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Hamburg

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Insgesamt 62 Bewertungen
Bewertung vom 30.11.2022
Wer die Nacht malt / The Lost Crown Bd.1
Benkau, Jennifer

Wer die Nacht malt / The Lost Crown Bd.1


sehr gut

Ein besonderes Land, eine besondere Magie…

‚The Lost Crown‘ war mein erstes Buch der Autorin. Und obwohl der Roman in derselben Welt spielt, wie Benkaus andere Diologien, war Vorwissen m.E.n. nicht erforderlich. Zumindest hatte ich nie das Gefühl, dass mir irgendwo Wissen fehlte.
Die Autorin hat einen angenehmen und bildhaften Schreibstil. Ich hatte das Geschehen immer gut vor Augen und konnte so diese stimmungsvolle Welt genießen.

Überhaupt punktet das Buch für mich durch das fantastische Worldbuilding! Die beiden Länder Eshrian und Amisa waren toll beschrieben. Insbesondere die unterschiedlichen Landschaften, Flora und Fauna aber auch die kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede wurden sehr gut herausgearbeitet. Es war spannend, gemeinsam mit Kaya, Eshrian und seine Menschen kennen zu lernen. Auch die Idee, das Eshrian nicht einfach nur ein Land ist, sondern über ein eigenes Bewusstsein verfügt, war originell.

Kaya ist eine angenehme Protagonistin. Ich mochte ihre selbstbewusste Art und dass sie sich trotz der Ablehnung, die sie zeit ihres Lebens ertragen musste, nicht unterkriegen lässt. Die Geschichte ist überwiegend aus der Ich-Perspektive von Kaya geschrieben, wodurch ihre Gefühle und ihr Handeln sehr gut nachvollziehbar waren. Außergewöhnlich fand ich auch Kayas Magie. Mir haben die detaillierten Beschreibungen, wie sie Magie wirkt und wie sie autodidaktisch ihre Fähigkeiten erweitert sehr gefallen.
Es gibt in dem Buch auch ein paar Kapitel, die aus Mirulays Sicht erzählt sind. Das fand ich hilfreich, um ein differenziertes Bild dieser Figur zu bekommen, denn Miru ist kein Charakter, der einem sofort sympathisch ist. Er ist zu Beginn ggü. Kaya verschlossen und abweisend und ich konnte sein Handeln nicht immer nachvollziehen. Aber im Laufe des Buches erfährt man mehr über seine Vergangenheit und es ergibt sich ein rundes Bild. So ganz nah ist mir Mirulay aber bis zum Schluss nicht gekommen.
Von den Nebenfiguren möchte ich gerne noch Cisca erwähnen. Diese ist anfänglich sehr krazbürstig und unzugänglich, im Laufe der Geschichte lernt man aber ihre weiche Seite kennen und so hat sie immer mehr mein Herz erobert.

Die Autorin nimmt sich Zeit für die Entwicklung ihrer Figuren, das schlägt sich aber im Pacing nieder. Für meinen Geschmack hätte die Handlung etwas straffer voranschreiten können, so hatte die Geschichte (für mich) doch einige Längen.
Ansonsten enthält der Roman das ein oder andere bekannte Trope… die Außenseiterin mit besonderen Fähigkeiten, ein tyrannischer Herrscher, ein gebrochener Charakter und eine klassische Enemies-to-Lovers Storyline. Mich hat das nicht weiter gestört, der YA-Fantasy-Roman wurde hier zwar nicht neu erfunden, aber dennoch gut erzählt. Das Ende hält die ein oder andere Enthüllung bereit und hat die Spannung nochmal nach oben gebracht.

Fazit. ‚The Lost Crown‘ war ein unterhaltsamer erste Teil und hat mich vor allem durch das gut durchdachte und stimmungsvolle Worldbuilding überzeugt. Das Erzähltempo hätte etwas straffer sein können. Der Charakterentwicklung hat mir aber gefallen. Ich freue mich auf die Fortsetzung.

Meine Wertung: 3,5 Sterne.

Bewertung vom 15.11.2022
Vilma zählt die Liebe rückwärts
Skretting, Gudrun

Vilma zählt die Liebe rückwärts


sehr gut

Vilmas Weg… oder… von Schnauzbärten, Auberginen und Lebkuchenhäuschen

Nach der Leseprobe hatte ich von dem Buch einen humoristischen Feel-Good-Roman erwartet. ‚Vilma zählt die Liebe rückwärts‘ steckt auch wirklich voller Humor und es gibt viele schöne zwischenmenschliche Momente. Vilmas Geschichte enthält aber auch traurig-tragische Ereignisse. Der Roman schafft es, all diese Elemente zu einem großartigen Ganzen zu verschmelzen.

