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Quincyliest

Bewertungen

Insgesamt 107 Bewertungen
Bewertung vom 22.03.2022
Für diesen Sommer
Klönne, Gisa

Für diesen Sommer


sehr gut

Das hübsch anzusehende Cover hat mich direkt angesprochen. Sommer, Sonne, Meer. Doch ganz so idyllisch und harmonisch geht es in dem neuen Roman von Gisa Klönne nicht zu.
Sie hat eine realistische Familiengeschichte geschrieben, in der es Höhen, aber auch viele Tiefen gibt. Im Mittelpunkt der Handlung steht Franziska. Sie ist ein rebellischer Teenager mit klaren, politischen Ansichten. Streit ist vorprogrammiert. Ihre ältere Schwester ist die Vernünftigere aus Sicht der Eltern. Sie ist es auch, die sich um den alternden Vater kümmert. Doch dann kommt alles ganz anders, plötzlich ist es Franziska, die den kranken Vater betreuen muss. Die Beziehung der beiden gestaltet sich schwierig. So manches düstere Familiengeheimnis gelangt ans Licht.
Gisa Klönne schreibt gekonnt, ihre Figuren sind authentisch und lebendig. Die beührend erzählte Familiengeschichte konnte mich fesseln, jedoch empfand ich die zeitlichen Sprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit etwas störend.
Insgesamt fühlte ich mich aber beim Lesen gut unterhalten, jedoch wird mir das Buch nicht allzu lange in Erinnerung bleiben.

Bewertung vom 14.03.2022
Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehn
Matthiessen, Susanne

Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehn


sehr gut

Susanne Matthiessen knüpft in ihrem neuen Roman an ihr erstes Buch "Ozelot und Friesennerz" an. Sie beginnt ihr Buch mit einer Reflexion über die Zeit des Lockdowns auf Sylt, die Insel ist verlassen und menschenleer. Touristen bleiben aus, es entsteht eine völlig neue Situation für die Einheimischen. Leere Strände und Straßen geben ein ungewohntes Bild ab.
Dann schlägt die Autorin einen zeitlichen Bogen von der Pandemie ausgehend zu den 80er Jahren. Matthiessen schreibt über die Zeit ihrer Jugend, anekdotenhaft berichtet sie über ihre persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen innerhalb ihres Freundes- und Familienkreises, sie greift aber auch bedeutsame, allgemeine Themen auf.
Matthiessen hat einen scharfsinnigen Blick für das Wesentliche, sie erzählt gekonnt und mitunter auch gewitzt. Ich habe ihr Buch gern gelesen, an einigen Stellen war es mir jedoch zu sehr "Report" und zu wenig Roman. Auch das Cover hat mich nicht wirklich überzeugen können.

Bewertung vom 02.03.2022
Im Rausch des Aufruhrs
Bommarius, Christian

Im Rausch des Aufruhrs


ausgezeichnet

Christian Bommarius erzählt chronologisch nach Monaten geordnet über das spannende und ereignisreiche Jahr 1923.
Bunt gemischt sind seine Anekdoten, Porträts und Erzählungen. Es wird episodenhaft über viele Schriftsteller aus der Zeit kurz berichtet, bspw. über Stefan Zweig, Hans Fallada, Thomas Mann oder auch Bertolt Brecht. Die Texte sind eine Mischung aus Wissenswertem und Bedeutsamem und stets unterhaltend. Das Sachbuch enthält viele historisch relevante Fakten, aber auch über Alltägliches wird berichtet. Die extrem steigende Inflation wird anhand des Brotpreises, der Monat für Monat erwähnt wird, besonders deutlich.
Das Hyperkrisenjahr wird von Bommarius sehr anschaulich geschildert, er hat ein vielschichtiges und realistisches Panorama der Zeit entworfen und konnte damit voll und ganz überzeugen.

