark bzw. zum ersten Mal richtig wahrgenommen hat. Da sie hauptsächlich bei ihrem Vater, der gern Plato und andere Philosophen der Geschichte zitierte, groß geworden ist umgibt auch sie immer ein dezenter philosophischer Hauch. Genau das konnte mich an diesem Buch neben der Spannung mit am meisten begeistern konnte, da es nicht um blindes Gemetzel ging, sondern zum Teil sehr bewegend war. Das Unbehagen stieg mit jedem weiteren Kapitel und jedem Schritt, den Ann der Wahrheit näherkam, da sich bis dahin gefühlt tausend Theorien auftaten. Romy Hausmann sorgte zu dem auch immer für unerwartete, teils schockierende Wendungen. Dank des flüssigen Schreibstils und der beklemmenden Bedrängnis endlich die Aufklärung zu finden, jedoch niemandem trauen zu können, fiel es zunehmen schwer das Buch aus der Hand zu legen. Da das Buch die Entführung und Ermordung von Kindern und den Schmerz der Hinterbliebenen thematisiert, sollte man abwägen ob man sich dem gewachsen fühlt. Ich bin diesbezüglich sehr dünnhäutig, kam jedoch mit der Thematik zurecht, da nirgends zu tief oder gar blutrünstig ins Detail gegangen wurde.

Fazit: ein spannendes, gut konstruiertes Buch, was mich vor allem emotional sehr mitreißen konnte.

Bewertung vom 03.01.2022
Ich, Ariadne (eBook, ePUB)
Saint, Jennifer

Ich, Ariadne (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der Preis, den wir Frauen zahlten

Theseus, der berühmte griechische Held, erschlug das Monster von König Minos, den Minotaurus. Doch möglich machte dies nur eine von Minos Töchtern. Ariadne, die sich schwor, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, half Theseus ihren Bruder, den Minotaurus zu töten und dem unüberwindbar geglaubten Labyrinth zu entkommen. Doch sie machte den gleichen Fehler wie viele Frauen vor und noch sehr viel mehr Frauen nach ihr. Sie verlor sich in schönen Augen und glaubte an unter dem Sternenhimmel gehauchte Versprechen. Doch der Preis dafür ist höher als die junge Ariadne zu dem Zeitpunkt ahnt.

Ich, Ariadne ist das Debüt der Autorin Jennifer Saint, die sich schon als Kind für griechische Mythologie begeisterte. Doch anders als all die vielen Sagen über Heldentaten, Kämpfe mit Monstern oder ewig andauernde Schlachten setzte sie in ihrem Buch die weibliche Heldin in den Mittelpunkt ihrer Erzählung. Sie lässt Ariadnes Verrat an ihrer Familie, die Mitschuld an dem Tot ihres monströsen Bruders und die Flucht mit Athener Prinzen nicht einfach so als Tatsache und Teil der Sage stehen. Sie verleiht Ariadne Gedanken, Gefühle und eine mächtige Stimme, ihre eigene Geschichte zu erzählen. Doch nicht nur die Erzählung über sie alleine erwacht hier in diesem Buch zum Leben, Jennifer Saint spinnt auch andere bekannte Mythen fadenartig mit in diese Geschichte, setzt diese zueinander in einen Kontext und webt so einen wunderschönen, farbenfrohen, mannigfaltigen und tragischen (Lese-)Stoff, den Athene hätte nicht schöner gestalten können. Ihre Art zu schreiben war durchweg mitreißend, man spürbar ein Teil der Geschichte, was unweigerlich auch zum mitfühlen mit der Protagonistin führte. Wir verliebten uns gleichfalls in Theseus bezaubernde und stürmische Worte, spürten die Verzweiflung auf Naxos und blühten in der Hoffnung Ariadnes erneut auf, hielten den Atem an als alles zu zerbrechen drohte und weinten gemeinsam mit ihr die letzte Träne. Mit der eigenen Interpretation dieses antiken Stoffes, dem Augenmerk auf die Protagonistin und der stimmigen, fulminanten Story konnte sie mich restlos begeistern.

