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Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 135 Bewertungen
Bewertung vom 15.12.2015
Die Nacht schreibt uns neu
Atkins, Dani

Die Nacht schreibt uns neu


gut

"Die Nacht schreibt uns neu" ist ein Schmöker-Roman mit leisen Tönen, der genau richtig an trüben regnerischen Nachmittag kommt. Die Story von Emma und Jack, die sich bei einem tragischen Autounfall kennenlernen und bald mehr als nur eine bloße Dankbarschafts-Bekanntschaft füreinander empfinden, liest sich gut und schnell weg. Emma wird von Jack aus einem verunglückten Auto gezogen und kommt mit dem Schrecken davon - im Gegensatz zu ihrer Freundin, die ebenfalls mit im Auto saß und diesen Unfall mit dem Leben bezahlen muss. Emma ist eigentlich liiert, verlobt sogar mit Richard, doch schnell wird dem Leser klar, dass diese Beziehung nicht wirklich der innigen Liebe und Verbundenheit entsprungen ist, die man sich für eine baldige Hochzeit wünschen sollte. Das fand ich leider ein wenig zu vorhersehbar. Die Autorin schildert Emmas Beziehung zu Richard so kühl, zweckmäßig und abgeklärt, dass ich mich als Leserin ohnehin gefragt habe, warum die beiden zusammen sind. Und dann ist Richard auch nicht der, der er zu sein scheint... Mir erschien der von Emma gegangene Schritt - sich nämlich in einen anderen zu verlieben - gar nicht so weit hergeholt, weil eben leider vorhersehbar. Überhaupt muss ich sagen, dass mir die Geschichts insgesamt zu "weichgespült" war. Ich hätte mir hier mehr Ecken und Kanten gewünscht, sowohl in der Handlung, als auch insbesondere bei der Gestaltung der Figuren. Emma selbst blieb für mich meistens blass, keine wirkliche Heldin, eher ein Blatt, das unentschlossen im Wind fliegt und irgendwann bei dem außergewöhnlichen Amerikaner Jack landet. Dumm nur, dass eben gerade dieser außergewöhnliche Mann in meinen Augen so gar nicht außergewöhnlich war, eher vorhersehbar. Er wird so unglaublich toll, nett, sympathisch, attraktiv und aufopferungs- und hilfsbereit geschildert, dass ich ihn - tut mir leid, gähn! - einfach nur langweilig fand. Ein Held ist ja schön und gut - aber dann auch noch ein überperfekter Held?!
Insgesamt habe ich die Geschichte von Emma und Jack schon gern gelesen, wurde aber leider nur mäßig überrascht. Für meinen Geschmack hätten sowohl die Figuren als auch die Irrungen und Wirrungen in der Handlung mehr Tiefe vertragen können.

