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CK
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Raum Stuttgart

Bewertungen

Insgesamt 135 Bewertungen
Bewertung vom 29.11.2024
Benefiz
Lehmbeck, Sabine

Benefiz


ausgezeichnet

Acht Frauen. Acht Lebensgeschichten

Der Roman „Benefiz“ ist mir aufgrund des sehr prägnanten Covers aufgefallen, welches meiner Meinung nach sehr gut zum Buch passt.
In diesem Roman von Sabine Lehmbeck verknüpfen sich über die 14 Kapitel die Lebenswege der 8 Hauptpersonen, allesamt Frauen unterschiedlichen Alters und verschiedener Herkunft und andern Charakteren.
Der Aufbau des Buchs ist meiner Meinung nach hierbei besonders gut gelungen. Trotz der vielen Namen verliert man nie den Überblick, da jede Person in einem eigenen Kapitel eingeführt wird. Nach und nach sieht man, wie alle zusammengehören. Das Buch ist ein echter Pageturner, man kann es kaum mehr zur Seite legen. Dabei liest es sich trotz der vielfältigen und teils schweren Themen (Politik, Familie, Herkunft, Sexualität, etc.) so leicht, dass es eine wahre Freude ist.
Ein Buch, das mich sehr positiv überrascht hat!

Bewertung vom 28.11.2024
Hund, Wolf, Schakal
Karim Khani, Behzad

Hund, Wolf, Schakal


ausgezeichnet

Wenn man aus einer Welt kommt, die einen nicht will …


Behzad Karim Khanis Debütroman „Hund Wolf Schakal“ habe ich erst nach seinem wirklich großartigen Roman „Als wir Schwäne waren“ gelesen, aber auch bei diesem Buch hat mich von der ersten Seite an sein Schreibstil und seine beeindruckende Sprache begeistert. Auch wenn das Buch vom Thema her natürlich sehr bedrückend und heftig ist.

Nachdem im Grauen der Iranischen Revolution ihre Mutter getötet wird, fliehen der elfjährige Saam und sein kleiner Bruder Nima mit ihrem Vater Jamshid nach Deutschland. Der Vater hat es nicht einfach hier, bekommt nur einen Job als Taxifahrer und kommt nicht zurecht im neuen Leben in Neukölln - zu sehr quälen ihn die Geister der Vergangenheit. Saam übernimmt mehr oder weniger die Rolle des Familienoberhaupts, möchte sich Respekt verschaffen und wächst in kriminelle Strukturen hinenin. Bis er eines Tages zu weit geht …
Das Schicksal dieser beiden Brüder kann einen nicht kalt lassen. Ein bedrückendes Buch, das noch lange in mir nachwirken wird.
Und ich hoffe sehr, dass es bald wieder ein neues Buch von Behzad Karim Khani geben wird!

"Es gab Prothesen, aber eine Prothese war für ihn wie eine Perücke. Eine Lebenslüge. Jamshid trug keine. Und er ließ seine Mutter auch nicht die Hose an der Seite kürzen, wo jetzt kein Bein mehr da war. Er faltete es und steckte es mit Sicherheitsnadeln ab, als erwartete er, dass das fehlende Bein irgendwann wieder nachwuchs. Drei Paar Schuhe hatte er gekauft seit dem Attentat. Den rechten trug er, die linken bewahrte er auf."

"Es war gut, dass sie gingen, dachte er. Der Pass würde sie nach Istanbul bringen, da würde er eine Telefonnummer wählen, und jemand würde sich um sie kümmern. Jemand der wissen würde, der vielleicht sogar jetzt schon wusste, wie die Reise weiterging. Welche Route sie nehmen müssten, welches Land sie akzeptieren würde. Schweden, die Sowjetunion, Jugoslawien oder Deutschland. Er selbst hatte keine Präferenz. Er rannte vor etwas weg, nicht zu etwas hin."

"Es ist nicht einfach, Geschenke anzunehmen, wenn man nichts hat. Armut macht jedes Geschenk zu Almosen, jede Großzügigkeit zu Mitleid. Macht den Beschenkten zum Bedürftigen, den Schenkenden zum Gönner. In jeder Gabe steckt ein Vertrag über oben und unten. Mit dem Annehmen unterschreibt man ihn. Wenn die Geschenke gebraucht sind, also aussortiert wurden und sonst auf den Müll kämen, berühren Sie die Würde."

"Elend war nichts, was ich in Öffnungs- oder Sprechzeiten fassen ließ oder irgendwann endete. Jeden Morgen wartete es draußen, zog ein, sobald der Mann in Uniform die Tür öffnete, und blieb bis sie wieder hinter ihm geschlossen wurde."

