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Phoebe Caulfield

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 29.01.2022
Manifesto
Evaristo, Bernardine

Manifesto


ausgezeichnet

Futter für Herz und Hirn

Nachdem Bernadine Evaristo in 2019 mit ihrem Buch „Girl, Woman, Other“ als erste person of colour den renommierten Booker-Preis gewann, wurde sie auch einem breiteren Publikum bekannt.

Mit „Manifesto“ erzählt sie nun in sieben Kapiteln über ihren Weg bis zu diesem Ereignis und die Leser erfahren, was und wer ihren Weg geprägt und begleitet hat. Und wow, war das spannend und unterhaltsam!

Und auch wenn ich bereits einige Bücher von Evaristo begeistert gelesen habe, hätte ich dieses fast nicht zur Hand genommen. Das lag an dem etwas komischen deutschen Untertitel „Warum ich niemals aufgebe“, was für mich eher nach Lebensratgeber o.ä. klang. Im Englischen lautet der Untertitel es „On never giving up“, was sich eher übersetzt mit „Über das Nicht-Aufgeben“, was einfach einen ganz anderen Ton hat und ich persönlich weitaus passender gefunden hätte.

Die sieben Kapitel sind betitelt nach den unterschiedlichen Einflüssen, Prägungen und Inspirationen wie z.B. „Kindheit/Familie/Herkunft“ oder „Einflüsse/Quellen/Sprache/Bildung“. Dies fand ich eine sehr gelungene Gliederung, weil das Buch nicht linear alle Einflüsse aufzählt und abarbeitet. Stattdessen hat jedes Kapitel wieder seine eigene Chronologie, ist aber ganz fokussiert eben auf diese speziell herausgestellten Aspekte.

Es hat mir große Freude bereitet, dieses Buch zu lesen. Das lag zum einem an dem wunderbaren und unterhaltsamen Schreibstil. Zum anderen hatte ich das Gefühl, durch die detaillierten und reflektierten Beschreibungen, Evaristo auf verschiedenen Abschnitten ihres Lebensweges begleiten zu können, neuere britische Geschichte hautnah.

Bewertung vom 29.01.2022
Manifesto. Warum ich niemals aufgebe. Ein inspirierendes Buch über den Lebensweg der ersten Schwarzen Booker-Prize-Gewinnerin und Bestseller-Autorin von »Mädchen, Frau etc.«
Evaristo, Bernardine

Manifesto. Warum ich niemals aufgebe. Ein inspirierendes Buch über den Lebensweg der ersten Schwarzen Booker-Prize-Gewinnerin und Bestseller-Autorin von »Mädchen, Frau etc.«


ausgezeichnet

Futter für Herz und Hirn

Nachdem Bernadine Evaristo in 2019 mit ihrem Buch „Girl, Woman, Other“ als erste person of colour den renommierten Booker-Preis gewann, wurde sie auch einem breiteren Publikum bekannt.

Mit „Manifesto“ erzählt sie nun in sieben Kapiteln über ihren Weg bis zu diesem Ereignis und die Leser erfahren, was und wer ihren Weg geprägt und begleitet hat. Und wow, war das spannend und unterhaltsam!

Und auch wenn ich bereits einige Bücher von Evaristo begeistert gelesen habe, hätte ich dieses fast nicht zur Hand genommen. Das lag an dem etwas komischen deutschen Untertitel „Warum ich niemals aufgebe“, was für mich eher nach Lebensratgeber o.ä. klang. Im Englischen lautet der Untertitel es „On never giving up“, was sich eher übersetzt mit „Über das Nicht-Aufgeben“, was einfach einen ganz anderen Ton hat und ich persönlich weitaus passender gefunden hätte.

Die sieben Kapitel sind betitelt nach den unterschiedlichen Einflüssen, Prägungen und Inspirationen wie z.B. „Kindheit/Familie/Herkunft“ oder „Einflüsse/Quellen/Sprache/Bildung“. Dies fand ich eine sehr gelungene Gliederung, weil das Buch nicht linear alle Einflüsse aufzählt und abarbeitet. Stattdessen hat jedes Kapitel wieder seine eigene Chronologie ist aber ganz fokussiert eben auf diese speziell herausgestellten Aspekte.

Es hat mir große Freude bereitet, dieses Buch zu lesen. Das lag zum einem an dem wunderbaren und unterhaltsamen Schreibstil. Zum anderen hatte ich das Gefühl, durch die detaillierten und reflektierten Beschreibungen, Evaristo auf verschiedenen Abschnitten ihres Lebensweges begleiten zu können, neuere britische Geschichte hautnah.

