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murphy12

Bewertungen

Insgesamt 119 Bewertungen
Bewertung vom 01.12.2022
Ein Abend mit Marilyn
Wildner, Maxine

Ein Abend mit Marilyn


weniger gut

Vernichtend

Dieser Roman lässt mich desillusioniert und wütend zurück.
Tatsächlich lässt sich dem Buch nicht entnehmen, ob es biografisch sein und wenigstens teilweise die Realität abbilden soll. Es beschreibt jedoch das Leben und den letzten Geburtstag einer realen Person und deutet damit zumindest an, das wahre Wesen der Schauspielerin einfangen zu wollen. Diese bliebt jedoch während des gesamten Buches farblos, im höchstens Maße naiv und ohne Emotionen. Das Leben wird in Rückblenden erzählt. Hierbei springt das Buch hin und her. Teilweise werden diese Rückblenden ohne einen ernsthaften Zusammenhang durch den allwissenden Erzähler berichtet.
Marilyn Monroe wird darin belogen, betrogen, hintergangen, verletzt und zurückgelassen. Laut Buch gab es in ihrem Umfeld nicht eine Person, die sich ohne Eigennutz um sie gekümmert hat oder ihr auch nur wohlwollend begegnet ist. Marilyn wird vor allem im privaten Umfeld als naiv und ahnungslos dargestellt. Auch hier wird sie lediglich als Sexbombe dargestellt und scheint auch im eigentlichen Sinne keinem anderen Zweck zu erfüllen. Das mag so gewesen sein- dafür fehlen jedoch die Quellenangeben.
Insgesamt wird ein düsteres Bild gezeichnet, bei dem ich nur hoffen kann, dass es nicht die ganze Realität abgebildet hat. Marilyn selbst bleibt hierbei sehr eindimensional. Es fällt mir schwer zu glauben, dass sie tatsächlich ausschließlich ihren Körper eingesetzt hat, um Menschen in ihrem Umfeld aufzufallen und darüber hinaus weder nette Eigenschaften noch eigene Vorstellungen hatte. Ihr Wesen konnte der Roman weder darstellen noch beleuchten.
Zudem scheint dem Lektorat einiges durchgegangen zu sein. Bereits dem Klappentext ist die fehlerhafte Formulierung zu entnehmen: „Während die illustre Gesellschaft auf Marilyn wartet, lässt sie in Geschichten und Erzählungen das Leben des Weltstars vor uns erstehen.“ Hier wäre wohl eher das Verb entstehen passend gewesen. Solche fehlerhaften Begrifflichkeiten habe ich auch im Buch gefunden.
Ich rate von diesem Buch ab und vergebe 2 von 5 Sternen, da es einfach runtergelesen werden konnte.

Bewertung vom 01.12.2022
Der Sturm
Harper, Jane

Der Sturm


sehr gut

Was passierte während des Sturms?

