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Verena

Bewertungen

Insgesamt 150 Bewertungen
Bewertung vom 21.07.2023
Wo die Liebe dich findet
Turner, Katy

Wo die Liebe dich findet


gut

Tierisch gut

Schottland? Check.
Feel-Good? Check.
Süße Tiere? Check.
Schottland Rom-Coms sind eines meiner guilty pleasures – das Prinzip ähnelt sich zwar immer sehr, aber dennoch habe ich immer große Freude daran. In diesem Roman geht es um Holly, die sich plötzlich in einem kleinen Dorf in den Highlands wiederfindet. Ihr Leben ist ein Chaos, aber vor traumhafter Kulisse kann sich erstmal entschleunigen und (obwohl sie eigentlich natürlich plant, ganz schnell wieder zurückzukehren in ihr altes Leben) richtig ankommen. Pluspunkt: Sie ist Tierärztin! Meistens haben die Protagonistinnen in RomComs einen von 3 oder 4 Berufen (Bücher? Süßwaren? Medien? Selbstgemachte Mode?), aber hier wagt sich die Autorin auf neues RomCom Terrain vor und die Leser:innen können sich auf ganz viele süße Tiere freuen, die immer wieder auftauchen. Natürlich dürfen in der Romanze im kleinen schottischen Dorf die teils ulkigen, aber immer liebenswürdigen Dorfbewohner:innen nicht fehlen. Und natürlich gibt’s auch noch einen Mann der auftaucht. Hier tatsächlich mal etwas, was mir gar nicht gefallen hat: der Mann – Greg – steht in Hollys erster Nacht plötzlich in ihrem Haus, das man ihr zugewiesen hat. Er hatte noch einen Schlüssel, da er es zuvor ab und zu genutzt hat. Ohne, dass es groß hinterfragt wird, lässt sie den ihr zu diesem Zeitpunkt wildfremden Mann einfach bei sich übernachten. Ähhhh ja. Oder eher nein. Danach gibt es zwischen den beiden für meinen Geschmack etwas zu viele Kommunikationsprobleme, aber natürlich finden sie am Ende zusammen und Holly bleibt in den Highlands. Das große Finale ist tatsächlich auch ein bisschen zu dramatisch – wenn da passiert wäre, was Gott sei Dank dann doch nicht passiert ist – hätte ich nur einen Stern vergeben 😉 (mehr kann ich nicht sagen, ohne zu spoilern). Tatsächlich haben mich die Liebesgeschichten von Hollys Arbeitskolleg:innen und Freunden Chloe und Pablo mehr mitfiebern lassen als ihre eigene – fast hätte ich mir gewünscht, dass die Autorin Chloe und Angus (Gregs Bruder) ein eigenes Buch gewidmet hätte. Alles in allem eine süße feel-good RomCom mit traumhaftem Setting.

Bewertung vom 23.06.2023
Bergleuchten
Seemayer, Karin

Bergleuchten


gut

Fast so lang wie der Gotthard Tunnel ;)

Ein Roman, dessen historische Details beinahe interessanter waren, als die Liebesgeschichte, die schon sehr altbekannten Mustern folgte. Vielleicht hätte mich das weniger „gestört“, wenn die Figuren weniger stereotypisch gewesen wären. Dennoch habe ich gerne weitergelesen, um zu erfahren, was als Nächstes passiert. Manchmal irritierte mich die zu moderne Sprache bei den Dialogen. Meine größte Kritik sind allerdings die Längen, die „Bergleuchten“ leider hat. Man hätte so viel kürzen können: einerseits bei den Dialogen – oft wird dort unnötig im Detail in Dialogform wiederholt, was zuvor ebenfalls detailliert von der Autorin bereits beschrieben wurde; andererseits bei dramatischen Wendungen, von denen für meinen Geschmack ein paar zu viele vorkommen. Dadurch wäre der Roman kompakter, aber auch spannender gewesen. Richtig gut gefallen hat mir das Cover – sehr stimmungsvoll und nicht so verkitscht wie die Cover von historischen Romanen oft sind.

