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Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 69 Bewertungen
Bewertung vom 08.03.2023
Anti-Girlboss
Shehadeh, Nadia

Anti-Girlboss


sehr gut

Ein Manifest gegen Leistungsdruck und für gechillten Feminismus

Schon mal vorab… mir hat das Buch gefallen. Ich konnte mich mit vielen Aussagen bzw. Thesen der Autorin identifizieren und ich hatte insgesamt viel Freude beim Lesen.
Nichtsdestotrotz fehlte mir ein bisschen der rote Faden, der die einzelnen Kapitel zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügt. Vielmehr hatte ich eher das Gefühl einzelne Essays zu lesen, deren Themenspektrum das moderne Arbeitsleben in Zusammenspiel mit Feminismus, der Diskriminierung durch das Patriarchat sowie allgemeiner Kapitalismuskritik umfassten. Dies’ alles eingebettet in die persönlichen Erfahrungen und der Biografie der Autorin.
Insbesondere letzteres hat mir aber sehr gefallen. Es hat mich beeindruckt, wie offen Nadia Shehadeh ihre Lebens- und Familiengeschichte teilt und darüber ihren eigenen Werdegang reflektiert. Da ich nur unwesentlich älter bin, als die Autorin konnte ich hier einige Parallelen zu meinem eigenen Leben herstellen, insbesondere was das Aufwachsen in „klassischen“ Rollenbildern angeht.

Nadia Shehadeh vermittelt eine wichtige Botschaft, die aber keineswegs neu ist: Wir Frauen sollten uns nicht länger den Zwängen der patriarchalen Gesellschaft unterwerfen und mehr hinterfragen, warum wir wie agieren. Denn letztendlich sind auch Konzept wie „Girlboss“ dem allgemeinen Leistungsdruck geschuldet.
Darüber hinaus geht es aber auch um Selbstakzeptanz und dem Ausbruch aus dem ständigen „müssen“. Ich fand es herrlich erfrischend, wie die Autorin ganz unverblümt von ihren Gammeltagen auf der Couch und dem „sinnlosen“ Müßiggang (Social Media, Zocken oder einfach Nichtstun) spricht und dass das vollkommen ok ist. Die Autorin zeigt uns IHREN Weg heraus aus dem Hustle. Und es hat mich beeindruck, wie sehr sie dabei mit sich im Reinen ist.
Ja, allgemeine Lösungsansätze fehlen, aber das ist m.M.n. auch nicht der Anspruch des Buches.

Durch en Essay-artigen Aufbau kam es zu gelegentlichen Wiederholungen. Anderseits können gerade Aussagen á la „Du bist OK, so wie Du bist.“ m.M.n. gar nicht oft genug wiederholt zu werden. Insgesamt ist der Schreibstil der Autorin sehr angenehm zu lesen, manchmal umgangssprachlich, dabei aber nie unpassend. Das handliche Format trug zusätzlich dazu bei, dass das Buch schnell gelesen ist. Und das Cover mit der dicken faulen Katze ist natürlich ein Hingucker, der direkt aufmerksam macht (wobei mir persönlich das pink ein bisschen zu „heftig“ war, aber das ist natürlich Geschmackssache).

Bewertung vom 01.03.2023
Equilon
Raich, Sarah

Equilon


gut

Interessante Dystopie, die aber gerne komplexer hätte sein dürfen…

Der Roman spielt in einer nicht näher benannten Zukunft. Die Erde ist durch den Klimawandel zu einem lebensfeindlichen Ort geworden. Ganze Regionen sind unbewohnbar, es herrscht Mangel an Wasser und Nahrung. Die Regierungssysteme sind zusammengebrochen, so dass die MegaGoods, fortschrittliche Technologiefirmen, mit Hilfe der KI Equilon die Herrschaft übernommen haben. Dessen Algorithmus bestimmt, wer für diese Welt einen Wert hat und wer nicht…

Großer Pluspunkt des Romans ist das Worldbuilding. Die Ausgangslage wird sehr eindrücklich beschrieben, sowohl das paradiesisch anmutende New Valley als auch das trostlose und entbehrungsreiche Leben in den Grenzlanden. Im Laufe der Geschichte erfährt man auch mehr über die Entstehung von Equilon, dennoch hatte ich häufig das Gefühl, dass ein paar mehr Hintergrundinfos der Geschichte gutgetan hätten.
Außerdem hat mich die Nutzung vieler englischer Wörter gestört. Wahrscheinlich sollte damit ein modern-hipper Eindruck von New Valley geschaffen werden. Ich fand es zu viel und teilweise unnötig.