Diese Autorin war mir schon bekannt, deshalb habe ich mich auf diese Neuerscheinung gefreut. Die Wortwahl und der Schreibstil gefallen mir auch in diesem Buch. Die Charaktere sind gut gezeichnet und verhalten sich nachvollziehbar und realistisch. Die Geschichte kommt ohne Verfolgungsjagten, besonders grausame Gewaltdarstellungen, blutige Tatorte oder eine ständige Gefahr für die Hauptpersonen aus. Ich habe es dennoch als spannendes Buch empfunden, welches eine Sogwirkung auf mich ausgeübt hat und das ich nicht aus der Hand legen wollte.
Kieran kommt mit Partnerin Mia und Baby Audrey zurück in sein Elternhaus, da er seinen Eltern beim Umzug helfen möchte. Sein Vater ist dement. Die Krankheit ist so stark fortgeschritten, dass seine Mutter die Pflege nicht mehr alleine schaffen kann. In seinem Heimatort trifft er alte Schulfreunde, zu denen er den Kontakt fast verloren hat. Nun leben diese Beziehungen wieder auf.
Kurz nach seiner Rückkehr wird eine Studentin, die auch die Mitbewohnerin einer alten Freundin von Kieran ist, tot am Strand aufgefunden. Ermittlungen werden durch die Polizei aufgenommen. Zudem spielt auch ein besonders starker Sturm vor 12 Jahren eine Rolle, in dem Kieran aus einer Unachtsamkeit in Lebensgefahr geriet. Sein älterer Bruder Finn und dessen Freund Toby wollten ihn mit ihrem Boot retten und sind dabei ums Leben gekommen. Ebenfalls während dieses Sturms ist ein Mädchen verschwunden, die 14 jährige Gabby.
Kieran gibt sich die Schuld am Tod seines Bruders und dessen Freund. Auch andere, wie z.B. seine Eltern, geben ihm -teilweise unverhohlen- die Schuld an dem Unglück.
Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Der Tag des Sturms vor 12 Jahren wird in Rückblenden erzählt. Die Geschichte spielt jedoch überwiegend in der Gegenwart. Der aktuelle Mord und auch der Verbleib des Mädchens nach dem Sturm vor 12 Jahren werden in dem Buch zwar behandelt, bilden jedoch nicht den Schwerpunkt der Geschichte. Kieran versucht vielmehr seinen Platz im Leben zu finden und seiner –auch selbst empfundenen- Schuld zu begegnen.
Ich wurde gut unterhalten und gebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 18.11.2022
Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit
Pulley, Natasha

Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit


gut

Zeitreisen

Das Buch hatte mich durch den Titel, das Cover und das Thema Zeitreisen direkt angesprochen. Auch der Schreibstil und das Setting empfinde ich als sehr angenehm. Die Grundidee, dass in der Nähe eines Leuchtturms sich ein Zeitportal befindet, das einen Übergang schafft in eine Zeit im Abstand von 100 Jahren, empfinde ich als stimmig und gut gewählt. Ein Leuchtturm an sich hat für mich das Potential für etwas übernatürliches.
Die Geschichte wird durch einen allwissenden Erzähler vorgetragen. Hiervon profitiert der Leser jedoch kaum, da er an vielen Stellen im Unklaren gelassen wird. Zudem weist die Geschichte Logiklücken auf, die teilweise nicht weiter kommentiert oder aufgeklärt werden. Ich möchte hier nicht spoilern, deshalb nur so viel: Die Schildkröten- Aktion konnte ich mir nicht plausibel machen.
Dieses Mysteriöse und die Hauptperson Joe mit Gedächtnisschwund und Halluzinationen nahm insbesondere im ersten Abschnitt für meinen Geschmack deutlich zu viel Raum ein. Hier hätte ich das Buch- obwohl ich die Erzählweise und den Schreibstil als sehr angenehm empfunden habe- fast abgebrochen. Durch diesen gewählten Schwerpunkt kam ich schlechter in die Geschichte hinein und war auch oft eher genervt. Die Autorin konnte hier leider ihr Potential nicht voll ausschöpfen. Die Umsetzung der Idee war für mich leider nicht ganz stimmig (auch nicht unter Berücksichtigung der Logik der Geschichte) und auch die Auflösung konnte mich am Ende nicht ganz überzeugen.
Ich habe das Gefühl, dass hier etwas Mystisches und Unheimliches einfach dadurch geschaffen werden sollte, dass der Leser schlicht im Unklaren gelassen wird. Weshalb die Figuren aus der Logik der Geschichte heraus jedoch so verschwiegen gegenüber Joe waren, erschließt sich mir leider nicht in Gänze.
Auf Grund des herausragenden Schreibstils und der Hauptfiguren, die mir trotz der geschilderten Widrigkeiten ans Herz gewachsen sind, gebe ich eine eingeschränkte Leseempfehlung und 3 Sterne.