Fazit: eine klare Leseempfehlung für alle Fans von griechischer Mythologie, jedoch auch ohne jegliches Vorwissen lässt sich dieses Buch wunderbar lesen. Eine großartig und mitreißend tragisch erzählte Geschichte.

Bewertung vom 21.12.2021
Das Korsett
Purcell, Laura

Das Korsett


ausgezeichnet

Tödlicher Glaube
Miss Dorothea Truelove, Dame aus gutem Hause, führt ihre wohltätige Arbeit ins Oakgate Gefängnis. Ihre Besuche und die Zuwendung zu den Gefangenen ist jedoch nicht ganz uneigennützig. Heimlich widmet sie sich dem Studium der Phrenologie. Doch als sie Ruth Butterham kennen lernt, muss sie sich der Frage stellen, ob der Glaube so stark sein kann um Menschen zu töten. Denn Ruth verleiht in ihrer Arbeit als Näherin ihren Werken mit der Nadel und Emotionen, die Macht Leben zu nehmen. Ein langer blutiger Faden dieser Künste zieht sich durch ihre Existenz. Kann Dorothea zum wahren Kern der Geschichte vordringen oder muss sie erkennen, dass sich zwischen Himmel und Erde auch Mysterien verbergen, die man nicht mit einem Kraniometer messen kann.

Laura Purcell ist als englische Autorin fasziniert von den dunklen Seiten der Geschichte. Das Korsett ist mittlerweile ihr 2. ins deutsch übersetzte Werk. Sie schafft es den rauen Ton und die damaligen Sitten des viktorianischen Zeitalters lebensnah und schon fast greifbar in ihr Buch einfließen zu lassen. Ihre beiden Protagonistinnen könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Herkunft, Bildung und die Art der Lebensführung liegen in zwei völlig fremden Welten und doch existieren beide Frauen im gleichen Moment. Ohne jegliche Romantisierung dieser Zeit nimmt sie uns mit in die Schrecken des Alltags einer Arbeiter Familie, deren Existenz vom kleinsten Ungleichgewicht komplett aus den Fugen geraten kann. Ruth erzählt uns, wie sich ihr bisheriges Leben zugetragen hat und obwohl Dorothea beim Verlassen der Zelle in ihr sorgloses Leben zurückkehrt, plagen sie ganz eigene Nöte. Diesem ganzen Schauspiel und der nicht enden wollenden Abwärtsspirale bei zu wohnen war äußerst fesselnd, wenn gleich die menschlichen Abgründe eine stetig grausen lassen. Die Umsetzung der historischen Komponente war in meinen Augen sehr gelungen und just in dem Moment, als ich anfing bemängeln zu wollen, dass es sich jedoch nicht um einen Thriller handelt, kommt die Autorin mit dem Ende um die Ecke. Ich habe die letzten Kapitel, im Unglauben über die Geschehnisse kaum atmen können und meine Augen hetzten förmlich über die Wörter. Wie auch in „die stillen Gefährten“ überlässt Laura Purcell am Ende dem Leser was er Glauben möchte. In diesem Buch ist alles möglich, von der rationalen bis zur mysteriösen Seite oder sogar einer Koexistenz von beidem. Ein sehr einnehmender Schreibstil, gelungene Umsetzung historischer Begebenheiten, ein Gespür für die Darbietung von Dramatik und einem Ende, was einen keinesfalls unberührt zurücklässt, konnten mich restlos überzeugen.

Fazit: Ein klares Must- Read. Gelungene historische Umsetzung, menschliche Abgründe aus dem viktorianischen Zeitalter und fesselnde Traurigkeit, verpackt in ein wunderschönes Buch mit einer unglaublichen Geschichte.