Der krasse Unterschied zwischen den Gesellschaftsschichten wird durch die beiden Hauptfiguren verdeutlicht, aus deren Ich-Perspektive die Geschichte erzählt wird. Die Autorin nimmt sich Zeit, die beiden Figuren ausführlich zu charakterisieren und zu entwickeln.
Da ist zum einen Jenna, deren Traum sich vermeintlich erfüllt als sie von Equilon für das Leben in New Valley ausgewählt wird. Schnell merkt sie aber, dass dieses Leben überhaupt nicht so ist, wie sie es sich vorgestellt hat. Jenna bei ihrer Abwärtsspirale zu beobachten war erschreckend. Und auch wenn sie mir nicht immer sympathisch war, konnte ich ihr Handeln doch jederzeit nachvollziehen.
Auf der anderen Seite ist da Dorian, ein sensibler junger Mann mit künstlerischen Ader, der keine Chance hat, dem trostlosen Leben in den Grenzlanden zu entkommen. Denn in Equilons Algorithmus ist kein Platz für Kunst. Dorians Abschnitte habe ich sehr gerne gelesen, seine Talent, Momente in wenigen poetischen Worten einzufangen, war toll herausgearbeitet. Trotz aller Angst, wächst Dorian im Laufe der Geschichte immer wieder über sich hinaus und das war glaubhaft erzählt.
So nachvollziehbar Jenna und Dorian charakterisiert sind, bei den Nebenfiguren ist das m.M.n. nicht ganz so gut gelungen. Vor allem die Widerstandsgruppe Vanya hat, mit Ausnahme ihrer Anführerin Eryn leider kaum Profil erhalten. Was die Gruppe ausmacht, wie sie entstanden ist, wie sie sich organisieren etc. wurde nur angerissen. Das fand ich sehr schade, hier hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht.

Die Folgen des Klimawandels auf die Menschheit bildet die Basis der Handlung, darüber hinaus werden aber auch Themen wie Rassismus, Homophobie, Transfeindlichkeit, Ableismus angesprochen und die Figuren sind entsprechend divers gestaltet. Einerseits hat mir das gefallen, andererseits hatte ich das Gefühl, hier wird zu viel auf einmal gewollt. Die Themen werden halt nur angerissen, es wirkte auf mich fast wie ein Abhaken… Transperson "check", Person im Rollstuhl "check", People of Color "check". Mir wäre hier ein bisschen mehr Fokussierung lieber gewesen.

Fazit. Im Großen und Ganzen hat mir ‚Equilon‘ gefallen. M.M.n. hätten mehr Komplexität und das Setzen von Themenschwerpunkten der Geschichte aber gutgetan. 100 Seiten mehr hätten sicher nicht geschadet. Vor allem das Ende wirkte sehr gehetzt. Nichtsdestotrotz punktet der Roman mit einem tollen Worldbuildung und nachvollziehbar charakterisierten Protagonisten.

Bewertung vom 23.02.2023
Tatort Schrottplatz / Inspektor Salamander Bd.1
Grolik, Markus

Tatort Schrottplatz / Inspektor Salamander Bd.1


sehr gut

Charmante Detektivgeschichte für die Kleinen (und Großen)

Mein Patenkind liebt Detektivgeschichten und Inspektor Salamander hat seinen Geschmack gut getroffen. Das Buch handelt vom titelgebenden Inspektor Salamander und seinem Assistenten, der Spinne Spider Manni, die im Auftrag des Krötentenors Luigi Crötelli dessen verschwundene Familie finden sollen.
Alleine die Benennung der Figuren und auch ihre Charakterisierung macht nicht nur Kindern, sondern auch deren Eltern (oder Patentanten ;-) ) viel Spaß beim Vorlesen.

Der kleine Kriminalfall ist kindgerecht aufgearbeitet. Inspektor Salamander und Manni erhalten Unterstützung von der Maus-Journalisten Hazel. Die drei gehen verschiedenen Hinweisen auf dem Schrottplatz nach und wir lernen gemeinsam seine interessanten und skurrile Bewohner kennen. Für einen Erwachsenen mag sich die Geschichte zwar ein bisschen ziehen, aber Kinder haben an dieser „Schnitzeljagd“ ihre Freude.
Zudem punktet das Buch hier durch seine tollen Illustrationen, die farbenfroh und detailreich sind, aber nie überladen wirken.
Gelungen fand ich auch die Mischung aus Comic und Textblöcken. Letztere waren nie zu lang, so dass auch Leseanfänger damit zurechtkommen. Lediglich bei der Aussprache der Namen werden sie vermutlich noch etwas Hilfe brauchen.