Bewertung vom 09.11.2022
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


ausgezeichnet

über Generationen: Einmal Bergmann, immer Bergmann

In diesem Buch wird die Geschichte der Familie Steiner über 5 Generationen, die Entwicklung des Bergbaus im Bereich Schneeberg/ Bad Schlema und die deutsche Geschichte über einen Zeitraum von 1908 bis 2019 dargestellt.
Der Schreibstil ist ruhig und klar. Mit leisen und eindringlichen Worten werden das Leben und die Lebensumstände der Familie Steiner beschrieben, die im Meißnischen Erzgebirge bei Schneeberg leben. Diese Erzählung umfasst die Jahre 1908 bis 2019 und wird linear aufgebaut, wobei zwei Erzählstränge genutzt werden. Diese werden abwechselnden in Kapiteln weitererzählt. Im Abschnitt über das Jahr 2019 ist Luisa die Hauptperson, die ein enges Verhältnis zu ihren Eltern und Großeltern, sowie zu ihrer Großtante hat. Auch sie arbeitet im Berg. Sie ist Vermessungstechnikerin bei der Wismut GmbH und macht zudem ehrenamtliche Führungen durch das Schaubergwerk in Bad Schlema. Sie gehört zu einer Familie von Bergmännern.
Der 2. Erzählstrang erstreckt sich von 1908 bis 1989. Er ist chronologisch aufgebaut und beschreibt das Leben der Bergmannfamilien im Wandel der Zeit. Jede Generation der Familie Steiner hat mehrere Bergleute hervorgebracht, die die gefährliche Arbeit verrichten und lieben.
Diese Grundeinstellung der Familie ist klar und deutlich herausgearbeitet. Das Buch orientiert sich an den tatsächlichen örtlichen und geschichtlichen Gegebenheiten und hat mich in seiner ruhigen Erzählweise, in der auch der Tod einzelner Familienmitglieder fast nebenbei erwähnt wird, sehr berührt. Es erscheint mir realistisch dargestellt, da sich die Menschen in einer harten Zeit zu viele Emotionen nicht leisten konnten.
Ich habe dieses Buch gerne gelesen und gebe für dieses historisch korrekte und eindringliche Werk eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 28.10.2022
Die Rückkehr der Kraniche
Fölck, Romy

Die Rückkehr der Kraniche


ausgezeichnet

Heimat und Geheimnisse

Ich habe bisher einige Krimis dieser Autorin gelesen und war neugierig auf ihr neuestes Werk- diesmal im Bereich Belletristik. Von Beginn an war ich begeistert von den Beschreibungen der Natur im Allgemeinen und der Marsch im Besonderen. Die Autorin hat die Stimmung des Ortes meisterlich eingefangen und mich in diese Umgebung versetzt, ohne zu viele Worte darauf zu verwenden. Sie bindet diese Beschreibungen in die Geschichte ein, gewichtet sie zwar deutlich, aber sie wirkt auf mich weder überfrachtet noch aufgesetzt.
Die 4 Frauen, die die Hauptcharaktere dieser Geschichte bilden, sind eine Familie. Wilhelmine ist das Oberhaupt der Familie und die Oma. Sie lebt zusammen mit ihrer Tochter Grete im alten reetgedeckten Haus der Familie in der Marsch. Freya ist die jüngere Tochter von Wilhelmine. Sie hat sich von ihrer Familie distanziert, lebt in Berlin und arbeitet in ihrer sehr erfolgreichen Firma. Sie hat keine eigene Familie, jedoch einen starken Kinderwunsch. Anne ist die Tochter von Grete. Sie kennt ihren Vater nicht, studiert in Bremen und hat ein enges Verhältnis zur Tante und zur Oma- das Verhältnis zu ihrer Mutter kriselt jedoch. Jede Frau hat einen eigenen starken Charakter, eigene Probleme und eigene Geheimnisse, die sie jedoch den anderen offenbaren möchte- jedenfalls zeitweise. Die verschiedenen Charaktere werden gut herausgearbeitet. Die Personen wirken auf mich stimmig und interessant. Obwohl das Buch natürlich keinen Spannungsbogen im eigentlichen Sinne hat, kam ich von der Geschichte nicht mehr los, sondern beim Lesen zur Ruhe.
Es war wie ein Urlaub für die Seele, auch wenn es sich nicht um einen Feel- good-Roman handelt. Das Spannungsgeflecht zwischen den Frauen und die Bemühungen zu einem „wir“ als Familie zurückzukommen, ohne ein großes Augenmerk auf eine neue Liebe zu legen, hat mir ausgesprochen gut gefallen.
Deshalb gebe ich eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.10.2022
Frau mit Messer
Byeong-mo, Gu

