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Benutzername: 
marakkaram
Wohnort: 
Lingen

Bewertungen

Insgesamt 564 Bewertungen
Bewertung vom 12.06.2020
Ein Schotte kommt selten allein
Müller, Karin

Ein Schotte kommt selten allein


ausgezeichnet

** Mir eilt ein gewisser Ruf voraus. Dabei bin ich gar nicht so zynisch, wie meine Freunde mir unterstellen - das ist nur meine konstruktiv-kreative Art, gewisse Menschen zu ertragen. Etwa, wenn sie mir wasserköpfige Reisemaskottchen drei Zentimeter vors Gesichter halten, wie Gregory es grade tut. **

So hatte Janne sich das nicht vorgestellt. Klar wollte sie unbedingt mal nach Schottland, aber bestimmt nicht mit einer organisierten Bustour und schon gar nicht alleine. Da haben ihre Freundinnen sich zu ihrem runden Geburtstag ja was Tolles einfallen lassen; denn kneifen gilt nicht....

Wer schon immer mal nach Schottland reisen wollte, sollte das unbedingt mit Karin Müller und Janne tun - und wen Schottland bislang noch nie näher interessiert hat, wird nach diesem Buch garantiert hinwollen. Was für eine Reise...

Ich saß buchstäblich neben Janne im Bus und habe mit ihr Land und Leute entdeckt. Das ist so bildhaft, lebendig und mit Herzblut geschildert, dass man die Landschaft und Sehenswürdigkeiten ganz klar vor Augen hat und in ein Schottlandfeeling verfällt, aus dem man nur schwer wieder auftauchen mag.

Auch die Charaktere sind großartig. Janne ist eine sympathische kleine Besserwisserin, die ihren Mund oftmals nicht halten kann und mit Männern leider zu viele negative Erfahrungen gemacht hat. Alex dagegen ist schon irgendwie ein schottischer Traumtyp und trotzdem zweifelt man immer wieder an ihm und man wird einfach das Gefühl nicht los, dass er etwas verschweigt. Und die Nebencharaktere? Die sind zum Niederknien. Angefangen von Reiseleiter Gregory, mit seinem Begleiter, der Braveheart-Puppe, über die lautstarke Kölner Mädels Clique in totaler Jamie-Manie, bis hin zu den alten Herren der "Whisky and Nature" Reisegruppe.

Dieser Roman hat wirklich alles, was großartige Unterhaltung braucht. Zu Beginn die humorvolle Busreise, später wird es dazu noch romantisch - der Humor kommt aber auch hier nicht zu kurz. Und der ist wirklich grandios, nie aufgesetzt oder platt.

"Ein Schotte kommt selten allein" ist ein absoluter Glücksgriff und die perfekte Sommerlektüre! Lesen, lesen, lesen!!!

Bewertung vom 08.06.2020
DUNKEL / HULDA Trilogie Bd.1
Jonasson, Ragnar

DUNKEL / HULDA Trilogie Bd.1


gut

** "Machen sie sich keine Sorgen. Ich werde ihr Geständnis in meinem Bericht nicht erwähnen. Ich kann natürlich nicht vorhersagen, wie mit dem Fall verfahren wird, sobald ich aufgehört habe, aber soweit es mich persönlich betrifft, haben sie nichts Relevantes gesagt, als ich sie befragt habe." **

Ich war sehr neugierig auf diesen hochgelobten und auch wirklich interessant erscheinenden isländischen Thriller. Das Cover zog mich in seinen Bann, genauso wie der Klappentext und die Leseprobe. Doch nach einem sehr gelungenen Einstieg folgte recht bald die Ernüchterung in sehr ruhigem, spannungsarmen Fahrwasser.

Aber von vorn: Hulda Hermannsdottir ist eine Einzelgängerin - nicht die schnellste Ermittlerin, aber eine hartnäckige und so ist sie wie vor den Kopf geschlagen, als man sie in den Vorruhestand schickt. Ihr bleiben grade noch 2 Wochen in denen sie sich mit einem Cold Case beschäftigen darf. Sofort kommt ihr der Tod einer jungen Russin in den Kopf, den ein Kollege als Selbstmord abgeschlossen hat. Hulda will sich dem Fall annehmen und der Toten Gerechtigkeit widerfahren lassen.

Dazu muss ich gleich eins loswerden, Hulda mag zwar eine hartnäckige Ermittlerin sein, dafür aber wohl auch die mit den dicksten Tomaten auf den Augen und der längsten Leitung. Und das leider auch in ihrem Privatleben - was sie nicht grade sympathisch macht. Mich hat wirklich gewundert, dass man sie nicht schon längst an den Schreibtisch verbannt hat. Aber nun ja....