Die 35-jährige Vilma arbeitet als Klavierlehrerin und ist ein ziemlicher Eigenbrötler. Ihr Leben verläuft strukturiert, geordnet und möglichst risikoarm. Eines Tages erfährt sie, dass ihr Vater, den Vilma nie kennen gelernt hat, auf dem Weg zu ihr war und im Flugzeug verstorben ist. Im Gepäck hatte er einen Stapel Briefe, adressiert an seine Tochter Vilma.

Ich liebe skurrile Figuren. Und auf Hauptprotagonistin Vilma trifft dieses Attribut definitiv zu. Vilma wirkt ein bisschen pedantisch und nicht besonders zugänglich. Sie beschäftigt sich viel mit dem Tod bzw. damit, diesem möglichst lange aus dem Weg zu gehen. Nichtsdestotrotz war mir die Figur von Beginn an sympathisch. Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Vilma erzählt und ihre eigenwillige Art führt zu einem besonderen trocken-humorigen Schreibstil, der mir sehr gefallen hat.
Auch die anderen Figuren des Buches sind liebevoll charakterisiert. Besonders den kleinen Amdi, Vilmas Klavierschüler, schließt man mit seiner Unbekümmertheit sofort ins Herz.

Die Autorin erzählt eine außergewöhnliche und einfühlsame Geschichte. Vor allem die Briefe des Vaters waren etwas ganz besonders. Er erzählt Vilma von seinem Leben, das geprägt ist von Musik, der großen Liebe, von Verlust und Aussöhnung. Diese hochemotionalen Absätze stehen, zumindest zu Beginn, in Kontrast zu Vilmas eher spröden rationalen Art.
Aber die Briefe bewirken etwas in Vilma. Sie erfährt dadurch die Geschichte ihrer Eltern und auch eigene Erlebnisse werden in ein neues Licht gerückt. Es kommen Dinge an die Oberfläche, die lange verschollen und verdrängt waren. Die fehlenden Puzzlestücke ihres Lebens finden an ihren Platz. Und auch wenn Vilmas Entwicklung vielleicht ein bisschen schnell ging, war es wunderbar, sie auf diesem Weg zu begleiten.

Ein paar Worte noch zum Cover: Obwohl ich das deutsche Cover ganz hübsch finde, macht es mit seiner Farbgestaltung einen eher sommerlichen Eindruck. Die Geschichte spielt aber im Winter in der Adventszeit. Ein Cover mit mehr Bezug zur Jahreszeit hätte meiner Meinung nach besser gepasst.

Fazit. ‚Vilma zählt die Liebe rückwärts‘ hat mich überrascht und durch und durch überzeugt. Es war ein wunderschöner witzig-ernsthaft-traurig-humorvoller Roman über das Leben und die Liebe. Eine tolle Geschichte für gemütliche Winternachmittage bei Tee und Lebkuchen.

Bewertung vom 07.11.2022
Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald
Thomas, Aiden

Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald


sehr gut

Eine bewegende Geschichte über Trauer und das Erwachsenwerden

Dieses Buch hat mir einiges abverlangt. Das ist aber nicht negativ gemeint, im Gegenteil, ‚Wendy & Peter‘ von Aiden Thomas war eine beeindruckende und tief emotionale Geschichte. Es ist eines dieser Bücher, das noch lange in mir nachhallen wird.

Vor fünf Jahren verschwanden Wendy und ihre beiden Brüder spurlos. Nach sechs Monaten taucht Wendy wieder auf, allein, traumatisiert und ohne Erinnerung, was mit ihr und den beiden Jungs geschehen ist. Als erneut Kinder verschwinden, drohen die alten Wunden wieder aufzubrechen. Und dann begegnet Wendy Peter, einem Jungen, den sie aus den Märchen ihrer Kindheit kennt.

‚Wendy & Peter‘ ist kein klassisches Re-Telling der Märchengeschichte von Peter Pan sondern eher eine Art Fortsetzung im modernen Setting der heutigen Zeit. Und es ist mehr als eine Abenteuergeschichte. Das Buch erzählt von erlittenen Traumatas, von Trauer und Depression. Es ist aber auch eine Geschichte, und hier ähnelt sie dem Original, von der Magie des Kind-seins und der Fantasie.

Ich mochte den Schreibstil des Autors bereits in ‚Yadriel & Julian‘ sehr. Er ist bildhaft und unglaublich nah an den Figuren. Auch hat mir sehr gefallen, dass Aiden Thomas erneut in einem Jugendbuch ein wichtiges Thema anspricht, was häufig unterrepräsentiert ist, nämlich die Folgen von Traumatas auf die psychische Gesundheit.

