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Lilis Lesemomente
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Garbsen

Bewertungen

Insgesamt 112 Bewertungen
Bewertung vom 29.09.2022
Das siebte Mädchen (MP3-Download)
Willingham, Stacy

Das siebte Mädchen (MP3-Download)


ausgezeichnet

Das siebte Mädchen erzählt die Geschichte von Chloe. Chloe ist 12 Jahre alt, als in dem beschaulichen Ort, in dem ihre Familie mit ihr lebt, sechs Mädchen spurlos verschwinden. Lediglich ein paar Schmuckstücke werden von ihnen gefunden - sonst fehlt jede Spur.

Ich staune, als diese Schmuckstücke ausgerechnet im Schlafzimmer von Chloes Eltern aufgefunden werden und ihr Vater die Taten gesteht.







Zwanzig Jahre später befindet sich Chloes Vater immer noch in Haft. Doch dieses Jubiläum wird mit weiteren Taten begangen. Auf der Suche nach dem Täter ist man sich bald nicht mehr schlüssig, ob es sich um den Täter von damals handelt oder ob jemand dem ehemaligen Täter nacheifert.

Stacy Willingham erzählt die Geschichte um Chloe total spannend. Ich mag gar nicht mehr aufhören, die Geschichte zu verfolgen. Und während ich gebannt dem Fortgang der Geschichte lausche, bin ich mir schon bald nicht mehr sicher, ob ich für Chloe Gewissheit haben möchte oder für mich und meinen Seelenfrieden.



Die Wort- und Satzwahl sind klug gewählt. Das siebte Mädchen ist das Debüt von Stacy Willingham als Autorin. Zuvor arbeitete sie als Werbetexterin. Ich merke ihrem Schreibstil an, dass sie es gwohnt sein muss, mit Worten zu arbeiten und spielerisch Gegebenheiten zu kreieren und zu inszenieren. Stacy Willingham bringt die Dinge zur Sprache, auf den Punkt genau und schafft es trotzdem, eine immense Spannung aufzubauen und meinem Lesergedanken den notwendigen Freiraum zu lassen.

Julia Nachtmann weiß ganz genau mit diesen Sätzen umzugehen und sie in Sprache zu verwandeln. Als Hörbuchsprecherin von Das siebte Mädchen sorgt sie dafür, dass die Worte, die Stacy Willingham geschrieben hat, sich auch so anfühlen. Wenn Julia Nachtmann davon spricht, dass dort etwas "lauerte", dann brachte man sich als Protagonistin besser in Sicherheit.

Das siebte Mädchen habe ich beinahe in eins gehört. Ich bin noch immer fasziniert, wie die Autorin es geschafft hat, so viel Spannung und Überraschung und Nachvollziehbarkeit in einen einzigen Thriller zu packen.



Fazit
Das siebte Mädchen ist für alle, die gern spannende Thriller lesen, die zum Grübeln einladen und sich gern überraschen lassen.

Bewertung vom 25.09.2022
Lügen über meine Mutter (MP3-Download)
Dröscher, Daniela

Lügen über meine Mutter (MP3-Download)


ausgezeichnet

Lügen über meine Mutter ist die fiktive Geschichte einer Familie in den 1980er Jahren. Und für mich fühlt es sich an, wie eine Liebeserklärung. Eine Liebeserklärung der Autorin an die eigene Mutter. Einer Mutter, die aus Kinderaugen vielleicht nicht immer gerecht, aber immer wahrhaftig agiert.


Daniela Dröscher erzählt die Geschichte, als wäre sie ihr genau so selbst passiert. Mit allen Erinnerungen an ein familiäres Zusammenleben. Im privaten, im geheimen und in dem Leben, das der Vater, das Oberhaupt der Familie, gern nach außen projiziert hätte. Da er aber immer im gefühlt "dicken" Schatten seiner Frau steht, ist ihm das nicht möglich. Das einzige, was ihm möglich erscheint, ist, seine Frau zu drangsalieren und über ihr Gewicht zu bestimmen.

Daniela Dröscher erzählt einfühlsam mit großer Empathie die Geschichte ihrer Mutter und damit die Geschichte ihrer Kindheit. Die Geschichte ist fiktiv, auf Grundlage eigener Erlebnisse und Verständnisse in der Kindheit gepaart mit dem zurückblickenden Wissen als Erwachsene.