Bewertung vom 29.11.2021
Onkel Dagobert und der Geist der Weihnacht
Barks, Carl

Onkel Dagobert und der Geist der Weihnacht


sehr gut

stimmungsvolle Geschichte - tolle Farben

Wer kennt sie nicht, die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens und deren Hauptperson, den missmutigen und geizigen Ebenezer Scrooge. Eine passendere Vorlage für Onkel Dagobert kann es doch fast nicht geben.

Und so erzählt Carl Barks in wunderschönen Bildern und Farben eben von dieser weihnachtlichen Begebenheit um Donald, seine Neffen und deren grummeligen, aber doch wohl sehr einsamen Onkel Dagobert.

Erschienen ist dieser Comic erstmals 1960, die heutige Ausgabe ist eine Sonderedition und wohl wirklich etwas für Fans und Sammler.

Als "normaler" Leser gibt es lediglich einen Stern Abzug dafür, dass das Buch nicht länger ist. Titel und Coverbild haben mich sofort angesprochen und ich hatte mich auf ein wesentlich längeres und detailliertes Leseerlebnis gefreut, nach 26 Seiten war allerdings schon Schluss, schnief.

Der weihnachtlichen Stimmung tut dies keinen Abbruch. Für Kinder ist es allemal ein schönes (Vor)Leseerlebnis.

Bewertung vom 07.11.2021
Crossroads
Franzen, Jonathan

Crossroads


ausgezeichnet

Franzen ist ein unfassbarer Erzähler, die Figuren sind detailliert und tiefgehend ausgearbeitet, die verschiedenen Erzählperspektiven und -stimmen beweisen eine absolut beeindruckende Akribie und Empathie.
Als Leser_in braucht es etwas Durchhaltevermögen. Aber man wird belohnt mit einer meisterhaften Sprache und einer Erzähltiefe, die man nicht so häufig erfährt.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.11.2021
Freddy und Flo gruseln sich vor gar nix! / Freddy und Flo Bd.1
Kling, Maria

Freddy und Flo gruseln sich vor gar nix! / Freddy und Flo Bd.1


ausgezeichnet

Wir hatten jede Menge Spaß

Am Anfang steht ein Familien-Umzug in einen schönen Kreuzberger Altbau. Nur steht dieser leider direkt neben einem Friedhof und sonderbar sind die neuen Nachbarn auch irgendwie. Aber wie der Titel schon sagt – Freddy und Flo gruseln sich vor gar nix. Und so begeben sie sich zusammen mit ihren neuen Freunden auf die Spur von Hausverwalter Hr Wiesel und decken dessen krummen Machenschaften auf.

Das Buch ist eine wunderbar unterhaltsame Mischung aus Krimi und Gruselgeschichte, an der nicht nur Kinder ihren Spaß haben (werden). Die Figuren sind liebevoll und detailreich beschrieben und die ganze Handlung überzeugt durch Witz und Tempo. Und die wunderbaren Zeichnungen von Astrid Henn sind das i-Tüpfelchen für das vergnügliche Leseabenteuer.
Wir hatten jedenfalls einen großen Spaß beim gemeinsamen Leben und haben uns bestens amüsiert.

Bewertung vom 29.10.2021
Aliens im Spiel
Ackermann, Anja

Aliens im Spiel


gut

Eine Story für Gamer – aber im echten Leben

Die beiden Freunde Samuel und Gunnar verbringen ihre Sommerferien am Computer. Dort spielen sie das Spiel Pirate Port Planet (PPP), erleben Schlachten und Eroberungen. Als sie nach den Ferien der Lehrer Hr Nielas ihre Klasse betritt, erkennen sie in ihm einen Alien. Oder glauben sie das nur? Gemeinsam mit dem Nachbarsmädchen Nelly wollen sie es herausfinden.

Die Konstruktion des Buches hat mich neugierig gemacht: So wechselt die Geschichte immer wieder zwischen der virtuellen Welt von PPP (in grüner Computerschrift) und dem realen Abenteuer auf den Spuren des Aliens Hr Nielas.
Gleichzeitig ist dies wohl auch der Schwachpunkt: Ich persönlich fand es ziemlich verwirrend und teils langatmig. Zumindest mein 8jähriger würde da wohl nicht mitkommen bzw. gelangweilt aussteigen.