Bewertung vom 16.12.2021
Talberg 1935 / Talberg Bd.1
Korn, Max

Talberg 1935 / Talberg Bd.1


ausgezeichnet

Habt Furcht vor dem was in Talberg lauert
Der Spross, einer der ältesten Familien in Talberg lässt mühsam einen Turm errichten, der Zweck dieser Konstruktion ist jedoch unklar. So dauert es nicht lange bis im Wirtshaus gemunkelt wird, er wolle seine Frau von diesem Turm stürzen. Was soll so einer auch mit diesem unfruchtbaren Hexenweib? Doch eines düsteren, verregneten morgens liegt der Steiner selbst, mit zerschmettertem Schädel am Fuße des bedrohlich aufragenden Holz-Ungetüms. Wer ist für den Tod des hiesigen Lehrers verantwortlich oder stürzte er sich aus freien Stücken in die Tiefe? Jeder aus dem Ort würde gerne mehr über die Vorkommnisse jener Nacht erfahren, dafür jedoch die eigenen Geheimnisse preisgeben kommt nicht in Frage. So rennt der Major Karl Leiner gegen verschlossene Türen an, während sich bedrohliche Finsternis über Talberg legt.

Max Korn ist das Pseudonym eines deutschen Autors, der in seiner Kindheit einige Zeit in einem bayrischen Dorf aufwuchs. Den Schrecken, den er seinem Talberg andichtet beruht jedoch rein auf fiktionaler Basis. Das Gespür den Leser in dieses Dorf und die alte, drohende Düsternis der Umgebung zu versetzen hat jedoch sicherlich seinen Ursprung da gefunden. Der Einstieg in das Buch war äußerst atmosphärisch, diese Stimmung konnte er tatsächlich auch über das ganze Buch aufrechterhalten. Das düstere Ambiente dieses Dorfes und jener Zeit konnte er zu dem grandios vermitteln. Man fühlt sich sofort als stiller Beobachter in diesem abgelegenen Örtchen. In dem er immer wieder kurz aus der Story ausbricht und eine Art „Flashback“ erzeugt, verleiht er seinen Charakteren eine fabelhafte Tiefe. Dies unterbricht zwar die Geschichte an sich, fügte sich jedoch sehr passend ein und gab dem Leser die Möglichkeit den ein oder anderen Charakter näher kennen, lieben oder hassen zu lernen. Alsbald spitzen sich die Ereignisse zu und es ist wie ein Unfall, dem man in Zeitlupe beiwohnt. Man kann nichts tun, weder wegschauen, noch das zerstörerische Ausmaß des Ganzen abschätzen. Sowohl die Fakten als auch das Verhalten konnte er zeitlich sehr gut manifestieren. Am Ende überschlagen sich die Ereignisse in Talberg förmlich und ich konnte das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Allem voran, weil die Zusammenhänge in keinster Weise zu erahnen sind, hat mich die Auflösung etwas überrumpelt, doch bei näherer Betrachtung fügt es sich, wie der Rest, einfach perfekt in die Geschichte. Es bleiben keine ungeklärten Fragen und der Schreibstil war so einnehmend wie schon lange nicht mehr in anderen Büchern. Ich persönlich habe die Umsetzung des bayrischen Dialekts, als auch diesen „Dorftrash“ unglaublich genossen. Die typische, ländliche Atmosphäre aus Geheimnissen, Getuschel und Saufkumpanen aus dem Wirtshaus, die jederzeit Einsatzbereit für eine Fackel- und Heugabel Revolte sind. Max Korn verklär oder beschönigt nichts in diesem Buch, man muss ihm aber die Zeit gönnen, seine handelnden Personen vorzustellen und das Setting ins perfekte, düstere Licht zu rücken. Was ihm, in meinen Augen, durch sein Gespür für Stimmung sehr gelungen ist, ohne mich zu langweilen. Es war ein durchweg überzeugender Roman, an dem ich nicht einen einzigen Kritikpunkt habe und der unfassbar neugierig auf den zweiten Teil (Talberg 1977) dieser Trilogie macht, der im Februar 2022 erscheint.

Fazit: ein überaus gelungener Roman der, mit der Geschichte, charakterlicher Tief, düsterer Atmosphäre überzeugen konnte und sich als spannende und sehr einnehmende Lektüre entpuppte.