Lügen über meine Mutter ist so warm und wahr erzählt, dass es während des Lesens bereits zu einem meiner Lieblingsbücher geworden ist. Es ist einfach für mich, dem Geschehen in der Geschichte zu folgen. Ich weiß, wie es sich anfühlt in dieser Zeit, in den 1980er Jahren als Kind heranzuwachsen. Ich weiß, aus der selben Position wie Daniela Dröscher, wie es sich anfühlt, die Rolle der erwachsenen Frau mit Kindesaugen zu sehen. Frauen, die selbstbewusst ihre eigenen Wege gehen und von ihrem Mann unterstützt zu werden. Und Frauen, die versuchen, selbstbewusst ihren selbstbestimmten Weg zu gehen und unter der Last der Meinung der Gesellschaft und im familiären Zusammenleben scheitern. Wie Frauen, dem Gefühl nachgeben, genügen zu müssen, sich fügen zu müssen, um die harmonische familiäre Welt zu erhalten.

Lügen über meine Mutter ist für mich ein wichtiges Stück Geschichte in unserer Geschichte.

Sandra Voss liest Lügen über meine Mutter so ausdrucksstark und empathisch, als würde sie die Geschichte selbst erzählen. Authentisch und nah am Geschehen. Vielen Dank!



Fazit
Lügen über meine Mutter ist für alle, die in 1980er Jahren als Kind oder erwachsene Person gelebt haben oder sich in diese Zeit und das Geschehen einfühlen möchten. Ein Geschenk fürs Verständnis und das Zusammenleben miteinander.

Bewertung vom 14.09.2022
Das Letzte, was du hörst
Winkelmann, Andreas

Das Letzte, was du hörst


ausgezeichnet

Das letzte, was du hörst ist ein spannender und zugleich fesselnder Thriller. Die junge Frau Sarah zweifelt an der Richtigkeit ihrer Entscheidung bezüglich ihrer Beziehung zu Björn. Sie versucht ihre Meinung zu analysieren während sie dem - vor allem bei den weiblichen Hörern - beliebten Podcastserie Hörgefühlt lauscht. Ihrem Lebensgefährten Björn fällt die schleichende Entzweiung auf und ist entsprechend übellaunig, wenn die Sprache auf den Podcast-Guru Marc Maria Hagen kommt.


Während Sarah auf Distanz geht und förmlich von der Bildfläche verschwindet, versucht Roya rund um den Podcast und Marc Maria Hagen eine Geschichte aufzudecken. Als Journalistin arbeitet sie an einem Artikel, der sich mit dem Podcastsprecher auseinandersetzen soll und die "Nebenwirkungen" solcher Podcasts, wie Hörgefühlt.

Während ich noch die Zusammenhänge ergründe, nimmt die Geschichte schon Fahrt auf. Von einer Zeile zur nächsten möchte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Die Geschichte ist spannend erzählt. Die Charaktere vielschichtig. Und: die Charaktere haben nicht nur Sonnenseiten.

Mit der leicht genervten Polizeiermittlerin an meiner Seite ermittle ich, sammle Informationen und erfreue mich abwechselnd an ihrem Humor und ihrer schroffen Art. Roya macht es ihr anfangs nicht gerade leicht. Und nach ein paar Seiten weiß ich, dass hier nicht nur eine Person etwas zu verbergen hat und mit Informationen geizt.



"Ich schaue, was ich tun kann", sagte Carola. Zwar hatte sie wegen der Entführung ein schlechtes Gewissen, aber nicht stark genug, um ernsthaft in Erwägung zu ziehen, den Hamster, der jetzt einen Namen hatte, zurückzugeben." - Seite 153



Andreas Winkelmann erzählt die Geschichte sehr eindrücklich und bildhaft und ehe ich mich versah, war ich auch schon mitten im Geschehen, in den Ermittlungen und konnte und wollte das Buch nicht mehr aus der Hand legen.



Fazit
Wer spannende Thriller mag, in denen munter mitermittelt werden kann, wird Das letzte, was du hörst lieben. Mir hat der Thriller super gefallen.

