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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
katharina.51
Wohnort: 
Kaiserslautern

Bewertungen

Insgesamt 62 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2021
Eis. Abenteuer. Einsamkeit
Löwenherz, Richard

Eis. Abenteuer. Einsamkeit


sehr gut

"Meine Sehnsüchte haben mich hierher geführt, und sie werden mich auch weitertragen", sagt der Autor Richard Löwenhherz.
Was für ein Name! Es überfallen einen die Vorstellungen von Mut, Wagemut, Kampfgeist, Tatkraft, Stärke, unglaubliche seelische und körperliche Stärke.
Alles das hat er, der Richard Löwenherz, der mutterseelenalleine auf seinem
schwer bepackten Fatbike, ohne High-Tech Ausrüstung durch die menschenleere Welt der winterlichen Tundra bis weit nördlich des Poarkreises durch Sibirien radelt.
Wenn man fragt, wie er er diese Strapazen aushält, nicht aufgibt, antwortet der Autor, dass es die Begeisterung für etwas Neues ist, die ihn antreibt, und ein Ziel aus eigener Kraft zu erreichen.
An seiner Reise lässt uns der Autor teilhaben durch seine Beschreibung der Erlebnisse, die er mit Land und Leuten hat und durch die betörend schönen
Fotografien in dem besonderen Licht des Nordens.

Bewertung vom 25.08.2021
Rochade
Tötschinger, Reinhard

Rochade


sehr gut

Das Gemälde, die Malkunst von Jan Vermeer aus dem 17. Jahrhundert wird durch seine Licht- und Schattenmalerei als Meisterwerk verstanden. Sein
Motiv wird als Allegorie der Kunst gesehen.
Genau so zeigt der Autor in seinem Roman auf die Licht- und Schattenseiten
von Kunst und Kunstbetrieb im Zusammenhang mit der Politik, hier im speziellen mit der österreichischen Politik.

Professor Clemens Hartmann, international anerkannter Restaurator, lehrt
an der Kunstuniversität und ist selbst auch bildender Künstler. Zu seinem Leidwesen ist er der Enkel von Hitlers Berater in Sachen Kunst.
Man hat Professor Hartmann die Restaurierung des ungemein wertvollen Gemäldes "die Malkunst" übertragen, da gerade er dafür der am meisten geeignete Mann ist.
Doch er gerät in eine Zwickmühle. Er braucht eine gewisse Zeit um dieses
Bild, dem ein Attentat widerfahren war, nach den Regeln der Kunst wieder herzustellen.
Doch der junge österreichische Kanzler will dieses Werk unbedingt in seiner
Amtsstube im Bundeskanzleramt hängen haben und zwar bald.
Es wird ein Ultimatum ausgesprochen.
Wie wird Clemens dieses Problem lösen? Entscheidet er sich für die Kunst oder die Politik, oder findet er einen anderen Weg?

Mit feinsinnigem, trockenen Humor und Ironie läßt der Autor uns teilhaben
an den Gedanken von Clemens über Politik, Gesellschaft, Kunst und Kunstbetrieb und über das Leben im Allgemeinen.
Das Buch ist gut zu lesen und wenn man dabei das
"Raunzen und Granteln" der Wiener im Ohr hat, ist es um so charmanter.
Es ist vielleicht etwas langsam, so wie der Deutsche sich den Wiener eben vorstellt, trotzdem ist es spannend und das Thema äußerst interessant.

Bewertung vom 24.07.2021
Auszeit
Lühmann, Hannah

Auszeit


ausgezeichnet

Henriette, eine junge Frau, ist mit ihrer Dissertation hoffnungslos im Rückstand, nichts kriegt sie mehr auf die Reihe. Sie hat Schwierigkeiten sich
zu entscheiden, ihr ist bewußt, dass nach jeder Entscheidung das Leben
einen anderen Verlauf nehmen kann.
Zum Glück hat sie ihre Freundin Paula, die sie bewundert, weil die sich anscheinend selbst genug ist.
Mit ihr geht sie für eine Auszeit in eine einsame Hütte im Bayerischen Wald.
Sie hatte gehofft, dass der Aufenthalt in der Einfachheit dieser Hütte, eine Reduktion auf das Wesentliche, ihr helfen würde, doch das innere Chaos
ist immer das gleiche, wohin sie geht. Die unendliche Anstrengung die es
kostet, die einfachsten Dinge zu tun und das nicht nur einmal, sondern
immer wieder, jeden einzelnen Tag stürzt sie in Verzweiflung und Hoffnungs-
losigkeit.
Mir fehlt auf elementare Weise der innere Antrieb, sagt Henriette.
Doch dann geschieht das Unglaubliche!