Wendy kann sich an die Ereignisse, die zu ihrem und dem Verschwinden ihrer Brüder führten nicht erinnern. Aber das Erlebte hat sie schwer traumatisiert, was eindringlich und authentisch beschrieben wurde. Sie ist in sich gekehrt, hat Angst vor der Dunkelheit und einen leichten Waschzwang entwickelt. Wir begegnen einer jungen Frau auf der Schwelle zum Erwachsenwerden, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, ein normales Leben zu führen, aber stets begleitet von den Schatten ihrer Vergangenheit. Wendys Figur hat mich sehr berührt.
Auch Peter wurde wundervoll charakterisiert. Einerseits ist er ganz Peter Pan, charmant, witzig, ein unbekümmerte Junge, der neugierig die Welt entdeckt. Andererseits ist er auch ein ernster Charakter, denn der Verlust seines Schattens und das schwächer werden seiner Magie stellt ihn vor eine schwere Herausforderung. Dem Autor ist es gut gelungen, diese beiden Fassetten des Charakters glaubhaft darzustellen.

Die Geschichte wird langsam erzählt und die Beziehung zwischen Wendy und Peter behutsam aufgebaut. Durch ihre gemeinsame Suche nach Peters Schatten und den entführten Kindern kommen langsam Wendys Erinnerungen zurück. Es beginnt ein langsamer Prozess der Heilung.
Und neben all der schweren Themen gibt es immer wieder schöne Momente der Leichtigkeit, wenn Peter wirklich zu Peter Pan wird… furchtlos, albern, kindlich… und es so schafft, Wendy aus ihrem Kokon aus Trauer und Schuldgefühlen zu holen.

Auch wenn mir einige Andeutungen erst im Nachgang klar wurden, hat mich das Ende der Geschichte nicht völlig überrascht. Die Idee, wer Peter Pan tatsächlich ist, was es mit seinen sogenannten „verlorenen Kindern“ und letztendlich auch mit Wendys Brüdern auf sich hat war wunderschön und hochemotional. Ich bin ja generell nah am Wasser gebaut, aber dieses Ende hat mir viele Tränen beschert.

Fazit. ‚Wendy & Peter - Verloren im Nimmerwald‘ ist eine „erwachsenere“ Version des bekannten Klassikers. Die Geschichte ist traurig, düster, aber gleichzeitig auch voller Magie und Hoffnung, dass irgendwie alles gut werden wird. Ich fand die Geschichte wunderschön.

Ein paar Worte noch zum Cover: Schon bei Aiden Thomas Roman ‚Yadriel & Julian‘ war ich von dem deutschen Cover sehr begeistert und auch bei diesem Buch gefällt mir das Cover wieder sehr. Es fängt m.M.n. sehr gut die Stimmung des Buches ein und der Baum als zentraler Punkt passt ebenfalls hervorragend zu seiner Bedeutung in der Geschichte.

Bewertung vom 26.10.2022
Vega - Der Wind in meinen Händen
Perko, Marion

Vega - Der Wind in meinen Händen


gut

Spannend erzählte Dystopie mit „Luft“ nach oben

Eine Welt, in der Hitze und Dürre vorherrschen und Regen fast nur noch durch künstliche Manipulation erzeugt werden kann. Dieses Setting erscheint erschreckend realistisch und hätte eine spannende Ausgangsbasis sein können, leider konnte mich das Buch aber in vielen Punkten nicht überzeugen. Aber der Reihe nach…

Ich mag es, wenn eine Geschichte sofort los geht und ich als Leser direkt in die Handlung geworfen werde. So beginnt bereits im zweiten Kapitel Vegas Flucht vor den Behörden, die ihr die Schuld an einem Wetterunfall anlasten. Der Spannungsbogen ist von Beginn an hoch und es dauert eine Weile, bis man wieder zu Atem kommt. Diese rasante Erzählweise hat mir gefallen.

Leider wird in dem Roman auf das Thema Klimawandel und dessen Folgen viel zu wenig eingegangen. Es wird zwar von Wasserknappheit und Hitze gesprochen, aber die konkreten Auswirkungen für die allgemeine Bevölkerung werden kaum aufgezeigt bzw. sind auch nicht ganz stimmig dargestellt (z.B. kommt Wasser immer noch ohne Rationierung aus dem Hahn). Ich hätte gerne auch mehr über die politische Lage erfahren. Es werden zwar der „Systemzusammenbruch“ sowie ein schwerwiegendes Klimaereignis erwähnt, aber wie genau die aktuelle Lage in Deutschland, Europa, dem Rest der Welt aussieht wird kaum erläutert. Überhaupt, das die Geschichte in Deutschland spielt, merkt man nicht. Es hätten auch die USA oder England oder ein anderes Industrieland sein können.

