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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1979 Bewertungen
Bewertung vom 14.09.2024
Rauer Himmel
Bouysse, Franck

Rauer Himmel


sehr gut

Das Buch lebt mehr von den Beschreibungen der Menschen und Landschaft als von einer Handlung. Mann kann sich die schweigsamen Männer visuell gut vorstellen. Es entsteht schnell eine Atmosphäre, die auch dem langsamen Erzähltempo geschuldet ist und getrost dem Genre Country Noir zugeschlagen werden kann.
Zwar gibt es keinen direkten Spannungsbogen, aber es liegt etwas in der Luft. Das spürt man kontinuierlich. Das ist schon sehr gut gemacht.

Bewertung vom 14.09.2024
Dorf ohne Franz
Dolovai, Verena

Dorf ohne Franz


sehr gut

Ein desillusionierendes Buch.
Die Icherzählerin zeigt ihre Rolle in einer dörflichen, ländlichen Umgebung. Für sie gibt es keine Anerkennung oder Zuneigung innerhalb der Familie.
Der titelgebende Franz ist der einzige, der aus seiner Rolle ausbricht und dafür Freiheit erlangt.
Doch dann kommt der Tag, als auch Maria aus ihren Alltag flüchtet

Der Roman ist für meinen Geschmack ein wenig zu gleichförmig erzählt.
Aber man muss das Buch für seine Schärfe und Klarheit bewundern.
So wird es ein bemerkenswerter Antiheimat- und Antifamilienrom

Bewertung vom 14.09.2024
Beteigeuze
Zeman, Barbara

Beteigeuze


gut

Ich bin der Stern. Der Stern bin ich.

Der Stil von Barbara Zeman ist außergewöhnlich. Kurze Sätze prägen den Text. Mal verträumt, oft stakkatohaft.

Der Zustand der leicht labil wirkenden Protagonistin Theresa ist ambivalent. Wichtig ist ihre Beziehung zu Josef, aber die scheint schon ziemlich angeschlagen. Theresas Bedürftigkeit ist greifbar.
Es ist eine teilweise quälerische Lektüre. Dafür zeigt es den Zustand einer Frau in Schieflage im  Detail und ausdrucksstark.

Bewertung vom 12.09.2024
Daniel Kehlmann über Leo Perutz / Bücher meines Lebens Bd.6
Kehlmann, Daniel

Daniel Kehlmann über Leo Perutz / Bücher meines Lebens Bd.6


sehr gut

Das Werk eines große Meisters

Daniel Kehlmann über Leo Perutz ist wieder einmal ein Buch aus der Reihe Bücher meines Lebens.
Der Schriftsteller Leo Perutz ist etwas für Kenner und auch ein ewiger Geheimtipp, aber ist nicht vergessen. Auch weil sein Werk überwiegend noch aufgelegt wird.
Daniel Kehlmann schreibt wie gewohnt sorgfältig und angemessen.
Über Leo Perutz als Mensch gibt es nicht viel zu sagen, da der Autor immer sehr zurückhaltend war. Deshalb steht hier sein Werk im Vordergrund.
Am meisten geht Kehlmann auf Perutz Meisterwerk Nachts unter der steinernen Brücke ein. Er arbeitet heraus wie komplex der Text ist, der aus mehreren Erzählungen besteht, die aber doch miteinander verbunden sind.
Nicht auf alle Perutz-Romane wird in diesem Buch eingegangen. Dafür fehlte es an Raum. Dennoch hat Kehlmann Perutz Qualitäten gut herausgearbeitet.

Bewertung vom 11.09.2024
Tee für die Geister
Vuklisevic, Chris

Tee für die Geister


gut

Es ist ein ungewöhnlich erzählter Roman, wobei man als Leser direkt angesprochen wird. Um ehrlich zu sein, mag ich so was nicht besonders.
Man gewinnt auch anfangs  schwer Zugang zu der Handlung. Doch das wird mit der Zeit.

Die Hauptfiguren, Egonia und Felicite, sind aber schon interessant. Nach langer Zeit treffen sie doch wieder, nachdem ihre Mutter gestorben ist. Es gibt einige Rückblenden.

Chris Vuklisevic kann man zu gute halten, das sie etwas wagt und Originalität kann man ihr nicht absprechen.

Bewertung vom 11.09.2024
Israel, 7. Oktober
Yaron, Lee

Israel, 7. Oktober


sehr gut

Die Journalistin Lee Yaron erzählt die Geschichten von Opfern und Überlebenden des 7.Oktober 2023. Dabei geht sie respektvoll mit ihnen um, dennoch sind es teils drastische Passagen.
Nebenbei erzählt die Autorin auch immer wieder Herkunft und Geschichte der Opfer sowie von der historischen Geschichte Israels in diesem Kontext.
Die Schilderungen vermitteln, was am 07.10.2023 geschah.
Der Untertitel ist zutreffend. Es ist vor allen auch ein Protokoll eines beispiellosen Gewaltakts.
Joshua Cohen hat das eindringliche Nachwort zum Buch geschrieben.