Mir hat das Erstlingswerk von Hannah Lühmann ausnehmend gut gefallen!
Diese präzise und intelligente Reflexion der Gedanken und Gefühle, die Beschreibung des Leidens an sich selbst hat mich begeistert
Man vermutet nur allzu leicht Autobiographisches.

Im Umschlag des Buches erkenne ich den Wald, von dem im Buch die
Rede ist, in den man noch Weiteres hinein interpretieren könnte, wie z.B.
die verzweigte Düsternis der Seele, durch die ein heller Schein der Hoffnung,
der Veränderung, scheint.
Vielleicht ist er auch nur einfach passend und schön.

Sehr, sehr empfehlenswert!!!

Nachbemerkung: Nicht nur die auf dem Cover beschriebene Generation kennt diese Träume und Ängste.

Bewertung vom 07.06.2021
Im Reich der Schuhe
Wise, Spencer

Im Reich der Schuhe


gut

Anfangs fand ich das Buch spannend, ich war höchst interessiert, etwas zu erfahren, über das Innere des Neuen China und die darin noch wirksamen Relikte des Alten China.
Meine Erwartungen wurden belohnt.

Das Buch hat mir gefallen, bis zu dem Punkt, wo der Protagonist Alex anfängt,
sich vermehrt Ausdrücken der Fäkalsprache zu bedienen, Beispiel von S.310
"...und alle waren scheiße glücklich."
Was soll das heißen?, klingt es im Amerikanischen weniger primitiv?
Spricht Alex so, oder der Schrifsteller selbst?
Mich hat es gewaltig "abgeturnt" und ich habe dadurch leider mit einer anderen Haltung dem Autoren gegenüber das Buch weitergelesen.
Die Liebe war erloschen.

Am meisten an dem Buch hat mir der Einblick in das moderne China gefallen. In das, was sich oft hinter dem ausdruckslosen Lächeln und der
berechnenden Höflichkeit der Oberen verbirgt. Einblick in den krassen
Gegensatz der glitzernden Megastädte zu dem Elend der Landbevölkerung.
Einblick in die Korruption und Willkür eines Systems, das nicht den leisesten
Hauch von Demokratie zulässt.
Alle haben Angst, jeder Bürger ist ein Feind.

Das Cover des Buches hat mir sehr gut gefallen, wie fast immer bei Diogenes,
egal, ob es für mich einen erkennbaren Zusammenhang mit dem Text hat, oder nicht.
Kunst ist fast immer ein Genuss.

Bewertung vom 12.05.2021
Dein ist das Reich
Döbler, Katharina

Dein ist das Reich


ausgezeichnet

Vertreibung aus dem Paradies

In ihrer Jugend empfindet die Autorin ihre Familie als "heillos, süchtig, unberechenbar und immer irgendwie auf der Flucht". Sie will wissen warum und woher das kommt. Sie macht sich auf, die Geschichte der Familie zu erforschen und aufzuschreiben. Ihr stehen Berichte, Aufzeichnungen, Fotografien, Dokumente und Erzählungen aus zweiter Hand zur Verfügung.

Ihre beide Großeltern waren für die christliche Mission in Kaiser-Wilhelms-Land tätig, einer deutschen Kolonie vor dem ersten Weltkrieg, bis sie während des zweiten Weltkriegs das Land verlassen mussten und nie mehr zurückkehrten.
Danach war ihr Leben in der deutschen Provinz und das Leben ihrer Kinder überschattet von der Erinnerung an eine "Welt, die fern und groß ist
hinter dem Horizont, wo alles bunter und gefährlicher ist als daheim, wilder und schöner". Sie haben die Vertreibung aus dem Paradies erlebt, die ihre Spuren hinterlassen hat, besonders bei der Mutter der Autorin, die selten aus ihrem "Neuguinea-Nebel" aufgetaucht ist, wie sie schreibt.
Ein herzzerreißendes Ende mit dem Fazit: "Die Liebe ist wie ein scharfes Messer, das dir das Herz in zwei Hälften teilt".