Das Buch ist aus der Ich-Perspektive von Vega geschrieben und ihre Charaktergestaltung ist überwiegend gelungen. Man erfährt zwar in diesem Band noch recht wenig über ihre Vergangenheit, aber grds. fand ich ihre zurückhaltende und misstrauische Art nachvollziehbar. Dass sie Leo, der ihr bei der Flucht hilft, so schnell vertraut, passt da nicht so recht ins Bild. Vor allem, dass Vega kaum Fragen zu Leos Motivation und überhaupt zu seiner Person stellt, fand ich schwierig.
Tja, und dann auch noch die Liebesgeschichte(n)…, dass sich Vega und Leo während der Flucht näher kommen hätte ich noch ein Stück weit verstanden, wäre Vega nicht eigentlich mit Esper zusammen, der spurlos verschwunden ist. Hier fand ich Vegas Verhalten nicht unbedingt nachvollziehbar. Einerseits macht sie sich Sorgen um ihren Freund andererseits verguckt sie sich in Leo. Dieses Dreicks-Trope ist aber auch ehrlich gesagt nicht mehr mein Geschmack.

Die eigentliche Handlung hat mir schon gefallen. Es dauerte zwar bis zum letzten Viertel des Buches bis sich die Fragen zu klären beginnen, aber der Weg dahin war gut gemacht. Mir sind die verschiedenen Interessensgruppen und ihre Ziele/Motivation noch nicht ganz klar, aber dies ist ja auch erst der Auftaktband einer Trilogie. Von daher kann ich damit leben, dass noch einiges im Unklaren bleibt. Das Ende wartet mit der ein oder anderen Überraschung auf. Der große Twist hat mich jetzt aber nicht abgeholt, da ich ein Stück weit damit gerechnet habe.

Fazit. ‚Vega - Der Wind in meinen Händen‘ lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Einerseits war es ein solider Reihen-Auftakt, denn das Buch punktet mit einer angenehmen Erzählweise und einem hohen Spannungsbogen. Das Thema Klimawandel kommt aber leider viel zu kurz bzw. wird nicht kongruent erzählt.

Bewertung vom 10.10.2022
Totenbeschwörung für Anfänger / Emily Seymour Bd.1
Jager, Jennifer Alice

Totenbeschwörung für Anfänger / Emily Seymour Bd.1


gut

Tolle Geschichte, tolles Worldbuilding, aber teilweise schwierige Figuren…

Die 16-jährige Emily gehört zu einer berühmten Familien von Nekromanten, hat aber selbst (scheinbar) kein magisches Talent. Als Ashton, der Sohn der verfeindeten Nekromanten Familie Goodwin, bei den Seymours zu Gast ist, um einen Friedensvertrag auszuhandeln, gerät Emilys Welt aus den Fugen. Denn bei einem Ritual kommt Ashton, durch eine Unachtsamkeit von Emily, ums Leben. Um ihre Fehler wieder gut zu machen, beschließt sie Ashton mit einem verbotenen Zauber von den Toten zurückzuholen. Doch das hat Konsequenzen…

Ich lese ja gerne Jugendbücher, auch wenn ich (Ü40) schon lange nicht mehr deren Zielgruppe bin. Das Setting hat mich neugierig gemacht und auch die Leseprobe hatte mir gefallen. Mit dem Roman insgesamt habe ich mich aber etwas schwergetan. Aber der Reihe nach…

Das Worldbuilding ist auf jeden Fall ein riesen großer Pluspunkt! Die Idee mit der Zwischenwelt und den Raumfalten war (im wahrsten Sinne des Wortes) fantastisch. Die übernatürliche Welt mit den verschiedenen Kreaturen und magischen Disziplinen war stimmig und atmosphärisch ausgestaltet. Die Beschreibungen, z.B. von Emilys Zuhause oder den New Yorker Straßenzügen, waren bildhaft und ich konnte mir die Szenerie gut vorstellen.
Die Geschichte an sich war eigentlich auch ganz gut. Klar, das Genre wird hier nicht neu erfunden und es wurde das ein oder andere Klischee bedient. Es dauerte auch ein bisschen, bis die Handlung in Fahrt kam, aber ab der zweiten Hälfte blieb der Spannungsbogen hoch, der „Showdown“ am Ende hat mich gepackt und es gab die ein oder andere Überraschung.