Bewertung vom 04.09.2022
Der Aufbruch / Keeper of the Lost Cities Bd.1
Messenger, Shannon

Der Aufbruch / Keeper of the Lost Cities Bd.1


ausgezeichnet

Keeper of the lost Cities - Der Aufbruch ist der erste Band der Fantasy-Reihe um Sophie Foster. Sophie Foster fühlt sich oft fehl am Platz. Sie hat das Gefühl, nicht zu ihrer Familie, ihren Mitmenschen zu gehören, nicht in die Welt zu passen. Die Tatsache, dass sie die Gedanken ihrer Mitmenschen lesen kann, macht es nicht einfacher. Da ist immer etwas los.


Als sie den jungen Fitz trifft, der ihr mitteilt eine Elfe zu sein, wandelt sich ihr Leben. Doch dazugehörig fühlt sich Sophie so schnell nicht. In der Welt der Menschen hatte Sophie ein enormes Wissen, galt als klug. In der Welt der Elfen jedoch kennt sich Sophie noch nicht aus. Die Regeln und Gesetze der Natur, die bei den Menschen gelten, gelten nicht unbedingt auch bei den Elfen. Der Besuch der Zaubererschule Foxfire ist eine Herausforderung für Sophie. Sophie ist 12 Jahre alt und die Erfahrungen, die sie in der Welt der Menschen gemacht hat, sind gleichermaßen wertvoll als auch hinderlich.



Shannon Messenger hat einen ganz wunderbaren, erfrischenden Schreibstil. Bildgewaltig und umschmeichelnd lerne ich die Welt der Elfen kennen. Die Charaktere lassen sich gut voneinander unterscheiden. Sie sind in ihren Handlungen authentisch. Ich liebe die verschiedenen Wesenszüge, die Beschreibung ihrer Mimik und Gestik. Und Shannon Messenger erzählt die Geschichte so lebensecht, dass ich die Geschichte beim Lesen hautnah erlebe.



"Oh nein!" jammerte sie und fragte sich, ob es wohl möglich war, an Peinlichkeit zu sterben. - Seite 342



Ich habe beim Lesen jede Menge Spaß gehabt. Habe mit Sophie gebangt, gelacht und mit ihr Rotz und Wasser geheult. Ich kann es kaum erwarten, die Geschichte um Sophie Foster weiterzuverfolgen. Am 26. Oktober 2022 erscheint bereits der achte Band mit über 800 Seiten. Also noch ein bisschen Zeit vor dem Erscheinungstermin die weiteren Abenteuer mit Sophie zu bestehen.



Fazit
Wer magische Geschichten in Kinder-/Jugendbüchern mag, wird Keeper of the lost Cities lieben.

Bewertung vom 07.08.2022
Luyánta (MP3-Download)
Selge, Albrecht

Luyánta (MP3-Download)


gut

Luyánta - Das Jahr in der Unselben Welt entführt mich an der Seite von Jolantha in eine phantastische Welt in der Murmeltiere sprechen können, dämonische Kräfte ihr Unwesen treiben und Krieg herrscht. Die Fanesleute und ihre verbündeten Murmeltierfreunde haben schon lange auf die Rückkehr von Luyánta gewartet.









Jolantha/Luyánta hatte in der realen Welt schon genug mit sich selbst zu tun und hat laut fluchend ihre Familie in den Wanderurlaub begleitet. Eben noch stellte sie mürrisch fest, dass niemand sie tragen würde, während ihr kleiner Bruder Max den halben Wanderweg hinaufgetragen wurde und die kurzen Etappen, die er rannte galt er als "tüchtig". Was für ein Wort! Tüchtig! Und jetzt soll sie auf einmal die Königin der Fanesleute sein und ihr Volk vor den dämonischen Kräften und dem Adlerprinzen retten.

Luyánta - Das Jahr in der Unselben Welt wird mit viel Liebe zum Detail beschrieben. Da es mehrere verschiedene Etappen auf Luyántas Reise zu bestreiten gilt, werden immer neue Eindrücke geschildert. Einzig die Handlungen bleiben gleich. Luyánta latscht und kämpft, erholt sich und tauscht sich mit anderen aus nur um wieder zu Reisen und zu Kämpfen.

