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Sago

Bewertungen

Insgesamt 509 Bewertungen
Bewertung vom 16.12.2023
Nebenan ist doch weit weg
Bones, Antje

Nebenan ist doch weit weg


sehr gut

Wenn ein 12jähriges Mädchen unverhofft mit seiner Familie vom Berlin nach Krakau übersiedeln, das geliebte Kreuzberg und die vertrauten Freundinnen hinter sich lassen muss, kann das die Welt zunächst im Scherben legen. So ergeht es Edith und es gelingt der Autorin selbst für Erwachsene beeindruckend, diese Entwurzelung hautnah spürbar zu machen. Doch Edith lässt sich nicht unterkriegen und beginnt sogar mit neuen Freunden Krakau und dem Geheimnis von in der neuen Wohnung verstecken Briefen auf die Spur zu kommen...

Hier wird Migration einmal raffiniert umgedreht, indem das deutsche Mädchen plötzlich die Fremde in unvertrauter Umgebung wird. Durch die eingestreuten polnischen Begriffe entsteht auch ein authentisches Lokalkolorit.

Der Text wird in der Ichform von Edith erzählt, so dass ich eigentlich keinen richtigen Unterschied zu ihren eingestreuten Tagebucheintrag feststellen konnte. Das hätte für mich tatsächlich durchgehend erzählt werden können.

Bewertung vom 14.12.2023
Zerbrochene Wahrheit / Fallen Kingdom Bd.2
Müller-Braun, Dana

Zerbrochene Wahrheit / Fallen Kingdom Bd.2


ausgezeichnet

Acht Fürstentümer, sieben reagiert von den Fürsten der Todsünden, eines vom Fürst der Wahrheit. Eine Bevölkerung, deren Adlige jeweils einen dämonischen Heroen zum Schutz an ihrer Seite haben. Doch diese Heroen sind tatsächlich die Erstgeborenen, die ohne eigene Identität und Rechte ihre jüngeren Geschwister mit ihrem Leben beschützen sollen...

Navien ist eine solche Heroe. Nach einem Putsch gerät sie unfreiwillig in die Rolle ihrer mächtigen Schwester. Hier lernt sie nicht nur erstmals ein normales Leben kennen, sondern auch einige Männer, die ihr Gefühle und Verstand zu verwirren scheinen. Wem kann Navien wirklich trauen?

Eigentlich bevorzuge ich Urban Fantasy und mache um Romantasy eher einen Bogen. Diese originelle Geschichte hat mich aber vollends überzeugt und immer wieder maßlos überrascht, was mir selten passiert. Zudem gab es komplexe Protagonisten und eine Handlung, von der ich wunderbarer Weise noch gar nicht sagen kann, wo sie hinsteuern wird. Ich habe mir gleich den mittlerweile schon erschienenen zweiten Band zugelegt.

Bewertung vom 12.12.2023
Die geheime Gesellschaft
Penner, Sarah

Die geheime Gesellschaft


sehr gut

Schon der wunderschöne Buchumschlag erzeugt eine passende Atmosphäre, die sich in der Geschichte fortsetzt. Mir hat es sehr gefallen, dass die Autorin im Gegensatz zu "Die versteckte Apothek" in einer Zeitebene bleibt und sich auf das viktorianische Zeitalter beschränkt. Damals waren Seancen sehr in Mode. Mit übersinnlicher Hilfe will die Londonerin Lenna dem Mord an ihrer Schwester Evie auf die Spur kommen. Ohne wirklich an das Übernatürliche zu glauben, lernt sie daher bei der Spiritistin Vaudeline in Paris. Als Vaudeline zur Aufklärung eines weiteren Mordfalls nach London gerufen wird, begleitet Lenna sie hinter dem Rücken ihrer Familie. Gemeinsam ermitteln die beiden Frauen in einer spiritistischen Geheimgesellschaft, die ausschließlich von Männern betrieben wird. Doch dort scheint eine Menge nicht mit rechten Dingen zuzugehen, was sich allerdings nicht nur auf die Geisterwelt bezieht...

