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Bavvaria123

Bewertungen

Insgesamt 54 Bewertungen
Bewertung vom 28.09.2021
Der schwarze Winter
Lindemann, Clara

Der schwarze Winter


sehr gut

Zwei Schwestern im Hungerwinter

Das Cover sagt einiges über den Inhalt des Buches aus. Frauenstiefel im Schnee, eine Decke, ein zerstörter Ort. Das passt.
Über die Zeit direkt nach dem Krieg habe ich deutlich weniger gelesen als über den Krieg an sich. So war ich auf das Buch sehr gespannt.

Der Leser erfährt die Geschichte der Bensdorf Schwestern. Sie mussten aus Danzig fliehen und waren einige Zeit auf einem Bauernhof untergebracht. Nach einer Eskalation der Ereignisse müssen sie auch hier verschwinden und landen im ausgebombten und von Briten besetzten Hamburg.

Clara Lindemann hat hier einen ausgesprochen bildgewaltigen und lebendigen Roman geschrieben. Die beiden Schwestern, Rosemarie und Silke, sind sehr unterschiedlich und doch kann man ihre Charaktere gut nachvollziehen und beide sind auf ihre Art sympathisch, mutig und couragiert.


Die Geschichte hat mich gefesselt und ich habe mit den beiden und auch den anderen Personen zum Teil arg mit gefiebert, andere aber auch schrecklich gefunden.
Der Hungerwinter und die schlimmen Erfahrungen sind eindrucksvoll und erschütternd, aber sicher realitätsnah beschrieben.

Ein paar Ungereimtheiten und ein für mich dann doch etwas zu glattes Ende lassen mich einen Stern abziehen. Aber das Buch bekommt auf jeden Fall eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.09.2021
Wellenflug
Neumann, Constanze

Wellenflug


sehr gut

Von 1864 bis 1957

Das Cover, der Antlitz einer jungen Frau, gefällt mir sehr gut. Zum einen verrät es, dass es mit dem Buch in die Vergangenheit geht und zum anderen ist mindestens eine Frau Protagonistin.
Hier sind es dann zwei.

Erzählt wird das Leben von Anna, von 1864 bis 1905, und Marie, von 1905 bis 1957. Anna ist die Schwiegermutter von Marie. Und Marie die ungewollte, nicht akzeptierte Schwiegertochter.
Bindungsglied ist Heinrich Reichenbach, Annas Sohn, ein gewiefter Filou, den Marie sehr liebt und mit dem sie nach Amerika geht und auch wieder nach Deutschland zurück kommt.

Anfangs hatte ich Schwierigkeiten in den Roman einzusteigen. Ich wurde schnell mit einer Menge von Personen konfrontiert, dass ich Mühe hatte, alle Namen einordnen zu können. Da hätte sich ein Stammbaum oder eine Personenliste als sehr hilfreich erwiesen. Nach etwa 70 Seiten hat sich das dann aber gegeben und ich konnte dem Romangeschehen gut folgen.

Constanze Neumann hat die Geschichte ihres Buches an die Geschichte ihrer Familie angelehnt. Jener Heinrich reichenbauch ist wohl ihr Urgroßvater.
Man bemerkt auch eine gute Recherche, nicht nur in der Familiengeschichte sondern auch in den historischen Begebenheiten.
Ich bin aber mit beiden Hauptfiguren nicht so ganz warm geworden. Und das liegt an dem zwar angenehmen, aber doch ausgesprochen distanzierten Schreibstil. Die Autorin beschreibt die Ereignisse, aber sie verwebt sie nicht direkt. So bleiben Anna und Marie ein wenig zu eindimensional.

Aufgrund der aufgeführten, mich etwas störenden Dinge, ziehe ich einen Stern ab, gebe aber trotzdem eine Leseempfehlung. Vor allem Leser*innen mit einer Vorliebe von besonderen Familiengeschichten werden hier sicher zu einem interessanten Leseerlebnis kommen.

Bewertung vom 27.07.2021
Dreieinhalb Stunden
Krause, Robert

Dreieinhalb Stunden


sehr gut

München, Hauptbahnhof, Gleis 13

Das Cover hat mich aufmerksam auf das Buch gemacht. Man spürt, dass es ein wenig in die Vergangenheit führen soll und das es auf einem Bahnhof oder in einem Zug spielen wird. So passt es absolut zu dem Inhalt.

Es ist der 13. August 1961. Pünktlich um 8.10 verlässt der Interzonenzug D 151 die bayrische Hauptstadt in Richtung Ost-Berlin. Viele Passagiere sind auf dem Weg zurück in die DDR, als sich ein Gerücht im Zug verbreitet: die Grenze soll dicht gemacht werden. Richtig dicht - vermauert sozusagen.