Albrecht Selge wird nicht müde die Handlungen aus jeder Vierteldrehung heraus eingehend zu beschreiben. Mit Ereignissen die "auf einmal" und "plötzlich" stattfinden, bin ich als Leser stets am Puls der Zeit und des Geschehens.

Auf die Geschichte muss man sich einlassen können. Mit dem vielen Geschimpfe und Gezeter am Anfang des Geschehens mit Jolantha hatte ich schon ein Lächeln auf dem Gesicht. Den Missmut der jungen Dame konnte ich nur zu gut verstehen. Als Heranwachsende hätte ich mich sicher auch über so eine Bergwanderung mit der Familie gefreut- wenn auch nicht so lautstark.

Und auch später mit Luyánta und den putzigen Kriegern hatte ich viel Spaß. Bringt doch jeder Charakter - auch bei den Murmeltieren - seine eigenen charakteristischen Züge mit und bereichert das Geschehen.

Luyánta - Das Jahr in der Unselben Welt ist ein schöner Ausflug aus den Teenager-Jahren zum Heranreifen, Verantwortung übernehmen und Gelassenheit erlangen. Es geht um Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt und darum, zu erkennen, dass nicht jeder einem wohlgesonnen ist.

Mir hat das Hörbuch große Freude bereitet. Die Erzählung in epischer Breite sollte der Leser mögen und genießen können.

Constanze Becker liest die Geschichte total toll. Dieser mürrische, mit dem Fuß aufstapfende Tonfall von Jolantha zu Beginn der Geschichte war mir allein schon ein Fest. Auch die Murmeltiere, die putzigen Krieger, haben ihre charakteristischen Stimmen bekommen. Herrlich, Alter!, ist wohl das schönste Murmeltierkompliment, das ich an dieser Stelle anbringen darf ohne der lieben Constanze Becker zu nahe zu treten.

Auch das Keckern des dämonischen, halbverfaulenden Esels ist eine wahre Pracht. Ich kann mir gut vorstellen, dass Constanze Becker hier ebensoviel Freude beim Lesen hatte, wie ich beim Zuhören. Ganz großes Kino!



Fazit
Luyánta - Das Jahr in der Unselben Welt ist für alle, die mürrische Heranwachsende verstehen (mürrische Heranwachsende eingeschlossen) und sich auf eine große, phantastische Reise mit Murmeltieren begeben wollen.

Bewertung vom 29.07.2022
Die Stimme des Wahns / Ackerman & Shirazi Bd.3 (MP3-Download)
Cross, Ethan

Die Stimme des Wahns / Ackerman & Shirazi Bd.3 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Die Stimme des Wahns ist der dritte Band der neuen Reihe um Francis Ackerman jr.



Francis Ackerman jr. war Serienmörder und stand anschließend in den Diensten der Shepherd Organisation. Mittlerweile arbeitet er in einer geheimen Spezialeinheit des FBI. An seiner Seite ist die junge FBI-Agentin Nadia Shirazi.







Wer die Entwicklung - vor allem von Francis Ackerman jr. - von Anfang an verfolgen will, liest zunächst die sechs Bände umfassende Serie der Shepherd-Reihe und führt sich dann die ersten beiden Bände der Ackerman-Shirazi-Reihe zu Gemüte.

Alle, die die Bücher bereits kennen und alle, denen es nichts ausmacht eine Reihe mittendrin zu beginnen, sind herzlich eingeladen, weiterzulesen.



Die Stimme des Wahns erzählt von einem schier albtraumhaften Unterfangen: Francis und Nadia fahren ins Hochsicherheitsgefängnis um einen Häftling aufzusuchen. Auf der Fahrt dorthin gibt Ackerman Nadia zu verstehen, dass sie ganz unbefangen ins Gespräch mit Demon gelangen soll, während Ackerman die Gelegenheit nutzt, die Antworten zu bewerten. Lange hält das Vorhaben allerdings nicht an, denn Ackerman vermutet schnell, dass Demon nicht der ist, der er vorgibt zu sein. Wenn Demon jedoch nicht Demon ist, wo steckt dann der wahre Täter? Und was noch schlimmer ist: was heckt dieser als nächstes aus?