Die Autorin schreibt in einem Stil, den man als "poetische Lakonie" bezeichnen könnte. Ihr Anliegen ist es nicht, die damaligen Verhältnisse in der Mission, oder die Weltpolitik zu kritisieren; sie läßt ihre Meinung in feiner
Ironie und Sarkasmus im Laufe des Textes aufblitzen.
Es ist ein ganz und gar persönliches Buch und wer genaueres über die Neuguinea-Mission erfahren möchte, kann sich in unzähliger anderer Literatur informieren. (z.B. Friedenskind, Don Richardson)

Das Buchcover hätte ich mir in den grünen Farben und Formen des Urwalds von Neuguinea gewünscht, oder als eines der beschriebenen schwarz-weiß
Fotografien der damaligen Zeit.

Bewertung vom 14.03.2021
Sie haben mich nicht gekriegt
Kucher, Felix

Sie haben mich nicht gekriegt


gut

Zwei Frauenschicksale im 20. Jahrhundert
Orientiert am Geschehen der Zeit, erzählt der Autor aus dem Leben zweier Frauen, die sich nur flüchtig begegnet sind und im eigentlichen Sinne nichts miteinander zu tun haben.

Er beginnt 1902 in ihrer Kindheit, schreibt über die zwanziger Jahre, in denen sich viele Paradigmen ändern und endet 1949. Eine kleine Anmerkung über das Jahr 1981 schließt das Buch ab.

Er wechselt in kurzen Sequenzen vom einen Leben in das andere. Warum er gerade diese beiden Frauen nebeneinander stellt erklärt, er nicht.
Man findet beide Personen in Kurzbiographien bei Wikipedia erwähnt.



Tina Modotti stammt aus Norditalien, wo sie in größter Armut aufgewachsen ist. Sie hat Verachtung und Ausbeutung der Armen kennengelernt, was den Grundstein gelegt haben mag für ihr Interesse an der kommunistischen Idee.
Sie geht nach Amerika, wo sie als Fotografin im Kreis der Boheme lebt, mit der Bewegung der internationalen Arbeiterrevolution in Berührung kommt und darin ihre Lebensaufgabe findet. Sie geht überall hin wo sie hingerufen
wird, von Mexico über Russland, Frankreich und in die grausamen Schrecken
des spanischen Bürgerkriegs.


Marie Rosenberg, Jüdin aus Fürth übernimmt die Buchhandlung ihres Vaters, erweitert und modernisiert sie mit großem Erfolg. Die Zeit des Nationalsozialismus unter Hitler bricht an und wie viele andere gebildete assimilierte Juden glaubt Marie nicht an die heraufziehende Gefahr. Erst als es nicht mehr anders geht, schafft sie es noch auf ein Schiff nach Amerika.
In New York folgt sie ihrer Leidenschaft, den Büchern, baut eine deutsche Buchhandlung auf und einen Verlag für deutsche Literatur.
Sie ist so erfolgreich, dass man ihr 1966 das Deutsche Bundesverdienstkreuz verleiht.

Gerade diese ständigen kurzen abrupten Wechsel von einer Person zur anderen haben mir nicht gefallen.
Sie haben mir nicht die Zeit gelassen, mich in eine der Person einzufinden, zumal die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden Frauen zu kurz kommt.
Sie bleiben etwas flach, kühl und distanziert.

Bewertung vom 26.02.2021
Nächstes Jahr in Berlin
Seeberger, Astrid

Nächstes Jahr in Berlin


ausgezeichnet

Die Mutter der Autorin lebt ein Flüchtlingsleben, sie hat sogar ein "Flüchtlingsgesicht", schreibt Astrid Seeberger. Man sieht das Vertriebensein, den Verlust der Heimat, den Verlust des früheren unbeschwerten Lebens, den Verlust von Haus und Familie in ihrem Gesicht, bis in den Tod.

Ihre Tochter, die sich eine neue Heimat in Schweden gesucht hat, kehrt zurück, um nach dem Tod der Mutter ihren Nachlass zu regeln und sie zu begraben.

