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Readaholic

Bewertungen

Insgesamt 357 Bewertungen
Bewertung vom 29.08.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


sehr gut

Wie lange braucht man ein Elternhaus?
Die drei Schwestern Sanne, Petra und Gitti wachsen in einer Kleinstadt im sogenannten schmalen Haus auf. Alle drei sind längst aus dem Haus, die Eltern werden alt und schaffen es nicht mehr, sich wie früher um Haus und Garten zu kümmern. Also beschließt Sanne, die älteste und einzige der Schwestern, die im Ort geblieben ist, dass es Zeit für die Eltern wird, in eine altersgerechte Wohnung umzuziehen. Ihre Schwestern fragt sie dabei nicht nach deren Meinung, schließlich ist sie diejenige, die sich um die Eltern kümmert. Die Entscheidung fällt sie auch über die Köpfe der Eltern hinweg.
Petra wohnt weit weg in einer Großstadt, ist Single und karriereorientiert. Die alleinerziehende jüngste Schwester Gitti wird von Sanne gebeten, ihr beim Ausräumen des schmalen Hauses zu helfen. Sanne selbst ist seit langem verheiratet und lebt mit ihrem Mann im eigenen Häuschen. Die beiden Kinder sind vor kurzem ausgezogen, was Sanne zu schaffen macht. In ihrer Ehe läuft nicht alles rund, alles wächst ihr über den Kopf. Sowohl Gitti als auch Sannes Tochter Lisa halten den Umzug der Eltern für einen Fehler, was Sanne nicht hören will.
Als Petra eines Tages unangekündigt in ihren Heimatort zurückkommt, ist sie hell entsetzt, dass das Elternhaus verkauft werden soll. Besonders empört sie die Tatsache, dass Sanne sie in diese schwerwiegende Entscheidung nicht mit einbezogen hat. Es ist schließlich auch ihr Elternhaus!
Ute Mank erzählt in diesem Roman eine Geschichte, wie sie jeden Tag irgendwo stattfindet. Wer kümmert sich um die Eltern, wenn sie alt werden? Können sie überhaupt noch allein wohnen und wie lange noch? Wäre es nicht besser, rechtzeitig nach etwas Altersgerechtem zu suchen? Wieviel Wahrheit steckt in dem Sprichwort, dass man einen alten Baum nicht verpflanzen soll?
„Elternhaus“ ist ein unaufgeregter Roman, in dem Alltägliches passiert. Die im Heimatort zurückgebliebene Schwester fühlt sich benachteiligt, hat das Gefühl, alles hängt an ihr und beneidet die beiden anderen um ihre vermeintliche Freiheit. Dass sich Schwestern mit der Zeit entfremden, kommt sicher häufig vor. Dass sie jedoch gar nicht miteinander kommunizieren und auch die Eltern Petra nicht über ihren Umzug informieren, empfinde ich doch als reichlich seltsam. Ich fand es interessant, die Entwicklung der Schwestern mitzuerleben und das Buch hat bei mir viele Erinnerungen wachgerufen. Kein absolutes Lesehighlight, aber gut zu lesen und unterhaltsam.

Bewertung vom 19.08.2023
Skorpion / David Keller Bd.1
Basanisi, Matt;Schneider, Gerd

Skorpion / David Keller Bd.1


gut

Eine wilde Jagd
Der Schweizer Ermittler David Keller und sein italienischer Kollege Monti treffen sich in Palermo, um von einem Informanten Hinweise zur Mafia zu erhalten. Kaum hat das Treffen stattgefunden, wird der Informant erschossen. Rache der piovra, der Krake, wie die Mafia in Italien auch genannt wird, da es nichts nützt, einer Krake ein Tentakel abzuschlagen, es wächst einfach wieder nach. So scheint auch die Mafia unschlagbar, doch Keller und Monti wollen sich nicht geschlagen geben.
„Skorpion“ nimmt seine Leser mit auf eine wilde Jagd, von Sizilien nach Antwerpen, von der Schweiz nach Liechtenstein, Miami und den Libanon, um nur ein paar der zahlreichen Schauplätze zu nennen. Genauso schnell wie der Wechsel zwischen den Schauplätzen, springen die Autoren von einer Zeitebene zur anderen und es ist nicht ganz einfach, den Überblick zu behalten, was wann stattgefunden hat. Es geht um die Mafia, al Khaida, den Krieg im Kosovo, südamerikanische Drogenkartelle, chinesische Verbrecherorganisationen, CIA und FBI, um Liebe, Verrat und Korruption. Ganz schön viel, was sich die beiden Autoren hier vorgenommen haben, der eine ein Ex-Mafiaermittler, der andere ein Regisseur. Zu viel für meinen Geschmack. Mir war regelrecht schwindlig von den vielen internationalen Verstrickungen und dem ständigen Hin und Her. Mir schien es beim Lesen, als hätte der Regisseur Gerd Schneider beim Schreiben bereits die Vorlage für einen neuen Film im Kopf gehabt: Palermo, Mord – cut – Antwerpen, Drogenfund – cut, usw. Leider hat dies bei mir keine Spannung erzeugt, im Gegenteil. Ich war froh, als ich diesen dicken Schmöker, der für meine Begriffe mit Fakten und Handlungssträngen überfrachtet ist, zu Ende gelesen hatte.