Bewertung vom 19.06.2023
PS. Über Apulien leuchtet die Liebe
Damonte, Lene

PS. Über Apulien leuchtet die Liebe


weniger gut

Lektorat? Fehlanzeige
Zunächst mal ein kleiner Vermerk über das, was mir am besten gefallen hat: das Cover! Es ist wirklich total schön, nicht zu stereotypisch, aber dennoch verbindet man es sofort mit Italien. Auch nicht zu kitschig, was bei Liebesromanen leider oft der Fall ist.
Was bei Liebesromanen wohl auch oft der Fall ist, ist das am Lektorat gespart wird – zumindest habe ich die Vermutung, da es mir in letzter Zeit bei vielen Neuerscheinungen auffiel, dass die Romane einfach handwerklich nicht gut gemacht sind. Die Story ist das Eine – in diesem speziellen Fall hätten mir persönlich zwar etwas weniger Zufälle und ein bisschen mehr Tiefe gut gefallen. Aber die vielen Wiederholungen hätten auffallen und gestrichen werden müssen; es war zu viel Tell, kaum Show; und ein Adjektiv vor jedem Nomen macht halt auch nicht immer Sinn. Ich hätte mitzählen sollen, wie oft beschrieben wird, wie chaotisch Rosa doch ist – beim Kochen, beim Töpfern – und wie akkurat Lenny. Es kommt echt, echt oft vor. Dann eine Weile nicht mehr, bis – oh weh, Mattia sich auch als chaotischer Koch herausstellt, woraufhin dann wieder beschreiben wird, wie chaotisch Rosa ist und wie ordentlich Lenny war. Eigentlich ist das auch das Einzige, was ich von Rosa wirklich weiß; das und die Farben ihrer Kleidungsstücke. Die Landschaften und Städtchen Apuliens, die Rosa letztendlich dazu verhelfen, sich ein wenig von ihrer Trauer zu befreien, hätten Beschreibungen verdient, die mehr Eindruck, mehr Atmosphäre hinterlassen. Vor allem aber haben mich die Umschreibungen der Speisen gestört. Italienisches Essen ist Soulfood schlechthin, in dem speziellen Fall trägt es auch dazu bei, dass Rosa wieder lernt, das Leben zu genießen, der italienische Love Interest ist Koch – und dennoch lesen sich die Situationen, in denen gekocht oder gegessen wird, wie ein Einkaufszettel: Tomaten, Olivenöl, frische Kräuter. Und das war’s. Ich will es riechen, ich will es schmecken! Warum wurden hier nicht mal gezielt ein paar Adjektive und Umschreibungen eingesetzt, um ein bisschen italienische Dolce Vita zu transportieren? Echt schade, wo ich doch wirklich gerne durch Romane nach Italien reise und mit den Figuren die Atmosphäre aufsauge. Bei „P.S. Über Apulien leuchtet die Liebe“ hätte man so, so viel mehr rausholen können.

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Bewertung vom 13.06.2023
Oh, William!
Strout, Elizabeth

Oh, William!


sehr gut

Elizabeth Strout kann so wunderbar den Alltag „gewöhnlicher“ Menschen portraitieren und dabei hoch komplexe, tiefgründige Figuren erschaffen, dass man beinahe glaubt, diese persönlich zu kennen. „Oh, William“ ist ein relativ kurzes Buch, doch der Einblick in das Beziehungsgeflecht rund um die Protagonistin Lucy Barton (die auch schon in anderen Romanen von Strout Auftritte hatte) umfasst beinahe eine richtige kleine Welt. Der titelgebende Mann – Lucys Exmann – spielt dabei zwar eine wichtige Rolle, aber Lucy steht im Mittelpunkt (auch wenn sie es selbst so wahrscheinlich nie beschreiben würde) und ist häufig das verbindende Element – einerseits zwischen den Figuren, andererseits ist sie die Verbindung zu ihrer eignen, aber irgendwie auch zu Williams Vergangenheit; sie ist diejenige, die viele der Beziehungen zusammenhält.
Es passiert eigentlich nicht sehr viel, dennoch möchte man unbedingt wissen, wie es weitergeht. Was erfährt man als Leser:in als nächstes, während Lucy nach und nach ihre Gedanken und Gefühle sortiert. Dabei springt sie immer wieder in die Vergangenheit, in ihre, aber auch in Williams Kindheit, die beide von Traumata geprägt sind, die beide ihr Leben lang mit sich tragen und die auch ihre Beziehung(en) beeinflussen. Der geniale Titel ist ein Seufzer, oft ausgesprochen, noch öfter gedacht (auch von mir als Leserin), denn während Lucy alles anpackt und angeht, sich mit ihrer Vergangenheit und ihrer Gegenwart auseinandersetzt, ist William da ein sehr stereotypischer Mann seiner Generation: er verlässt sich auf die Frauen in seinem Leben, denen oft nicht mehr als ein „Oh, William!“ dazu einfällt.
Ein kleines Buch großes Erzählkunst von Elizabeth Strout.