Das ungewöhnliche Setting, die originelle Story und die atmosphärische Dichte haben mir sehr gut gefallen. Bedauerlich fand ich, dass man bereits ab der Hälfte des Buches Klarheit bekam, um wen es sich beim Bösewicht handelt, auch wenn damit noch nicht alle Rätsel gelöst waren. Überhaupt weist der ganze Roman nicht eine einzige wirklich positive männliche Person in tragender Rolle auf. Dass sich dann auch noch zwischen Lenna und Vaudeline eine erotische Anziehung entwickeln musste, war mir persönlich einfach zu einseitig erzählt. Insgesamt aber ein spannender kriminalistischer Genremix vor gelungener historischer Kulisse.

Bewertung vom 10.12.2023
Die Abenteuer der Piratin Amina al-Sirafi
Chakraborty, Shannon

Die Abenteuer der Piratin Amina al-Sirafi


ausgezeichnet

Amina al-Sirafi ist eine Protagonistin, wie ich sie noch in vielen Fantasyroman gern finden würde. Alles andere als stromlinienförmig, schon etwas älter, aber immer noch voller Power. Eigentlich ist die ehemalige Piratin bereits im Ruhestand und Mutter ener Tochter. Ihr geliebtes Schiff Marawati hat sie an ein ehemaliges Mannschaftsmitglied übergeben. Doch dann wird sie erpresst, nach Dunya zu suchen, einer angeblich entführten Tochter aus reichem Hause. Noch einmal macht sich Amina auf und gerät in ein Abenteuer, wie es fantastischer nicht sein könnte...

Shannon Chakraborty hat mich bereits mit ihrer Daevabad-Reihe restlos begeistert. Die Abenteuer Aminas siedelt sie im Orient des 12. Jahrhunderts an, spart aber zum Glück auch hier nicht an fantastischen Elementen und Wesen. Der Roman ist unglaublich farbenprächtig, atmosphärisch dicht erzählt und bietet sogar witzige Dialoge. Besonders viel Spaß hat mir die Figurenzeichnung von Aminas Eheman Raksh gemacht, auf dessen Geschichte die Autorin wirklich unglaublich geschickt neugierig macht, indem sie lange bewusst mit Informationen spart. Was für ein Wesen erwartet einen bei Raksh? Das ist dann so raffiniert geschildert, dass man Raksh ebenso gern beuteln wie mehr erfahren möchte.

Ich hoffe, wir können sehr bald erneut mit Amina in See stechen!

Bewertung vom 10.12.2023
Die verschollenen Meister / Magische Bilder Bd.1
El-Bahay, Akram

Die verschollenen Meister / Magische Bilder Bd.1


sehr gut

Art jobbt in Paris im Fotoladen von Monsieur Rufus. Nie hätte er geahnt, dass es geheimnisvolle magische Bilder gibt, die Ereignisse der Weltgeschichte darstellen, lange vor Erfindung der Fotografie. Als Monsieur Rufus und der Laden von geheimnisvollen Inquisitoren überfallen werden, erfährt Art, dass er der einzige ist, der in der Lage ist, diese magischen Fotos zu öffnen, um darin gefangene Meister zu befreien....

Gemeinsam mit dem Ägypter Amin und der Chinesin Wu startet Art zu einer wahren Parforcejagd um die Welt und durch die Geschichte. Historische Persönlichkeiten, magische Familien, lebende Mumien und ein selbstbewusstes sprechendes Radio machen Lesespaß. Dennoch hat mich dieser Auftakt eines Zweiteilers weniger in seinen Bann gezogen als andere Reihen von Akram El-Bahay. Das lag vor allem an Art. Art steht eigentlich für Artur. Auf mich wirkte er aber tatsächlich "artificial", also wie gerade künstlich erschaffen und nicht plastisch genug, um mich richtig in den Bann der Handlung zu ziehen. Woher seine großen Kräfte stammen, werden wir sicher im zweiten Teil erfahren. Da ich aber den ersten Teil für sich bewerten muss, entstand bisher einfach der Eindruck des bekannten Themas "Held hat plötzlich Kräfte unbekannter Herkunft", ohne dass sich dies logisch entwickeln konnte.

