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Sabsisonne
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 72 Bewertungen
Bewertung vom 13.08.2021
Heimatsterben
Höflich, Sarah

Heimatsterben


ausgezeichnet

großartiges Leseerlebnis

Dieses Buch ist schon haptisch überaus angenehm. Mit dem Hardcover und der Größe liegt es perfekt in der Hand.
Sarah Höflich hat ihr Buch in Herbst/Versuchung, Frühling/Widerstand und Winter/Flucht unterteilt.
Im ersten Teil lernen wir die Familie kennen. Der mitgelieferte Stammbaum ist zwar sehr schön, ich hab ihn aber nicht gebraucht. Die Familie ist bunt und vielfältig, wie Familien nun einmal sind. Es gibt die strebsamen, fleißigen, erfolgsverwöhnten, zielgerichteten Mitglieder, die mit einer quälenden Vergangenheit, die Kranken, die psychisch Labilen, die unglücklich Verliebten und die Queeren.
Im zweiten Teil wird das Ausmaß der Probleme innerhalb der Familie aber auch des Heimatlandes deutlicher. Einige ziehen schon Konsequenzen, andere denken, weiterkämpfen zu müssen.
Im dritten Teil fällt vieles auseinander, aber es findet auch wieder etwas zusammen.

Das Buch erzählt die Geschichte einer Familie vor dem Hintergrund einer politische Entwicklung, die heutzutage von vielen Menschen leider als erstrebenswert angesehen wird. Mir hat der Roman eher Angst gemacht.
Er ist aber so spannend geschrieben, dass ich ihn an nur zwei Nachmittagen aufgesaugt habe.
Von mir eine klare Leseempfehlung, verbunden mit der Hoffnung, dass die beschriebene Entwicklung eine Utopie bleibt.

Bewertung vom 05.08.2021
Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1
Bott, Ingo

Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1


sehr gut

Kurzweilig
Pirlo verliert seinen Job in einer angesehenen Kanzlei und gründet eine eigene in seinem Wohnzimmer. Dafür stellt er Sophie Mahler, eine Empfehlung seines ehemaliger Professors, ein. Sowohl Pirlo als auch Sophie haben einen interessanten familiären Hintergrund, der mehr oder weniger genutzt wird, um Hintergrundinformationen zu ihrem einzigen Fall zu erlangen.
In kurzen Kapiteln, die teilweise lustige Überschriften und immer eine zeitliche Einordnung haben, wird von Pirlo und seinem ersten Fall als selbstständiger Strafverteidiger erzählt. Gleichzeitig erfährt die Leserin von seinem familiären Umfeld und dessen beruflicher Ausrichtung.
Da das in kurzen Sätzen und leicht verständlicher Sprache geschieht, liest sich die Geschichte sehr kurzweilig.
Natürlich ist Pirlo nicht Ingo Bott, aber sie haben neben dem Aussehen doch auffällige Gemeinsamkeiten. Somit ist auf jeden Fall gewährleistet, dass das Juristische einwandfrei ist.
Insgesamt fühlte ich mich gut unterhalten, auch wenn das Buch nicht mehr als einen Urlaubstag füllt.

Bewertung vom 27.07.2021
Unter dem Sturm / Die Halland-Krimis Bd.1
Carlsson, Christoffer

Unter dem Sturm / Die Halland-Krimis Bd.1


gut

Enttäuschend

Ich liebe die düsteren skandinavischen Krimis mit den psychisch angenacksten Ermittlern und den durchgeknallten Tätern.
Unter dem Sturm ist eine ganz andere Erzählung. Wir erfahren viel von der betroffenen Familie und dem Liebesleben des Ermittlers. Zu Anfang ist das noch interessant, weil die Erwartung besteht, dass das irgendwohin führt. Egal ob es das Spiel am Kaiserstein oder die persönlichen Zusammenkünfte von Isak und seinem Onkel sind.
Aber dann ist der Junge plötzlich ein Heranwachsender mit allen Problemen, die zum Erwachsenwerden dazugehören. Nur hier werden diese Probleme nicht normal sondern unter dem Licht der Vergangenheit betrachtet.
Dabei schleppt sich die Handlung einfach dahin, ohne spannend oder auch nur interessant zu sein.
Mich hat dieser Krimi, der eher eine tragische Familiengeschichte ist, enttäuscht. Aber vielleicht hatte ich einfach die falschen Erwartungen.