Bewertung vom 31.05.2023
Kastenbrote
Schell, Valesa

Kastenbrote


weniger gut

Einfach geht anders

Dieses Brotbackbuch habe ich gewonnen und durfte es in einer sehr inspirierenden Leserunde zusammen mit anderen Brotbäcker:innen besprechen bebacken. Schnell hatte ich das Gefühl, dass sich zwei Lager entwickelten. Während es etliche sehr begeisterte Stimmen gab, waren auch viele Mitleser:innen überfordert. Dieser Gruppe gehöre ich an. Während zwar in der Leseprobe schon der Hinweis war, das Basiswissen nötig ist, hat das tatsächlich aufgeführte Basiswissen manche erstmal erschlagen, selbst wenn man schon Brotbackerfahrungen hat. Der Begriff Hobbybäcker:in beinhaltet sicherlich eine enorme Bandbreite an Erfahrungen – das kann von Backmischungen im Thermomix bis hin zu komplizierten Teigen in der Häussler Knetmaschine und einem eigenen Holzofen im Garten alles bedeuten. Die Leserunde sprach explizit auch Neulinge an, verwendete die Formulierung „Einfacher geht’s nicht“ und auch das Buch selbst trägt den Untertitel „Unkompliziert Backen. Einfach im Kasten“.
Das passt für mich nicht zusammen. Bei der Vermarktung scheint da etwas wirklich schief gelaufen zu sein, denn es wird durch diese Schlagwörter eine falsche Zielgruppe angesprochen.
„Einfach“ kann man dies Rezepte nur umsetzen, wenn man eine Knetmaschine hat, die Möglichkeit zu schwaden, 10000 verschiedene Mehlsorten, am besten einen Sauerteigansatz im Kühlschrank und natürlich muss man die lange Zeitführung auch irgendwie im Alltag unterbringen.
Dass das alles für richtig gutes Profi-ähnliches Brot nötig ist, stelle ich nicht mal in Frage. Es ist nur echt frustrierend, wenn man sich durch die Schlagworte etwas anderes erwartet hat. Ich möchte auch weder wenn es um einen Gewinn geht in der Leseprobe, noch bei einem Kauf beim Durchblättern zunächst ewig suchen müssen, was ich alles brauche – zumal das auch in diesem speziellen Fall durch das „unkompliziert“ und „einfach“ eben irreführend ist. Außerdem habe ich gezählt: ich habe aktuell 15 verschiedene Mehlsorten vorrätig, darunter Weizenmehle, Roggenmehle, Dinkelmehle, verschiedene italienische Mehlsorten sowie Urkornmehle. Ich glaube, das ist weit mehr als in durchschnittlichen Vorratskammern zu finden ist; dennoch musste ich bei den Rezepten auf Alternativen zurückgreifen, weil ich die an erster Stelle gelisteten Mehlsorten eben nicht hatte und auch nicht extra für ein Rezept kaufen möchte.
So. Ich wollte dem Ganzen aber dennoch eine Chance geben und habe mich in das gesamte Basiswissen eingelesen. Erstaunlicherweise habe ich bei meinen bisherigen Brotbackaktionen vieles davon eh schon umgesetzt, kannte nur die Fachbegriffe nicht. Dadurch war ich dann etwas freudiger gestimmt und habe mich an einen Lievito Madre Ansatz gewagt. Nach 6 Tagen war er dann auch einsatzbereit und ich legte los. Während ich mit der Lievito Madre grundsätzlich sehr happy bin, bin ich es nach wie vor mit den Rezepten im Buch nicht. Von denen, die ich nachgebacken habe, konnte ich keines wirklich überzeugen; die tatsächliche Kraft meines italienischen Sauerteiges konnte mich durch Rezepte von verschiedenen Blogs überzeugen.
Ich freue mich für alle, die durch das Kastenbrote Buch neue Rezepte und Inspirationen gefunden haben und bin mir sicher, dass es für etliche Hobbybäcker:innen toll ist, das Buch im Regal zu haben. Aber ich kann nur maximal zwei Sterne vergeben, weil ich – auch nachdem ich mich gründlich damit auseinander gesetzt habe – die Begeisterung nicht teile.