Es geht also um ein wichtiges historisches Ereignis. Als ich auf die Welt gekommen bin, gab es diese Mauer durch Berlin dann schon.

Die Passagiere in dem Zug haben nun dreieinhalb Stunden Zeit, zu entscheiden, ob sie nach Hause fahren oder im Westen aussteigen sollen.

Robert Krause steigt rasant in die Geschichte ein. Ich kam mir ein wenig so vor, als gehe ich durch den anfahrenden Zug und sehe die anderen Mitreisenden. Auf den ersten 60 Seiten lerne ich 10 Protagonist*innen kennen. Manche wirklich nur so im Vorübergehen. Das hat mich zunächst schon etwas verwirrt. Aber je weiter ich gelesen habe, umso weniger hat es mich genervt. Eher fühlt e ich mich tatsächlich wie eine Mitreisende.

Das Buch ist in 154 Abschnitte gegliedert. Das sind dann entweder die perspektivischen Erlebnisse der Hauptfiguren oder Meldungen an das Präsidium der Volkspolizei in Berlin.

Wie ein Interzonenzug nimmt auch das Buch an Fahrt auf und nimmt mich mit. Mir ist es teilweise schwer gefallen, es aus der Hand zu legen. Der rasante Schreibstil zeugt davon, dass Robert Krause sein Geld unter anderem als Drehbuchautor verdient. Zu diesem Buch passt er ausgesprochen gut. So wird die Spannung noch weiter ausgebaut. Ich war mir bei vielen Personen lange nicht klar, wie sie sich in der Kürze der Zeit entscheiden würden. Eine so zukunftswichtige Entscheidung zu treffen, stelle ich mir sehr schwierig vor.

Mir hat das Buch nach anfänglichen Schwierigkeiten äußerst gut gefallen. Ich finde die weitreichende Recherche gelungen, ebenso die Umsetzung, wenn auch die eine oder andere Person ein wenig blass bleibt.
Sehr gern gebe ich 4 Sterne und empfehle "3 1/2 Stunden" historisch interessierten Leser*innen und allen, die spannend unterhalten werden wollen.
Ich freue mich nun auch auf den Film!

Bewertung vom 02.07.2021
Kate in Waiting
Albertalli, Becky

Kate in Waiting


sehr gut

Love is love

Das Cover ist mir sehr aufgefallen. Nicht nur wegen dem zarten Rosa, auch die erhaben gedruckten Buchstaben des Titels mit den vielen Punkten und vor allem die zarten, glitzernden Strähnen, die Haare darstellen. Das ist schon etwas Besonderes.

Besonders ist es für mich auch, ein Young Adult Roman zu lesen. Immerhin bin ich nicht mehr so ganz die richtige Zielgruppe dafür. Aber gerade das fand ich dann doch spannend.

Das Buch handelt von Anderson Walker und Kate Garfield, beste Freunde seit sie denken können, und Matt Olson, der Typ vom Sommercamp, der durch seinen Umzug in den Alltag der Beiden gerät und in den sich beide vergucken.
Und nun?

Ich brauchte ein wenig, bis ich in die Geschichte eintauchen konnte. Das lag daran, dass ich mich erst einmal an den Schreibstil gewöhnen musste. Es ist zwar ein lockerer, leichter Erzählstil, aber es werden einige jugendtypische und auch einige theatertypische Begriffe eingestreut. Zudem gibt es schnell ausgesprochen viele Personen aus Crew, Familie, Freundschaften, so dass ich da etwas Eingewöhnung benötigte. Danach kam ich aber gut zurecht.

Witzig und passend finde ich die Gliederung in Ouvertüre, Szenen und Verbeugungsrunde. Das passt sehr zum Untertitel und der Geschichte.

Die Protagonistin Kate war mir von Anfang an sympathisch, sie ist jung, charmant, ehrlich. Auch Andy ist ein feiner Kerl, mit dem man sich gut anfreunden kann.

Gut gefallen hat mir die gelungene Einbindung der queren Themen, wobei ich es in dieser Hinsicht nicht gut finde, dass es auch "Arschloch-Typen" gibt. Da hätte ich mir auch mehr Aufgeschlossenheit gewünscht.

Becky Albertalli hat einen lesenswerten, teilweise humorvollen und kurzweilig zu lesenden Roman geschrieben, der jedoch etwas zu vorhersehbar ist. Alles in allem vergebe ich gern 4 Sterne und eine Leseempfehlung für die jugendliche Leserschaft.