Der Autor erzählt seine Geschichte(n) auf 3 Zeitebenen: Hulda in der Gegenwart, mit einem irgendwie recht eindimensionalen Charakter, dann, in recht kurzen Zwischenkapiteln, eine unverheiratete junge Mutter kurz nach dem 2. Weltkrieg und im dritten Handlungsstrang erzählt eine Frau von einem Ausflug mit einem ihr fast unbekannten Mann.

Was sich nach einem spannenden Aufbau anhört täuscht; denn man kann sich denken, wer die junge Mutter mit Kind und die Frau auf dem Ausflug sind. Schade, denn grade das hätte Potential gehabt. So bleibt es nicht nur auf weiten Strecken spannungsarm, sondern auch recht flach in der Auflösung, obwohl der Autor alles versucht, um falsche Fährten zu legen. Da habe ich definitiv mehr Raffinesse erwartet. Und das reißt auch der unkonventionelle Schluss nicht raus, bei dem ich einmal mehr dachte: Mensch Hulda, wie blind bist du eigentlich?

Ein Krimi? Hm, naja, ein bisschen, aber eher noch der Seelenspiegel einer alternden Ermittlerin - was ich normalerweise total interessant finde. Doch dafür hätte es deutlich mehr Tiefe haben müssen, so wirkt alles, was in ihrem Leben passiert, einfach nur aufeinandergetürmt und kann auch nicht in allen Punkten überzeugen. Grade auch die Geschichte rund um ihren Mann und ihre Tochter... es hat mich getroffen und betroffen gemacht, aber das war mir viel zu oberflächlich. Mag sein, dass das alles in den beiden Folgebänden tiefer beleuchtet wird - der Aufbau ist ja schon etwas außergewöhnlich, aber das bringt mir jetzt nichts und ich weiß auch nicht, ob ich den zweiten Teil lesen möchte.

Allerdings hat mir der angenehmer Schreibstil, mit dem er eine unheimlich dichte, düstere und fast schon depressive Atmosphäre und Grundstimmung erzeugt und das durchgehend, sehr gefallen und auch die Landschaftsbeschreibungen rufen Island Kopfkino hervor. .

Fazit: Dunkel ("Dimmer" der Name ihrer Tochter) kann leider nicht halten was er verspricht. Die Idee, das Leben seiner Kommissarin mit ihrem letzten Fall zu beginnen und dann Rückwärts aufzurollen, ist und bleibt interessant und ich bin schon ein wenig neugierig, wie Huldas Leben im zweiten Band verläuft, ob weitere Dinge zutage treten oder die bereits aufgedeckten näher beleuchtet werden.

Bewertung vom 05.06.2020
Die Lilienbraut
Simon, Teresa

Die Lilienbraut


gut

** Besonders gefährlich waren Erinnerungen, die durch einen Duft ausgelöst werden konnten. Aus gutem Grund standen daher auch zwei Glasgefäße mit frisch gerösteten Kaffeebohnen auf dem Tisch, auf die die Teilnehmer beißen sollten, falls unerwünschte Gefühle und Empfindungen sie zu überwältigen drohten. **

"Die Lilienbraut" ist mein erster Roman von Teresa Simon. Eine Autorin, die unter ihrem richtigen Namen für historische Romane bekannt ist und diese fundierte Recherche merkt man auch hier. Köln in den 40-iger Jahren und die täglichen Gräuel des Krieges sind großartig und unheimlich realistisch geschildert. Und auch die kurzen Einblicke in die Dufthäuser Farina und 4711 sind sehr interessant. Allerdings hätte ich mir im Nachhinein weniger Themen und dafür tiefere Einblicke z.B. zu den Edelweißpiraten oder auch 4711 gewünscht.

Es gibt - wie in dem Genre üblich - zwei Zeitebenen. So beginnt die Vergangenheit immer mit einem Tagebucheintrag von Nellie, der dann irgendwann in die 3. Person übergeht. Das ist gut gewählt, denn es bringt einem die junge Frau, die aus einfachen Verhältnissen stammt und heimlich in den hübschen jungen Kaplan verliebt ist, ein wenig näher. Nellie ist ein starker, authentischer aber auch recht einfacher Charakter. Und obwohl es emotionale Momente gab, die mich schon sehr berührt haben, blieb ihre Geschichte zuweilen etwas distanziert und die Liebesgeschichte konnte mich nicht ganz überzeugen - vielleicht auch weil sie irgendwann eher im Hintergrund ablief.