Bewertung vom 31.05.2023
Vom Ende der Nacht
Daverley, Claire

Vom Ende der Nacht


gut

Grandioses Cover, durchschnittliche Story

Vorweg das Wichtigste: das Cover ist so wunderbar, das bekommt von mir 5 Sterne. Ein richtiges Träumchen.
Die Story war dann leider eher durchschnittlich. Eine Liebesgeschichte über ein Paar, das sich von Anfang an mag, aber erst nach vielen Jahren tatsächlich zu einander findet – das wurde schon vor „Vom Ende der Nacht“ häufig erzählt. Manchmal schlechter, aber auch oft besser als hier.
Will und Rosie lernen sich als Teenager kennen, verlieben sich, aber irgendwie spricht alles gegen sie. Dennoch bleiben sie in Kontakt. Anfangs musste ich schon seeeehr mit den Augen rollen (um es mit einem der plakativsten sprachlichen Bilder zu sagen), denn Will und Rosie waren die typischen YA Stereotypen: sie das brave, „langweilige“ Mädchen aus gutem Haus, das die Schule mag und obwohl sie lieber Musik studieren würde, dem Willen der Eltern nachgibt und sich für etwas Vernünftiges entscheidet, das ihr später einmal viel Geld und einen tollen Ehemann einbringen wird; er der „Bad Boy“, der bei der Oma aufwächst, Lederjacke trägt und Motorrad fährt und in einer Werkstatt schraubt; Uni ist nichts für ihn, obwohl er eigentlich total schlau ist und natürlich ist er in den Augen von Rosies Eltern kein geeigneter Umgang. Soweit so klischeehaft. Ich fürchte, es lag an diesem sehr ausgelutschten Beginn der Geschichte, dass ich keine richtige Bindung zu den Figuren aufbauen konnte. Die Schicksalsschläge, die die beiden dann über die Jahre hinweg erleben müssen – und die teilweise auch dafür verantwortlich sind, sie entweder auseinander zu bringen oder wieder zusammen zu führen – sind mir deshalb auch nicht richtig nah gegangen. Hinzukommt, dass die ein oder andere dramatische Wendung zu viel des Guten bzw. Schlechten war. Nach jahrelangem Hin und Her war mir dann das Ende auch zu plötzlich, zu wenig beleuchtet.
Obwohl die Geschichte schon oft erzählt wurde, hätte man doch mehr herausholen können.

Bewertung vom 16.05.2023
Ein Moment fürs Leben
Ahern, Cecelia

Ein Moment fürs Leben


gut

Unterhaltsame Lektüre

Ein Blick ins Impressum zeigte mir, dass „Ein Moment fürs Leben“ von Cecilia Ahern bereits 2011 erschienen ist und dies eine Neuauflage des Romans ist. Ein paar Witze und Situationen wirken daher ein wenig aus der Zeit gefallen, aber das Grundthema ist zeitlos und nach wie vor aktuell – auch wenn ich denke, dass die Autorin heute einige Dinge anders angehen würde.
Die Idee ist eigentlich grandios: durch eine Lebensagentur erhält man Kontakt zum eigenen Leben – in Form einer Person. Besonders hilfreich, wenn es grade nicht gut läuft, denn dadurch geht es auch dem Leben nicht gut. Gemeinsam kann man dann daran arbeiten, dass es wieder aufwärts geht.
Protagonistin Lucy tritt so in Kontakt mit ihrem Leben. Mich persönlich hat es manchmal sehr gestört, wie übergriffig diese Person, also das Leben, war. Oft stellte sie Lucy bloß, offenbarte ihre Geheimnisse und verborgenen Gefühle. Natürlich muss man sich diesen stellen, wenn man wachsen möchte, in gewissen Situationen ist es auch wichtig, sich anderen zu öffnen, aber diese Situationen waren für mich einfach oft ein bisschen drüber. Besser hätte ich es gefunden, wenn das Leben Lucy mehr dazu gebracht hätte, sich selbst zu reflektieren und dann aus eigener Anstrengung und im Rahmen ihrer Möglichkeiten (emotionale und kommunikative Fähigkeiten) zu handeln.
Alles in allem aber eine unterhaltsame Lektüre.