Die Comic-Zeichnungen finde ich wirklich klasse und spannend, ein bisschen viele allerdings und auch von daher für ein Buch wieder sehr unruhig.
Gelungen finde ich die Botschaft – es muss nicht immer das virtuelle Abenteuer sein, das echte Leben bietet mindestens genauso viel.

Wie das Buch bei Kindern ankommt, kann ich wirklich schwer einschätzen. Zumindest macht es ein Angebot, den PC mal auszuschalten und dem Buch-Abenteuer zu folgen. Denn auch hier gibts Raumschiffe und Aliens.

Bewertung vom 25.10.2021
Die Enkelin
Schlink, Bernhard

Die Enkelin


weniger gut

Mir leider zu dünne

Kaspar und Birgit sind seit mehr als 20-25 Jahren verheiratet. Sie ist damals aus dem Osten zu ihm in den Westen geflohen. Rückblickend ist fraglich wie nah und vertraut ihr Ehe wirklich war. Nach dem Tod Birgits findet Kaspar umfangreiche Aufzeichnungen, Tagebuch- und Romanfragmente aus denen er erfährt, dass Birgit im Osten ein Kind zurück gelassen hat. Er begibt sich auf die Suche – nach der ihm unbekannten Birgit, ihrer Tochter Svenja und findet dabei seine Enkelin Sigrun.

Das erste Drittel des Romans, in welchem Birgit in Romanfragmenten ihr Leben in der DDR, das Kennenlernen von Kaspar sowie Weg und Ankunft im Westen beschreibt, bildet den starken Teil dieses Buches. Die Innenansicht einer zutiefst zerrissenen und von Zweifeln getriebenen Frau wird beeindruckend empathisch beschrieben. Hier hat mich die Geschichte mitgerissen.

Dann allerdings verfällt der Autor in ein schablonenhaftes Geschreibe: Die Figur von Kaspar bleibt unglaublich eindimensional. Kein Wort verliert er rückblickend über seine Ehe zu Birgit, ihre doch augenscheinliche Unstetigkeit und Getriebenheit. An keiner Stelle bringt er ihr Leben in der DDR in Verbindung mit ihrem offensichtlich unerfüllten Leben im Westen. Als Leserin habe ich mich mehrmals gefragt, was für ein Mann das denn ist, der über Jahrzehnte nicht merkt oder wahrhaben will, wie unglücklich seine Frau ist. Er scheint sich einfach damit arrangiert zu haben.

Zudem findet sich in meinen Augen kein überzeugendes Motiv, warum Kaspar sich nach Birgits Tod so stark in die Familie von Svenja und Sigrun involvieren möchte. Wirklich krass und absolut unglaubwürdig fand ich, wie schnell die Eltern Sigruns sie allein und gleich für mehrere Tage haben zu Kaspar reisen lassen.
Und Kaspars unsägliche Versuche allein durch Kunst, Musik und Kultur Sigrun politisch zu bekehren – oh come on, wie realistisch ist das denn? Zumal die Figur der 14(?)jährige Sigrun hier unterschiedlich glaubwürdig agiert bzw. reagiert. Habe mich gefragt, ob und wann der Autor sich das letzte Mal mit jungen Menschen in diesem Alter unterhalten hat, Sigruns Sprache wirkt jedenfalls nicht authentisch (und damit meine ich noch nicht einmal ihren völkischen Spracheinschlag). Jedenfalls ist mir dieser Ansatz einfach zu simpel gestrickt, eine verquere Lösungsstrategie eines bildungsbürgerlichen Altherren.

Nach dem ersten starken Drittel, der Perspektive von Birgits, wäre es eine so viel spannendere Geschichte gewesen, anschließend aus der Sichtweise von jeweils Svenja und Sigrun über deren Lebenswege zu lesen.

Mein Fazit: Nach einem starken und beeindruckenden Start kann der Rest des Buches nicht überzeugen. Zu viele (schlechte) Klischees, eine wiederholt nicht plausible Dramaturgie und unsympathische unterkomplexe Figuren haben mich extrem genervt.

10 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.10.2021
Wenn ich wiederkomme
Balzano, Marco

Wenn ich wiederkomme


ausgezeichnet

Berührendes Porträt über die unsichtbare (=weibliche) Arbeitsmigration

Eines Tages verlässt Daniela ohne Ankündigung ihre Familie, um in Mailand eine Stelle als 24h-Pflegerin anzunehmen. Künftig will sie so ihre Kinder und ihren Mann unterstützen, die allein in Rumänien zurückbleiben. Erzählt wird diese Geschichte in drei Abschnitten - aus Sicht des Sohnes, der Mutter und der Tochter.