Frau mit Messer


sehr gut

Auftragsmörderin im Rentenalter

Die Autorin Frau Gu Byeong- Mo ist Südkoreanerin. Ich habe bislang noch nichts von ihr gelesen. Ihr Buch spielt auch in Südkorea. Einige Begegnungen, die hier beschrieben werden, kommen mir unrealistisch vor, allerdings kenne ich mich auch mit den Gebräuchen und Verhaltensweisen der Südkoreaner gar nicht aus. Irritiert hat mich beispielsweise die Szene in der U-Bahn bei der ein älterer Herr eine junge Frau dazu bewegen wollte, ihm ihren Sitzplatz zu überlassen und ihr dabei aggressiv gegen den Kopf getippt hat. Da ich es leider nicht einschätzen kann, ob so eine Szene realistisch ist, habe ich mich dazu entschlossen dieses als gegeben hinzunehmen. Hierdurch brauchte ich jedoch etwas Anlauf, um in das Buch zu finden.

Die Hauptakteurin ist Hornclaw- eine Frau in den sechzigern, die trotz einsetzender körperlicher Schwächen, als Auftragsmörderin agiert. Der Aufbau der Geschichte ist glaubwürdig und nachvollziehbar. Für mich war es gut dargestellt, wie Hornclaw zu diesem Beruf kam und weshalb sie ihn weiterhin ausübt. Die Darstellung war für mich im besonderen Maße dadurch mit Leben gefüllt, dass Hornclaw ihre körperlichen Einschränkungen kennt, benennt und diese bei der Planung ihrer Aufträge mitberücksichtigt. Auch wird klargestellt, dass sie weniger Aufträge als früher übernimmt und auch leichtere Aufträge erhält. Sie lebt allein mit einem Hund und hat weder Freunde noch eine Familie. Teilweise kam sie mir verbittert vor, teilweise zufrieden. Ihr Leben wird auch in Rückblenden erzählt. Die Erzählweise ist ruhig und klar. Mit hat das Buch gut gefallen.

Bewertung vom 16.10.2022
Neubeginn im kleinen Strickladen in den Highlands / Der kleine Strickladen Bd.4
Oswald, Susanne

Neubeginn im kleinen Strickladen in den Highlands / Der kleine Strickladen Bd.4


gut

Verrutscht ins rosarot
Ich muss leider sagen, dass ich von diesem Buch enttäuscht bin. Es handelt sich um den vierten Band der Strickladen in den Highlands- Reihe. Ich kenne alle Vorbände. Besonders der Wintertee im kleinen Stricklanden in den Highlands hatte mich überzeugt. Ich habe mich auf ein Wiedersehen mit den altbekannten Charakteren gefreut.
In diesem Teil geht es hauptsächlich um Amely und Peter. Der Schreibstil ist tatsächlich auch gleichgeblieben. Missfallen hat mir jedoch, dass auch kleinste Probleme hochgespielt werden, die Protagonisten sich gegenseitig in den Himmel loben und der Gelobte dann „bescheiden“ abwinkt. Es scheinen wirklich viele Meister in ihrem Fach ausgerechnet in diesem kleinen Dorf in den Highlands gestrandet zu sein. Die Figuren in diesem Teil scheinen ausschließlich in Extremen zu leben. Alles, das ihnen wiederfährt ist bombastisch, oder entsetzlich. Das hatte mich beim Lesen ermüdet. Ein neues Auto, das seinen Besitzer von A nach B bringt, ist für mich beispielsweise normal. Hier wird es jedoch positiv hervorgehoben, wie viel Glück man beim Kauf hatte, dass man so ein tüchtiges Fahrzeug erworben hat. Oft grenzte das Buch für mich an Kitsch. Zwischendurch blitze zwar kurz auch die schöne Atmosphäre der Vorgängerbücher auf, das hielt jedoch leider nie lang an.
Deshalb habe ich das Buch eher langsam gelesen und war auch versucht, es ganz zur Seite zu legen. Wirklich sehr schade, da ich die Reihe mochte…