Bewertung vom 25.11.2021
Der Garten des Sargmachers / Ash Henderson Bd.3
Macbride, Stuart

Der Garten des Sargmachers / Ash Henderson Bd.3


sehr gut

Menschliche Knochen, dutzendweise
Ein Sturm tobt an der schottischen Küste, als ein Teil der Klippe ins Meer stürzt enthüllt es das grausige, lang gehegte Geheimnis von Gordon Smith. Unzählige Knochen kommen am Rande der abgebrochenen Landzunge zum Vorschein. Doch die Bergung ist aufgrund des Sturms zu gefährlich und so verschwinden die Beweise nach und nach in der tobenden Nordsee. Ex Detektiv Inspektor Ash Henderson wird mit der schier unmöglichen Aufgabe beauftragt den Mörder zu finden und die Opfer zu identifizieren. Doch was ist, wenn Gordon Smith weiter mordend durch das Land zieht? Wer 50 Jahre unentdeckt so viele Menschen auf dem Gewissen hat, wird kein Idiot sein und sich leicht fassen lassen.

Stuart McBride ist schottischer Kriminal Autor und „der Garten des Sargmachers“ ist der dritte Teil seiner Ash Henderson Reihe. McBrides Romane werden dem „Tartan Noir“ zugeordnet. Unter der Stilrichtung bezeichnet man Kriminalromane mit besonders düsterer Stimmung und deutlich zynischer Handlung. Diese Bezeichnung passt zu recht, denn vor allem durch seinen doch recht ungewöhnlichen Protagonisten Ash Henderson trieft das Buch förmlich vor Sarkasmus. Ein Ex Polizist, der zu Ermittlungen hinzugezogen wird, ist so gesehen keine neue Erfindung. Doch Ash ist der personifizierte Zynismus und das habe ich an diesem Buch sehr geliebt. Viele Figuren haben zwar diesen leichten, direkten und ungeschönten Unterton, doch der Protagonist ist darin unangefochten. Die Ermittlungen drehen sich um zwei unterschiedliche Fälle. Eine Reihe von erdrosselten kleinen Jungen und die lang unentdeckte Mordserie von Gordon Smith. Beide Fälle begleiten uns durch das Buch und ich muss gestehen mir fiel es schwer die Ermittlungen um die kleinen Jungs zu begleiten. Wen Gewalt an Kinder triggert, der sollte überlegen ob er das Buch lesen möchte. Den größten Teil der Story zog Ash mich durch die Handlung. Ärger kann er nie wirklich fernbleiben und lang sahen die Ermittlungen nach dem üblichen Prozedere aus. Doch dann kam der Wendepunkt, er schmeißt alle Bedenken und Konsequenzen über den Haufen und zieht los, einigen Leuten die Abreibung ihres Lebens zu verpassen. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich das Buch nur schwer aus der Hand legen. Das Ende und der Showdown haben an Stimmung einiges wieder rausgerissen, was die Ermittlungen so an sich nicht gekonnt hätten.

Fazit: ein schottischer Kriminalroman in dem ein unkonventioneller und zynischer Protagonist, dem Regeln völlig egal sind, auf einen sadistischen Antagonisten trifft. Man muss der Story etwas Zeit geben um in Fahrt zu kommen, doch das letzte Drittel des Buchs hatte eine wirklich einschlagende Wirkung.

Bewertung vom 19.11.2021
Der Uhrmacher in der Filigree Street (MP3-Download)
Pulley, Natasha

Der Uhrmacher in der Filigree Street (MP3-Download)