Es gib tatsächlich ein Krankheitsbild, das Mütter entwickeln, die ihre Kinder für lange Zeit bei Verwandten zurücklassen, um im Ausland Jobs als 24h-Pflegerinnen oder Haushaltshilfen anzunehmen. (Auf Italien bezogen wird es als Italienkrankheit bezeichnet.) Allein diese Tatsache finde ich erschütternd. Als Mutter so eine Trennung auf sich zu nehmen – wie viel Verzweiflung und Hoffnung auf ein besseres Leben muss sich dahinter verbergen?

Dieser überwiegend unsichtbaren (Arbeits-)Migration widmet Marco Balzano diesen anrührenden Roman. Und ich bin sehr froh darüber, dass er diesen Menschen eine Stimme, ein Gesicht gegeben hat und ihre Geschichte erzählt. Eine, die sich tagtäglich überall auf der Welt so oder ähnlich zutragen könnte.

Dies war mein erstes Buch von Balzano, aber definitiv nicht mein letztes. Sein Stil hat mich direkt im ersten Kapitel in die Geschichte gezogen. Seine klare Sprache kommt ohne große künstliche Verschnörkelungen aus. Sie besticht durch präzise Beobachtungen und Beschreibungen, die einen einfühlsamen Einblick in das Seelenleben der drei sehr unterschiedlichen Protagonisten gibt.

Ich bin so dankbar für dieses Buch. Es beschreibt auf eindrückliche und einfühlsame Weise, was es bedeutet, aus Armut seine Kinder zurückzulassen, um in einem fremden Land im Verborgenem und unter extremer psychischer Belastung den Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Und was dies gleichzeitig mit den zurückbleibenden Kindern macht.

Bewertung vom 21.09.2021
Eva schläft
Melandri, Francesca

Eva schläft


ausgezeichnet

Eine wunderbare und berührende Geschichte über Familie und Herkunft vor dem Hintergrund italienischer Geschichte. Francesca Melandri war meine diesjährige Autorinnen-Entdeckung.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.09.2021
DAFUQ
Jarmysch, Kira

DAFUQ


gut

Hohe Erwartungen nicht ganz erfüllt

Anja Romanowa, 28, lebt in Moskau und nimmt an einer unerlaubten Demonstration gegen die Korruption in Russland teil. Dafür wird sie mit neun Tagen Arrest bestraft. In der Arrestanstalt, kein Gefängnis, trifft sie in ihrer Zelle auf eine Reihe weiterer Frauen, die dort aus den unterschiedlichsten Gründen ebenfalls einige Tage Arrest absitzen. Diese Frauen stehen für verschiedenste Milieus und Schichten im heutigen Russland. Die Schilderungen der neun Tage Arrest aus den Augen Anjas wechseln ab mit Rückblenden in ihre Jugend/Kindheit und Studienzeit. Hierüber erfahren die Leser_innen mehr über die Person Anja.

Die Geschichte, die einen Einblick in die heutige russische Gesellschaft bietet, hat mich sehr interessiert. Und das Buch versucht hier sicher auch sein bestes, quasi die Arrestzelle als russischer Minikosmos und die Rückblenden für den persönlichen Erfahrungs- und Entwicklungsweg von Anja. Allerdings fand ich es wirklich sperrig zu lesen, was in meinen Augen auch an der etwas unsauberen Übersetzung lag. Allzu oft bin ich an Worten und Formulierungen hängen geblieben, die einfach nicht zur story, den Charakteren oder der Tonalität des Buches passen wollten. Der Schreibstil erschien mir etwas hölzern oder gestelzt, wobei ich nicht sagen kann, wie dies im Original wirkt. Im Deutschen hat es mich eher kalt gelassen. Die Figuren blieben blass und zu eindimensional.

Nun mag Kira Jarmysch vielleicht eher aus dem journalistischen als dem literarischen Schreiben kommen. Wichtig finde ich trotzdem, dass sie mit dem Buch ihrer Generation eine Stimme gibt, die über die Grenzen Russlands hinaus Gehör finden kann. Man muss sich jedoch schon wirklich für das Thema „Russland heute“ interessieren, damit man beim Buch bleibt. Die Übersetzung erleichtert einem das Buch leider nicht.