Bewertung vom 02.12.2021
Oh, William!
Strout, Elizabeth

Oh, William!


ausgezeichnet

Lucy Barton ist in den Romanen von Elisabeth Strout eine zentrale Figur, sie ist auch in dem neuen Roman der Autorin die Hauptakteurin. Lucy war in ihrer ersten Ehe mit William verheiratet, sie haben zwei gemeinsame Töchter. Nach ihrer Scheidung trennen sie sich gütlich und bleiben auch danach enge Vertraute und miteinander verbunden. Lucy erzählt in verschiedenen Anekdoten und Geschichten aus ihrer Vergangenheit, sie schildert die schwierigen Verhältnisse ihrer Kindheit, erinnert sich an ihre Mutter und natürlich erzählt sie episodenhaft über William. Strout ist eine genaue Beobachterin, ihre Gedanken sind feinfühlig und tiefgründig. Auch in diesem Roman stellt sie ihr großes erzählerisches Können unter Beweis. Sie schreibt über Alltägliches in einem Plauderton und unterhält den Leser damit excellent. Es ist nicht ihr stärkstes Buch, aber doch ein empfehlenswerter Roman für ein Wochenende.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.11.2021
Die Überlebenden
Schulman, Alex

Die Überlebenden


sehr gut

Alex Schulman erzählt in seinem Debütroman die Familiengeschichte der Brüder Nils, Benjamin und Pierre.
Die drei Brüder waren zuletzt vor zwanzig Jahren in dem Ferienhaus am See, wo sie in ihrer Kindheit die Sommer verbracht haben. Sie kehren als Erwachsene an den Ort der Kindheit zurück, um der Mutter ihren letzten Wunsch zu erfüllen.
In Rückblenden erfährt man das Erlebte aus der Kindheit, schnell wird klar, dass es sich um keine intakte Familie handelt. Die Mutter war Alkoholikerin, emotional instabil, die Kinder müssen um ihre Aufmerksamkeit buhlen. Der Vater verhält sich aggressiv. Die schwierigen Familienverhältnisse verändern sich aufgrund eines tragischen Unfalls weiter zum Negativen. Die Brüder entfremden sich, finden aber nach dem Tod der Mutter wieder einen Weg zueinander.
Schulman hat einen bewegenden und emotionalen Roman geschrieben, der mich gefesselt hat. Allerdings ließ die Handlung auch oft viel Interpretationsspielraum zu. Insgesamt war es für mich ein gutes Buch.

Bewertung vom 03.11.2021
Die letzten Romantiker
Conklin, Tara

Die letzten Romantiker


sehr gut

Tara Conklin hat eine unterhaltsame Familiengeschichte mit vielen tragischen Momenten über die vier Geschwister Renee, Caroline, Joe und Fiona geschrieben. Als im Sommer 1981 plötzlich der Vater verstirbt, ist in der Familie nichts mehr so wie es mal war. Die Mutter Noni verfällt in eine jahrelange Depression und die vier Kinder müssen den Alltag weitestgehend ohne die Hilfe der Mutter meistern. Die Geschwister schweißt der Verlust des Vaters und die frühe Konfrontation mit Trauer zusammen. Alle vier Geschwister entwickeln sich ganz unterschiedlich.
Die Bindung der Geschwister ist ein zentrales Thema in dem Roman, aber auch das Scheitern der Beziehungen und die damit verbundene Enttäuschung spielen eine Rolle.
Conklin beschreibt die Figuren lebendig, authentisch und auch mit Ecken und Kanten. Es ist ein vielschichtiger Roman, der am Ende auch ein paar Fragen offen lässt. Mich konnte die Geschichte fesseln, allerdings hielt der Spannungsbogen nicht bis zum Schluss. Insgesamt war es für mich ein gutes Buch.

Bewertung vom 26.10.2021
Gesammelte Werke
Sandgren, Lydia

Gesammelte Werke


ausgezeichnet

Lydia Sandgren hat mit ihrem Debütroman ein fulminantes und beeindruckendes Meisterwerk hingelegt, das zu Recht den renommierten August - Preis erhalten hat.
Sandgren erzählt lebendig und erfrischend über das Leben des Verlegers Martin Berg, der sich mit fast 50 in einer Krise befindet. In Rückblenden beschreibt die Autorin die Schul- und Studienzeit von Martin Berg. Sie erzählt nicht chronologisch, verschiedene Erzählebenen lassen ein umfassendes Bild der Hauptfigur entstehen. Sandgren schreibt über die Freundschaft zu dem Maler Gustav Becker, über die Kinder Rakel und Elis und natürlich über die Ehefrau Cecilia, die von einem Tag zum anderen Mann und Kinder verlassen hat. Das plötzliche Verschwinden Cecilias ist ein zentrales Thema in dem Roman. Aber es geht auch um die Liebe zur Kunst und Literatur im Allgemeinen.
Sandgren beschreibt die Figuren authentisch und fängt den Zeitgeist gekonnt ein. Sie schreibt klug und tiefgründig, aber auch leicht und feinfühlig.
"Gesammelte Werke" ist ein wunderbares Buch, das mich sehr begeistert hat. Auf weitere Werke der Autorin darf man sehr gespannt sein.