Währenddessen lässt sie ihr eigenes Leben Revue passieren, das Leben ihrer Kindheit mit den Eltern und das Leben ihrer Mutter, von deren tiefsten Schmerzen sie wenig weiß, nur ahnen kann, weil da immer eine Scheu war zu
fragen, darüber zu reden. Man fürchtet, den Schmerz der Mutter nicht ertragen zu können, wenn man zuviel darüber weiß.
Immer lag eine Schwere über dem Leben der Tochter, von der sie jetzt nach dem Tod der Mutter frei ist und befreit.

Gleichzeitig mit dem Leben der Mutter wird ein Stück deutscher Geschichte beschrieben, das Vorkriegsleben einer Offiziersfamilie, die Flucht vor den russischen Soldaten und das Weiterleben nach dem 2. Weltkrieg von einem Teil der Familie in Ostdeutschland und einem Teil im Westen.
Dabei tritt das Leben des Großvaters, einer ungewöhnlichen Person in das Licht des Geschehens.

Die Schriftstellerin Astrid Seeberger ist eine wahre Schriftstellerin!
Ihre Sprache ist reflektiert, poetisch, dicht und man spürt hinter jedem Satz das tiefe Wissen eines Menschen, der das Leben kennt, die Menschen und den
Schmerz.
Ich bin begeistert von diesem Werk, ich würde es unbedingt in jede Bibliothek dieser Welt stellen!

Bewertung vom 07.02.2021
Das achte Kind
Grabovac, Alem

Das achte Kind


gut

Smilja, geb. 1949 wächst im sozialistischen Jugoslawien Marschall Titos, in größter Armut auf. Sie geht wie viele andere auch als Gastarbeiterin nach Deutschland. Da sie den falschen Mann geheiratet hat, einen Säufer und Ganoven auf den sie sich nicht verlassen kann ist, sie gezwungen ihr Kind schon sechs Wochen nach der Geburt in eine deutsche Pflegefamilie zu geben.
Das war ein große Glück für Alem, der wie ein eigenes Kind, "das achte Kind" der Familie aufgenommen, behandelt, geliebt und erzogen wurde.
Man weiß nicht was aus ihm geworden wäre, wäre er bei der leiblichen Mutter und deren Lebensgefährten geblieben, der wiederum ein Säufer war und ein Schläger noch dazu.
Alem hat zwei Welten kennengelernt, zwischen denn er hin und her pendeln mußte. Durch die Liebe, das Angenommensein, die Verlässlichkeit und die Nestwärme, die er bei der Pflegefamilie erfahren und als deren Kind er sich auch gefühlt hat, konnte er das alles ertragen, einordnen und problemlos wegstecken.

Den Eindruck hat man jedenfalls, da der Autor uns nichts weiter dazu sagt.
Seine Gefühlsauslotungen und Reflexionen bleiben dem Leser versagt.

Warum hat er sein Buch einen Roman genannt? Es scheint die Beschreibung
seiner eigenen Kindheit und Jugend zu sein, ohne jede Fiktion.

Das Buch liest sich einfach, leicht und schnell.
Meiner Meinung nach wäre es ausgezeichnet als Schullektüre zu empfehlen.

Bewertung vom 21.11.2020
Teatime mit Lilibet
Holden, Wendy

Teatime mit Lilibet


gut

Marion Crawford wurde die Lehrerin und Gouvernante der heutigen Queen Elizabeth und ihrer Schwester Margaret Rose, obwohl sie fest davon überzeugt war, es wäre besser am anderen Ende der Gesellschaft zu wirken.
England hatte in den 1930iger Jahren große Slums in seinen Städten, die Menschen lebten in entsetzlichen Verhältnissen, die selbst Charles Dickens schockiert hätten. Bildung war die einzige Möglichkeit dieser Misere zu entrinnen, dazu wollte Marion beitragen.
Sie war glühende Anhängerin des Pädagogen Friedrich Fröbel, einem Erneuerer der Erziehungswissenschaften.
Die Leiterin ihres Lehrerkollegs überzeugte sie, dass sich in den Köpfen der Oberschicht etwas ändern muss und so führte sie das Schicksal zu den Royals,
die sie durch moderne Erziehung und Einbindung in die Realität der gewöhnlichen Menschen formen wollte.
Das persönliche Drama von Marion Crawford ist, dass sie ihr eigenes Leben verpasst. Sie bleibt hinter der Glaswand, wie sie sich ausdrückt und verzichtet auf ihr eigenes Glück, auf Familie.
Die Entscheidung zu diesem Schritt fällt endgültig, als die Königin,die Mutter der Kinder die Zauberworte ausspricht: "Sie werden gebraucht" und "Ohne sie könnten der König und ich nicht weitermachen".
Ob ernst gemeint mag man bezweifeln, doch Marion fühlt sich geschmeichelt und glücklich.
"Blieb sie, um eine Revolution wie im zaristischen Russland zu verhindern?"