Bewertung vom 29.06.2021
Tiefer Fjord
Lillegraven, Ruth

Tiefer Fjord


sehr gut

gelungener Psychothriller

Es fällt mir schwer, über dieses Buch zu schreiben, ohne zu spoilern, aber ich werde es versuchen:
Sowohl bei Clara, die als Verwaltungsbeamtin an einem Gesetzesentwurf arbeitet, als auch bei Ihrem Ehemann Haavard, der als Kinderarzt in einer Klinik arbeitet, dreht sich viel um misshandelte Kinder.
Die zwei führen eine merkwürdige Ehe, in der eigentlich jeder seins macht und sie sich abwechselnd um ihre 2 Kinder kümmern.

Da es in der Trilogie (Tiefer Fjord ist der 1. Teil) um Clara geht, lernen wir sie in Rückblicken auch in ihrer Kindheit kennen.
Ich mag solche Rückblenden und verschiedenen Zeitebenen sehr gern, da sie einem die Hauptperson nach und nach näher bringen. Meist wächst damit auch das Verständnis für ihre Handlungen. Das ist hier allerdings etwas anders.
Die Kapitel des Buches sind jeweils mit dem Namen der Person überschrieben, die in der Ich-Form erzählt. Auch das ist sehr gut gemacht, da die Gefühle, Gedanken und Beobachtungen der einzelnen Protagonisten zu einer vollständigen Geschichte werden. Einer Geschichte, die voller Lügen, Geheimnisse und Verbrechen ist.

Ruth Lillegraven hat einen sehr spannenden Psychothriller geschrieben, den ich nicht aus der Hand legen konnte und daher in einem Rutsch durchgelesen habe. Jetzt warte ich auf Teil 2.

Bewertung vom 18.05.2021
Viktor
Fanto, Judith

Viktor


ausgezeichnet

Leseempfehlung
Judith Fanto erzählt die Geschichte einer wohlhabenden jüdischen Familie. Viktor ist ein Spross dieser Familie und entwickelt sich im Wien der 20er und 30er Jahre zu einem liebenswerten Hallodri. Mit seiner blumigen Ausdrucksweise und seinem Charme wickelt er die Menschen um den Finger. Nur seinen Vater nicht, der ihn fortlaufend kritisiert.
Allerdings ist diese Leichtlebigkeit nur der äußere Schein. In Wirklichkeit ist Viktor ein hochmoralischer Mensch, der wo immer es geht für Gerechtigkeit sorgt und jedem hilft, der es selbst nicht kann. Das hilft auch seiner Familie sehr, als in Österreich der Hass auf die Juden stark zunimmt.
Selbst sein Vater Anton erkennt am Ende, was für ein wertvoller Mensch Viktor ist (Seite 400).

Auf einer zweiten Zeitebene erzählt Geertje, die Großnichte von Viktor, ihre Geschichte. Ihre Familie hat sich vom Judentum entfernt, ja schämt sich fast dafür. Geertje studiert in Nimwegen Jura und begibt sich auf die Suche nach dem Jüdischen in sich. Sie ändert ihren Namen in Judith, sucht auf dem Dachboden ihrer Großeltern nach alten Dokumenten und schließt sich der jüdischen Gemeinde an.

Die Geschichte der Familie Rosenbaum wird in zwei Zeitebenen mit vielen Dialogen sehr kurzweilig erzählt. Ich habe mich an zwei Nachmittagen sehr gut unterhalten gefühlt. Es ist alles drin, was ein gute Geschichte braucht. Sie ist heiter, traurig, spannend und einfach gut erzählt.

Bewertung vom 29.04.2021
Hauskonzert
Levit, Igor;Zinnecker, Florian

Hauskonzert


ausgezeichnet

der Mensch Igor

Ich bin weder ein Klassik- noch ein Klavierkonzert-Fan. Da ich Igor Levit schon länger auf Twitter folge, habe ich nicht nur seine Tweets, sondern auch die Hauskonzerte mitbekommen. Trotzdem interessiert er mich mehr als Mensch als als Musiker. Das lässt sich natürlich gar nicht voneinander trennen. Nicht umsonst nennt er sich bei Twitter Igor Pianist.
Der Autor Florian Zinnecker schafft es, uns beide näherzubringen. Er schreibt so leicht, in kurzen Absätzen und Kapiteln, dass es einfach Spaß macht weiterzulesen. Nach den ersten 50 Seiten musste ich dennoch pausieren, weil das so leicht Geschriebene nur schrecklich war. Weinend habe ich das Buch zur Seite gelegt und mich mal wieder gefragt, warum Menschen so sind.
Dann habe ich mir aber doch seine Klaviermusik angestellt und weitergelesen. Dabei lernte ich den verletzlichen, zweifelnden Igor mit einem großen Herzen kennen. Umso erstaunlicher ist es, dass erst auf Seite 265 und auch nur dieses eine Mal etwas über eine romantische Liebe steht.
Ich kann das Buch jedem empfehlen, der vorurteilsfrei auf Menschen zugeht und an ihnen interessiert ist.