In der Gegenwart geht es um Liv. Die in Holland aufgewachsene junge Frau ist grade frisch getrennt und mit ihrem kleinen Sohn nach Köln gezogen. In Ehrenfeld hat sie sich ihren Traum erfüllt und das "göttliche Düftchen" eröffnet. Kein einfacher Plan in dieser Gegend, vor allem, weil jemand gezielt etwas gegen sie oder ihr Geschäft zu haben scheint.

Auch hier gibt es die obligatorische Liebesgeschichte, die es (meiner Meinung nach) absolut nicht gebraucht hätte. Denn so entstanden Themen, die den Wichtigeren gefühlt irgendwie den Platz weggenommen haben, Themen bei denen ich gerne mehr in die Tiefe gegangen, mehr erfahren hätte. Dazu kommt, dass ich mit Liv auch nicht so wirklich warm wurde. Als Hauptprota bleibt sie recht blass und ein paar Ecken und Kanten hätten ihr ganz gut getan. Die Geschichte hat allerdings auf beiden Zeitebenen großartige Nebencharaktere, die wirklich begeistern - wie Nellies Freundin Greta Farina.

"Die Lilienbraut" ist ein toll recherchierter Familienroman, die Geschichte mutiger junger Frauen in den Zeiten des Krieges, einer verbotenen Liebe und wunderbaren Duftkompositionen. Leider etwas überladen und dadurch mit zu wenig Tiefe und Emotionen. Mir gefallen bislang die Romane unter ihrem Klarnamen deutlich besser - aber ich bin auch gespannt auf die Vorgängerromane unter Teresa Simon. Dieser bekommt gute 3 Sterne von mir.

Bewertung vom 04.06.2020
Die Liebe fällt nicht weit vom Strand
Jebens, Franziska

Die Liebe fällt nicht weit vom Strand


gut

nette Sommerlektüre mit nervös-nervigem Bauch in der Hauptrolle

** Gut, dass mir noch eingefallen ist, meine Hose wieder zuzumachen. Der Bauch hasst diese Einzwängung und ist auch mit der Gesamtsituation sehr unzufrieden. **

Franziska Jebens kann schreiben und hat einen tollen Humor, das hat sie mit ihrem Debut "Kaffee mit Käuzchen" bereits unter Beweis gestellt und deswegen habe ich mich auch sehr auf ihr neustes Werk gefreut.

Erwartet habe ich einen leichten Unterhaltungsroman, mit ein wenig Situationskomik und einer romantischen Liebesgeschichte. Und genau so ging es auch los. Sophie ist ein interessanter, sehr sympathischer Charakter, mit einem nervösen Bauch bzw. Reizdarm, dem Traum von einem eigenen Foodtruck und einem semi-sympathischen Freund namens Tim. Durch Zufall bekommt sie die Chance das Marketing für einen neuen Film zu übernehmen und wird zu den Dreharbeiten nach Dänemark eingeladen. .

Mittlerweile ging mir "Bauch" mit seiner ständigen Mitsprache, sein grunzen, grummeln und knurren und Sophies Kommunikation mit ihm, zunehmend auf die Nerven und auch die sich anbahnende Liebesgeschichte mit dem gutaussehenden Traumhausbesitzer, konnte mich nicht wirklich überzeugen - genauso wenig wie die ihrer Freundin Sascha, im Übrigen.

Was die Autorin vermitteln will wird deutlich und gefällt mir in der Kernaussage ja auch, aber die Umsetzung über den Bauch war mir tatsächlich irgendwann einfach zu viel (und das nicht nur in der Buch- sondern auch in der Hörbuchversion, wo mir so etwas meist weniger ausmacht.)

Es geht um Selbstbewusstsein und Selbstverwirklichung, darum seinen eigenen Weg zu finden und den Mut zu haben ihn auch zu gehen - etwas überdreht und realitätsfern und mit ganz viel omnipräsenter Bauchkommunikation. Wen das nicht stört, der bekommt eine kurzweilige, unterhaltsam-leichte Sommerlektüre.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.05.2020
Redwood Dreams - Es beginnt mit einem Lächeln / Redwood Bd.4
Moran, Kelly

Redwood Dreams - Es beginnt mit einem Lächeln / Redwood Bd.4


ausgezeichnet

** Der Raum verschwamm, als er sie hochhob und wieder auf die Füße stellte. Einfach so. Als wäre sie nicht groß und kurvig mit Hintern en masse. **

Hach, was hab ich die Kupplerinnen von Redwood, besser bekannt als das Drachentrio, vermisst. Sie sind einfach immer wieder so herrlich erfrischend. Auch im 4. Band der Redwood-Reihe - der völlig unabhängig von den ersten 3 Bänden Redwood Love gelesen werden kann - haben sie wieder ein unschlagbar feines Näschen.