Mir war eingangs der Besuch von Demon im Hochsicherheitsgefängnis schon aufregend genug. Was dann folgt, ist ein rasanter Thriller, der mit jeder Menge Ermittlungsansätzen und einem Wiedersehen mit Ackermans Bruder Marcus aufwartet. Meine größte Schwierigkeit bestand darin, die Daumen und gelegentlich das Knöpfchen für die Pause zu drücken, wenn es mal allzu spannend war.

Der Schreibstil ist gewohnt locker und Francis Überheblichkeit lockert das Geschehen zwischendrin immer mal wieder auf.

Mir hat die Geschichte wieder ein tolles Hörerlebnis beschert. Die Stimme von Thomas Balou Martin gehört für mich unverkennbar zu Francis Ackerman jr.



Fazit
Die Stimme des Wahns ist für alle Francis Ackerman jr. Fans und für jene, die es werden wollen. - Auch, wenn es bedeutet, einen Serienmörder am Ende sympathisch zu finden.

Bewertung vom 24.07.2022
In den Wäldern der Biber (MP3-Download)
Fischer, Franziska

In den Wäldern der Biber (MP3-Download)


ausgezeichnet

In den Wäldern der Biber erzählt die Geschichte von Alina. Alina lebt gemeinsam mit ihrem Freund in Frankfurt. Der Alltag ist vom Job bestimmt und vielmehr Freizeit, als etwas Erholung an den Wochenenden, ist oft nicht drin. Ein Streit über die gemeinsame Zukunft eskaliert, die Beziehung scheitert und Alina bricht Hals über Kopf auf. Der Weg führt sie zu ihrem letzten Wohlfühlort ihrer Kindheit: zu ihrem Großvater aufs Dorf.







Ohne sich darüber Gedanken zu machen, wie ihr Großvater wohl reagieren wird, steht sie vor seinem viel zu großen Haus und macht sich nun doch Gedanken. Wie er wohl reagieren wird? - Gewohnt leise.

Franziska Fischer erzählt die Geschichte von Alina und ihrem Großvater in einer sehr ruhigen und bedachten Art. Malerisch anmutend sind die Schilderungen der Umgebung. Die zwischenmenschlichen Beziehungen werden beleuchtet, so dass die Charaktere stark ausgebildet werden. Gedanken und Gespräche mit einem befreundeten Geschwisterpaar aus Kindertagen fördern mehr und mehr Gestaltungsmöglichkeiten zutage, doch trauen muss sich jeder selbst und sein Leben gestalten.

Das fängt mit Änderungen der äußeren Umstände an und peu á peu rutscht man selbst mit der eigenen Entwicklung nach. Den Werdegang der Charaktere zu verfolgen, mit ihnen in der Natur unterwegs zu sein und den Austausch über die Chancen und Baustellen im Leben zu erfahren, sorgt dafür, dass ich beim Lesen wunderbar abschalten und mich ganz auf die Geschichte rund um Alina einlassen kann.

Im Laufe der Geschichte baut sich unter den Charakteren mehr und mehr Vertrauen auf, so dass ich im Gegenzug sehr viel mehr über ihre Handlungsweisen und das Zustandekommen ihrer Lebensumstände erfahre. Mit wachsendem Interesse folge ich ihren nächsten Schritten.

Charlotte Puder liest die Geschichte ganz wunderbar. Die Betonungen sind an den richtigen Stellen, im Redefluss nimmt sie auch mal ganz natürlich einen Tempowechsel vor und spricht mal sehr deutlich oder nimmt an Geschwindigkeit beim fröhlichen Erzählen zu. Wechseln die Charaktere, wechselt Charlotte Puder auch die Klangfarbe. Besonders hat es mir die glockenhelle Stimme von Isabell angetan. Isabell mit dieser Stimme reden zu hören, stimmt mich fröhlich. Die Stimme des Großvaters hingegen war gewöhnungsbedürftig dunkel und klang angestrengt. Das wäre für mich in der Intensität nicht nötig gewesen, weiß das aber sehr zu schätzen.

In den Wäldern der Biber habe ich sehr gern gehört und hätte die Charaktere rund um Alina auch gern noch länger begleitet.



Fazit
In den Wäldern der Biber ist für alle, die eine ruhige Geschichte vom Sich-selbst-finden in der Gelassenheit der Natur bevorzugen und beim Lesen gern "einen Gang runterschalten" um die Seele baumeln zu lassen.