Bewertung vom 22.04.2021
Siehst du, wie sie sterben? (Thriller)
Schwarz, Gunnar

Siehst du, wie sie sterben? (Thriller)


sehr gut

Spannender als anfangs gedacht

Frieda und Marc waren einmal ein Paar und sind sich noch immer vertraut. Aber genau wie in ihrer On-Off-Beziehung gestaltet sich die berufliche Zusammenarbeit schwierig.
Frieda wird als Sachverständige zu einer Mordserie hinzugezogen und behält trotz kleiner Abweichungen Recht mit ihren Analysen. Dass sie dabei selbst in Gefahr gerät, ist ihr anfangs nicht bewusst.
Die Ritualmorde sind schrecklich, werden hier aber nicht so im Detail geschildert, was ich durchaus gut finde. Die Spannung, die fast jedem Krimi innewohnt, wird hier eher niedrig gehalten, nimmt zum Ende hin an Fahrt zu.
Was hier anders ist: Die Leserin kann nicht mitraten, da der Täter zwar als Briefeschreiber, nicht aber als Person im Handlungsverlauf vorkommt. Lediglich das Motiv kann schnell erahnt werden.
Was mich allerdings wirklich erstaunt hat war, dass Friedas Hund nie raus musste. Sie hat sich zwar Sorgen um seine Fütterung gemacht, ist aber nie mit ihm Gassi gegangen und hat ihn über lange Strecken allein gelassen.

Bewertung vom 15.02.2021
Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1
Mohlin, Peter;Nyström, Peter

Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1


sehr gut

Auftakt einer neuen Reihe
Ich habe mich gefreut, mal wieder ein gebundenes Buch mit Lesezeichenband in der Hand halten zu dürfen. In solchen Fällen fühle ich mich als Leserin wertgeschätzt.

John Adderley ist ein erfolgreicher Ermittler in Amerika, der sich nach einem Undercovereinsatz einen Zeugenschutz erarbeitet hat. Und wider besseres Wissen geht er zurück in seine alte Heimat, um im Fall einer verschwundenen Unternehmertochter zu ermitteln. Das Verbrechen ist 10 Jahre her und noch immer ist sein Halbbruder der Hauptverdächtige.
Wir lernen sowohl John als auch den Vater des Opfers mit ihren Stärken und Schwächen kennen. Alle anderen Personen bleiben blass und werden auf ihre Funktion im Geschehen reduziert.
Auch wenn ich früh eine Ahnung von dem Täter/Tatgeschehen hatte, die sich am Ende bewahrheitet, bleibt der Spannungsbogen hoch.
Ein klassischer Who-done-it Krimi mit einigen vermeintlichen Lösungen und ebensovielen Wendungen. In mehrere Bücher und übersichtliche Kapitel unterteilt liest es sich kurzweilig.

Fazit: Kein literarisches Highlight aber auf jeden Fall gute Unterhaltung in hochwertiger Hardware.
Ich freue mich jedenfalls auf den nächsten Fall von John Adderley.

Bewertung vom 18.12.2020
Die Hornisse / Tom Babylon Bd.3
Raabe, Marc

Die Hornisse / Tom Babylon Bd.3


ausgezeichnet

Vergangenheit
Ich liebe diese Reihe mit Tom Babylon, dem großen Hauptkommissar mit dem weichen Herzen und den psychischen Problemen. Die Gründe für letztere liegen in der Vergangenheit. Und darüber erfahren wir in diesem Teil sehr viel. Die Geschichte der Familie Babylon wird in Rückblenden erzählt, während das Geschehen in der Gegenwart immer groteskere Züge annimmt. Der Fall wird immer komplizierter und schließt am Ende fast alle handelnden Personen ein.
Erstaunlicherweise behält der Leser/Hörer aber immer die Übersicht. Die Story ist durchgehend spannend, erfährt aber nochmal Hochspannung, wenn es um das Leben von Tom, Anne und Phil geht.
Ganz sicher ist es hilfreich, wenn Teil 1 und 2 der Reihe bekannt sind. Wir treffen hier nämlich auch Viola, Bruckmann, Gisell, Sabine und Bene wieder, über die ein neuer Leser/Hörer alles wissen sollte.
Die Geschichte hat, genau wie seine Vorgänger, alles, was ein guter Krimi braucht. Ganz am Schluss war ich dann sogar zu Tränen gerührt, auch wenn ich eine solche Nachricht schon lange erwartet habe.
Und jetzt warte ich sehnsüchtig auf den nächsten Teil der Tom Babylon Reihe.