Bewertung vom 09.08.2023
Refugium / Stormland Bd.1
Lindqvist, John Ajvide

Refugium / Stormland Bd.1


ausgezeichnet

Millennium 2.0
Die frühere Polizistin Julia Malmros, die sich inzwischen als Krimiautorin einen Namen gemacht hat, bekommt von ihrem Verlag das Angebot, die beliebte „Millenium“ Reihe des verstorbenen Kultautors Stieg Larsson weiterzuschreiben. Voller Elan stürzt sie sich auf das Projekt, braucht jedoch Nachhilfe, was das Thema Hacking anbelangt. So lernt sie den Endzwanziger Kim Ribbing kennen, vor dem wohl kein Computersystem sicher ist. Kim ist eine auffallende Erscheinung, groß, hellhäutig, mit langem schwarzem Haar. Die 20 Jahre ältere attraktive Julia Malmros und Kim fühlen sich schnell zueinander hingezogen.
Als die beiden sich an Mittsommer in Julias Ferienhäuschen auf einer Schäreninsel aufhalten, kommt es auf der Nachbarinsel zu einer Schießerei, bei der sechs Menschen getötet werden. Einer der Toten ist der wohlhabende Unternehmer Olaf Helander, ein Jugendfreund Julias, die anderen Opfer Helanders Frau sowie Geschäftspartner. Die einzige Überlebende des Massakers ist die vierzehnjährige Tochter Astrid, die jedoch so schwer traumatisiert ist, dass sie zunächst keine Aussage zum Hergang des Verbrechens machen kann.
Julia und Kim beginnen parallel zu den polizeilichen Ermittlungen Nachforschungen anzustellen. Bald erhärtet sich der Verdacht, dass der Mord in Zusammenhang mit Helanders Geschäften steht.
Ich fand diesen ersten Band einer geplanten Trilogie ausgesprochen spannend. Das ungleiche Ermittlerpaar Malmros/Ribbing erinnert zwar stark an Mikael Blomqvist und Lisbeth Salander, doch hat mich das nicht gestört. Die Erklärung ist angeblich, dass es Lindqvist war, dem angeboten wurde, Millenium weiterzuschreiben, dem Verlag sein Entwurf dann jedoch nicht gefiel, weshalb der Autor einfach die Namen der Protagonisten änderte und den Beginn seiner eigenen Trilogie daraus machte. Falls dies stimmt, war es wirklich ein genialer Schachzug, zumal „Refugium“ wahrscheinlich weitaus erfolgreicher sein wird als es eine künstlich am Leben gehaltene Millenium-Reihe je sein wird! Ich bin auf die nächsten beiden Bände gespannt, denn was Ribbing anbelangt, bleiben in diesem Band noch viele Fragen offen.
Mir hat das Buch spannende Lesestunden in einem verregneten Urlaub geschenkt.