Fazit. Inspektor Salamander ist ein gelungener Kinderkrimi, der durch seine Mischung aus Comic und Fließtext und den charmanten Tierfiguren heraussticht. Die Handlung ist kindgerecht und der feine Humor macht auch Erwachsenen Vorlesern Spaß.

Bewertung vom 09.02.2023
Die Chroniken von Lunis - Wächterin des Lichts (Die Chroniken von Lunis 1)
McCurdy, Janelle

Die Chroniken von Lunis - Wächterin des Lichts (Die Chroniken von Lunis 1)


sehr gut

Ein Fantasybuch für Kinder, dass auch Erwachsene begeistert

Das Cover ist schon mal ein Hingucker. Es wirkt düster und geheimnisvoll. Ich wollte direkt wissen, welche Geschichte sich hinter diesem Cover verbirgt.
Man muss beim Lesen im Hinterkopf behalten, dass das Buch für eine jüngere Zielgruppe geschrieben ist. Ich denke, so ab 10-12 Jahren, ist die Geschichte geeignet. Daher muss man ein paar Abstriche in Sachen Detailgenauigkeit und Realismus machen.

Das Worldbuilding ist gelungen. Wir befinden uns in einer Welt, die der unsrigen nicht ganz unähnlich ist (z.B. gibt es so etwas wie Fernsehen und Handys), die aber von einer geheimnisvollen Finsternis bedroht wird. Einzig die Umbra, gezähmte magische Fabelwesen, helfen den Menschen, sich gegen diese Finsternis zu behaupten. Mir hat gut gefallen, wie in den ersten Kapiteln die Ausgangslage der Geschichte präsentiert wird. Alles ist bildlich und atmosphärisch beschrieben.

Die Hauptfigur Mia ist sehr schön charakterisiert und gut ausgearbeitet und macht im Lauf der Geschichte eine schöne Entwicklung durch. Anfänglich ist sie ängstlich und aufgrund eines Kindheitserlebnisses sehr skeptisch ggü. den Umbra. Da die Geschichte, bis auf ein paar Zwischenkapitel, aus Mias Ich-Perspektive erzählt ist, erlebt man ihre Emotionen mit und kann sich gut in sie hineinversetzen.
Mias Freunde TJ und Jada sind auch interessante Figuren, die zwar nicht ganz so viel Tiefe in der Geschichte erhalten, aber einen guten Gegenpol zu Mia bilden und ihr immer wieder aus ihren Selbstzweifeln heraushelfen. TJs Unbekümmertheit fand ich manchmal allerdings ein bisschen viel. Schließlich sind auch seine Eltern in Gefahr. Mias Bruder Lucas ist schon sehr niedlich, wobei sein Verhalten und seine sprachliche Ausdrucksweise nicht unbedingt zu einem vierjährigen passt. Dennoch habe ich den „Krümel“ sehr gemocht. Übrigens, wie auf dem Cover zu sehen, sind die Hauptfiguren allesamt People of Color.

Sehr fasziniert haben mich auch die Umbra. Die Idee dieser magischen Schattenwesen war toll umgesetzt und Ruby, Lux und Nox waren ganz eigenen Charakter, was mir sehr gefallen hat. Ich konnte Mias Vorsicht zu Beginn der Geschichte gut nachvollziehen, denn die Umbra können ganz schön furchterregend sein.

Die Geschichte wird rasant erzählt, denn die Kinder müssen aus ihrer Heimatstadt fliehen um Hilfe in der Hauptstadt zu finden. Dabei sind ihre Verfolger ihnen dicht auf den Fersen. Die Gruppe gerät in allerlei brenzliche Situationen, aus denen sie aber immer wieder entkommen kann. Einerseits brachte dieses „eine Bedrohung jagt die nächste“ viel Spannung in die Geschichte, andererseits war es mir manchmal etwas zu viel und ich hätte mir noch ein paar ruhige Momente zwischen den Figuren gewünscht. Für eine Abenteuergeschichte war es aber schon in Ordnung.

Es hat mir übrigens sehr gefallen, dass die Handlung erstmal abgeschlossen war. Am Ende des Buches sind zwar nicht alle Fragen beantwortet und die Fortsetzung deute sich an, es ist aber auch kein typischer Cliffhanger. Ein Ende, wie ich es für ein Kinderbuch passend finde.