gut

Viktorianischer Krimi meets Steampunk
Als Thaniel an einem kalten Oktober Abend 1883, eine mysteriöse, goldene Taschenuhr auf seinem Kissen, mitten in seiner ärmlichen Junggesellen Unterkunft vorfindet, ahnt er nicht, wie sehr sich seine Welt bald auf den Kopf stellen wird. Als er 6 Monate später einem Bombenanschlag auf das Scotland Yard nur knapp entgeht, weil die bis jetzt defekte Uhr plötzlich Alarm schlug, beginnt er sich auf die Suche nach dem Ursprung dieses merkwürdigen Zeitmessers zu machen. Der Schöpfer heißt Keita Mori und ist ein freundlicher, wenn auch etwas merkwürdiger, alter Mann aus Japan. Thaniel muss unbedingt herausbekommen ob er eventuell für den Anschlag verantwortlich ist, doch diese bezaubernden Schöpfungen von Mori ziehen in unablässig in den Bann. Er hätte das Wissen und die Möglichkeiten der Erbauer einer Bombe zu sein, doch kann dieser verschoben liebenswürdige alte Mann wirklich für so ein Verbrechen verantwortlich sein?
„der Uhrmacher in der Filigree Street“ ist Natasha Pulleys Debüt Roman, mit dem sie den Betty Trask Award gewann und der ein internationaler Bestseller wurde. Die Idee hinter dieser Geschichte und der wirklich bezaubernde Einfluss mechanischer Zaubereien, war überzeugend und hat mir sehr gut gefallen. Moris Fähigkeiten und technische Spielereien waren außergewöhnlich und lieferten einen stimmigen Blick in die literarische Strömung des Steampunk. Jedoch das drum herum der Geschichte wie einige unnötige Szenen nahmen dem Ganzen den Fluss und leider auch Attraktivität. Zu dem braucht die Story etwas um in Gang zu kommen, da es einiger Zeit bedarf, bis die einzelnen Handlungsstränge und Personen zueinander finden und man den Zusammenhang erkenne kann. Als sich zur Mitte einiges fügte, keimte in mir die Hoffnung auf, dass die anfängliche Verwirrung noch in Begeisterung umschlagen könnte. Mori ist ein sehr einnehmender Charakter, zwar hat er eine verschlossene Art an sich, doch man merkt ihm die Güte, trotz seiner kühlen, emotionslosen Intelligenz deutlich an. Mein eigentlicher Favorit war allerdings Katsu, Moris mechanischer Oktopus. Der sich wie lebendig durch das Geschehen schlängelt und mit Vorliebe Thaniels Socken, Kragen und Krawatten aus Schubladen stibitzt. Gerade als ich mich sehr in die Kombi aus Ermittlungen und Steampunk verlieben wollte kam das Ende und ließ mich wieder sehr unglücklich zurück. An sich fügte sich die Auflösung, rein logisch gesehen, wie die Zahnräder eines Uhrwerks, perfekt zusammen. Von der Entwicklung der Geschichte kann ich das leider so gar nicht behaupten, das „Uhrwerk“ der Story gleicht eher dem zu tun des verrückten Hutmachers und des Märzhasen. Das Ganze wäre sicher wunderbar auch ohne diese Beziehungsdramaturgie ausgekommen, zumal der Twist, den Grace dahin legt, überhaupt nicht zu ihr passt und einfach gezwungen wirkt. Moris Fähigkeiten, die wahrscheinlichen Ereignisse der Zukunft zu wissen war beeindruckend genug, ich verstehe zwar die Intension der Autorin damit spielen zu wollen, jedoch wirkte die Umsetzung neben einer so einer extravaganten Figur nur plump. Zudem war es im Hörbuch schwieriger den Überblick zu behalten, da es nur einen Sprecher gab. Dessen Stimme sehr angenehm, die Aussprache klar war und der sich bemühte den verschiedenen Charakteren unterschiedliche Stimmhöhen und -tiefen zu geben. Leider fiel es trotzdem schwer bei Dialogen den Faden nicht zu verlieren.
Fazit: die Idee, des historischen Settings, der Ermittlungen und des Steampunk Einflusses gefiel mir sehr gut. Die Umsetzung in der Geschichte wurde leider durch kleine, unnötige Dramen gestört.

Bewertung vom 26.10.2021
SCHWEIG! (MP3-Download)
Merchant, Judith

SCHWEIG! (MP3-Download)