"Saam hatte die Logik von Gewalt verstanden. Die strenge Schule Jamshids, die Kälte mmNarwans, sein spartanisches Verhältnis zum eigenen Körper als einem Ort des Aushaltens und der Disziplinierung. Er hatte gelernt, dass derjenige, der nicht am Thron sägte, noch unter dem stand, der ist tat. Er hatte verstanden. Dieses Mal wirklich. Er konnte der nächste König sein, und wenn nicht, zumindest der nächste Terror, die nächste Furcht."

"Wenn man aus einer Welt kommt, die einen nicht will, ist man ihr auch nichts schuldig. Keine Loyalität. Keine Erklärung. Man muss nicht einmal den Namen annehmen, den man bekommen hatte."

Bewertung vom 25.11.2024
Dinner
Maehashi, Nagi

Dinner


ausgezeichnet

Viele tolle Rezepte & eine sehr sympathische Köchin

Das Kochbuch „Dinner. Über 150 Rezepte vom Blog RecipeTin Eats“ von Nagi Maehashi ist allein schon durch die hochwertige Ausführung ein Hingucker, ein wirkliches Schwergewicht im großen Format. Das Cover, auf dem auch ihr Hund Dover zu sehen ist, hat natürlich der ganzen Familie gut gefallen (der Hund taucht mit sehr süßen Fotos auch mehrfach im reichlich bebilderten Buch auf).
Nagi Maehashi war mir gleich auf den ersten Blick total sympathisch und ihre persönliche Geschichte zum Erfolg hat mir sehr gut gefallen.
Auch die Rezepte sind einfach grandios: Es ist eine riesige Auswahl an Rezepten, ein bunter Mix verschiedenste Rezepte, die mir beim Durchblättern so ziemlich alle sehr gut gefallen haben. Ich bin sicher, dass wir mit diesem Kochbuch jede Menge tolle kulinarische Hightlights erleben werden!
Eigentich wollte ich mir keine Kochbüchre mehr kaufen, aber dieses hier gefällt mir wirklich ausgesprochen gut!

Bewertung vom 25.11.2024
Hasenherz. Held aus Versehen
Blesken, Julia

Hasenherz. Held aus Versehen


sehr gut

Freundschaft macht stark und mutig


Das Buch "Hasenherz. Held aus Versehen" von Julia Blesken ist ein sehr empfehlenswerter Roman für Kinder ab ca. 10/11 Jahren.
Fridi, die Hauptperson der Geschichte, hat einfach vor allem Angst und ist sehr schüchtern. Sein Vater möchte, dass er einen Ausflug mit den Pfadfindern macht, doch darauf hat er so gar keine Lust und auch etliche Ängste quälen in Bezug auf diese Fahrt.
Mehr aus Versehen schwänzt er nun diesen Ausflug und gemeinsam mit seinen Freunden Jennifer, Zeck, Musti und Polina erlebt er stattdessen nun ganz andere Abenteuer, in deren Verlauf er über sich hinauswächst. Auch die drei Anderen erleben durch die gemeinsame Zeit einige Veränderungen - und ihre Freundschaft wird stärker.
Meiner Meinung nach eine sehr empfehlenswerte Geschichte über Mut/Ängste, persönliche Entwicklung und Freundschaft.

Bewertung vom 23.11.2024
Mirmar
Soppa, Josefine

Mirmar


schlecht

Gute Intention, aber Umsetzung leider anstrengend und zäh


Ich hatte den Roman "Mirmar" von Josefine Soppa irgendwo als Buchtipp entdeckt und der Inhalt klang ganz interessant.
Eine Mutter und Tochter halten sich mit Untervermietungen ihrer Wohnungen und Aushilfsjobs über Wasser, bis die Mutter eines Tages verschwindet. Die Tochter macht sich auf die Suche nach ihr...
Kritik am Kapitalismus/Patriarchat und Mutter-Tochter-Beziehungen finde ich sehr spannend als Thema und ich sehe auch hier die Intention der Autorin.
Leider hat mir aber das Buch dann überhaupt nicht gefallen. Weder der Schreibstil noch der Aufbau und die Entwicklung der Geschichte haben mich angesprochen. Das Buch liest sich sehr anstrengend, hat zu viele verschachtelte Sätze, ist zäh und langatmig. Ich hätte es mehrmals fast abgebrochen, wollte aber das Ende erfahren. Gelohnt hat sich das Weiterlesen leider nicht für mich.
Das Buch scheint mir wie der Versuch, auf einer aktuell angesagten literarischen Welle mitzuschwimmen - aber da gibt es zu diesen Themen einige deutlich bessere Bücher. Dieses hier kann ich nicht empfehlen.