Bewertung vom 03.05.2023
Happy Place
Henry, Emily

Happy Place


weniger gut

Zu viel gewollt

Happy Place oder: Harry(iet) Potter und das Buch, mit dem Emily Henry zu viel wollte und zu wenig rüberbrachte

Mein Happy Place ist ein Emily Henry Roman, in dem sich die Figuren nicht 300 Seiten lang verhalten, als wären sie von Teenie Fanfiction Autor:innen geschrieben worden. Seltsamerweise fühlte ich mich dadurch wie das dritte Rad am Wagen und gleichzeitig war die dargestellte Freundesgruppe unglaublich unrealistisch. Es gibt viel zu viele unnötige, kindische Dialoge. Der Schreibstil wirkte seltsam; zu viele kurze, fast eklipsenhafte Sätze. Es half auch nicht, dass ich keine einzige Figur ausstehen konnte. Es gab keinen Tiefgang, keine richtige Entwicklung der Figuren – etwas, was Emily Henry sonst exzellent kann. Dieses Mal war es sehr viel tell, fast kein show.
Es bricht mir ein bisschen da Herz, weil normalerweise überlege ich, ob ich Henrys Büchern 5 oder 4 Sterne geben soll; dieses Mal wusste ich nicht, ob es 1 Stern oder doch 2 werden.
Ich verstehen, was Herny für eine Geschichte erzählen wollte, aber es hat einfach nicht funktioniert. Sie wollte zu viel mit diesem Roman. Ab jetzt nicht mehr Spoiler frei.
Mein Lieblingsbuch von ihr ist “Kein Sommer ohne dich” und selbst bei dem Buch gefiel mir nicht, dass das große Geheimnis, das immer ganz mysteriös über allem schwebte, sich als gar nicht so groß rausstellte. In „Happy Place“ wird das auf die Spitze getrieben: hunderte Seiten lang wird vermieden, zu sagen, was denn jetzt zu Harriet und Wyns Trennung führte. Fehlkommunikation gibt’s häufig, aber hier fühlte es sich so an, als würde es künstlich übertrieben werden, um das Geheimnis länger (3/4 des Buches) aufrechtzuerhalten. Depression sollte nie als Plot Twist verwendet werden – noch schlimmer ist allerdings, dass es dann mit ein paar Seiten abgehandelt wird. Trauer und Pflegen von Angehörigen scheinen ebenfalls nur weitere Plot Points zu sein, die abgehakt werden; es gibt keine Tiefe. Das Gleiche kann gesagt werden über die Darstellung von Freundschaften, wie sie sich entwickeln, bzw. in diesem Fall, wie sie sich auflösen. Die ganzen kindischen Dialoge halfen nicht, um das Thema richtig rüber zu bringen. Familien können so kompliziert sein; Harriets Leben wurde ganz klar von der Beziehung ihrer Eltern zueinander beeinflusst, aber auch von deren Erwartungen an sie. Dennoch, es wirkte so konstruiert, als Neurochirurgie plötzlich nicht mehr ihr Traum ist und wie sie nach 10 Jahren Medizinstudium und Arbeit als Ärztin wie aus dem Nichts feststellt, dass sie den Geruch von Desinfektionsmitteln nicht ausstehen kann. Berufs- und Karrierepläne ändern sich, manchmal auch drastisch. Aber es wirkt irgendwie lächerlich, dass Harriet ihre medizinische Laufbahn dafür aufgibt, Töpferin zu werden – nachdem sie grademal ein paar Wochen einen Kurs gemacht hat und selbst zugibt, nicht gut darin zu sein. Es hilft auch nicht, dass nach 300 Seiten Teenager ähnlichen Mätzchen plötzlich alles ganz glatt und sauber abgewickelt wird.
Sehr schade, ich hatte mich so lange gefreut auf das neue Emily Henry Buch. Jetzt muss ich hoffen, dass der nächste Roman wieder besser wird.