Bewertung vom 24.09.2015
Little Miss Ivy Bd.1
Krisp, Caleb

Little Miss Ivy Bd.1


gut

Ivy Pocket ist Zofe und Dienstmädchen bei adeligen Damen und gerät eines Tages in ein wahres Abenteuer. Eine Baronin übergibt Ivy einen wertvollen Diamanten an einer Halskette mit dem Auftrag, diesen als Geburtstagsgeschenk an ein junges Mädchen zu übergeben. Ivy ist leider zu neugierig und legt sich den Diamanten in der Zwischenzeit einfach mal selbst um den Hals, woraufhin ihr wundersame Dinge geschehen. Sie kann plötzlich sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft sehen, wenn sie in den Diamanten blickt. Als sie schließlich auf dem herrschaftlichen Schloss eintrifft, um den Diamanten zu überreichen, wird sie nicht nur von merkwürdigen Gestalten verfolgt, sondern gerät zugleich in einige familiäre Verwicklungen...
Soll ich ehrlich sein? Ich war froh, als ich die Geschichte von Ivy Pocket durchgelesen hatte. Das Buch ist für Leser ab 10 Jahren gedacht, was ich an sich nachvollziehbar finde; mich jedoch frage, ob die Sprache im Buch und die Verwicklungen, die sich nach und nach auftun, nicht vielleicht doch etwas zu schwer sind für ganz junge Leser. Ivy selbst ist 12 und ich konnte sie überhaupt nicht leiden. Der Autor wird Ivy schon bewusst als "nicht ganz einfach" dargestellt haben, aber Ivy ist das Exemplar einer Buchfigur, die mich persönlich irgendwann zum Wahnsinn treibt. Sie ist nicht nur unglaublich naiv und gutgläubig, sondern auch sowas von schwer von Begriff, checkt rein gar nichts, kann sich in andere nicht hineinversetzen und ist daher überhaupt nicht in der Lage, so etwas wie Ironie zu verstehen. Sie wird im Buch reihenweise übers Ohr gehauen und hat es nur mit falsch spielenden Personen zu tun - was dem Leser bereits nach wenigen Seiten klar ist -, nur sie versteht es einfach nicht und hinterlässt dadurch einen selten dummen Eindruck. Das ist nicht nur schrecklich zu lesen, sondern es ruiniert in meinen Augen auch jegliche Anwandlung von spannender Handlung, die in Grundzügen durchaus zu erahnen ist. Aber Caleb Krisp macht einfach nichts aus seiner interessanten Idee, welche Bedeutung der Diamant hat. Viel mehr verliert er sich in den dümmlichen und naiven Ausschweifungen seiner Anti-Heldin Ivy und verdarb mir damit von Seite zu Seite mehr das Interesse am Buch. Es mag sein, dass jüngere Leser vielleicht ihren Spaß an Ivys Seite haben und gern von ihrem Abenteuer lesen. Eine Vorbild-Funktion oder gar etwas, das man hier aus der Geschichte für sich mitnehmen könnte, finde ich jedoch nicht.

Bewertung vom 08.08.2015
Engelskalt / Kommissar Munch Bd.1
Bjørk, Samuel

Engelskalt / Kommissar Munch Bd.1


sehr gut

"Engelskalt" habe ich nach längerer Zeit, in der ich keine Thriller mehr gelesen habe, nun gerade beendet. Als Fazit kann ich festhalten, dass es sehr spannend geschrieben ist mit recht unkonventionellen Dialogen, vielen Perspektivenwechseln, unterschiedlichen Schauplätzen und einer Bandbreite an Figuren, die anfangs scheinbar gar nichts miteinander zu tun haben. Die Kapitel des Buches sind abwechselnd aus der Sicht dieser verschiedenen Personen erzählt und verstärken dadurch das Bild eines schnellen und sehr komplexen Vorantreibens der Handlung. Nach und nach werden die Verwicklungen enger und es zeigt sich, dass hinter dem Fall der verschwundenen Mädchen doch mehr steckt als angenommen.
Die Handlung wird dabei wesentlich geprägt durch die beiden Hauptermittler Munch und Mia Krüger, die auf ihre eigene Art und Weise sehr starke Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten sind und ihre eigenen Päckchen zu tragen haben. Immerhin lernen wir Mia kennen, als sie sich gerade auf ihren eigenen geplanten Selbstmord vorbereitet. Dem Handlungsverlauf wird vor allem durch ihr Zutun, aber auch durch diverse gelungenen Nebenfiguren Wendungen verliehen. Zur angespannt-aufregenden Ermittlungsarbeit gesellt sich das norwegisch kalt-raue Klima, das sich nicht nur im Wetter, sondern auch in der Landschaft und der Art der Menschen widerspiegelt. All diese Eindrücke haben das Bild eines recht kühlen und distanzierten Thrillers verstärkt, der aber trotzdem sehr zu unterhalten weiß. Pageturner-Qualitäten kann ich durchaus bestätigen.
Am Ende blieben für mich leider einige (wenige) Dinge unerklärt, das hat mich ein bisschen gestört, muss ich ganz ehrlich zugeben. Trotzdem behalte ich "Engelskalt" als einen wirklich gelungenen und spannenden Thriller im Kopf.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.06.2015
Die Widerspenstigkeit des Glücks
Zevin, Gabrielle