Bewertung vom 22.11.2024
Gott ist nicht schüchtern
Grjasnowa, Olga

Gott ist nicht schüchtern


sehr gut

Leid ist nicht vergleichbar ...


Der Roman "Gott ist nicht schüchtern" von Olga Grjasnowa ist wahrlich keine leichte Kost.
Die Geschichte von Amal und Hammoudi führt in eine Welt, die wir uns kaum vorstellen können. Seine Heimat zu verlassen in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft - das ist auch ein Kampf ums Überleben. Die Geschichte könnte statt in Syrien genausogut in anderen Kriegs- und Krisengeschichten spielen und ist damit meiner Meinung nach zeitlos aktuell.
Die Geschichte hat mich sehr bewegt und erschüttert. Ein Buch, das man nicht so schnell vergessen kann.

"Amal sagt kein Wort. Sie weiß, dass diese Geschichten sonst niemals erzählt werden würden, doch sie weiß auch, dass Leid nicht vergleichbar ist."

"Die Menschen haben Hunger, und Hunger ist die effektivste Wache, denn er entmenschlicht."

"Amal hast es, sich als Flüchtling durch die Stadt zu bewegen - zögerlich und eingeschüchtert. Sie hasst ihre ganze Existenz. Sie hasst es, sich nicht auf Deutsch verständlich machen zu können und das in den Behörden niemand außer den Security-Männern in der Lage ist, auch nur das primitivste Englisch zu sprechen. Sie hasst es, als Muslimin und Schmarotzerin angesehen zu werden und sie hasst sich selbst. Die Welt hat eine neue Rasse erfunden, die der Flüchtlinge, Refugees, Muslime oder Newcomer. Die Herablassung ist mit jedem Atemzug spürbar."

"Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustand kommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Pass niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.“ (Bertold Brecht; hier als Zitat auf Seite 277)

Bewertung vom 18.11.2024
Tour de France
Klemm, Stephan

Tour de France


sehr gut

Sehr gutes Sachbuch für Fans der Tour de France - aber leider viele Schreifehler

Das neu erschienene Sachbuch „Tour de France“ von Stephan Klemm liefert auf 608 Seiten und in 21 Kapiteln jede Menge Lesestoff für Fans des Radsports und speziell der Tour de France.
Das Buch ist sehr gut recherchiert und aufgebaut.
Man braucht zugegebenermaßen ziemlich viel Ausdauer beim Lesen, für Wenig-Leser mag das eine Herausforderung sein, zumal die Schrift ziemlich klein ist.
Aber es lohnt ich definitiv. Man erfährt sehr viel über die Organisation und die Helfer der Tour de France, die Etappen, Sieger und Verlierer, Doping und vieles andere drumherum – von Beginn der Tour de France an bis zum Jahr 2024.

Einen Stern Abzug gibt es leider, da das Buch sehr viele Fehler (Rechtschreib- und Grammatikfehler; stellenweise fehlen sogar ganze Worte am Ende eines Satzes!) enthält, was das Lesevergnügen doch erheblich stört!

Ansonsten: Ganz klare Leseempfehlung mit jeder Menge Wissen und Hintergrundinfos!

Bewertung vom 18.11.2024
Gratulieren müsst ihr mir nicht
Polansky, Lilli

Gratulieren müsst ihr mir nicht


ausgezeichnet

Sehe bewegende Krankheitsgeschichte, aber ....

"Das Gute daran, mit 20 einen Herzschrittmacher eingesetzt zu bekommen: Der Herzschrittmacher lässt das Herz auf der passenden Frequenz schlagen und verhindert, dass man einen Herzstillstand erleidet.
Das Schlechte daran, mit 20 einen Herzschrittmacher eingesetzt zu bekommen: Der Herzschrittmacher lässt das Herz zwar auf der passenden Frequenz schlagen und verhindert, dass man einen Herzstillstand erleidet, aber ein gebrochenes Herz kann er leider nicht heilen."