Bewertung vom 08.09.2021
Das Glashotel
Mandel, Emily St. John

Das Glashotel


sehr gut

Das Cover gefällt mir und hat mich zusammen mit dem Klappentext sofort angesprochen. Der neue Roman von Emily St. John Mandel lässt sich inhaltlich schwer fassen.
Im Mittelpunkt des Romans steht Vincent, die früh ihre Mutter verloren hat und bei einer Tante aufwächst. Sie findet einen Job als Barkeeperin in einem Hotel und lernt dort den Investmentbanker Jonathan Alkaitis kennen und geht mit ihm eine Beziehung ein. Sie lernt ein Leben im Luxus kennen. Doch seine Geschäfte basieren auf Betrug, der schließlich auffliegt. Alkaitis verbringt den Rest seines Lebens im Gefängnis. Auch Vincent muss ihr Leben neu ordnen.
Es gibt viele weitere Personen in dem Roman und auch weitere Handlungsebenen.
Leider konnte mich keine Figur wirklich fesseln, zu den Personen blieb immer eine gewisse Distanz bestehen. Thematisch ist der Roman vielschichtig. Der Schreibstil ist ungewöhnlich und anspruchsvoll.
Mich konnte der Roman leider nicht ganz überzeugen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.08.2021
Kairos
Erpenbeck, Jenny

Kairos


ausgezeichnet

Jenny Erpenbeck ist eine der bedeutendsten Autorinnen unserer Zeit. In ihrem neuesten Roman "Kairos" stellt sie ihr großartiges erzählerisches Können und ihre präzise Beobachtungsgabe unter Beweis.
Im Mittelpunkt der Handlung steht die Beziehung der jungen Katharina und des über 30 Jahre älteren Hans. Kann so eine ungleiche Beziehung eine Chance haben? Am Anfang sieht es fast danach aus. Aber Hans trennt sich nicht von seiner Ehefrau und auch Katharina sucht und findet ihr Glück woanders. Zusätzlich wird die Liebe der beiden von Eifersucht und anderen negativen Gefühlen überschattet. Wirklich zueinander finden sie nicht.
Interessant ist der historische Hintergrund des Romans. Die Beziehung der beiden beginnt Ende der achtziger Jahre in Ostberlin und setzt sich in der Wendezeit und den Jahren danach fort. Das Ende ist überraschend, aber auch realistisch.
Erpenbeck hat einen spannenden und lebendigen Roamn geschrieben, der mich von Anfang an gefesselt hat. Ich empfehle ihn gern weiter.

Bewertung vom 20.08.2021
Wo auch immer ihr seid
Pham, Khuê

Wo auch immer ihr seid


ausgezeichnet

Khue Pham erzählt in ihrem Debütroman die Geschichte ihrer vietnamesischen Familie. Im Mittelpunkt des Buches steht die Frage nach ihrer eigenen Herkunft, die ihr immer wieder gestellt wird und sie beschäftigt. Als Kim, wie sie sich nennt, dann die Nachricht eines Onkels aus Amerika erhält und dieser um ein Familientreffen bittet, offenbart sich bruchstückhaft die Geschichte ihrer gesamten Familie. Die Autorin porträtiert in überzeugender Sprache einzelne Familienmitglieder und so setzt sich Stück für Stück ein Gesamtbild der Familie zusammen. Es wird verständlich, warum jeder Einzelne zu bestimmten Meinungen und Überzeugungen gelangt ist, es waren vor allem die Erfahrungen mit politischen Systemen, die dazu führten.
Khue Pham schreibt in einer klaren und ausdrucksstarken Sprache, präzise sind ihre Beobachtungen, das Geschriebene nie wertend.
Ihr Roman konnte mich fesseln und ließ mich mitfühlen, gern empfehle ich ihn weiter.