Fazit. ‚Die Chroniken von Lunis‘ ist ein spannender Fantasy-Roman für Kinder, der mit einem schönen Worldbuilding und einer nahbaren Protagonistin punktet. Es handelt sich um eine klassische „Gut-gegen-Böse“ Abenteuergeschichte, die neben einer spannenden Handlung auch den Wert von Freundschaft und Familie vermittelt.

Bewertung vom 01.02.2023
Julian und Anisa und das Wunder vom Wacholderpark
Lebert, Benjamin

Julian und Anisa und das Wunder vom Wacholderpark


ausgezeichnet

Gelungenes Kinderbuch über den Wert der Freundschaft

Von Anfang an gefallen hat mir der Schreibstil. Er ist, zielgruppengerecht, einfach gehalten mit kurzen Sätzen, so dass auch Kinder, die noch nicht so lange lesen können, damit zurechtkommen sollten. Aber auch mich als Erwachsene hat dieser Stil angesprochen. Der Autor schafft es trotz der Einfachheit viel Gefühl und Tiefe in die Geschichte zu bringen.

Überhaupt ist die Geschichte toll erzählt. Die Kapitel sind in der Ich-Perspektive geschrieben, mal aus Julians und mal aus Anisas Sicht. Hierdurch lernt man die Figuren gut kennen und es spannend zu sehen, was sie jeweils voneinander denken und wie es wirklich in den Kindern aussieht.
Julian ist ein schüchterner und zurückhaltender Junge, der auch aufgrund seiner Krankheit (Epilepsie) ein Außenseiter ist. Julians Liebe zu Wörtern ist sehr schön herausgearbeitet und seine Gedankenwelt hat mich berührt.
Anisa ist auf den ersten Blick cool, selbstbewusst und lässt sich nicht „die Butter vom Brot nehmen“. Ich fand es schön, in den Kapiteln aus ihrer Sicht, hinter diese Fassade zu blicken. Denn ein schwerwiegendes Ereignis aus ihrer Kindheit hat sie geprägt und so fühlt sich auch Anisa manchmal unsicher.
Beide Kinder machen im Laufe der Geschichte eine schöne Entwicklung durch.

Das Cover mag es suggerieren, aber dies ist kein Fußballbuch. Zwar spielt ein Fußballspiel in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt, aber ist eben „nur“ ein erzählerisches Element. Vielmehr geht es um Freundschaft und darum für sich und andere einzustehen. Mobbing und Rassismus sind Themen die behandelt und m.M.n. kindgerecht aufgearbeitet werden.
Im Übrigen ist das besagte Fußballspiel am Ende sehr spannend beschrieben und enthält die Portion Heldenerzählung, an denen Kinder sicher ihre Freude haben werden.

Fazit. ‚Julian und Anisa und das Wunder vom Wacholderpark‘ ist ein rundum gelungenes Kinderbuch, welches wichtige Werte vermittelt und mit einer spannenden Handlung aufwartet. Die beiden Hauptfiguren sind schön ausgearbeitet und bieten Identifikationspotenzial für Jungen und Mädchen abseits gängiger Geschlechterklischees. Der Schreibstil ist angenehm und für Kinder leicht zu verstehen. Ergänzt wird die Geschichte zudem durch passende Illustrationen, die die Kapitel immer wieder auflockern.

Bewertung vom 27.01.2023
Anatomy
Schwartz, Dana

Anatomy


ausgezeichnet

Eine Liebesgeschichte? Ja, aber vor allem ein fesselnder Genremix…

Die Geschichte spielt in Edinburgh im Jahr 1817 und dreht sich um die junge Adlige Hazel Sinnet, deren größter Traum es ist, Chirurgin zu werden. Ein Vorhaben, das in dieser Zeit für eine Frau unmöglich erscheint…

Das Erzähltempo ist eher langsam. Die Autorin nimmt sich Zeit, die Geschichte aufzubauen und uns die Figuren, insbesondere die beiden Protagonisten Hazel und Jack, vorzustellen. Tatsächlich dauert es bis zur Hälfte des Buches, bis wir an die Stelle kommen, von der der Klappentext spricht. Gestört hat mich das aber nicht, ich habe mich nie gelangweilt, war sogar sehr fasziniert, mit welcher Beharrlichkeit, Hazel an ihrem Traum festhält.

Hazel mochte ich sehr. Sie ist wissbegierig, ehrgeizig und schlau. Hazel weiß was sie will und steht dafür leidenschaftlich ein. Ich konnte sehr mit ihr mitfühlen. Ich fand es schmerzhaft, mitzuerleben, wie wenig Freiheiten und Möglichkeiten Frauen adliger Herkunft in der damaligen Zeit besaßen. Auch Jack war ein toller Charakter, hilfsbereit und loyal gegenüber jenen, die ihm wichtig sind. Seine manchmal etwas unbeholfene Art fand ich sympathisch.