Die Widerspenstigkeit des Glücks


sehr gut

Schon beim ersten Lesen der Inhaltsangabe hatte mich sehr auf das Buch gefreut und war gespannt auf die Geschichte. Zum einen ist "Die Widerspenstigkeit des Glücks" ein Buch über Bücher, aber insbesondere ist es eins über Büchermenschen, die sich auf ziemlich ungewöhnliche Art und Weise kennenlernen und dann die Liebe zu Büchern teilen.
Und so werden die zwischenmenschliche Töne auch sehr in den Vordergrund gestellt, es geht um Wünsche und Träume und Hoffnungen - und darum, dass diese manchmal ganz anders erfüllt werden als gedacht. Die Figuren im Buch haben mir gefallen, voller Ecken und Kanten, keine geschniegelten und glattgebügelten Charaktere, die man schon nach wenigen Minuten durchschaut und ihnen ihre Rolle zugespielt hat. Am sympathischsten war mir der Polizist im Buch, ich gebe es zu, weil er so eine lässige und zugleich weltgewandte Art an den Tag gelegt hat.
Sehr gut gefallen haben mir auch die Kapitelanfänge. Denn zu Beginn wird jeweils eine Kurzgeschichte von anderen Autoren aus den Augen von A.J. zusammengefasst - rezensiert für Maya, wie man irgendwann mitbekommt. Dadurch erhält man sehr außergewöhnliche, aber eben auch subjektive Einblicke in die Geschichten der Weltliteratur, welche ich fast alle noch nicht kannte. Auch so kommen im Laufe des Buches so viele Bücher und Geschichten zur Sprache, die für A.J. und später Maya von Bedeutung sind, dass ich sie mir alle mal notiert habe, um sie mir mal näher anzusehen. Man wird ja dann doch neugierig drauf, wenn anderen etwas so sehr gefällt. Bücher spielen immerhin eine große Rolle in diesem Buch.
Aber nicht nur deswegen entwickelt sich "Die Widerspenstigkeit des Glücks" nach und nach zu einem Pageturner, den ich innerhalb weniger Stunden durchgelesen hatte. Zum einen macht es Spaß, über A.J.s und Mayas merkwürdige Beziehung zueinander zu lesen, zum anderen entwickelt das Buch irgendwann einen solchen Sog, dass man einfach wissen möchte, ob die Beteiligten am Ende ihr Glück finden.
Ich muss gestehen, das Ende hat mich dann aber etwas enttäuscht. Ich bin zwar ein Freund von Happy Ends, ich gebe es zu, aber ich komme auch gut damit klar, wenn etwas mal nicht so Friede-Freude-Eierkuchen-mäßig ausgeht bzw. einfach das reale Leben in die Handlung einspielt. Nur... hier hätte ich mir irgendwie etwas anderes gewünscht, denn das Ende kam dann recht plötzlich und unerwartet. Wirklich zufrieden habe ich die letzte Seite nicht umgeschlagen, aber ich behalte das Buch dennoch als besonderen Lesegenuss im Kopf. Vor allem aber bin ich jetzt neugierig auf die anderen Bücher von Gabrielle Zevin geworden.

Bewertung vom 06.05.2015
Ein Diktator zum Dessert
Giesbert, Franz-Olivier

Ein Diktator zum Dessert


gut

Rose, mittlerweile 105 Jahre alt, schreibt ihre Memoiren auf. Als Leser können wir an ihrem bewegten, abwechslungsreichen, aber zugleich mit vielerlei schlimmen und unschönen Momenten gespickten Leben teilhaben und begeben uns gemeinsam mit Rose auf eine Reise in ihre Vergangenheit, die sie uns häppchenweise präsentiert.
Das ganze kommt aber nicht wie ein langweiliger, ermüdender, historischer Tatsachenbericht daher. Vielmehr hat Rose alles wirklich mit Leib und Seele erlebt und ihre Erzählungen sprühen nur so über vor Weisheit und Spitzzüngigkeit. Ja, genau, denn Rose ist wahrlich nicht auf den Mund gefallen, betitelt ihre Mitmenschen auch mal schnell als "Vollidioten" oder "Klugscheißer". Ihre Sprache ist mitunter recht derbe und direkt, aber mit 105 muss man wohl auch kein Blatt mehr vor den Mund nehmen.
An sich mochte ich die Idee des Romans, mit Rose 105 Jahre, die sie quer durch die ganze Welt geführt haben, gemeinsam als Rückblicke zu erleben. Allerdings bleibt bei mir kein wirklich positiver Eindruck nach dem Lesen zurück. Zum einen fiel es mir unglaublich schwer, eine Verbindung zu Rose aufzubauen. Sie einzuschätzen. Als alte Dame macht sie einen lockeren Eindruck, als könne ihr das Leben nicht mehr viel anhaben, was, wenn wir ehrlich sind, wohl auch so ist. Die Jugend heute würde sie wohl als "coole Oma" bezeichnen. Durch ihre Berichte hat sie sich mir allerdings nicht wirklich als sympathisch dargestellt. Das, was sie erlebt hat, worauf sie sich eingelassen hat, was sie hingenommen und akzeptiert hat im Laufe der Jahre - das hat bei mir eher einen unschönen Nachgeschmack hinterlassen. Rose hat das gesamte 20. Jahrhundert durchlebt, ein Jahrhundert mit schönen, aber vor allem leider auch vielen sehr unschönen Momenten. Und ich hätte anfangs, als ich das Buch startete, nicht gedacht, dass der Titel des Buches so wortwörtlich gemeint sein könnte - soviel dazu, ohne inhaltlich zuviel zu verraten. So schwankte ich beim Lesen also stets zwischen Unverständnis und merkwürdigem Wohlwollen für Rose, für die Frau, die soviel erlebt hat. Vielleicht lag daran auch diese gewisse Gefühlskälte, die in ihren Schilderungen immer mal durchscheint.