Bewertung vom 19.07.2023
Hotel Silence
Ólafsdóttir, Auður Ava

Hotel Silence


sehr gut

Alles kann passieren. Es kann auch anders werden.
Der Isländer Jonas sieht in seinem Leben keinen Sinn mehr. Die Ehe ist zu Ende, er hat das Gefühl, alles im Leben, positiv wie negativ, bereits erlebt zu haben und beschließt deshalb zu sterben. Seinen ursprünglichen Plan sich zu erschießen, verwirft er, er möchte es niemandem und schon gar nicht seiner Tochter zumuten, seine Leiche zu finden. Deshalb bucht er ein One-Way Ticket in ein Land, in dem noch vor kurzem Bürgerkrieg herrschte. Sein einziges Gepäckstück ist ein Werkzeugkasten, für den Fall, dass er sich erhängen möchte und einen Haken anbringen muss.
Es wird nicht gesagt, um welches Land es sich handelt, und für die Geschichte ist dies auch unerheblich. Viel wichtiger ist es, dass dieser ungewöhnliche Schauplatz ihm die Augen öffnet, welch vielfaltige Arten von Leid es gibt. Seine eigene Depression tritt angesichts von Menschen mit fehlenden Gliedmaßen, die durch die Hölle gegangen sind, in den Hintergrund. Zunächst wird Jonas misstrauisch beäugt. Keiner glaubt ihm, dass er in diesem noch von Minen übersäten Land Urlaub machen will. Vielmehr könnte er zu denjenigen gehören, die versuchen, Geschäfte in dem zerstörten Land machen.
Als Jonas den Bitten des Geschwisterpaars, das das Hotel Silence führt, in dem er abgestiegen ist, nachkommt, ein paar Reparaturen durchzuführen, spricht sich dies in dem kleinen Ort herum und bald werden seine Dienste von allen Seiten nachgefragt. Jonas ist ein Autodidakt, er repariert provisorisch mit dem wenigen Werkzeug, das ihm zur Verfügung steht, doch anscheinend ist er der Einzige weit und breit, der handwerklich begabt ist. Dieser Teil der Geschichte erscheint mir nicht sehr realistisch, doch tut es dem Ganzen keinen Abbruch. Herrscht am Anfang des Romans noch Jonas‘ niedergedrückte Stimmung vor, spürt man nun etwas von Aufbruchstimmung und Hoffnung. Allerdings erfährt man auch von den traumatischen Erfahrungen der Einheimischen, die jedoch versuchen, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Nicht fragen, was jemandem Schlimmes zugestoßen ist (oder was eine Person Schlimmes getan hat), sondern nach vorne schauen, ist die Devise.
Der Schauplatz dieses Romans ist sehr ungewöhnlich. Ich habe zwar schon Romane gelesen, die beispielsweise in Afghanistan spielen und aus Sicht der Soldaten erzählt werden, aber über ein Land, in dem gerade erst ein Bürgerkrieg zu Ende gegangen ist und die Leute versuchen, wieder eine Zukunft aufzubauen, hatte ich noch nie gelesen.
Im Übrigen befasst sich das Buch zwar mit ernsten Themen wie Krieg, Vergewaltigung, Depression usw., doch gibt es auch jede Menge lustige und skurrile Szenen. Auch der besondere Schreibstil und die vielen bemerkenswerten Zitate machen das Buch wirklich lesenswert. Hervorheben möchte ich noch das wunderschön gestaltete Cover, eine weiße Wasserlilie auf schwarzem Grund. Es gibt so viele Bücher, bei denen die Covergestaltung vollkommen willkürlich erscheint. Ich freue mich deshalb immer, wenn ein Bezug zum Buch besteht, was hier der Fall ist.

