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amena25

Bewertungen

Insgesamt 278 Bewertungen
Bewertung vom 02.01.2022
Was wir verschweigen / River Delta Bd.1
Tuominen, Arttu

Was wir verschweigen / River Delta Bd.1


sehr gut

Hinterlässt zwiespältige Gefühle

An einem stürmischen Herbsttag wird ein Mann in einem finnischen Holzhaus während eines Besäufnis-Wochenendes erstochen. Da alle anderen Partygäste sich an kaum etwas erinnern können, geben sie keine verlässlichen Zeugen ab. Dennoch scheint der Fall schnell gelöst, da im nahegelegenen Wald noch am gleichen Abend ein verdächtiger Mann mit Blutspuren an der Kleidung festgenommen wird. Doch für den Ermittler Jari Paloviita, der sich eigentlich gerade berechtigte Hoffnungen auf einen Aufstieg auf der Karriereleiter macht, wird dieser Mord zum kompliziertesten Fall seines Lebens. Der Verdächtige, Antti, war in der Jugend sein bester Freund. Und Jari Paloviita verdankt ihm nicht nur sein Leben.
Die Handlung dieses finnischen Kriminalromans spielt auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen, die geschickt miteinander verwoben werden. Die Kindheits- und Jugenderlebnisse Jaris sind Ursache und Grund für sein jetziges Verhalten als Ermittler. Dabei berühren und erschüttern die Schilderungen der Kindheitserinnerungen den Leser mehr als die heutige Zeitebene. Jari wächst eigentlich wohlbehütet in einer funktionierenden Familie auf, doch seine Erlebnisse in der Schule sind geprägt von Mobbing und Aggression durch Mitschüler, was er aber seinen Eltern gegenüber verschweigt. Nur mit seinem Freund Antti teilt er diese teils grausamen Geheimnisse. Antti hingegen wächst in einer gänzlich anderen Familiensituation auf, er kennt Aggression und Gewalt von zu Hause aus und hat gelernt, sich dagegen zu wehren.
Nun versucht Jari Paloviita, seinem Jugendfreund Antti, zu dem er seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr hatte, zu helfen. Dabei stellt er sich allerdings erstaunlich ungeschickt an, sodass seine Partner Henrik Oksman und Linda Toivonen misstrauisch werden und Nachforschungen auf eigene Faust anstellen….
Der Krimi hinterlässt bei mir zwiespältige Gefühle. Einerseits erschüttert der allgegenwärtige Alkoholmissbrauch vieler Beteiligten, der meist in Depression, Aggression und Gewalt endet. Andererseits sind die beiden Ermittler Paloviita und Oksman, gerade auch in ihrer Funktion als Gegenspieler, sehr interessant, während Linda Toivonen zu Beginn ausführlich vorgestellt wird, dann aber leider nur noch eine recht blasse Figur abgibt.
Am Ende bleiben einige Fäden lose und manche Frage offen, doch vielleicht werden diese in einem Folgeband aufgegriffen.

Bewertung vom 28.11.2021
Die Früchte, die man erntet / Sebastian Bergman Bd.7
Hjorth, Michael;Rosenfeldt, Hans

Die Früchte, die man erntet / Sebastian Bergman Bd.7


ausgezeichnet

Für Kenner der Reihe top

Im 7. Band der Reihe des genialen Autorenduos Hjorth und Rosenfeldt ist der Kriminalpsychologe Sebastian Bergman, der nun wahrlich kein Menschenfreund ist, endlich zur Ruhe gekommen. Zu seiner Tochter Vanja hat er inzwischen ein einigermaßen gutes Verhältnis und er genießt besonders die Zeit, die er mit seiner Enkelin Amanda verbringen darf. Die schlimmen Alpträume, die ihn seit dem Verlust seiner Frau und seiner Tochter beim Tsunami 2004 allnächtlich plagten, suchen ihn nur noch selten heim. Aus der Reichsmordkommission ist er ausgeschieden, dafür arbeitet er als Psychologe und Therapeut, was ihn allerdings eher langweilt. Als ihn jedoch ein Australier aufsucht, um seine Erlebnisse während des Tsunamis 2004 zu verarbeiten, werden alte Wunden wieder aufgerissen.
Vanja Lithner hat inzwischen die Leitung der Reichsmordkommission übernommen und steht vor ihrem ersten, schwierigen Fall. In der beschaulichen schwedischen Kleinstadt Karlshamn werden innerhalb weniger Tage drei Menschen von einem Heckenschützen erschossen. Die Opfer scheinen keinerlei Verbindung zueinander zu haben.
In diesem Fall wissen wir als Leser mehr als die Ermittler, da uns die Täter in einer Nebenhandlung vorgestellt werden. Spannend ist dies dennoch, da die Motive der Täter erst nach und nach erläutert werden.
Im letzten Drittel des Krimis wendet sich der Fokus Billy zu, IT-Spezialist der Reichsmordkommission und Vanjas bester Freund. Er hütet ein düsteres Geheimnis, das nur Sebastian kennt. Jetzt, wo Billy bald Vater von Zwillingen wird, will er mit seiner dunklen Vergangenheit abschließen, doch das ist nicht so einfach, und Sebastian behält Billy immer im Auge…..
Nach einer langen Pause hat mich dieser 7.Band des schwedischen Autorenduos wieder begeistert. Die Figuren gehen neue Verbindungen ein und entwickeln sich stetig weiter. Dazu sollte man allerdings die Vorgängerbände gelesen haben, um die persönlichen Konflikte und Verwicklungen zu durchschauen. Die Krimihandlung ist wie immer geschickt konstruiert und hochspannend. Und am Ende verraten uns zwei Cliffhanger, dass man auf den nächsten Band sehr gespannt sein darf.