Ein Fazit fällt mir schwer. "Ein Diktator zum Dessert" mag die richtige Lektüre sein für alle, die die Geschehnisse des letzten Jahrhunderts aus einer eher lockeren, tatsachenberichts-ähnlichen Erzählung erleben wollen. Rose selbst polarisiert, zumindest mir ging es so. Ich kann sie schwer einschätzen und muss gestehen, dass sie keinesfalls einen nur positiven Eindruck bei mir hinterlässt, auch wenn sie manchmal so unverhofft "lässig" erscheint.

Bewertung vom 14.04.2015
Das Herz von Libertalia
Kuschnarowa, Anna

Das Herz von Libertalia


sehr gut

Anne Bonny war Piratin. Anfang des 18. Jahrhunderts galt sie als "Königin der Karibik", und das, obwohl sie fast ausschließlich in Männerkleidung segelte. "Das Herz von Libertalia" ist weniger eine "echte" Piratengeschichte an sich, als viel mehr eine Darstellung des Lebens von Anne Bonny. Des bekannten Lebens von Anne Bonny zumindest, sollte ich wohl sagen, denn wie man, wenn man das Nachwort der Autorin liest (und sich - wie ich - vielleicht auch noch bei Wikipedia schlau macht), erfährt, verliert sich die Spur Anne Bonny´s irgendwann im Nichts. Es ist nicht bekannt, was aus ihr geworden ist, und das machte das Buch für mich noch einmal extra spannend.
Anna Kuschnarowa hat nun mittels der bekannten Daten und eigener Fantasie eine Geschichte geschaffen, wie sie so stattgefunden haben kann, vielleicht aber auch nicht. Ich muss gestehen, ich fand es ein wenig schade, dass anhand des Nachwortes der Autorin nicht klar ersichtlich wird, welche der Dinge im Buch tatsächlich auf bekannte Fakten über Anne Bonny zurückgehen und welche nur erfunden und ausgedacht sind. Allerdings hätte das wohl das Nachwort gesprengt... Auch einige schriftstellerische Freiheit nimmt sie sich, was mich aber überhaupt nicht gestört hat. So wird beispielsweise in verschiedenen Quellen angegeben, dass der Pirat Calico Jack Rackham, der in Annes Leben eine bedeutende Rolle spielte, die typisch allseits bekannte Piratenflagge "Jolly Roger" erfunden habe. Im Buch dagegen war es Anne.
"Das Herz von Libertalia" hat mir gut gefallen. Es liest sich trotz der an die damalige Zeit angepasste Sprache leicht und schnell weg. Die Kapitel sind schön kurz gehalten, sodass man, auch wenn mal nur wenig Lesezeit vorhanden ist, trotzdem immer ein paar Seiten drin schmökern kann. Der Wiedereinstieg in die Geschichte fiel mir dann auch nie schwer. Was mir gefallen hat, war der realistische Touch der ganzen Geschichte. Viele Themen der damaligen Zeit kommen zur Sprache und werden von Frau Kuschnarowa ungeschönt und direkt angesprochen. Ob es sich um den Zwang zur Heirat handelt, die Rechtelosigkeit der Frauen, die Unverfrorenheit, mit der Piraten sich einfach nahmen, was ihnen gefiel, ohne Rücksicht auf menschliche Verluste - und die Endgültigkeit, mit der sie im Umkehrschluss letztlich am Galgen endeten. "Das Herz von Libertalia" bedient viele verschiedene Themen, und langweilig wurde es mir beim Lesen eigentlich nie.
Das Leben, das die Autorin dieser Roman-Anne Bonny angedichtet hat, fand ich glaubwürdig und lesenswert; und wer weiß, vielleicht erging es der echten Anne letztlich genau so, wie Anna Kuschnarowa ihr es hier auf den Leib geschrieben hat. Zu wünschen wäre es ihr gewesen.