Auch der Aufbau des Buches hat mir gefallen. Die Kapitel sind in der Erzählperspektive geschrieben, mal mehr mit dem Fokus auf Hazel und dann wieder eher aus Jacks Sicht. Zwischen den Kapiteln gibt es gelegentlich Einschübe, wie Zeitungsberichte, Notizen, Anmerkungen von Zeitzeugen. Hierdurch wird ein lebendiges Bild der Stadt Edinburghs, der gesellschaftlichen und sozialen Zustände der Zeit aber auch dem damaligen Stand der Medizin gezeichnet.

Nicht in die Irre führen lassen sollte man von dem Untertitel ‚Eine Liebesgeschichte‘. Meiner Meinung nach ist dies doppeldeutig zu verstehen. Ja, zwischen Hazel und Jack entwickelt sich ein zarte und schön beschriebene Liebesgeschichte. Aber für mich stand eine andere Liebe viel mehr im Mittelpunkt der Geschichte. Nämlich Hazels Liebe zur Wissenschaft und zur Medizin für die sie bereit, alles zu geben.

Das Ende des Romans wartet mit einem, auf den ersten Blick überraschenden, Plot-Twist auf. Wobei ich der Meinung bin, dass es immer mal wieder Andeutungen gab, so dass ich nicht vollkommen überrascht war. Aber hier schlägt das Buch genremäßig nochmal eine neue Richtung ein. Mir hat das gut gefallen. Insgesamt fand ich den Genremix aus Historienkrimi, Gothic, Jugendroman und eben auch … (will hier nicht spoilern ;-) ) sehr spannend und stimmig erzählt.

Ein paar Worte noch zur Print-Version des Buches. Das Cover ist ein Hingucker und passt so gut zu der Geschichte. Aber auch der Rest des Buches ist großartig gestaltet. Die raue Haptik des Buchumschlags hat mir gefallen ebenso die invers gedruckten Seiten der Zwischenkapitel.

Fazit. ‚Anatomy - Eine Liebesgeschichte‘ hat potential zum Jahreshighlight. Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. Hazel ist eine großartige Protagonistin, die ich gerne auf ihrem Weg begleitet habe. Das Ende des Buches war überraschend, aber gut vorbereitet. Gefallen hat mir zudem, dass das Buch auch für sich allein stehen bleiben könnte. Nichtsdestotrotz freue ich mich, dass noch ein zweiter Band folgen wird. Leseempfehlung.

Bewertung vom 09.12.2022
All I (don't) want for Christmas / Love Songs in London Bd.1
Krüger, Tonia

All I (don't) want for Christmas / Love Songs in London Bd.1


sehr gut

Stimmungsvolle Weihnachtsliebesgeschichte

Ich bin eigentlich keine Romance-Leserin und auch um Liebesfilme/-serien oder Romcoms mache ich eher einen Bogen, denn meistens ist mir das alles zu kitschig. Zur Weihnachtszeit mache ich aber gerne eine Ausnahme.
‚All I (Don’t) Want for Christmas‘ hat mich nicht nur durch sein wunderschönes Cover angesprochen, auch die Leseprobe hat mich sofort für das Buch eingenommen. Der Schreibstil der Autorin ist locker, aber mitreißend und es war leicht, in die Handlung einzutauchen.

Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Febe erzählt. Febe war die Art von Hauptprotagonist, die ich sofort in mein Herz geschlossen habe. Mir hat imponiert, wie sie mit ihrer persönlichen Situation umgeht, wie sehr sie für ihr Thema (Shakespeare) brennt und dafür einsteht. Was mir Febe zusätzlich noch sympathisch machte, war ihre Abneigung gegen das schmuddelige Winterwetter… auch ich friere dieser Tage viel… da konnte ich sofort mit ihr relaten ;-)
Liam war ein interessanter Charakter, denn er hat im Lauf der Geschichte eine schöne Entwicklung durchgemacht. Anfänglich war er noch arrogant und teilweise ziemlich herablassend zu Febe. Aber es war für mich als Leser schön zu sehen, wie er sein eigenes Veralten reflektiert. Die Gespräche mit Febe eröffnen ihm eine neue Sichtweise auf sein Leben und sein Verhalten und nicht zuletzt auch auf seine Beziehung zur Ex-Freundin Charlotte.
Überhaupt nicht gefallen hat mir hingegen Febes Freundin Joss, die für meinen Geschmack zu grenzüberschreitend und oberflächlich war. Warum sie und Febe Freundinnen sind, erschloss sich mir nicht.