Bewertung vom 04.10.2022
Der Aufstieg - In eisiger Höhe wartet der Tod
McCulloch, Amy

Der Aufstieg - In eisiger Höhe wartet der Tod


ausgezeichnet

Lebensgefahr auf dem Manaslu

Dieses Buch hat mich durch das Cover wie magisch angezogen. Dennoch oder gerade deshalb habe ich zunächst gezögert, denn auf ein schönes Cover bin ich schon oft hereingefallen. Hier jedoch konnte mich der Thriller vollständig überzeugen.
Die Autorin hat Erfahrung im Bergsteigen und bestieg selbst diesen Achttausender. Davon profitiert dieser Thriller ungemein. Der Aufstieg an sich und die Gefahren beim Bergsteigen werden eingängig und realistisch geschildert. Davon wird der Thriller getragen und hiervon wurde ich ergriffen und mitgezogen. Es ist vergleichbar mit dem Film „Everest“. Schonungslos und nachvollziehbar werden die Beweggründe geschildert, diesen Berg zu besteigen. Auch die Selbstzweifel, der Mut und der Stolz auf die eigene Leistung. Die Verbundenheit unter den Menschen im Bergsteigerteam. Die Leistung der Sherpas, die Aussicht, das Wetter und die Anstrengung waren plastisch.
Gleichzeitig ereignen sich Todesfälle im Zusammenhang mit dem Aufstieg. Das ist für sich genommen nicht ungewöhnlich, doch beschleicht die Journalistin und Hauptfigur Cecily ein ungutes Gefühl und sie beginnt zeitweise Nachforschungen anzustellen. Allerdings wird sie natürlich auch von dem Aufstieg und den Vorbereitungen hierfür, sowie vom Manaslu in Anspruch genommen.
Die Autorin versteht es meisterlich diese beiden Stränge zu verbinden und zu verknüpfen, so dass sie einander tragen und vorantreiben, ohne voneinander abzulenken. Die letzten 80 Seiten habe ich in tiefster Nacht lesen müssen.
Das war richtig gut! Herzlichen Dank! Deshalb spreche ich eine volle Leseempfehlung aus!