Der Debütroman "Gratulieren müsst ihr mir " von Lilli Polansky hatte mich vom Titel und Cover her spontan angesprochen. Das Buch ist vermutlich autofiktional, wie man anhand des Nachwort annehmen kann. Erzählt wird die Geschichte der 20-Jährigen Lilli, die einen Herzschrittmacher bekommt. Außerdem hatte sie einen Gehirntumor, eine schwere Farm-OP und Depressionen. Es ist hier unfassbar, was diese junge Frau in ihrem kurzen Leben gesundheitlich und psychisch schon mitmachen musste.
Sicherlich hat es auch therapeutische Gründe, diese sehr persönliche Lebens- und Krankheitsgeschichte als Roman niederzuschreiben. Ich würdige das und bewundere ihren Lebensmut und wünsche ihr von Herzen alles Gute!
Dennoch hat das Buch mich als Roman leider nicht angesprochen. Besonders die (für mein Empfinden) zu ausführlichung Beschreibungen ihrer mit Patient*innen im Krankenhaus und den Arztpraxen empfand ich als unpassend und zu viel des Guten.
Auch den emotionalen Sprung vom letzten Kapitel in den Epilog hinein konnte ich nicht ganz nachvollziehen, hier fehlen mir weiter beschriebene Entwicklungsschritte zu diesen doch sehr plötzlich ganz anderen Gedanken. Mich konnte das Buch insgesamt leider nicht überzeugen.

Bewertung vom 11.11.2024
Fred und ich
Hach, Lena

Fred und ich


ausgezeichnet

Sehr wertvolles und einfühlsames Jugendbuch

Das Buch "Fred und ich" von Lena Hach hat zwar nicht viele Seiten, aber sehr viel klugen und wichtigen Inhalt. Es erzählt die Geschichte von Anni, die es gerade nicht leicht hat im Leben und mit einem traurigen Verlust kämpft. Da lernt sie Fred kennen und sie freunden sich an. Daran ändert sich auch nichts, als Anni bemerkt, dass Fred trans ist. Die Geschichte dieser außergewöhnlichen Freundschaft und sich anbahnenden jungen Liebe ist wunderbar einfühlsam und klug erzählt. Das Thema Transidentität ist hier auf wunderbar kindgerecht und ohne falsche Scham umgesetzt. Mir hat die Geschichte und der Schreibstil wirklich gut gefallen. Das Buch ist zum Weinen schön, klug und unbedingt empfehlenswert!

"Manchmal war ich unsicher, welche Wörter die richtigen sind. Die kleinsten können den größten Unterschied machen."

Bewertung vom 09.11.2024
Second-Class Citizen: Der Klassiker der Schwarzen feministischen Literatur
Emecheta, Buchi

Second-Class Citizen: Der Klassiker der Schwarzen feministischen Literatur


ausgezeichnet

„Wir alle sind zweitklassig“ – Sehr bewegendes und wichtiges Buch


In „Second-Class Citizen“ verarbeitet die nigerianische Autorin Buchi Emecheta ihre eigene Lebensgeschichte in Romanform:
Adah wird in einfachen Verhältnissen in Nigeria geboren. Von klein auf hat sie den unbändigen Wunsch nach Bildung und einem selbstbestimmten Leben sowie den großen Traum, eines Tages Schriftstellerin zu werden.
Es ist ein steiniger Lebensweg voller Hass und Abwertung, Demütigungen und Entbehrungen, der hier beschrieben wird.
Ich fand ihre Geschichte unfassbar bewegend und beeindruckend. Jede Seite war lesenswert, sowohl der Schreibstil als auch der Aufbau des Buchs haben mir sehr gut gefallen.

„Aber an dem Tag, an dem du in England landest, bist du Second-Class Citizen. Du kannsdt also nicht deine eigenen Leute diskriminieren. Wir alle sind zweitklassig.“

„In ihrer Freude darüber vergaß sie, dass Francis aus einer anderen Kultur stammte. Er war kein Mann, der sich leicht an neue Bedingungen anpasste, der sein Frauenbild änderte. Für ihn war eine Frau ein Mensch zweiter Klasse. Man konnte mit ihr zu jeder Zeit schlafen, selbst am Tag. Wenn sie sich weigerte, konnte man sie durch Schläge zur Vernunft bringen, bis sie nachgab. Man konnte sie aus dem Bett werfen, wenn man mit ihr fertig war, damit sie seine Sachen wusch und sein Essen rechtzeitig fertig war. Es gab keinen Grund, intelligente Gespräche mit seiner Frau zu führen, denn dann könnte sie auf falsche Gedanken kommen. Adah wusste, dass sie ein Stachel in seinem Fleisch war. Sie verstand, was er durchmachte, denn er litt so sehr darunter. Doch obwohl er leidtat und sie Verständnis für ihn aufbrachte, würde sie nicht diese Art von Ehefrau sein. Francis konnte sie totschlagen, aber sie würde sich nicht auf dieses Niveau herablassen.“

„Second-Class Citizen“ von Buchi Emecheta ist ein Buch, das man so schnell nicht vergessen wird. Ich hoffe sehr, dass von dieser Autorin noch mehr ihrer Werke auf Deutsch veröffentlicht werden, denn das hätte sie mehr als verdient, auch nach ihrem Tod noch – sie sollte nicht vergessen werden!