Bewertung vom 02.07.2022
Ein unendlich kurzer Sommer (MP3-Download)
Pfister, Kristina

Ein unendlich kurzer Sommer (MP3-Download)


ausgezeichnet

"Wo soll man eigentlich hin, wenn man vor sich selbst davonläuft?" - Dieser eine Satz aus dem Klappentext hatte mich sofort gepackt.



Ein unendlich kurzer Sommer erzählt die Geschichte von Lale, die genau das versucht: vor sich selbst davonlaufen.







Lale steigt in einen Zug und landet auf einem heruntergewirtschafteten Campingplatz. So rau, wie der Campingplatz wirkt, ist auch das Benehmen des Besitzers Gustav. Trotzdem lässt er Lale auf dem Campingplatz übernachten und Lale hilft dem alten Mann bei den längst fälligen Renovierungsarbeiten.

In diese stillschweigende Übereinkunft platzt wenig später Christophe. Christophe ist auf der Suche nach sich selbst - oder vielmehr nach seinen Wurzeln. Die Suche führt ihn ebenfalls auf den Campingplatz von Gustav. Und auch, wenn sich Lale weiter in Schweigen hüllt, verlässt sich Christophe auf sein Gespür.



Ein unendlich kurzer Sommer ist ein sehr bildhaft und überaus atmosphärisch erzählter Roman. Kristina Pfister lässt ihre Charaktere eine immense Entwicklung durchlaufen. Alle Charaktere haben unverwechselbare Merkmale und aus ihrem Leben erworbene Besonderheiten, die sich in ihrem Umgang miteinander widerspiegeln. Obwohl nicht viel in der Geschichte passiert, herrscht durch die Weiterentwicklung der Charaktere stets Bewegung. Es fühlt sich an, wie ein lauer Sommerwind. Ein Windhauch, der zwischenzeitlich auch mal auffrischt, mich dann aber wieder wohlig umhüllt.

Vanida Karun liest die Geschichte in genau dem richtigen Tempo und befindet sich stimmlich mit dem Geschehen im Einklang. Das Timbre ihrer Stimme lässt die Charaktere zum Leben erwachen. Es fühlt sich für mich an, als wäre ich selbst mitten im Geschehen.



Fazit
Ein unendlich kurzer Sommer ist für alle, die eine wunderbar atmosphärisch erzählte Geschichte genießen wollen und für alle, die vielleicht auch gerade ein bisschen selbst entfliehen wollen. Vor sich selbst, aus dem Alltag, aus dem eigenen Wirrwarr an Gefühlen.

Bewertung vom 08.06.2022
Was das Schicksal will / Die Dorfschullehrerin Bd.2
Völler, Eva

Was das Schicksal will / Die Dorfschullehrerin Bd.2


ausgezeichnet

Die Dorfschullehrerin - Was das Schicksal will ist der zweite Band der Reihe um die Protagonistin Helene Werner.

Helene bekommt ein Angebot, dass sie nicht ausschlagen kann, nicht ausschlagen will. Sie soll die Schulleitung übernehmen. Eine tolle Karrierechance als Frau, dazu noch in ihrem Alter. Dafür muss sie jedoch mit ihrer Tochter Marie zurück an die Schule in dem kleinen Ort Kirchdorf, aus dem Helene mit Marie jüngst weggezogen ist. Beruflich wäre das kein Problem. Wie sieht dann aber das Privatleben aus?





Helene ist eine taffe junge Frau. Sie sucht keine Auseinandersetzungen, aber sie scheut sie auch nicht. Das gefällt mir sehr an ihr. Helene verfügt über ein gesundes Gespür für Stimmungen und kann sich gut darauf einlassen. Was und wen sie liebt, liebt sie aus tiefstem Herzen.

Der Roman spielt im Jahr 1964 in Hessen, nahe der Grenze zur DDR. Eva Völler fängt die Begebenheiten in dieser Zeit gut ein. Das Geschehen wirkt sehr stimmig und wird durch den Einsatz der Sprach- und Wortwahl abgerundet. Sehr natürlich ist die Wortwahl vor allem in den Passagen, in denen Dialekt verwendet wird. Um besser verstehen oder erahnen zu können, was dort steht, habe ich die Sätze langsam und laut gelesen. Manches Mal hätte ich sonst sicher nie erfasst, was die Charaktere zum Besten geben.