Diesmal trifft es den eingefleischten Junggesellen und Feuerwehrmann Jason, der ein kleines Kätzchen aus einem Baum retten muss und in der Tierarztpraxis gar nicht weiß wie ihm geschieht, so schnell haben die drei Damen ihn für einen Wohltätigkeitsball verpflichtet. Natürlich nicht ohne Hintergedanken, denn auch die schüchterne Ella tappt ahnungslos in ihre Falle....

Kelly Moran hat einfach ein Händchen für warmherzige Atmosphäre, Romantik, tiefe Emotionen und einen großartigen Humor. Ich liebe die Redwood-Reihe und auch "Jason & Ella" machen da keine Ausnahme - ehe man sich versieht, steckt man schon wieder tief drin in den Gassen und Häusern der kleinen Stadt und verfolgt mit Begeisterung das Geschehen.

Cade, Flynn und Drake nebst Familien tauchen nur ganz kurz zu Beginn auf und erst zum Schluss habe ich gemerkt: ich habe sie nicht einmal vermisst. Denn die Charaktere sind wieder so großartig. Jason und Ella haben jeweils heftige Schicksalsschläge hinter sich und gehen beide ganz anders damit um. Sie sind unheimlich sympathisch und ich habe mit ihnen gelacht aber auch sehr gelitten. Eine Geschichte, die ins Herz und unter die Haut geht.

Ja, ich habe sie wirklich vermisst, die Menschen aus dem kleinen Städtchen Redwood. Und leider scheint der nächste Band wirklich der letzte zu sein, daran mag ich noch gar nicht denken. Aber ich freue mich schon sehr auf Parker und bin gespannt wann und wie er in die Fänge der alten Damen gerät.

Ein Ausflug nach Redwood macht immer Spaß und von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 25.05.2020
Schwestern im Tod / Commandant Martin Servaz Bd.5
Minier, Bernard

Schwestern im Tod / Commandant Martin Servaz Bd.5


weniger gut

** "Wir alle kleiden unsere Gefühle in Worte, dabei sind es doch nur Gefühle. Wie hast du es angestellt, so schreckliche, so faszinierende Bücher zu schreiben?", fragte die Ältere und sah ihm dabei tief in die Augen. "Um diese ganzen, so wunderbar...giftige Seiten zu schreiben. Du wirkst so... normal." **

Also das passiert mir wirklich selten, dass ein Roman nur 2 Sterne von mir bekommt. Aber dieser Krimi, der von einem Psychothriller weit entfernt ist, hat eher noch die Tendenz nach unten.

Es ist mein erstes Buch des Autors, aber da es nicht sein Erstes ist und dazu noch mit "Nr. 1 Bestseller aus Frankreich" beworben wird, war ich vom Inhalt dann doch sehr überrascht. Dabei ist die Geschichte an sich gar nicht schlecht und hat Potential, aber weder die langatmige, sehr behäbige und wirklich spannungsarme Erzählweise noch die relativ sinnbefreiten Hin- und Her-Wendungen zum Schluss - die mit einem wirklich Twist nicht viel zu tun haben - überzeugen. Dazu kommt eine Auflösung, die mich mit ein bisschen mehr Wie- und Warum-Informationen vielleicht halbwegs zufriedengestellt hätte, aber so regelrecht genervt zurücklässt. Die Charaktere sind einfach viel zu flach und blass, als dass sie das, was der Autor ihnen aufbürdet tragen können.
Eigentlich ist ja eine Story über Rache ein Selbstläufer und per se schon interessant und nervenaufreibend, aber hier fehlt es an Substanz, an Spannung und an ausgearbeiteten Charakteren mit halbwegs nachvollziehbaren Handlungen. Und so bleibt nur ein wildes, ziemlich an den Haaren herbeigezogenes Konstrukt und auch so manches Fragezeichen im Hintergrund, wo die Story einfach nicht ganz rund ist.

Tatsächlich hat mir Martin Servaz als Kommissar ganz gut gefallen, obwohl seine Schlussfolgerungen bzw. Eingebungen, grade zum Ende hin, auch nicht immer so wirklich glaubwürdig waren.