Bewertung vom 26.04.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


sehr gut

Besuch im Café

Endlich ein neuer Seethaler! Ich durfte ihn vorab lesen & ab heute ist er erhältlich (wobei ich ihn auch schon am Montag in einer Buchhandlung entdeckt habe).
Seethaler nimmt uns mit nach Wien, los geht's im Jahr 1966 als der junge Robert Simon, Hilfsarbeiter auf einem Markt in einem eher ärmlichen Teil der Stadt, sich seinen Traum erfüllt: er eröffnet ein Café.
Einfach eingerichtet, ein überschaubares Angebot an Speisen und Getränken und ohne Namen wird das Café schnell zu Simons Lebensmittelpunkt. Die Menschen nehmen das Angebot an; bald stellt er eine Mitarbeiterin ein. Stammgäste und Laufkundschaft verbringen ihre Zeit in Simons Café. Die Jahre gehen ins Land und die einzelnen Biografien entwickeln sich - manchmal gemeinsam, manchmal öffentlich, manchmal ganz im Verborgenen.
Seethaler hat diese ganz besondere Gabe, Lebensläufe der Menschen literarisch darzustellen - ohne großartigen Spannungsbogen, ohne überraschende Wendungen, ohne viel drum rum zu reden.
Wie das Café des Protagonisten Robert einfach und überschaubar ist, so ist es auch die Sprache des Autoren Robert, genauso auch die Handlung. Dennoch ist da wie immer eine wunderbare Tiefe, eine Bedeutung, die er diesen scheinbar simplen Lebensläufen schenkt. Genauso wie auch das Café für die Menschen, die darin ein und ausgehen, eine Bedeutung hat.
Diese Unaufgeregtheit von Seethalers Romanen hat auf mich immer eine sehr entschleunigende, beruhigende Wirkung – dennoch schaffe ich es nicht, mir Zeit mit seinen Geschichten zu lassen. So musste ich auch „Das Café ohne Namen“ unbedingt ganz schnell (an 2 Abenden) fertiglesen, um irgendwie für kurze (Lese-) Zeit teilzuhaben an den Leben der Figuren.
Auch wenn meine absoluten Seethaler-Lieblinge (Der Trafikant und Ein ganzes Leben) wohl für immer unerreicht bleiben ist auch der neue Roman wie immer eine absolute Empfehlung!

Bewertung vom 25.04.2023
Agnes geht
Keweritsch, Katja

Agnes geht


gut

Obwohl „Agnes geht“ mich gut unterhalten hat, konnte der neue Roman leider nicht mit Keweritschs „Die Reise der Bienen“ mithalten.
Agnes läuft einfach los, nachdem sie sich mit ihrem Mann Tom gestritten hat. Erst planlos, dann raus aus Hamburg mit Berlin als Ziel. Beim Gehen beginnt das Gedankenkarussell: Scheitert ihre Ehe gerade bzw. schon länger? Wer ist sie eigentlich als Person und was haben Kinder/Haushalt/Familie mit dieser Person und ihren (beruflichen) Träumen gemacht? Wie will sie weitermachen?
„… Liebe, das Glück des Alleinseins in der Natur und die Träume, die uns beflügeln“ – all das verspricht „Agnes geht“. Mental Load, Mutterschaft, Körperwahrnehmung, Gleichberechtigung, etc. werden thematisiert und größtenteils gut dargestellt. Allerdings fehlte mir irgendwas; der Roman wirkte irgendwie unfertig. Ich hatte das Gefühl, dass Agnes und Tom nie versuchen, wirklich zu kommunizieren. Das ist zwar sicher die Realität vieler Paare, aber definitiv unbefriedigend. Auch das „Glück des Alleinseins“ geht eher unter, den Agnes trifft auf ihrem Weg einen anderen Mann, beginnt eine Affäre und ist eigentlich nie so richtig allein, sondern hat dadurch Probleme mit gleich zwei Männern. Kein Elternteil versucht, die sicher beängstigende Situation den beiden Kindern zu erklären – mit Sicherheit auch realistisch, aber was ist die Message? Dadurch blieb irgendwie alles in der Luft hängen.
Beabsichtigt oder nicht - genial ist die Darstellung von Toms Verhalten, als er plötzlich für Kinder, Haushalt & Familie verantwortlich ist. Er versucht nicht mal, es mit seinem Job zu vereinbaren, sondern nimmt direkt Urlaub. Care Arbeit, die für Agnes – wie für sehr viele Frauen – Alltag ist, hat nach wie vor keine Priorität für ihn. Stattdessen macht er Dinge, die ihm Freude bereiten, sonst aber zu kurz kommen. Das erinnerte mich an die Elternzeitpläne eines gewissen Politikers (Bücher schreiben, promovieren, jagen, fischen, imkern).
Zwar gibt es eine Art Happy End, das Ehepaar geht Kompromisse ein, aber hat Tom je wirklich Agnes‘ Problem verstanden?