Womit ich mich aber etwas schwer getan habe, sind die Figuren. Die Hauptprotagonistin Emily hat durchaus liebenswerte Eigenschaften. Aber diese übertriebene Tollpatschigkeit ging mir nach nur wenigen Kapiteln ziemlich auf die Nerven. Dennoch mochte ich ihre Neugierde und dass sie sich von ihrer Familie nicht unterkriegen lässt.
Überhaupt… Emilys Familie…egoistisch, unsympathisch, unempathisch… ich fand sie grässlich alle miteinander (mit Ausnahme von Emilys Granny vielleicht). Die völlig überzeichnete Darstellung der Familie Seymour hat mich in der ersten Hälfte des Buches fast zum Abbruch gebracht.
Und dann ist da noch Ashton, der natürlich „total heiß“ aussieht und in den sich Emily sofort verguckt. Die Storyline um ihn hat mir aber grds. gefallen. Zunächst fand ich seine Bockigkeit und seinen Unwillen, Emily zuzuhören etwas anstrengend. Aber man versteht schließlich, was durch den Wiederbelebungs-Zauber mit ihm geschehen ist. Sein Handeln und seine Reaktionen waren dann für mich nachvollziehbar. Letztendlich hat mir die Dynamik zwischen ihm und Emily sehr gefallen und ich musste oft schmunzeln bei ihren kleinen Kabbeleien.

Fazit. Das Buch lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Insbesondere in der ersten Hälfte haben mir die überzeichneten Figuren die Geschichte ganz schön vergrätzt. Andererseits war das Worldbuilding wirklich großartig und ab der zweiten Hälfte habe ich das Buch mit Freude gelesen. Der Cliffhanger am Ende war gemein und damit ganz nach meinem Geschmack. Insofern freue ich mich doch auf die Fortsetzung, die im April nächsten Jahres erscheint.

Bewertung vom 27.09.2022
Stachlige Eltern und Schwiegereltern
Berger, Jörg

Stachlige Eltern und Schwiegereltern


gut

Gut strukturiert, bleibt aber eher an der Oberfläche

Das Verhältnis zwischen Eltern und ihren Kinder ist häufig kein einfaches. Jeder Mensch ist durch die eigene Erziehung geprägt und gibt internalisierten Glaubensätze und Verhaltensweisen bewusst oder unbewusst an die eigenen Kinder weiter. Trotzdem wächst jeder Mensch auch mit den Einflüssen seiner Zeit auf und so macht die Nachfolgegeneration viele Ding anders, entwickelt eigene Werte und löst sich von denen des Elternhauses. Und hier kommt es dann häufig zu Konflikten.

Das Buch ‚Stachlige Eltern…“ beschäftigt sich mit diesen Konflikten und versucht, Hilfestellungen zu geben für einen entspannteren Umgang miteinander. Das Buch ist m.M.n. gut strukturiert. Es werden sieben typischen Problembereiche des Eltern-Kind-Verhältnisses angesprochen (z.B. Grenzüberschreitung, Abwertung, Energieräuber …) und jedem dieser Themen ein Kapitel gewidmet. In den Kapiteln werden Fallbeispiele beschrieben, die Auswirkungen des jeweiligen „schädlichen“ Verhaltens der Eltern erläutert und schließlich Möglichkeiten aufgezeigt, wie man als das Kind damit umgehen kann.

Es ist nicht das erste Buch, dass ich zum Thema Eltern-/Kind-Verhältnis lese und das ganze Thema ist m.M.n. hoch komplex. Insbesondere wenn auch noch vererbte Erfahrungen und Traumata der Nachkriegsgeneration hinzukommen, sind die Gründe, weshalb Eltern/Schwiegereltern sich auf eine bestimmte Weise verhalten schwierig zu durchdringen.
Leider beschäftigt sich das Buch zu wenig bzw. nur oberflächlich mit diesen Gründen. Es gibt zwar in jedem Kapitel einen Abschnitt dazu, aber dieser geht nicht wirklich in die Tiefe. Vielmehr werden verhaltenstherapeutische Ansätze vermittelt, a la „in Situation XY verhalte Dich so und so“. Das mag funktionieren und für bestimmt Situationen auch ausreichen. Für eine langfristige Verbesserung des Verhältnisses zwischen Eltern und Kind ist es m.M.n. aber auch hilfreich, die Hintergründe zu verstehen.
Nichtsdestotrotz haben mir die Beispiele, Tipps und Denkanstöße durchaus gefallen und ich habe sie als Einladung genommen, mich weiter mit den Themen zu beschäftigen und bei einigen Aspekten „tiefer zu graben“. Auch fand ich gut, dass das Buch kein Allheilmittel verspricht. Manchmal hilft nur Abstand, das Ausklammern von Themen und das Wahren der eigenen Grenzen, um einen einigermaßen friedlichen Umgang miteinander zu haben. Die Erkenntnis wird transportiert, dass die Harmonie und bedingungslose Akzeptanz, die man sich als Kind wünschen mag, nicht immer realistisch herstellbar ist.