sehr gut

Kann ich dir trauen?
Das letzte, was Esther an diesem 23. Dezember tun will, ist mit ihrem Geschenk und einer Flasche Wein zu ihrer verrückten Schwester in das abgelegene Haus, in den Wald zu fahren. Doch sie muss, sie ist schließlich die große Schwester und irgendwer muss ja nach der einsamen Sue sehen. Zwei Schwestern, die im jahrelang einstudierten Kampf umeinander Tanzen, lauernd auf eventuell auftretende Risse in der Fassade der anderen. Beide sind sich sicher der anderen nicht trauen zu können, als plötzlich die Masken fallen. Längst begrabene Gefühle flammen wieder auf, es werden Dinge gesagt, die besser für immer im Verborgenen geblieben wären. Das Geschenk ist nicht willkommen, der Wein ist der Falsche und diesen verschneiten Vorweihnachtsabend werden nicht alle überleben.
Schweig ist ein psychologischer Spannungsroman zwischen zwei Schwestern, deren Beziehung Aufgrund vieler Einflüsse toxischer nicht sein könnte. Esther ist die ältere von beiden, der das „du bist die Große“ Prinzip schon in der Kindheit prägend eingepflanzt wurde. Sie hat einen massiven Kontrollzwang gegenüber allem, was sich in ihrem Leben befindet. Sue, die jüngere von beiden, die mit dem Stigma der unzulänglichen „kleinen“ aufwuchs und sich mit Händen und Füßen versucht der Tyrannei ihrer großen Schwester zu entziehen. Oder ist Esther einfach nur treusorgend und Sue erkennt ihre eigenen gravierenden Probleme nicht? Judith Merchant präsentiert uns hier eine Geschichte die sich über das komplette Leben der beiden erstreckt und sowohl das hier und jetzt, deren Kindheit und das letzte Weihnachten mit einbezieht. Erzählt aus den perspektiven zweier nicht immer ganz zuverlässiger Erzählerinnen. Beide Rollen werden im Hörbuch, vorteilhafter Weisen auch von zwei verschiedenen Sprecherinnen verkörpert. Zudem werden die Rückblicke betitelt, was sehr dazu beiträgt beim Hören den Überblick zu behalten. Alle Sprecher*innen machen einen guten Job und bringen die Stimmung, die bersten gespannten Nerven und die Gefühlslage gut rüber. Sie verliehen der Geschichte damit auch passenden Nachdruck. Besonders die psychologische Komponente hat mich sehr in den Bann gezogen. Dieser Abgrund, diese Spaltung die sich aus tausender kleiner Situationen ergeben hat, die für sich genommen kaum Gewicht haben, doch die Summe all dieser Teile eine unfassbar toxische Beziehung ergeben hat, die beide nicht wollen, der sich aber auch keiner zu gänzlich zu entziehen wagt. Der Spannungsbogen war gelungen, die Geschichte nimmt zunehmend an Fahrt auf, das Ende war überraschend. Der Ausgang der Story war für mich unerwartet, passte jedoch in das psychologisch geprägte Gesamtbild.
Fazit: wirklich gelungener psychologischer Spannungsroman. Ein Einblick in den Abgrund toxischer Familienbeziehungen und psychischer Traumata, verpackt in einer mitreißenden Story.

Bewertung vom 22.10.2021
Todesschmerz / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.6
Gruber, Andreas

Todesschmerz / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.6


sehr gut

Nach der Nacht kommt der Tag
Sneijder steckt in Wiesbaden mitten in einer brisanten Ermittlung, als in Oslo der Mord an der deutschen Botschafterin geschieht. Umgehend werden er und Sabine Nemez los geschickt um das Verbrechen in Norwegen aufzuklären. Doch der zunächst einfach wirkende Fall entwickelt sich zu einem Spießrutenlauf durch einen Irrgarten und zu allem Überfluss verweigert die norwegische Polizei die Zusammenarbeit, auch mit weiterer Unterstützung aus dem BKA Team bleibt alles verworren. Der Aufenthalt entwickelt sich für Sneijder zum härtesten Fall seiner Kariere, denn das Ganze hat größere Ausmaße. Als es für alle gefährlich wird, muss Sneijder schleunigst handeln, doch kann er sich und sein Team retten?
Todesschmerz ist Andreas Grubers 6. Band der Todes Reihe um den exzentrischen Ermittler Maarten S. Sneijder und seiner Kollegin Sabine Nemez. Der Fall führt die beiden erneut ins Ausland, doch diesmal ist es nicht wie immer und selbst Sneijder gelangt an seine Grenzen. Die Story ist sehr komplex aufgebaut, jedoch war es mir zwischenzeitlich zu viel Fall im Fall. Doch Gruber wäre nicht Gruber, wenn er die Geschichte nicht so dramatisch gestalten würde, dass der eigentliche Fall schon fast ins Vergessen gerät. Bei der Story bleibt Gruber diesmal konsequent und schon fast rabiat, das musste ich nach dem Ende erst einmal sacken lassen. Nach diesem unerwarteten und drastischen Ausgang warte ich sehnlichst auf die Fortsetzung im nächsten Buch. Andreas Gruber beweist auch diesmal, dass er immer für eine Überraschung gut ist, für seine Bücher und die Leser über Leichen geht und ein Händchen für Dramatik besitzt. Das neue Buch konnte mich wieder begeistern, auch wenn die Begeisterung wahrscheinlich mehr der Reihe, den Charakteren und Grubers ganz eigenem Schreibstil, als mehr dem Fall an sich geschuldet ist. Dieser konnte mich diesmal nicht ganz so sehr in den Bann ziehen, dafür war die privaten Komponente stark ausgeprägt und ausreichend aufwühlend.
Fazit: ein starker 6. Band der Todesreihe, in dem der Kriminalfall und die Ermittlungen weniger überzeugen konnten. Dafür zog Gruber bei den handelnden Personen alle Register.