Was ist der Fantasie der Autorin entsprungen, wo ist die Linie der historischen Wahrheit, was ist Fiktion im Sinne eines Romans.
War es wirklich so, oder hätte es so sein können?
Die Autorin will mit ihrem Buch der Lehrerin und Gouvernante der Königstöchter ein Denkmal setzen. Sie beschreibt entlang vorhandener Dokumente und vor allem den eigenen Aufzeichnungen von Marion Crawford.
Deren eigentliches Drama ist das, dass sie sich erst spät eingesteht, dass sie
eine Angestellte war, die ihre bezahlte Pflicht erfüllte. Erst als sie vermeintlich ihre Loyalität zum Königshaus brach, das wahre Gesicht ihrer Arbeitgeber erkannt hat. Ihre Liebe zu Elizabeth war für die Katz.

Das Buch plätschert leicht wie ein Bach dahin, es wird nicht zum reissenden Strom, der uns mitnehmen könnte in Strudel, Untiefen und Abstürze, keine Indiskretionen, keine Skandale, keine atemlosen Abenteuer.
Es lässt uns wissen was wir sowieso schon wissen.
Geeignet für Andenkensammler der englischen Royals.

Bewertung vom 28.09.2020
Die zitternde Welt
Paar, Tanja

Die zitternde Welt


ausgezeichnet

Vertreibung aus dem Paradies
Wilhelm Paar, ein junger, abenteuerlustiger Ingenieur aus Österreich, läßt seine kleine Liebelei Maria sitzen und verschwindet nach Südostanatolien, um bei dem Bau der Bagdadbahn mitzuwirken.
Um der Schande und der Armut zu entgehen reist ihm die mutige Maria, hochschwanger im Jahre 1896 hinterher, ohne überhaupt seine Adresse zu kennen. Wilhelm, ein Ehrenmann, steht zu Frau und Kind und sie beginnen ihr Familienleben in der Türkei ohne verheiratet zu sein, sehr ungewöhnlich für die damalige Zeit.
Die große Liebe, wie man sie heute versteht ist es nicht, ihre Charaktere sind sehr verschieden voneinander, aber man respektiert sich, im besten Sinne.
Sie führen mit ihren drei Kindern ein gutes Leben, bis sich politische Veränderungen am Horizont abzeichnen.
Der Erste Weltkrieg kündigt sich an und das Leben der Familie ändert sich radikal.
Das was so leichtfüßig und unterhaltsam mit orientalischem Flair daher kam, gewinnt an Tiefe und Dramatik, die Charaktere verändern sich
Nichts ist wie es einmal gewesen war, Entscheidungen, die in gutem Glauben getroffen wurden, haben sich als fatal erwiesen. Jeder muss sich mit dem arrangieren, was geblieben ist, das Gewesene vergessen, doch das ist nicht einfach.
Das Leben im vergangenen Osmanischen Reich, aus dem sie vertrieben wurden zurück nach Österreich, bleibt ihr Traum, dem jedes Mitglied der Familie nachhängt bis zum Ende. Es war die beste Zeit ihres Lebens.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich hatte eine Erzählung erwartet, typisch für die Jahrhundertwende, Änderungen in Mode und Kunst, Frauenrechte und manches mehr zum Thema machend.
Doch es ist eine erschütternde Geschichte über das Schicksal einer Familie,
die wie so viele andere von dem politischen Geschehen ihrer Zeit mitgerissen und zerstört wurde.

Warum die Autorin ihren Protagonisten ihren eigenen Familiennamen gegeben hat, bleibt ihr Geheimnis.