Das Buch ist in einem Verlag erschienen, der sich an kirchlich geprägte Leser wendet. Und so enthalten die Kapitel jeweils auch einen Abschnitt, der sich der spirituellen bzw. Glaubenssicht des Themas widmet. Mir hat gefallen, dass der Autor im Vorwort darauf hinweist. So ist man als Leser darauf vorbereitet und kann selbst entscheiden, ob man sich mit dieser Perspektive beschäftigen möchte oder nicht.

Fazit. Der Ratgeber bleibt m.M.n. sehr an der Oberfläche und geht nicht tiefgreifend auf die Gründe des (schwieger-)elterlichen Verhaltens ein. Für Kinder, die ein hohes Konfliktpotenzial mit ihren Eltern oder Schwiegereltern haben, halte ich das Buch daher nur für bedingt geeignet. Wenn das Verhältnis aber im Großen und Ganzen in Ordnung ist und es nur zu bestimmten Themen zu Reibereien kommt, kann das Buch hier ein paar gute Tipps und Hilfestellungen geben, um die eigenen Grenzen zu waren.

Bewertung vom 20.09.2022
Die versteckte Apotheke
Penner, Sarah

Die versteckte Apotheke


sehr gut

Eine Apotheke für ein selbst bestimmtes Leben

Der Roman spielt in London und erzählt auf zwei Zeitebenen die Geschichte von drei Frauen. Im London des Jahres 1791 lernen wir Nella und Eliza kennen. Nella betreibt eine geheime Apotheke, in der sie Frauen, die von Männern Missbrauch oder Gewalt erfahren, Gift verkauft. Die 12-jährige Eliza wird im Auftrag ihrer Herrin zu Nella geschickt und wird deren Leben auf dramatische Weise beeinflussen. In der Gegenwart begleiten wir Caroline, die gerade in einer schweren persönlichen Krise steckt und die durch Zufall auf die Spuren von Nellas und Elizas Geschichte stößt.

Die drei Protagonistinnen sind sehr lebendig beschrieben und ich konnte mit allen dreien mitfühlen. Natürlich ist das was Nella tut nicht richtig, aber nach und nach erfahren wir ihre persönliche Geschichte, die traurig und tragisch ist und sie letztlich zu der Person gemacht hat, die anderen Frauen Gift verkauft. Denn welche anderen Möglichkeit hatte eine Frau sonst im 18. Jahrhundert, sich gegen einen Mann zur Wehr zu setzen? Letztendlich bezahl Nella einen hohen Preis für ihr Tun, ist sie doch mit Anfang 40 gesundheitlich bereits am Ende.
Eliza war ebenfalls ein schön geschriebener Charakter. Ich mochte ihre Wissbegierde und schnelle Auffassungsgabe. Man merkte, dass sie an der Schwelle vom Kind zur Frau steht. Tragisch ist in diesem Zusammenhang, dass ihr kindlicher Glaube an Magie und das Übernatürliche und ihre fehlende sexuelle Aufklärung den Beginn einer unglücklichen Kette von Ereignissen bildet, auf deren Spuren schließlich Caroline 200 Jahre später stößt.
Die Amerikanerin Caroline wollte eigentlich ihrem 10.Hochzeitstag gemeinsam mit ihrem Mann in London feiern. Nun tritt sie diese Reise allein an, nachdem sie von dessen Seitensprung erfahren hat. Carolines Verletzt- und Verlorenheit ist sehr gut rübergekommen. Vor allem die Zerrissenheit zwischen ihrem aktuellen - sicheren und vorhersehbaren Leben - sowie den Träumen und Sehnsüchten, die sie früher einmal hatte, waren einfühlsam erzählt. Ich fand es schön mitzuerleben, wie sie in London aufblühte und jene Seiten an ihr wiederentdeckt, die sie lange verloren glaubt. Ihre Entwicklung war toll, wenngleich es auch ein bisschen schnell ging.

Mir haben Aufbau und Ablauf der Handlung sehr gefallen. Geschickt wird anhand der Spurensuche von Caroline nach und nach die Geschichte von Nella und Eliza offenbart. Die Kapitel des Buches wechseln dabei zwischen den drei Figuren und werden jeweils in der Ich-Perspektive erzählt. Für mich ist das eine hervorragende Erzählweise, denn man ist immer nah den Figuren und hat doch unterschiedliche Perspektiven. Carolines Storyarc fand ich gegen Ende ein bisschen weit hergeholt und auch ihre Reaktion, als es für sie brenzlig wird, konnte ich nicht ganz nachvollziehen. Aber sei’s drum, das hat mir die Freude an der Gesamtgeschichte nicht genommen.
Auch wenn sich bei diesem Buch eigentlich nicht um einen Fantasy-Roman handelt, so hat das Ende doch einen leicht fantastisch-mystischen Nachklang. Für mich hat das sehr gut zu der Geschichte gepasst und mir rundum gefallen.