Die Charaktere haben sehr unterschiedliche und tiefe Wesenszüge. Ich kann sie gut auseinanderhalten und einander zuordnen. Mir gefällt, wie niemand aus seiner Haut kann und doch jeder im Dorf miteinander auskommen muss. Jeder hat seinen Platz und muss doch auch mal aus seiner Komfortzone.

Im Lauf der Geschichte entwickeln sich die Charaktere weiter und einige der Nebenfiguren nehmen dabei immer mehr Raum ein. Das macht das Dorfleben bunt und zeigt, dass jeder wichtig ist.

Es gibt immer wieder Spannungen, die gelöst werden müssen. Auch wenn das Ziel manchmal unerreichbar scheint.

Mir hat die Geschichte jede Menge Spaß bereitet. Den ersten Band muss man nicht gelesen haben. Es gibt Rückblenden, die den Fortgang der Geschichte nachvollziehbar machen. Dieser zweite Band ist so randvoll mit Ereignissen und tollen Charakteren, da wird der erste Band kaum vermisst. Wer die Charaktere lieber von Anfang an in ihrer Entwicklung erleben möchte, startet mit Band 1.



Fazit
Die Dorfschullehrerin - Was das Schicksal will ist für alle, die Romane lieben, die das Dorfleben in Zeiten der Trennung von Ost- und Westdeutschland erzählen.

Bewertung vom 28.05.2022
Artemis
Charonne, Charlotte

Artemis


ausgezeichnet

Artemis ist der zweite Band aus der Reihe um Rubina Hiller und Simon Peick, kurz Ruby und Spike.

Der lockere und zugleich malerische Erzählstil ist das Besondere an der Thriller-Reihe von Charlotte Charonne. Mit ihrer Art die vor allem zwischenmenschlichen Begebenheiten zu schildern, bringt sie mich zum Lachen. Diese kurzen Entspannungsmomente sind für mich - bei all der Spannung in der Geschichte - immens wichtig. Der Spannungsbogen wird in Artemis extrem hoch gehalten.





Die Geschichte schreitet zügig voran und nebenbei lerne ich das Privatleben von Ruby und Spike näher kennen. Bei all der Arbeit, die der neue Fall mit sich bringt, haben die Beiden alle Hände voll zu tun und müssen ihre Gedanken stets auf das aktuelle Geschehen richten.

Artemis kann man wunderbar auch ohne Kenntnis des Vorgängerbands Asklepios lesen. Dem Verlauf der Privatleben der beiden Ermittler und der Charaktere rundherum folge ich jedoch lieber von Anfang an.

Charlotte Charonne nimmt sich in diesem Fall der Göttin Artemis an. Artemis ist die Hüterin der Frauen und Kinder, die Göttin der Jagd, des Waldes, der Geburt und des Mondes. Und was Artemis, kurz Emi, wirklich wichtig ist, wird in diesem Buch Wirklichkeit.



"Die Entscheidung, was mit den Männern geschehen sollte, war ihr leichtgefallen. Es musste verhindert werden, dass sie ihre Tat wiederholten. Sie stellten eine Gefahr dar - nicht nur für die Frauen ihrer Familie, sondern für alle." - Seite 40



Damit meinte sie die Männer, die Frauen gegenüber übergriffig wurden. Ist es Zufall, dass nach und nach die Tatverdächtigen einer brutalen Vergewaltigung an einem Mädchen mit Verstümmelungen ins Krankenhaus kommen? Und was war zuerst bekannt? Die Vermutung der Straftat? Oder die Verstümmelung der vermeintlichen Täter? Ruby und Spike befinden sich auf der Jagd nach nicht nur einem Täter.

Ich habe jede Zeile dieses Thrillers genossen. Der witzige, charmante Schreibstil gepaart mit der temporeichen Jagd nach den Tätern ließ keine Wünsche offen. - Außer dem Wunsch nach einem dritten Band.



Fazit
Artemis ist für alle, die temporeiche Thriller mögen und eine anekdotische Schreibweise genießen können.