Bewertung vom 27.11.2021
Betongold
Weber, Tanja

Betongold


sehr gut

Eigenwillig
Josef Frey, jahrzehntelang Mordermittler in München, wird durch eine bösartige Krankheit frühzeitig in den Ruhestand gezwungen: Morbus Bechterew, eine Krankheit, die zu einer Verkrümmung der Wirbelsäule führt und den Betroffenen dazu zwingt, gebeugt und mit großen Schmerzen durchs Leben zu gehen.
Um den Schmerzen zu entkommen, macht Frey endlose Spaziergänge durch München und raucht Cannabis, was ihm den Beinamen Smokey eingebracht hat.
Als sein alter Freund Schanninger, der als Immobilienhai viel Geld verdient hat, tot in einer Baugrube gefunden wird, macht Frey sich auf die Suche nach der Wahrheit. Dabei stößt er auch auf Dinge, die er bisher über seinen Freund aus Jugendtagen nicht wusste. Dabei kommen immer wieder auch Erinnerungen an frühere Zeiten auf, als Frey, Schanninger und der Dritte im Bunde, Matthias Hinterkammer, noch recht unbeschwert in die Zukunft blickten, bevor alle drei völlig unterschiedliche Wege einschlugen.
Auch wenn es um ein Verbrechen geht, das am Ende aufgeklärt wird, handelt es sich bei ,,Betongold“ nicht um einen Krimi im eigentlichen Sinne, sondern eher um eine etwas nachdenkliche, teils wehmütige, teils humorvolle Erzählung über Freundschaft und Feindschaft, Liebe und Enttäuschung, Glück und Unglück, Macht und Geld usw.
Die vielen bayerische Wendungen und die umgangssprachliche Ausdrucksweise sind sehr gewöhnungsbedürftig und sicher nicht jedermanns Sache. Allerdings passt der Stil sehr gut zu den eigenwilligen Protagonisten und dem Schauplatz München.

Bewertung vom 22.11.2021
Eifersucht
Nesbø, Jo

Eifersucht


sehr gut

Überraschend anders
Fans der Harry Hole-Reihe seien vorgewarnt. Hier zeigt sich der Autor von einer ganz und gar anderen Seite als in seinen Kriminalromanen.
Der Band ,,Eifersucht“ vereint sieben unterschiedlich lange Erzählungen zum titelgebenden Thema: die Eifersucht, eines der stärksten Gefühle, eines der zentralsten Motive für Verbrechen. Doch die Geschichten sind keine Krimis, auch wenn Verbrechen durchaus eine Rolle spielen.
Anders als bei seinen Krimis beginnen die Geschichten eher gemächlich, fast ertappt man sich schon dabei, dass einen, wie z.B. in der ersten Geschichte ,,London“ das etwas enttäuschende Gefühl beschleicht, die Handlung plätschere mehr so dahin und zack – kommt eine völlig unvorhergesehene Wendung. Und da zeigt sich das wahre Können des norwegischen Erfolgsautors, dass er den Leser immer wieder überraschen kann!
Am nachhaltigsten wirkt die längste der Erzählungen, ,,Eifersucht“ in der der Athener Ermittler Nikos Balli, Spezialist für das Mord-Motiv Eifersucht, auf der Insel Kalymnos, den vermissten Kletterer Julian suchen soll. Julian und sein Zwillingsbruder Franz hatten sich in dasselbe Mädchen, Helena, verliebt. Nach einem Streit wurde Julians Handtuch am Strand gefunden. Balli stößt bei seinen Ermittlungen auf immer mehr Hinweise, dass Franz seinen Bruder aus Eifersucht getötet haben könnte, nicht zuletzt, da Helena den offeneren Julian bevorzugt hatte. Doch dann wird Julian gefesselt und völlig entkräftet in einer Höhle gefunden, dafür fehlt nun von Franz jede Spur. Dieser hinterlässt nur eine Waffe. Balli, früher selbst Kletterer, wird durch die Ermittlungen auch mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert, die sich nun nicht mehr verdrängen lässt.
Jo Nesbo zeigt sich hier weniger actionreich, philosophischer, vielleicht auch altersweiser (?), woran man sich etwas gewöhnen muss. Doch wenn man sich erst einmal auf die Geschichten einlässt, wird man belohnt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.10.2021
SCHWEIG!
Merchant, Judith