Fazit. Der Roman ‚Die versteckte Apotheke‘ hat nicht nur ein wunderschönes Cover sondern besticht auch mit einem hohen Spannungsbogen. Die Geschichte der portraitierten Frauen ist nachvollziehbar und einfühlsam erzählt. Für mich eine gelungene Mischung aus Krimi und Historienroman. Leseempfehlung.

Bewertung vom 13.09.2022
Carrie Soto is Back
Reid, Taylor Jenkins

Carrie Soto is Back


ausgezeichnet

Die Geschichte einer Tennislegende

Eines meiner bisherigen Jahreshighlights ist ‚Die sieben Männer der Evelyn Hugo‘, ein großartig geschriebener Roman über das Leben einer Hollywood-Ikone. Daher stand es außer Frage, dass ich auch das neue Buch von Taylor Jenkins Reid lesen werde.

Es geht um die ehemalige Tennisspielerin Carrie Soto, die in ihrer Karriere 20 Grand Slam Titel gewonnen und lange Zeit das Damentennis dominiert hat. Einige Jahre nach ihrem Karriereende droht dieser Rekord von einer anderen Spielerin überholt zu werden. Zusammen mit Ihrem Vater und Trainer Javier entschließt sich Carrie zu einem Comeback, um ihr Vermächtnis zu bewahren…

Der Tennissport ist in diesem Buch ein wichtiges Thema, denn es ist das zentrale Thema in Carries Leben. Es wird über Techniken gesprochen, über Spielstile, Schlagarten, einzelne Matches werden in dem Buch detailliert beschrieben. Ich habe mit Tennis gar nichts am Hut und auch noch nie ein Spiel von Anfang bis Ende gesehen. Und dennoch, hat mich der Roman mitgerissen und begeistert. Ich habe mit Carrie mitgefiebert, hatte gar das Gefühl mit ihr auf dem Platz zu stehen. Chapeau an die Autorin, mich als Leser so sehr für das Thema einzunehmen!
Überhaupt ist der Schreibstil von Taylor Jenkins Reid absolut mitreißend. Ich weiß nicht, wie sie das schafft, aber am liebsten hätte ich das Buch in einem Rutsch gelesen. Auch musste ich mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass es sich hier um eine fiktive Story handelt, so nah und so detailliert ist die Geschichte von Carrie Soto beschrieben.

Carrie ist auf den ersten Blick kein sympathischer Charakter. Sie ist schonungslos ehrlich und stört sich nicht daran, andere vor den Kopf zu stoßen. Sie ist übertrieben ehrgeizig und kennt in ihrem Leben nichts anderes als Tennis. Sie ist verschlossen und wirkt geradezu gefühlskalt. Dennoch habe ich die Figur sehr gemocht. Im Laufe der Geschichte merkt man schnell, wie viel Verletzlichkeit und Einsamkeit eigentlich in ihrem Charakter steckt. Carries Entwicklung in diesem Buch fand ich beeindruckend und hat mich sehr berührt.
Ein interessanter Charakter war in diesem Zusammenhang auch Carries Vater Javier, zu dem ich, zumindest anfänglich, ein ambivalentes Verhältnis hatte. Seit Carries Kindheit war es sein Ziel, sie zur besten Tennisspielerin der Welt zu machen. Darauf hat er hingearbeitet und ihr eine „normale“ Kindheit verwehrt. Letztendlich ist er so auch für Carries krankhaften Ehrgeiz verantwortlich. Nichtsdestotrotz ist er stets liebevoll und geduldig mit ihr gewesen und die Beziehung zwischen Vater unter Tochter ist trotz der ein oder anderen Differenz von viel Zuneigung und Liebe geprägt.
Ich fand es im Übrigen sehr authentisch, dass Carrie und ihr Vater immer wieder Spanisch miteinander sprechen. Diese Sätze wurden nicht übersetzt, waren m.M.n. aber meistens aus dem Zusammenhang zu verstehen. Ich habe diesen Punkt oft als Kritik gelesen, mich hat es aber nicht gestört.

Einige Handlungselemente haben sich m.M.n. schon recht früh angedeutet, und auch der dramaturgische Bogen von Carries Comeback hätte man kaum anders schreiben können. Das ändert aber nichts daran, wie sehr es mit gefallen hat Carries Weg zu verfolgen. Am Ende habe ich Tränen geweint, denn das Ende des Romans ist einfach nur… wow.

Ich habe eigentlich nur einen Kritikpunkt und der gilt nicht dem Buch selber sondern dem Klappentext. Dieser ist in Bezug auf Carrie und Bowe Huntley sehr irreführend. Ja, die beiden haben eine gemeinsame Vergangenheit, aber das einer dem anderen das Herz gebrochen hat ist Quatsch. Hier wird ein vergangenes Liebesdrama angedeutet, was nicht da war und das fand ich unnötig.