Bewertung vom 15.07.2023
Kontur eines Lebens
Robben, Jaap

Kontur eines Lebens


ausgezeichnet

Die Zeit heilt nicht alle Wunden
Nach dem plötzlichen Tod ihres Ehemanns muss die 81jährige pflegebedürftige Frieda in ein Seniorenheim ziehen. Ihr gesamtes Leben gerät aus den Fugen. Ein wohlmeinender Pfleger löst durch eine unbedachte Aktion traumatische Erinnerungen bei ihr aus, die sie ihr ganzes Leben verdrängt hatte.
Als junge Frau hatte sich Frieda in den verheirateten Otto verliebt und war von ihm schwanger geworden. Otto will von dem Kind nichts wissen und seine Ehe nicht gefährden. Halbherzig versucht er, Frieda zu helfen, als diese von den Eltern vor die Tür gesetzt wird. Als „gefallenes Mädchen“ ist es in der holländischen Provinz in den 1960er Jahren jedoch unmöglich, eine halbwegs akzeptable Bleibe zu finden. Es ist herzzerreißend zu lesen, wie herablassend Frieda behandelt wird und sich alle, Freunde, Familie, Arbeitgeber, von ihr abwenden. Unter menschenunwürdigen Bedingungen bringt sie ihr Kind zur Welt.
Wie zu erwarten, ist Frieda keine glückliche Mutterschaft gegönnt. Zu Otto hat sie keinen Kontakt mehr. Sie heiratet, bekommt ein zweites Kind und verdrängt die schrecklichen Ereignisse für viele Jahrzehnte.
Die Geschichte wird abwechselnd in der Jetztzeit und der Vergangenheit erzählt, wir erleben Frieda also als alte, entwurzelte Frau, die ins Heim abgeschoben wurde, und als junge hoffnungsvolle Frau, die das ganze Leben noch vor sich hat. Die eigenwillige Frieda war mir ausgesprochen sympathisch, ich habe sehr viel Empathie für sie empfunden. Ich fand es im Übrigen ganz erstaunlich, wie gut es einem männlichen Autor gelungen ist, Empfindungen einer Frau, beispielsweise während der Geburt, zu schildern. Die einzelnen Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet und die Schilderungen so lebendig, dass man meint, dabei zu sein, beziehungsweise die Situation selbst zu erleben. Auf mich hat dieses Buch eine Sogwirkung ausgeübt. Der Autor setzt mit diesem Buch allen Frauen dieser Generation ein Denkmal, die in einer ähnlichen Situation waren und diese Art der Ausgrenzung erleben mussten. Ein außergewöhnliches Buch mit wunderschön gestaltetem Cover (und Lesebändchen, was ich sehr schätze). Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 12.07.2023
Vom Ende der Nacht
Daverley, Claire

Vom Ende der Nacht


sehr gut

Das Leben kam dazwischen
Will und Rosie lernen sich als Teenager bei einem Lagerfeuer kennen und sind fasziniert voneinander. Die strebsame Rosie aus gutem Haus will sich jedoch ganz ihren Schulabschlüssen widmen und sieht sowieso keine Zukunft für eine Beziehung, da sie plant, in wenigen Monaten zum Studium wegzuziehen. Als dann an Wills 18. Geburtstag eine Katastrophe passiert, wirft dies das Leben der beiden vollkommen aus den Bahnen.
In „Vom Ende der Nacht“ begleiten wir die beiden Protagonisten durch fast 20 Jahre ihres Lebens, in denen sie immer wieder magnetisch voneinander angezogen werden, nur um danach wieder lange Zeiten zu erleben, in denen sie keinen Kontakt zueinander haben.
Es ist eine dieser Liebesgeschichten, bei denen ich als Leserin immer wieder dachte, wie kann man nur so offensichtlich falsche Entscheidungen treffen, was mich ziemlich frustriert hat. Irgendwann wurde mir das ganze Hin und Her auch zu viel und die Geschichte verlor die Faszination, die sie am Anfang auf mich ausübte. Die im Buch angesprochenen Problemthemen wie Depression, Zwangsstörungen, Alkoholsucht empfand ich als bloßes Beiwerk. Alles in allem habe ich das Buch ganz gern gelesen, aber es ist keine Geschichte, die mich nachhaltig beeindruckt hätte.