Bewertung vom 10.09.2024
Ankommen
Dzihic, Vedran

Ankommen


sehr gut

In Ankommen erzählt der Autor von seinem Ankommen als jugendlicher Flüchtling des Bosnienkriegs in Österreich.
Er zitiert sinnvoll aus Texten, in denen er eigene Erfahrungen/Empfindungen wieder erkennt.
Hannah Arendt, Heinz Bude, Tanja Maljartschuk, Aleksandar Hemon und immer wieder Michel Friedman,
Das bereichert das Buch. Als Leser spürt man, wenn Zitate nur als Namedropping eingesetzt werden. Das ist hier nicht der Fall.
Durch seine eigenen Erfahrungen und Überlegungen entsteht ein Buch zum Thema, das den Leser nicht gleichgültig lässt.
Das Buch, das Teil der Essayreihe Übermorgen ist, widmet der Autor seinem Vater.

Bewertung vom 09.09.2024
In den Wald
Vaglio Tanet, Maddalena

In den Wald


ausgezeichnet

Rückkehr aus dem Wald
Der Debütroman der italienischen Schriftstellerin Maddalena Vaglio Tanet ist sehr atmosphärisch gestaltet und interessant, denn es hat ein geheimnisvolles, rätselhaftes Element.
Die 42jährige Lehrerin Silvia verschwindet eines Tages ohne ersichtlichen Grund aus ihrer Wohnung in den Wald. Die Handlung zieht ihren Reiz daraus, dass man als Leser natürlich erfahren will, was sie dazu veranlasst hat.
Eine zweite wichtige Figur ist die Schülerin Giovanna. Sie ist keine gute Schülerin, wird von ihrem Vater geschlagen und leidet darunter, in die Pubertät gekommen zu sein. Auf der Gebirgsalm ihres Onkels fühlt sie sich frei.
Gewalt ist verbreitet und wird fast wie normal wahrgenommen.
Eine weitere wichtige Figur ist der Schüler Martino, der neu in der Gegend ist und dem Biella am Fuße der Alpen zunächst nicht besonders gefällt. Doch er wrd es sein, der die Lehrerin, die sich im Wald versteckt, findet.
Die Gespräche zwischen ihnen enthüllen ein Stück Leben.
Die Autorin vermag es, die Situationen ihrer sensiblen Figuren nachdrücklich zu beschreiben und findet ausgezeichnete Formulierungen, die zu einer eigentümlichen Stimmung führen. Dazu gehört aber auch die ländliche Umgebung von Piemont.
Ein mehr als gelungener Roman!

Bewertung vom 08.09.2024
Und später für immer
Jarck, Volker

Und später für immer


sehr gut

In der Scheune
Und später für immer ist ein Roman, der unmittelbar in den Monaten 1945 vor Kriegsende ansetzt. Im Mittelpunkt der Soldat Johann Meinert, der desertiert ist und sich auf dem Hof seiner Tante versteckt. Ihn begleiten seine Tagebuchaufzeichnungen.
Das Buch basiert auf das Tagebuch des Großvaters des Autors Volker Jarck.
Im Mittelteil des Buches sind viele Tagesbuchabschnitte enthalten. Es gibt auch Rückerinnerungen an Johanns Hochzeit mit Emmy, doch er musste schnell wieder in den Krieg ziehen.
Diese vielen Tagesbuchstellen verleihen dem Buch einen Touch von Authentizität.
In seinem Versteck trifft er außer seiner Tante nur das Nachbarmädel Frieda, die ihn nicht verrät. Zwischen ihnen gibt es kontroverse Dialoge, die dem Buch Würze und auch ein wenig Witz geben.
Erstaunlich ist ansonsten wie unpolitisch Johann ist, eigentlich auch das Buch. Das passt aber für mich auch irgendwie, denn zu dem Thema ist alles schon gesagt.
Man erfährt auch von Johanns Hoffnungen für die Zeit nach dem Krieg. Johanns Zustand ist der eines Wartendes, ein Zwischenstand zwischen Furcht und Hoffnung.
Das Buch ist gut geschrieben und schnell gelesen.

Bewertung vom 07.09.2024
Ich fürchte, Ihr habt Drachen
Beagle, Peter S.

Ich fürchte, Ihr habt Drachen


ausgezeichnet

Die Drachen von Bellemontagne

Peter S.Beagle ist eine lebende Legende des Fantasy-Genres. Mit Ich fürchte, Ihr habt Drachen gibt es erfreulicherweise wieder einen Roman auf deutsch und der ist gut gemacht. Einerseits routiniert, aber doch frisch und mit interessanten Figuren,die sich ihrer selbst nicht immer ganz sicher sind, und aus denen wirklich etwas gemacht wird. Cerise, eine selbstbewusste Prinzessin, Reginald, ein junger Prinz und Robert, der Drachenkämpfer. Obwohl Robert als eine Art Kammerjäger wirkt, hat er doch auch Sympathien für die Drachen. Immer wieder hadern alle 3 Protagonisten mit sich und stellen ihre Rollen in Frage.
Schauplatz ist das Königreich Bellemontagne.
Dann tauchen aber Drachen bisher unbekannter Art und ein gefährlicher Zauberer auf.
Trotz des humorvoll anklingenden Buchtitels hat der Roman auch düstere Momente.
Peter S.Beagle gelangen immer wieder Beschreibungen und Formulierungen, die mich regelrecht begeistern.