SCHWEIG!


sehr gut

Wem kann man glauben?
Kurz vor Weihnachten hätte Esther eigentlich genug damit zu tun, alles fürs Weihnachtsfest mit ihrem Mann und ihren Kindern vorzubereiten. Doch ihre Schwester lebt seit ihrer Scheidung ganz allein in einem großen Haus im Wald. Esther fühlt sich verpflichtet, ihre Schwester Sue zu besuchen und ihr wenigstens ein kleines Geschenk zu überreichen. Außerdem kann sie so überprüfen, ob ihre Schwester so allein zurechtkommt und ihre Medikamente nimmt.
Was dem Leser zunächst als großzügige und schwesterliche Geste erscheint, entpuppt sich allmählich zu einer ganz anderen Geschichte. Wieso lädt Esther ihre Schwester nicht einfach über Weihnachten zu sich nach Hause ein? Offenbar gab es im vorigen Jahr einen Vorfall, der diese Möglichkeit zu einer Unmöglichkeit macht.
Als Esther bei Sue eintrifft, setzt ein Schneesturm ein, der sie zwingt, dort zu bleiben. Und nun erfährt man auch aus Sues Perspektive einzelne Details, die Zweifel säen. Welcher Sichtweise kann man denn nun trauen? Derjenigen der vernünftigen, hilfsbereiten und pragmatischen Esther? Oder doch eher der Sichtweise der unvernünftigen, hilflosen und undankbaren Sue?
Die beiden Schwestern sind durch den Sturm an das einsame Haus im Wald gebunden. Durch die erzwungene Nähe kommen endlich Dinge auf den Tisch, die schon lange zwischen den beiden Schwestern schwelen. Doch wem kann der Leser nun glauben?
,,Schweig“ ist ein psychologischer Thriller, der mit immer wieder überraschenden Wendungen überzeugt. Allerdings ist so manches auch etwas vorhersehbar, wie z.B. die Rolle von Esthers Ehemann.

Bewertung vom 13.10.2021
Der Tod und das dunkle Meer
Turton, Stuart

Der Tod und das dunkle Meer


sehr gut

Teuflisch!
Dieser Roman ist sehr schwer einem Genre zuzuordnen. Laut Klappentexte ein Kriminalroman? Auch wenn Spannung wahrlich vorhanden ist, überwiegt doch das Historische und das Schaurig-Unerklärliche, was eine Einordnung fast unmöglich macht. Aber was soll’s? Was zählt, ist die Unterhaltung, und die ist auf jeden Fall gegeben!
Im Jahr 1634 macht sich ein Schiff auf dem Weg von der Kolonie Batavia (heutiges Indonesien) nach Amsterdam. Mit an Bord der Saardam sind der Generalgouverneur, seine Frau Sara Wessel und deren Tochter. Doch auch der Privatdetektiv Samuel Pipps und sein Assistent und Freund Arent Hayes befinden sich auf dem Schiff. Allerdings ist Pipps, der kurz zuvor einen kostbaren Schatz in Batavia wiedergefunden hat, nun ein Gefangener und befindet sich auf dem Weg zu seiner Hinrichtung.
Noch im Hafen wird von einem Aussätzigen das Schiff und seine Besatzung verflucht. Kaum befindet sich die Saardam auf See, geschieht Unerklärliches. Ein Flüstern weht durch das Schiff, das alle an Bord dazu verführt, ihren dunkelsten Wünschen nachzugeben, grässliche Morde geschehen, und schon bald glauben alle, der Teufel selbst sei mit an Bord. Pipps und Hayes werden von Sara Wessel unterstützt, die sich damit auch ihrem Gatten, dem Generalgouverneur offen widersetzt. Als aufgeklärter Leser glaubt man wohl nicht an den Teufel. Da der oder die Täter ja aber an Bord sein müssen, ergibt sich eine besondere Spannung. Und so lässt man sich vom schaurig-geheimnisvollen Geschehen mitreißen - bis zur überraschenden Auflösung.
Gier, Machtstreben, Aberglauben, aber auch Freundschaft, Liebe, Mut werden in dieser ausufernden, aber beeindruckenden Geschichte bildstark und anschaulich zum Leben erweckt. Das Ende wirkt allerdings ein wenig fad und zu konstruiert.