Es gibt Bücher, die bleiben einem in Erinnerung, weil sie begeistern und es gibt Bücher, die bleiben einem relativ lange in Erinnerung, weil man sich über sie geärgert hat. "Schwestern im Tod" gehört zu Letzteren. Man bekommt keine Erklärung für die Handlungen der Charaktere und dadurch bleibt alles sehr realitätsfern und unglaubwürdig.

Bernard Minier tischt dem Leser eine hanebüchene Story auf, die mich nicht überzeugen konnte; die wie eine Requisite ist: von weitem noch ganz okay, aber schaut man mal richtig hin kann die Illusion dem Auge nicht standhalten. Schade um die gute Grundidee, die aber jetzt auch nicht wirklich neu ist.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.05.2020
Labskaus für Anfänger
Wolf, Tina

Labskaus für Anfänger


gut

* Gar nicht so schlecht, dachte sie nach dem ersten Bissen, griff nach Salz und Pfeffer und streute beides über das Spiegelei. Vielleicht traf das ja auch auf ihr neues Leben zu, und sie wusste es nur noch nicht? *

Nette Strandlektüre, die ihr Potential nicht ganz ausschöpft. Bei den Themen hätte ich gern ab und zu mehr Tiefe gehabt.

Aber von vorn: Kurz nach ihrem 40. Geburtstag läuft für Tilda alles schief, erst verlässt sie ihr Freund, dann kündigt man ihr auch noch die Wohnung und zu guter Letzt beobachtet sie wie beim Sender ein Casting für ihre Position läuft. Mitten in dem Chaos namens Leben erreicht sie ein Brief mit der Aufforderung nach Amrum zu kommen, da ihr Onkel ihr seine Kate vererbt hätte. Doch mit Onkel Hannes hatte Tilda seit ihrer Kindheit keinen Kontakt und ausserdem ist eine Bedingung an die Erbschaft geknüpft.

Cover und Titel versprachen einen locker-leichten Sommerroman und das ist Tina Wolf auch gelungen. Ich fand es toll mit Tilda nach Amrum zu reisen und mit ihr die Hütte und Insel zu entdecken, so dass ich über so manche kleine unrunde Sache hinwegsehen konnte. Denn das alles ist herrlich bildhaft beschrieben und man hat die lütte Friesenkate ganz deutlich vor Augen. Und auch der Schreibstil ist nach den ersten etwas holprigeren Seiten sehr angenehm und hat vor allem einen schönen Humor.

Alles in allem, ein netter Roman für eine entspannte Auszeit.

Ich bin auch niemand, der bei einem Wohlfühlroman nach mehr Tiefe schreit, aber hier habe ich sie das ein oder andere Mal wirklich vermisst. Insbesondere, da die Autorin immer wieder in das Thema hineinsticht und damit Erwartungen weckt, aber darauf nichts folgt. Es geht um Familienstreit, Einsamkeit im Alter, Sterben etc. Da hätte ich sowohl bei Hannes als auch bei Trude sehr gerne mehr erfahren. Das einfach so stehen zu lassen fand ich eher unpassend. Grade die Geschichte mit und rund um Hannes hätte so viel Potential und mich hat wahrscheinlich am Meisten irritiert, dass Tilda nicht alles versucht, ihn wenigstens nach seinem Tod ein wenig kennenzulernen.

Auch die nette Liebesgeschichte bleibt recht oberflächlich. Aber das ist an sich Meckern auf hohem Niveau, denn insgesamt können die Charaktere überzeugen. Nicht nur Tilda, deren Handeln und Überlegungen ich ansonsten authentisch und nachvollziehbar fand, sondern auch das grummelige Insel-Urgestein Nils und die alte Trude haben sich mit ihrer ganz eigenen Art sofort ins Herz geschlichen. Dazu die toll eingefangene Inselatmosphäre, das hat mir dann schon sehr gut gefallen.

Wen es also nicht stört, wenn ernste Themen aufkommen, aber nicht weiter groß Beachtung erhalten, für den ist "Labskaus für Anfänger" eine wunderbare Sommerlektüre und auch mich hat der Roman trotz der Kritikpunkte kurzweilig unterhalten. Trotzdem muss ich sagen, dass ich grade diese Themen in sogenannten Wohlfühlromanen schon tiefgründiger gelesen habe. Ich denke, ein paar Seiten mehr hätten dem Buch ganz gut getan.