Bewertung vom 14.04.2015
Ich sehe was, was niemand sieht
O'Rourke, Tim

Ich sehe was, was niemand sieht


gut

"Ich sehe was, was niemand sieht" wird als "packender Mystery-Thriller" beworben. Und während ich mit den Einzelworten "Mystery" und "Thriller" noch so mitgehen kann, fehlte mir beim Lesen ein wenig das "packend".
Charleys Geschichte ist nicht ohne. Sie sieht, wie andere Menschen (gewaltsam) sterben und erlebt diese grausigen letzten Minuten hautnah mit - so sehr, dass sie danach meistens selbst völlig am Ende ist und nicht selten ohnmächtig wird. Diese Einblicke ereilen Charley in Form von kurzen "Gedankenblitzen", denen sie sie nicht entziehen kann. Ich fand ziemlich gut, wie der Autor diese Blitze dargestellt hat, sehr bildlich, das ging mir an mancher Stelle fast ein wenig nah. Mir gefällt auch die Grundidee des Romans, der tatsächlich sehr spannend gemacht ist und sich gerade deswegen recht schnell weglesen ließ. Trotzdem hapert es in meinen Augen ein bisschen an der Umsetzung.
Zum einen sind die Figuren im Roman fürchterlich klischeehaft gezeichnet, manche sind richtiggehend plakativ schwarz-weiß geraten. Der besserwisserische und oberfaule Polizistenkollege von Tom beispielsweise ist so vorhersehbar wie selten jemand. Tom dagegen hat die Rolle zugesprochen bekommen, durch und durch der Gute und Hilfsbereite sein zu müssen und Hals über Kopf Gefühle für Charley zu entwickeln, die er ja eigentlich gar nicht haben darf. Und Charley? Die ist das naive Opfer. Aus diesen vorgesehenen Rollen kommt keiner heraus und das macht das Verfolgen der Aktionen einzelner Personen leider sehr vorhersehbar. Dazu kommt, dass die Handlung manchmal arg konstruiert wirkt. Gerade beim Showdown am Ende kam ich nicht umhin, mir denken zu müssen, wie unglaubwürdig das alles erscheint. Außerdem wurden für mich wesentliche Fragen am Ende nicht geklärt. Manche Leser werden das Ende durchaus sehr überraschend finden - der Aha-Moment ist auch da -, aber mich hat am Ende viel mehr das "Wieso" interessiert und da fehlte einiges an Erklärung.
Insgesamt gesehen ist "Ich sehe was, was niemand sieht" ein unterhaltsamer, schnell zu lesender Jugendthriller, der Mysteryelemente mit einem Mord und einer Liebesgeschichte verbindet. Die plakativen Figuren und einige Ungereimtheiten im Verlauf der Geschichte trüben das Leseerlebnis meiner Meinung nach ein wenig.