Bewertung vom 01.07.2023
Der Laden der unerfüllten Träume
Cox, Amanda

Der Laden der unerfüllten Träume


gut

Die Vergangenheit kann man nicht ändern
„Der Laden der unerfüllten Wünsche“ ist eine Geschichte über drei Generationen von Frauen. Die Großmutter, Glory Ann, heiratet in die Old Depot Grocery ein, die Tochter, Rosemary, fühlt sich nach dem Tod des Vaters verpflichtet, ihrer Mutter im Laden zur Hand zu gehen, anstatt, wie geplant, der Enge des kleinen Städtchens zu entfliehen, und Sarah, die Enkelin, kehrt nach dem Tod ihres Ehemanns in ihr Heimatstädtchen zurück und will ebenfalls im Laden mitarbeiten und die mittlerweile durch die Konkurrenz von Supermärkten arg in Bedrängnis geratene Old Depot Grocery auf Vordermann bringen. Womit sie nicht gerechnet hat, ist, dass ihre Mutter den Laden so schnell wie möglich verkaufen will. Die Gründe, die Rosemary dafür hat, behält sie zunächst für sich.
Überhaupt verbergen die drei Frauen viel voreinander. Statt Liebe und Offenheit gibt es Misstrauen und Geheimnisse, keine der drei Frauen spielt mit offenen Karten. Um herauszufinden, warum ihre Mutter nie über den Großvater spricht, schnüffelt Sarah in alten Tagebüchern und öffnet heimlich eine verschlossene Kiste der Mutter – für mich ein absolutes No Go!
Doch ihre Mutter Rosemary ist nicht besser, hatte sie doch vor vielen Jahren einen an GloryAnn adressierten Brief geöffnet und vor der Mutter versteckt.
Die Geschichte dieses Romans hörte sich nicht schlecht an, doch leider plätschert sie so dahin. Es gibt unzählige Wiederholungen, immer wieder ist beispielsweise die Rede davon, dass Sarahs verstorbener Ehemann ein Workaholic und die Ehe unglücklich war. Das ist aber auch das Einzige, was wir über ihn und Sarahs Ehe erfahren. Die Personen bleiben allesamt ziemlich blass und relativ unsympathisch, die einzig sympathische Person ist die zupackende Glory Ann.
Einen großen Stellenwert in diesem Roman nimmt die Religion ein. Ständig wird gebetet, aber damit hätte ich wahrscheinlich rechnen müssen, denn es war ja angegeben, dass die Autorin Seelsorgerin ist. Aber wenn ein Ex-Soldat in einen Laden geht mit der Absicht, die ganzen Biervorräte aufzukaufen und stattdessen mit einer Bibel rausgeht, erscheint mir das wenig wirklichkeitsnah.
Noch ein Wort zum Titelbild, das im unteren Teil die Old Depot Grocery und im oberen Teil drei junge Frauen zeigt, die sich in den Armen liegen und vor Lachen ausschütten. Wer sind die drei und was haben sie mit der Geschichte zu tun? Die Antwort lautet rein gar nichts. Nur weil sich drei junge Frauen auf dem Titelbild besser verkaufen als Frauen aus drei Generationen, denn davon handelt die Geschichte nun mal? Ich finde das total daneben.
Für mich war „Der Laden der unerfüllten Träume“ eine ziemlich enttäuschende Erfahrung. Es ist eine leichte und vorhersehbare Lektüre, die man zwischendurch lesen kann, aber man sollte nicht zuviel davon erwarten.

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Bewertung vom 27.06.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


gut

Ein Ort der Begegnung
Es ist das Jahr 1966 und Robert Simon arbeitet als Gelegenheitsarbeiter auf dem Wiener Karmelitermarkt. Es war schon immer sein Traum, ein eigenes Café zu führen. Als er ein leerstehendes und ziemlich heruntergekommenes Café entdeckt, wagt er den Sprung in die Selbständigkeit. Bald schon ist „das Café ohne Namen“ ein Treffpunkt für Marktarbeiter und Bewohner des Viertels und ein wichtiger sozialer Treffpunkt vor allem für Menschen mit geringem Einkommen.
Das Buch schildert episodenhaft Ereignisse aus dem Leben dieser Personen. Das Buch wirft ein Schlaglicht auf einen Boxer, dessen beste Tage vorbei sind, Fabrikarbeiterinnen aus der nahegelegenen Nähfabrik, die demnächst schließt, eine etwas in die Jahre gekommene Frau, die gern für die Nacht mit dem Nächstbesten mitgeht, den hochverschuldete Vermieter des Cafés, der keine Menschenseele hat, und viele andere. Manche dieser Schicksale haben mich berührt, andere Momentaufnahmen schienen sehr willkürlich und manchmal wusste ich überhaupt nicht, wer gerade spricht.
Robert Seethalers bildhafte und poetische Sprache hat mir gut gefallen, was den Inhalt des Buchs anbelangt, bin ich etwas zwiegespalten, denn viele der Personen haben mich nicht wirklich erreicht. Auch Simon selbst lernen wir nicht gut kennen. Sein Leben besteht aus Arbeit, die ihn mit den Jahren immer mehr anstrengt, seine wenige Freizeit verbringt er mit Gesprächen mit seiner verwitweten Vermieterin. Vielleicht ist es für ihn daher gar nicht allzu tragisch, als das Gebäude, in dem sich das Café befindet, nach einigen Jahren von Spekulanten aufgekauft wird und er schließen muss.
Ich habe dieses Buch nicht ungern gelesen, doch kam beim Lesen manchmal auch etwas Langeweile auf. Ich hatte mir jedenfalls mehr davon versprochen.