Bewertung vom 17.09.2021
Ausweglos (eBook, ePUB)
Faber, Henri

Ausweglos (eBook, ePUB)


weniger gut

Was wärst du bereit zu tun?
Als Noah auf dem Dachboden ein Messer an seiner Kehle spürt und eine raue Stimme fordert „bring mich zu deiner Frau“ bleibt ihm keine andere Wahl, doch er hat den Schlüsselbund der verreisten Nachbarn in der Hosentasche, er fasst einen Plan. Als er Stunden später im Krankenhaus erwacht ist er stark zugerichtet und für den Tod seiner Nachbarin verantwortlich, schließlich hat er dem Mörder die Tür geöffnet. Alles sieht für den Ermittler Elias Blom nach dem berüchtigten Ringfinger Mörder aus, doch diesmal scheint er einen Fehler gemacht zu haben, es gibt einen Überlebenden. Noah ist der einzige der mit dem Leben davon kam und so hofft Elias dem Täter doch noch auf die Spur zu kommen. Doch Noahs verhalten ist höchst merkwürdig, kann er seinem einzigen Zeugen trauen?
Ausweglos ist der Debüt Thriller des deutschen Autors und Texters Henri Faber. Der Einstieg findet nach der Tat statt und die Story bewegt sich durch vier Perspektiven. Das macht das Buch abwechslungsreich, man sollte jedoch beim Lesen aufmerksam bleiben um nicht in den Wirrungen der Geschichte unter zu gehen. Es ist nicht gleich ersichtlich in welche Richtung sich die Handlung bewegen wird und das Buch sorgt an der ein oder anderen Stelle für Überraschungen. Der Plot ist an sich gut erdacht, die Umsetzung hat mich jedoch nicht vollends glücklich gemacht. Die Charakterzeichnung war bei einigen einfach völlig drüber. Noahs Frau war völlig too much, zu viele „Bad Cop“ Kollegen um den Überblick zu behalten und der englische Ersatz für Flüche nahm derart überhand, dass es sich wunderbar als Trinkspeil eignen würde, ansonsten leider nur nervig war. Realismus ist nicht immer ein zwingendes Kriterium für Thriller aber an genau dem hat es mir hier bei zu vielen Details, Begebenheiten und Abschnitten gemangelt. Die ersten 2/3 des Buches konnten mich durchaus gut unterhalten, die Auflösung hat mich jedoch so unglücklich gemacht, dass ich den Showdown aus drei perspektiven zäh wie Kaugummi und den darauffolgenden Abschnitt, der hätte eigentlich ganz abrundend wirken sollen nur noch entnervt über mich ergehen ließ. Scheinbar hatte ich eine andere Vorstellung vom Ausgang der Story und war zu festgefahren um diese Lösung zu mögen. Offene Fragen, unstimmige Details, ein allzu williger Kommissar Zufall und seine Auflösung haben dem guten Ansatz den gar ausgemacht.
Fazit: (2,5 Sterne) gute Idee, die hinter der Geschichte steckt, doch einiges war leider etwas drüber und vor allem das Ende konnte mich nicht überzeugen.