Bewertung vom 14.04.2015
Blätterrauschen / Zeitreise Bd.1
Rahlens, Holly-Jane

Blätterrauschen / Zeitreise Bd.1


sehr gut

"Blätterrauschen" ist ein buntes, spannendes und abenteuerreiches Kinder-/Jugendbuch, mit dem aber auch ältere Leser ihre Freude haben dürften. Vor allem jene Leser, die bereits das Buch "Everlasting" von Holly-Jane Rahlens gelesen und gemocht haben, denn in "Blätterrauschen" greift die Autorin ihre Zukunftsideen dieses Vorgängers wieder auf, und auch mit einigen alten Bekannten gibt es ein Wiedersehen.
"Blätterrauschen" ist kurzweilig und unterhaltsam geschrieben, und das nicht nur wegen des Humors, der hier und da durchblitzt. Da es eher für jüngere Leser geschrieben wurde, sind sowohl Sprachstil als auch die Themen, um die es hier geht, vor allem kindgerecht gehalten: es geht um Freundschaft, Zusammenhalt , Akzeptanz und das Sich-Einsetzen für andere. Die bunt zusammengewürfelte Lesegruppe, bestehend aus Oliver, Rosa und Iris, hat anfangs nicht viel gemein, erfährt jedoch im Laufe der Ereignisse, dass man gemeinsam viel besser Abenteuer erleben kann und wie wichtig es sein kann, sich mit anderen zusammenzuschließen.
Auch die Einblicke in die mögliche Zukunft sorgen für Aufregung. Genauere Details und Erklärungen zu Zeitreisen und Parallelwelten werden dabei (leider) ein wenig einfach gehalten, was angesichts des Lesealters der Zielgruppe aber absolut verständlich ist. Und "Blätterrauschen" macht auch so Spaß zu lesen, nicht zuletzt, weil es einem erneut (nach "Everlasting") vor Augen führt, wie die Zukunft in Europa aussehen könnte.
Insgesamt ein lesenswertes Abenteuerbuch für zukunftsinteressierte Jungleser.

Bewertung vom 14.04.2015
Fünfzehn kopflose Tage
Cousins, Dave

Fünfzehn kopflose Tage


ausgezeichnet

"Wenn man sich vorstellt, man würde irgendwo abhauen und keiner würde merken, dass man weg ist, weil niemandem aufgefallen war, dass man überhaupt da war - das ist hart." (S. 14).

"15 kopflose Tage" ist kein einfaches Buch. So unterhaltsam das Cover auch rüberkommen mag - beim Lesen der Inhaltsangabe sollte jedem klar werden, dass sich hier viel ernsterer Inhalt verbirgt. Und genau das trifft auch zu: "15 kopflose Tage" ist zwar unterhaltsam, die sozialkritischen Momente kommen dadurch aber keinesfalls zu kurz. Im Gegenteil, ich hatte an mehreren Stellen arg mit Mitleid für Laurence und seinen Bruder Jay zu kämpfen und war teilweise richtig erschüttert. Denn die beiden werden von einem Tag auf den anderen sich selbst überlassen von ihrer alkoholkranken Mutter, die einfach nicht wieder nach Hause kommt. Was Laurence anfangs noch gar nicht so sehr in Aufregung versetzt, wird nach einigen Tagen zur Gewissheit: die beiden sind auf sich selbst gestellt, haben kein Essen mehr im Haus und kein Geld. Außerdem werden Nachbarn, Lehrer und andere Personen zunehmend misstrauisch. Laurence versucht trotzdem alles, um den Schein zu wahren, um zu verhindern, dass das Jugendamt verständigt wird.
Die von Dave Cousins teils recht amüsant dargestellten Episoden, in denen der für sein Alter (in meinen Augen) recht naive Laurence alles versucht, um die anderen von der angeblich heilen Welt zu überzeugen, lassen sich kurzweilig und nachvollziehbar lesen. Gleichzeitig wurde der Kloß in meinem Hals beim Lesen aber immer dicker. Denn es ist schrecklich, wenn man sich vorstellt, diese Geschichte möge hier und da wirklich passieren: und so unwahrscheinlich ist dieses Szenario heutzutage leider nicht. Von Seite zu Seite habe ich Laurence und Jay die Daumen gedrückt und ihnen ein klein bisschen Glück gewünscht, das von unterschiedlichen Anlaufstellen schließlich auch kommt. Ich habe Laurence´ Durchhaltewille und seine Entschlossenheit bewundert, gleichzeitig wurde die Frage in meinem Kopf immer größer und drängender, warum er sich nicht endlich irgendjemandem anvertraut und sich helfen lässt.
Am Buch von Dave Cousins gefällt mir, dass es echt ist. Dass es ganz unverschnörkelt, aber trotzdem auf sehr lesenswerte und unterhaltsame Art Probleme vermittelt, von denen viele nicht das Geringste ahnen. Ein ernstes Thema wird angesprochen und von einer ganz anderen, weil ungewöhnlichen Sichtweise beleuchtet: hier geht´s nicht um die Perspektive der Alkoholkranken, sondern um das, was ihre Kinder erleben. Dadurch, dass das Buch so "locker" verfasst ist, eignet es sich bestens als Lesestoff, der zum Nachdenken anregt.