Bewertung vom 28.09.2021
Ritchie Girl
Pflüger, Andreas

Ritchie Girl


sehr gut

Der Autor macht es seinen Lesern nicht leicht!

1946 kehrt Paula Bloom nach Deutschland zurück, in das Land, in dem sie aufgewachsen ist und das sie vor neun Jahren in Richtung Amerika verlassen hat. Als Tochter eines amerikanischen Geschäftsmanns und einer deutschen Mutter führte sie in Berlin ein wohlhabendes Leben. Doch ihr war schon damals bewusst, dass ihr Vater mit den Nazis kooperierte.
Nun kehrt sie nach einer Ausbildung für Geheimdienstoperationen in Camp Ritchie, Maryland, als amerikanische Besatzungsoffizierin nach Deutschland zurück. In Frankfurt soll sie die Identität Johann Kupfers, eines österreichischen Juden klären, der angibt, der berühmt-berüchtigte Spion „Sieben“ zu sein und nun den Amerikanern seine Dienste anbietet. Doch Paula verfolgt bei der Suche nach der Wahrheit auch persönliche Interessen. Sie glaubt, Johann Kupfer könnte Informationen über ihre große Liebe Georg haben.
Der Autor Andreas Pflüger macht es seinen Lesern nicht leicht. Selbst für historisch einigermaßen bewanderte und interessierte Leser ist die Vielzahl an Namen und Informationen anstrengend und erfordert Konzentration. Zudem ist die Hauptfigur Paula Bloom schwer zu fassen. Trotz ihrer Zweifel und ihrer Schuldgefühle bleibt sie eher fremd, kühl und distanziert. Es fällt schwer, ihre Gefühle nachzuempfinden, da diese oft nur angedeutet werden. Auch ihre Verhaltensweisen werden dem Leser nur allmählich verständlich, da Paulas Vergangenheit wie einzelne Mosaiksteinchen erst nach und nach offenbart wird. Andererseits fördert das natürlich den Spannungsaufbau.
Pflügers Stil ist besonders, wirkt teils sachlich-nüchtern, knapp, mit schnellen Schnitten wie im Film. Unter dieser fast schon berichtartigen Ebene verbirgt sich aber großes Kino!
Keine leichte Lektüre, aber eine in jedem Fall lesenwerte!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.07.2021
Unbarmherziges Land
Offutt, Chris

Unbarmherziges Land


sehr gut

Karge Landschaft – wortkarge Menschen

Die karge und raue Landschaft Kentuckys ist in diesem Krimi nicht nur Kulisse und Schauplatz, sondern spielt eine zentrale Rolle, hat sie doch die Menschen, die hier leben, seit Generationen tief geprägt. So auch den Hauptakteur Mick Hardin, Ermittler für das CID der US-Army, der sich im Moment auf Heimaturlaub befindet. Allerdings verbringt er diesen nicht zu Hause bei seiner hochschwangeren Frau, sondern in einer Hütte im Wald, in der er bei seinem Großvater aufgewachsen ist. Denn seine Frau ist nicht von ihm schwanger…
Als eine weibliche Leiche in den Bergen gefunden wird, muss Hardins Schwester Linda, die erst kürzlich zum ersten weiblichen Sheriff von Rowan County aufgestiegen ist, ihren ersten Mordfall aufklären. Da sowohl Linda als weiblicher Sheriff als auch die Justiz im Allgemeinen keinen guten Stand in den Kentucky Hills haben, bittet sie ihren Bruder um Unterstützung. Dieser stürzt sich mit seinen ganz eigenen Methoden in die Ermittlungen, da er dabei seine privaten Probleme gut verdrängen kann, aber auch, um für Gerechtigkeit zu kämpfen.
Mick und Linda bilden ein eher wortkarges, aber gut funktionierendes Geschwister-Ermittlerpaar. Privatleben und der eigentliche Kriminalfall nehmen etwa gleich viel Raum ein, was aber der Spannung keineswegs abträglich ist. Der Krimi ist schlüssig, unterhaltsam und durchweg spannend. Einzig der Schluss war mir etwas zu ,,amerikanisch“ heldenhaft. Aber vielleicht darf Mick Hardin ja noch in einem Folgeband ermitteln?