Fazit. Ich habe eine neue Lieblingsautorin gefunden. Taylor Jenkins Reid erzählt hier, ähnlich wie in ‚Die sieben Männer der Evelyn Hugo‘ die inspirierende Geschichte einer willensstarken Frau. Es wird bestimmt nicht das letzte Buch sein, was ich von ihr lese.

Bewertung vom 07.09.2022
Yadriel und Julian. Cemetery Boys
Thomas, Aiden

Yadriel und Julian. Cemetery Boys


sehr gut

Yadriels und Julians Weg... eine gefühlvolle, wunderschöne Geschichte

Zunächst ein paar Worte zum Cover des Romans: Das Cover ist ein Hingucker und passt m.M.n. hervorragend sowohl zu den queeren Aspekten der Geschichte als auch zum Día de Muertos. Tatsächlich mag ich das deutsche Cover lieber als das der Originalausgabe.

Der Schreibstil des Buches ist sehr angenehm und bildhaft. Ein wenig gewöhnungsbedürftig war für mich zunächst, dass viele Begriffe und teilweise ganze Sätze auf Spanisch geschrieben sind. Letztendlich hat mir das dann doch gut gefallen, da es viel Authentizität in die Geschichte gebracht hat. Und das meiste erschließt sich aus dem Zusammenhang (und für den Rest gibt es den Google Translator).

Das Buch beinhaltet eine Vielzahl an Themen und Handlungssträngen, die sich gegenseitig ergänzen und zu einer runden Gesamtgeschichte führen.
Da ist zum einen der Fantasy-Aspekt: Die Gemeinschaft der Brujx, die mit ihrer Magie Geister sehen und beschwören können bzw. Heilkräfte haben. Dieser Aspekt der Geschichte war so eng mit dem Día de Muertos und der Kultur der Latinx verknüpft, man konnte fast vergessen, dass diese Magie fiktiv ist. Insgesamt fand ich den Einblick in die latein-amerikanische Kultur, insbesondere zu den Bräuchen und Traditionen des Día de Muertos sehr interessant.

Zentrale Themen des Buches sind aber die eigene Identität, die Zugehörigkeit zu einer (Wahl-)Familie sowie die Akzeptanz des „Anders“-Seins. All diese Themen werden sehr sensibel und gefühlvoll in diesem Buch aufgearbeitet und durch die beiden Protagonisten portraitiert.
Yadriel ist ein eher ruhiger und zurückhaltender Charakter. Er hat sehr damit zu kämpfen, dass seine von Glauben und Traditionen geprägte Familie seine Trans-Identität nur schwer akzeptiert. Yadriels Situation und Gefühlslage ist glaubhaft und nachvollziehbar erzählt. Tag für Tag muss er mit den Reaktionen seiner Umwelt umgehen und manchmal hat er es einfach nur satt, ständig um Akzeptanz kämpfen zu müssen. Hier merkt man deutlich, dass das Buch von einem Own-Voices Autor geschrieben wurde.
Und dann ist da noch Julian, den ich, ähnlich wie Yadril, sofort ins Herz geschlossen habe. Julian ist impulsiv und aufbrausend aber auch (leider im Wahrsten Sinn des Wortes) loyal bis zum Tod gegenüber den Menschen, die ihm wichtig sind. Julian trägt seine Emotionen und sein Herz auf der Zunge. Trotz seiner schwierigen Familiengeschichte ist Julian ein positiver und aufgeschlossener Charakter.
Die Entwicklung der beiden Jungs war einfach schön zu begleiten und vor allem ihre Gegensätzlichkeit hat eine besondere Dynamik in die Geschichte gebracht. Dank Julian gewinnt Yadriel mehr Selbstbewusstsein. Denn Julian nimmt ihn an, wie er ist, ohne Wenn und Aber.

Ein kleines Manko war für mich, dass der Handlungsbogen um den Mord an Julian und dem Verschwinden von Yadriels Cousin Miguel relativ vorhersehbar war. Nichtsdestotrotz war der „Showdown“ am Ende spannend und überaus dramatisch. Das Ende des Buches hat mich sehr berührt und es ist die ein oder andere Träne geflossen.

Fazit. ‚Yadriel & Julian‘ war für mich ein wunderschönes Jugendbuch mit viel queerer Repräsentation, von der es im deutschen (Jugend-)Buchmarkt noch viele zu wenig gibt. Die beiden Hauptfiguren sind durch und durch liebenswerte und authentisch Charaktere. Der Einblick in die Latinx-Kultur hat mir ebenso gefallen, wie der Fantasy-Aspekt der Geschichte. Große Leseempfehlung für einen großartigen Own-Voices Roman!