Bewertung vom 19.06.2023
Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1
Wacker, Florian

Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1


gut

Eitelkeiten, Machtspiele und interne Rangeleien
Die Frankfurter Staatsanwältin Greta Vogelsang hat ein schlechtes Gewissen. Der Zollfahnder Mathissen hatte sie um einen dringlichen Termin gebeten, weil er angeblich einer großen Sache auf der Spur war. Jetzt wird er tot im Frankfurter Hafenbecken gefunden. Die Polizei geht von einem tragischen Unfall beim Angeln aus und würde den Fall am liebsten sofort ad acta legen. Vogelsang beginnt auf eigene Faust nachzuforschen. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, denn sie ist nicht für den Fall zuständig und zwischen den einzelnen Abteilungen gibt es jede Menge Eitelkeiten, Machtspiele und interne Rangeleien.
Eigentlich ist es ein interessanter Fall, Schmuggel mit seltenen Tierarten, doch leider hat man als Leser von vornherein einen Wissensvorsprung, was der Spannung nicht gerade zuträglich ist. Greta Vogelsang selbst war mir weder sympathisch noch unsympathisch bis zu dem Punkt, als sie überlegt, ob sie zum Frustabbau lieber eine Stunde Radfahren oder Sex mit ihrem Partner haben sollte. Egal ob Männlein oder Weiblein: so ein Spruch geht gar nicht. Überhaupt könnte man den Vornamen Greta jederzeit durch einen männlichen Vornamen ersetzen, denn dass es sich um eine weibliche Ermittlerin handelt, merkt man nicht, so taff wie sie sich gibt. Sympathische Personen findet man in diesem Roman nur selten. Der in Frankreich von seinem nichtsnutzigen Freund als Kurier angeheuerte Paul ist so naiv, um nicht zu sagen dumm, dass man ihn am liebsten schütteln möchte.
Alles in allem ist „Die Spur der Aale“ kein schlechter Roman, aber auch kein herausragender. Völlig unnötig fand ich eine Szene, in der Greta Vogelsang eine traumatische Szene aus ihrer Vergangenheit wiedererlebt. Dass es sich um ein altes Trauma handelt, erfährt man lediglich aus dem Klappentext, im Roman wird überhaupt nicht darauf eingegangen. Was soll das? Ich glaube kaum, dass ich die geplanten Folgebände lesen werde.

Bewertung vom 11.06.2023
Weite Sicht
Pilz, Thorsten

Weite Sicht


gut

Wie viel Zeit bleibt mir noch?
Diese Frage stellt sich die 71-jährige Charlotte nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes. Was Charlotte nicht ahnen konnte: bei der Testamentseröffnung erfährt sie vom jahrelangen Doppelleben ihres Mannes. Nicht nur er hat sie hintergangen, noch schlimmer empfindet sie den Verrat seiner Geliebten.
Bei der Beerdigung sieht Charlotte eine Freundin aus Jugendtagen, die Dänin Bente, nach vielen Jahrzehnten wieder. Kurzerhand beschließt sie, Bente, die mittlerweile in Berlin lebt, zu besuchen. Charlotte erkennt, dass Alleinsein auch gute Seiten hat und sie nicht verlernt hat, sich allein zurechtzufinden. Nach und nach kehrt ihr Selbstvertrauen zurück und sie sucht sich einen neuen Platz im Leben.
Das Buch behandelt nicht nur Charlottes Geschichte, auch ihre jüngere Schwester Gesine hat sich von ihrem Mann getrennt und macht eine schwierige Zeit durch. Die dritte Schwester, Susanne, die von den Eltern adoptiert wurde, muss sich ebenfalls entscheiden, wie es weitergeht. Ihre Wohnung wurde gekündigt, ihr Mann ist schon vor einiger Zeit gestorben. Auch sie muss sich mit Mitte 60 neu orientieren.
Bei „Weite Sicht“ hat mich zunächst einmal das wunderschöne Cover angesprochen. Eine junge schlanke Frau, deren Gesicht man nicht sieht, steht in einem roten Badeanzug bis zur Hüfte im blau-türkisen Wasser und blickt in die Ferne. Insofern passt das Bild zum Titel, allerdings hätte eine ältere Frau im Kanu weitaus besser zur Geschichte gepasst, da Charlotte Kanu fährt. Der Klappentext hat mich ebenfalls angesprochen, aber meine Erwartungen wurden leider nicht erfüllt. Die Geschichte wird sehr nüchtern und sachlich erzählt und ich konnte mich mit keiner der Personen identifizieren und nur selten Empathie mit ihnen empfinden. Für mich war es eine eher enttäuschende Lektüre.