Die Handlung rund um das Weihnachtsfest bei Liams Familien hat mir gefallen. Ich fand es schön, wie Febe und Liam langsam zueinander finden. Die Gespräche zwischen den beiden über ihre jeweilige Leidenschaft habe der Geschichte Tiefe gegeben. Denn nach und nach können sie die Welt des anderen verstehen und bauen ihre Vorurteile ab.
Die Entwicklung im letzten Viertel des Buches fand ich allerdings etwas überzogen. Das war mir zu viel Drama und Febes Reaktion konnte ich teilweise nicht ganz nachvollziehen. Letztendlich hat die Geschichte aber den Bogen noch bekommen, denn ich fand das Ende wirklich süß.

Fazit. ‚All I (Don’t) Want for Christmas‘ war ein wunderschönes Feel-Good-Weihnachtsbuch, bei dem auch Romance-Muffel wie ich auf ihre Kosten kommen. Die Figuren waren gut charakterisiert und machen eine glaubhafte Entwicklung durch, die der Handlung eine gewisse Tiefe geben. Der angenehme Schreibstil der Autorin macht Lust auf die weiteren Bücher der Reihe.

Bewertung vom 30.11.2022
Wer die Nacht malt / The Lost Crown Bd.1
Benkau, Jennifer

Wer die Nacht malt / The Lost Crown Bd.1


sehr gut

Ein besonderes Land, eine besondere Magie…

‚The Lost Crown‘ war mein erstes Buch der Autorin. Und obwohl der Roman in derselben Welt spielt, wie Benkaus andere Diologien, war Vorwissen m.E.n. nicht erforderlich. Zumindest hatte ich nie das Gefühl, dass mir irgendwo Wissen fehlte.
Die Autorin hat einen angenehmen und bildhaften Schreibstil. Ich hatte das Geschehen immer gut vor Augen und konnte so diese stimmungsvolle Welt genießen.

Überhaupt punktet das Buch für mich durch das fantastische Worldbuilding! Die beiden Länder Eshrian und Amisa waren toll beschrieben. Insbesondere die unterschiedlichen Landschaften, Flora und Fauna aber auch die kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede wurden sehr gut herausgearbeitet. Es war spannend, gemeinsam mit Kaya, Eshrian und seine Menschen kennen zu lernen. Auch die Idee, das Eshrian nicht einfach nur ein Land ist, sondern über ein eigenes Bewusstsein verfügt, war originell.

Kaya ist eine angenehme Protagonistin. Ich mochte ihre selbstbewusste Art und dass sie sich trotz der Ablehnung, die sie zeit ihres Lebens ertragen musste, nicht unterkriegen lässt. Die Geschichte ist überwiegend aus der Ich-Perspektive von Kaya geschrieben, wodurch ihre Gefühle und ihr Handeln sehr gut nachvollziehbar waren. Außergewöhnlich fand ich auch Kayas Magie. Mir haben die detaillierten Beschreibungen, wie sie Magie wirkt und wie sie autodidaktisch ihre Fähigkeiten erweitert sehr gefallen.
Es gibt in dem Buch auch ein paar Kapitel, die aus Mirulays Sicht erzählt sind. Das fand ich hilfreich, um ein differenziertes Bild dieser Figur zu bekommen, denn Miru ist kein Charakter, der einem sofort sympathisch ist. Er ist zu Beginn ggü. Kaya verschlossen und abweisend und ich konnte sein Handeln nicht immer nachvollziehen. Aber im Laufe des Buches erfährt man mehr über seine Vergangenheit und es ergibt sich ein rundes Bild. So ganz nah ist mir Mirulay aber bis zum Schluss nicht gekommen.
Von den Nebenfiguren möchte ich gerne noch Cisca erwähnen. Diese ist anfänglich sehr krazbürstig und unzugänglich, im Laufe der Geschichte lernt man aber ihre weiche Seite kennen und so hat sie immer mehr mein Herz erobert.