Bewertung vom 01.10.2022
Ein Kind namens Hoffnung
Sand, Marie

Ein Kind namens Hoffnung


sehr gut

Vergangenheitsbewältigung

Der Roman spielt über weite Strecken zur Zeit des drittes Reichs und der Nachkriegszeit in Deutschland.
Elly ist eine Köchin und Haushälterin in Berlin. Sie ist in Anstellung bei der jüdischen Familie Sternberg. Dort nimmt sie am Familienleben teil und ist mit Sara Sternberg befreundet. Auch kümmert sie sich um den Sohn der Familie: Leon. Er ist sechs Jahre alt, als seine Eltern deportiert werden und Elly ihn aus der Verzweiflung heraus als ihren Sohn ausgibt. Sie kehrt mit ihm in ihr Elternhaus nach Bonn, muss jedoch erkennen, dass die beiden auch dort nicht sicher sind.
Die Ohnmacht und die Hilflosigkeit in dieser Zeit sind greifbar und gut herausgearbeitet. Ich gehe davon aus, dass sich genauso die Menschen gefühlt haben müssen, die wussten, was vor sich geht. Die Erkenntnis, dass das Regime unter Hitler insgesamt menschenverachtend ist und auch vor dem „eigenen Volk" nicht Halt macht, muss erschreckend gewesen sein. Dadurch drängt sich die Frage auf, was man tun kann und wie viele man retten kann. Dieser Roman schildert realistisch, dass auch den Helfenden geholfen werden muss, damit es gelingen kann. Es war eine sehr gefährliche Zeit und Widerstand wurde in keiner Form geduldet.
Der Roman ist ausdrucksstark und mit viel Gefühl geschrieben. Es ist der Autorin gelungen, das Grauen darzustellen, ohne ihm übermäßige Macht und Raum zu gewähren. Das hat mir gut gefallen.
Die Hauptfigur Elly ist keine reine Heldin. Auch das gefällt mir gut, denn es zeigt realistisch, dass sie auch nur ein Mensch ist und ihre Kraft und ihre Möglichkeiten begrenzt sind. Sie kann nicht zu jeder Gelegenheit einen Trumpf aus dem Hut zaubern. Sie ist ebenso auf anderen angewiesen, wie alle andere auch. Dennoch wagt sie immer wieder einiges, um Menschen (nicht nur ihre Familie) zu helfen. Dabei scheitert sie jedoch auch und manchmal reicht ihre Kraft nicht und deshalb lässt sie andere auch im Stich.
Das ist tieftraurig, aber so tritt ihre Leistung auch deutlicher hervor. Sie hatte nur eine Mission in 20 Jahren: rette Leon und ermögliche ihm einen Platz im Leben. Daran hält sie fest und dieses Ziel verfolgt sie gegen jeden Widerstand.
Ich gebe eine Leseempfehlung für dieses starke Buch.

Bewertung vom 29.09.2022
Sturmrot / Eira Sjödin Bd.1
Alsterdal, Tove

Sturmrot / Eira Sjödin Bd.1


gut

Ruhige Ermittlungen
Dieses Buch ist der Auftakt der Trilogie über die Ermittlerin Eira Sjödin.
Der Einstieg in den Krimi ist gut gewählt. Olof besucht nach 14 Jahren eher zufällig wieder sein Elternhaus. Aus einer Laune heraus geht er ins Haus und findet seinen toten Vater dort in der Dusche. Hierdurch beginnen Ermittlungen zur dessen Todesursache. Olof gerät selbst zunächst unter Verdacht, seinen Vater ermordet zu haben, da er vor 14 Jahren einen anderen Mord gestanden hatte. Auch dieser ältere Mord wird erneut beleuchtet.
Besonders die Naturumschreibungen am Anfang des Buches haben mich direkt in das Setting gezogen. Die Beschreibungen sind sehr detailliert, so dass der Blick auf die Landschaft liebevoll wirkt. Schreibstil und Wortwahl sind eher hochwertig und dadurch besonders ansprechend gestaltet. Der Krimi kommt auch überwiegend ohne Schimpfworte, Slang und ohne blutige Details aus. Das hat mir gefallen. Insgesamt muss ich aber auch leider sagen, dass die Geschichte sich stellenweise, eben durch diese detailgetreue Beschreibungen, zog. Immer wieder werden Nebensächlichkeiten intensiv beleuchtet und Nebenstränge, wie die demenzerkrankte Mutter der Ermittlerin Eira Sjödin, die von Eira betreut wird, verfolgt. Diese Erzählweise führt dazu, dass die Geschichte nie richtig in Fahrt kommt. Täter werden eher nebenbei enttarnt und sind dann geständig. Es kommt weder zu aktuellen Bedrohungslagen, noch zu Verfolgungsjagten oder Gefahrensituationen. In sich ist das Buch sehr ruhig aufgebaut. Eine besondere Spannung konnte ich nicht entdecken.
Insbesondere die Hauptperson Eira ist schön ausgearbeitet und bietet weitere Ausbaumöglichkeiten, jedoch konnte dieser Umstand alleine die fehlende Spannung nicht wettmachen.