Bewertung vom 22.07.2021
Die Akte Adenauer / Philipp Gerber Bd.1
Langroth, Ralf

Die Akte Adenauer / Philipp Gerber Bd.1


gut

Nicht ganz überzeugend

Die Demokratie in der Bundesrepublik ist noch jung im Jahr 1953. Konrad Adenauer ist Bundeskanzler, doch die Wahlen stehen an. Der Kalte Krieg tobt im Hintergrund, allerdings gibt es auch noch genügend Vertreter des alten Systems, die wieder nach Macht streben.
Philipp Gerber kommt als Kriminalhauptkommissar zum BKA. Er ist mit seiner Familie vor den Nationalsozialisten nach Amerika geflohen und kämpfte dort in der Armee. Doch nun kehrt er nach Deutschland zurück. Seine erste Aufgabe beim BKA besteht darin, den Mord an seinem Vorgänger aufzuklären. Zusammen mit der Journalistin Eva Herden findet er heraus, dass die rechtsgerichteten «Wölfe Deutschlands» noch aktiv sind. Diese planen, einen führenden linken Politiker zu töten, um ein Zeichen gegen den Kommunismus zu setzen. Philipp Gerber hat nicht nur mit Widerständen in den eigenen Reihen zu kämpfen. Was niemand wissen darf: Gerber ist Agent des amerikanischen Geheimdienstes, und ausgerechnet sein zukünftiger Schwiegervater ist sein Vorgesetzter. Doch Gerber entfremdet sich mehr und mehr von seiner amerikanischen Verlobten, findet dagegen in Eva Herden, die ausgerechnet für eine linksgerichtete Zeitung schreibt, eine herausfordernde Partnerin, und Gerber gerät zwischen die Fronten.
,,Die Akte Adenauer“ setzt deutsche Geschichte spannend und anschaulich in Szene. Stark sind die Szenen, in denen Gerber sich mit Konrad Adenauer unterhält und dieser sein ganz menschliches Gesicht zeigen darf. Allerdings wirken die Figuren auf mich etwas holzschnittartig und klischeehaft, allen voran Philipp Gerber. Dieser wirkt zwar zunächst sympathisch mit all seinen Zweifeln, mutiert dann aber doch zu sehr zum Superhelden, um noch authentisch und glaubhaft zu sein.
Insofern empfinde ich die Mischung aus Historie und Krimi als nicht ganz gelungen.

Bewertung vom 21.07.2021
Der Abstinent
McGuire, Ian

Der Abstinent


gut

Irisches Duell

Der Roman ,,Der Abstinent" spielt in Manchester im Jahr 1867. Die Fenian Brotherhood, eine geheime Organisation, die für den irischen Unabhängigkeitskampf kämpft, verübt terroristische Anschläge in England. Die Fenians oder ihre Sympathisanten werden sofort hingerichtet, egal ob der Verdacht begründet ist oder nicht.
Mittendrin in dieser hochexplosiven Situation befindet sich der Constable James O’Connor, ein Ire, der gerade aus Dublin nach Manchester strafversetzt wurde. Nach dem Tod seiner Frau und seines Kindes war er dem Whisky verfallen. Seine Versetzung nach Manchester ist nun seine letzte Chance, im Polizeidienst zu verbleiben. Er soll seine Landsleute für die Engländer ausspionieren, was er mit Hilfe einiger Spitzel auch tut.
Um die Freiheitsbewegung gewaltsam zu unterstützen, wird der irische Kriegsveteran Stephen Doyle aus Amerika geholt. Er soll Verräter aufspüren und den Bürgermeister von Manchester ermorden. Zwischen Doyle und O’Connor entbrennt bald ein erbitterter Kampf.
Diese Ausgangslage hört sich spannend und interessant an. Tatsächlich steht aber vor allem O’Connor und sein Kampf gegen den Alkohol und mit sich selbst im Zentrum der Handlung. Ihn begleitet man bei all seinen Höhen und Tiefen. Allerdings wird man nicht so recht warm mit dem Protagonisten. Dafür bleibt er einem zu fremd, zu distanziert. Bei der Jagd nach Doyle kommt eine gewisse Spannung auf, allerdings zerfasert die Handlung zunehmend zu einem privaten Rachefeldzug, der O’Connor sogar bis nach Amerika führt. Das Ende lässt mich ziemlich enttäuscht und ratlos zurück. Schade, denn vom historischen Setting hätte ich mir eine deutlich spannendere Geschichte versprochen.