Die Autorin nimmt sich Zeit für die Entwicklung ihrer Figuren, das schlägt sich aber im Pacing nieder. Für meinen Geschmack hätte die Handlung etwas straffer voranschreiten können, so hatte die Geschichte (für mich) doch einige Längen.
Ansonsten enthält der Roman das ein oder andere bekannte Trope… die Außenseiterin mit besonderen Fähigkeiten, ein tyrannischer Herrscher, ein gebrochener Charakter und eine klassische Enemies-to-Lovers Storyline. Mich hat das nicht weiter gestört, der YA-Fantasy-Roman wurde hier zwar nicht neu erfunden, aber dennoch gut erzählt. Das Ende hält die ein oder andere Enthüllung bereit und hat die Spannung nochmal nach oben gebracht.

Fazit. ‚The Lost Crown‘ war ein unterhaltsamer erste Teil und hat mich vor allem durch das gut durchdachte und stimmungsvolle Worldbuilding überzeugt. Das Erzähltempo hätte etwas straffer sein können. Der Charakterentwicklung hat mir aber gefallen. Ich freue mich auf die Fortsetzung.

Meine Wertung: 3,5 Sterne.

Bewertung vom 15.11.2022
Vilma zählt die Liebe rückwärts
Skretting, Gudrun

Vilma zählt die Liebe rückwärts


sehr gut

Vilmas Weg… oder… von Schnauzbärten, Auberginen und Lebkuchenhäuschen

Nach der Leseprobe hatte ich von dem Buch einen humoristischen Feel-Good-Roman erwartet. ‚Vilma zählt die Liebe rückwärts‘ steckt auch wirklich voller Humor und es gibt viele schöne zwischenmenschliche Momente. Vilmas Geschichte enthält aber auch traurig-tragische Ereignisse. Der Roman schafft es, all diese Elemente zu einem großartigen Ganzen zu verschmelzen.

Die 35-jährige Vilma arbeitet als Klavierlehrerin und ist ein ziemlicher Eigenbrötler. Ihr Leben verläuft strukturiert, geordnet und möglichst risikoarm. Eines Tages erfährt sie, dass ihr Vater, den Vilma nie kennen gelernt hat, auf dem Weg zu ihr war und im Flugzeug verstorben ist. Im Gepäck hatte er einen Stapel Briefe, adressiert an seine Tochter Vilma.

Ich liebe skurrile Figuren. Und auf Hauptprotagonistin Vilma trifft dieses Attribut definitiv zu. Vilma wirkt ein bisschen pedantisch und nicht besonders zugänglich. Sie beschäftigt sich viel mit dem Tod bzw. damit, diesem möglichst lange aus dem Weg zu gehen. Nichtsdestotrotz war mir die Figur von Beginn an sympathisch. Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Vilma erzählt und ihre eigenwillige Art führt zu einem besonderen trocken-humorigen Schreibstil, der mir sehr gefallen hat.
Auch die anderen Figuren des Buches sind liebevoll charakterisiert. Besonders den kleinen Amdi, Vilmas Klavierschüler, schließt man mit seiner Unbekümmertheit sofort ins Herz.

Die Autorin erzählt eine außergewöhnliche und einfühlsame Geschichte. Vor allem die Briefe des Vaters waren etwas ganz besonders. Er erzählt Vilma von seinem Leben, das geprägt ist von Musik, der großen Liebe, von Verlust und Aussöhnung. Diese hochemotionalen Absätze stehen, zumindest zu Beginn, in Kontrast zu Vilmas eher spröden rationalen Art.
Aber die Briefe bewirken etwas in Vilma. Sie erfährt dadurch die Geschichte ihrer Eltern und auch eigene Erlebnisse werden in ein neues Licht gerückt. Es kommen Dinge an die Oberfläche, die lange verschollen und verdrängt waren. Die fehlenden Puzzlestücke ihres Lebens finden an ihren Platz. Und auch wenn Vilmas Entwicklung vielleicht ein bisschen schnell ging, war es wunderbar, sie auf diesem Weg zu begleiten.

Ein paar Worte noch zum Cover: Obwohl ich das deutsche Cover ganz hübsch finde, macht es mit seiner Farbgestaltung einen eher sommerlichen Eindruck. Die Geschichte spielt aber im Winter in der Adventszeit. Ein Cover mit mehr Bezug zur Jahreszeit hätte meiner Meinung nach besser gepasst.

Fazit. ‚Vilma zählt die Liebe rückwärts‘ hat mich überrascht und durch und durch überzeugt. Es war ein wunderschöner witzig-ernsthaft-traurig-humorvoller Roman über das Leben und die Liebe. Eine tolle Geschichte für gemütliche Winternachmittage bei Tee und Lebkuchen.

Bewertung vom 07.11.2022
Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald
Thomas, Aiden

Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald


sehr gut

Eine bewegende Geschichte über Trauer und das Erwachsenwerden

Dieses Buch hat mir einiges abverlangt. Das ist aber nicht negativ gemeint, im Gegenteil, ‚Wendy & Peter‘ von Aiden Thomas war eine beeindruckende und tief emotionale Geschichte. Es ist eines dieser Bücher, das noch lange in mir nachhallen wird.

Vor fünf Jahren verschwanden Wendy und ihre beiden Brüder spurlos. Nach sechs Monaten taucht Wendy wieder auf, allein, traumatisiert und ohne Erinnerung, was mit ihr und den beiden Jungs geschehen ist. Als erneut Kinder verschwinden, drohen die alten Wunden wieder aufzubrechen. Und dann begegnet Wendy Peter, einem Jungen, den sie aus den Märchen ihrer Kindheit kennt.

‚Wendy & Peter‘ ist kein klassisches Re-Telling der Märchengeschichte von Peter Pan sondern eher eine Art Fortsetzung im modernen Setting der heutigen Zeit. Und es ist mehr als eine Abenteuergeschichte. Das Buch erzählt von erlittenen Traumatas, von Trauer und Depression. Es ist aber auch eine Geschichte, und hier ähnelt sie dem Original, von der Magie des Kind-seins und der Fantasie.

Ich mochte den Schreibstil des Autors bereits in ‚Yadriel & Julian‘ sehr. Er ist bildhaft und unglaublich nah an den Figuren. Auch hat mir sehr gefallen, dass Aiden Thomas erneut in einem Jugendbuch ein wichtiges Thema anspricht, was häufig unterrepräsentiert ist, nämlich die Folgen von Traumatas auf die psychische Gesundheit.

Wendy kann sich an die Ereignisse, die zu ihrem und dem Verschwinden ihrer Brüder führten nicht erinnern. Aber das Erlebte hat sie schwer traumatisiert, was eindringlich und authentisch beschrieben wurde. Sie ist in sich gekehrt, hat Angst vor der Dunkelheit und einen leichten Waschzwang entwickelt. Wir begegnen einer jungen Frau auf der Schwelle zum Erwachsenwerden, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, ein normales Leben zu führen, aber stets begleitet von den Schatten ihrer Vergangenheit. Wendys Figur hat mich sehr berührt.
Auch Peter wurde wundervoll charakterisiert. Einerseits ist er ganz Peter Pan, charmant, witzig, ein unbekümmerte Junge, der neugierig die Welt entdeckt. Andererseits ist er auch ein ernster Charakter, denn der Verlust seines Schattens und das schwächer werden seiner Magie stellt ihn vor eine schwere Herausforderung. Dem Autor ist es gut gelungen, diese beiden Fassetten des Charakters glaubhaft darzustellen.

Die Geschichte wird langsam erzählt und die Beziehung zwischen Wendy und Peter behutsam aufgebaut. Durch ihre gemeinsame Suche nach Peters Schatten und den entführten Kindern kommen langsam Wendys Erinnerungen zurück. Es beginnt ein langsamer Prozess der Heilung.
Und neben all der schweren Themen gibt es immer wieder schöne Momente der Leichtigkeit, wenn Peter wirklich zu Peter Pan wird… furchtlos, albern, kindlich… und es so schafft, Wendy aus ihrem Kokon aus Trauer und Schuldgefühlen zu holen.

Auch wenn mir einige Andeutungen erst im Nachgang klar wurden, hat mich das Ende der Geschichte nicht völlig überrascht. Die Idee, wer Peter Pan tatsächlich ist, was es mit seinen sogenannten „verlorenen Kindern“ und letztendlich auch mit Wendys Brüdern auf sich hat war wunderschön und hochemotional. Ich bin ja generell nah am Wasser gebaut, aber dieses Ende hat mir viele Tränen beschert.

Fazit. ‚Wendy & Peter - Verloren im Nimmerwald‘ ist eine „erwachsenere“ Version des bekannten Klassikers. Die Geschichte ist traurig, düster, aber gleichzeitig auch voller Magie und Hoffnung, dass irgendwie alles gut werden wird. Ich fand die Geschichte wunderschön.

Ein paar Worte noch zum Cover: Schon bei Aiden Thomas Roman ‚Yadriel & Julian‘ war ich von dem deutschen Cover sehr begeistert und auch bei diesem Buch gefällt mir das Cover wieder sehr. Es fängt m.M.n. sehr gut die Stimmung des Buches ein und der Baum als zentraler Punkt passt ebenfalls hervorragend zu seiner Bedeutung in der Geschichte.