Sehr durchdacht und gelungen ist das Cover, das mit dem des zweiten Teils einen Ring bilden wird.

Bewertung vom 06.12.2023
Deine Zeit zu sein
Brockmann, Nina

Deine Zeit zu sein


gut

Manche Bücher möchte man gern mögen, muss sich aber leider doch an ihnen reiben und bleibt nach dem Lesen etwas ratlos zurück. Dieses gehört dazu.

Die Autorin gliedert das Buch in zwei Teile, Leid und Heilung, was sich erst im Laufe des Lesens erschließt. Leider fehlt ein Inhaltsverzeichnis, das es erleichtern würde, einzelne der kurzen Kapitel noch einmal anzusteuern oder zu erkennen, worauf das Buch hinausläuft. Teilweise bin ich daher etwas ratlos den Betrachtungen gefolgt. Manches hat mich berührt und nachdenkenswerte Impulse gesetzt. Dann gab es hingegen Sätze in überraschendem, einfach unschönen Denglisch oder gar grundlos dreisprachig (Gefühle nicht verdrängen, sondern ownen; einmal mit diesem Mindset d'accord, ist es uns viel eher zugänglich). Oder vage und etwas kryptische Aussagen wie: "Am Ende ist es so leicht, wie es schwer ist." Das ist sehr schade, da der Text immer wieder gute Ansätze bietet. Demotivierend fand ich die Behauptung, Heilung sei grundsätzlich allein nicht möglich. Und das, wo es im Buch doch um "einen stinknormalen Alltag mit Job, Familie und der täglichen Portion Gestresstheit" geht und die echten Herausforderungen wie Einsamkeit, Krankheit und Tod gar nicht thematisiert werden.
Ging es um die Überwindung des Leids, hätte ich mir konkrete Tipps erhofft und weniger allgemeine Überlegungen.

Die nach jedem Kapitel eingefügten Reflexionen sind gute Anregungen. Zusätzlich gibt es in Gedichtform gestaltete Texte, die eigentlich pure Prosa sind und auch nichts Lyrisches bieten. An dieser Stelle konnte ich für mich nichts mitnehmen.

Bewertung vom 03.12.2023
Atalanta
Saint, Jennifer

Atalanta


ausgezeichnet

Zu meiner Freude sind Nacherzählungen griechischer Mythen, die den Fokus auf die weibliche Sichtweise legen, derzeit wieder in Mode. "Atalanta" besticht dadurch, dass die Autorin hier eine eher unbekannte Figur in den Mittelpunkt stellt. Von den Argonauten und dem Goldenen Vlies haben wohl einige schon gehört. Das aber mit Altalanta eine kriegerische Frau die Argonauten auf ihrer berühmten Reise begleitete, dürfte eher unbekannt sein.

Außerdem hat mir besonders gefallen, dass sich Jennifer Saint im Gegensatz zu anderen Nacherzählungen nicht in der Perspektivenvielfalt verzettelt, sondern Atalanta zur Ich-Erzählerin macht. Zahlreiche andere Mythen wie zum Beispiel der um Adonis werden ganz nebenbei in die Handlung eingeflochten. Mit mehreren Erzählenden wäre der Roman aus meiner Sicht dann zu sehr an die Oberfläche geraten.

Wie Atalanta durch die durchaus zwiespältig geschilderte Göttin Artemis zur Kriegerin, die sich eigentlich wie die Göttin von Männern fernhalten soll, ausgebildet wird und dann mit den Argonauten auf die Reise geschickt wird, nur um dort doch in Versuchung zu geraten, habe ich sehr gern verfolgt.

Bewertung vom 25.11.2023
Herzsprechstunde
Eifert, Sandra;Kirschner-Brouns, Suzann

Herzsprechstunde


sehr gut

Auf vielfältige Art nähern sich hier zwei erfahrene Ärztinnen dem Thema, warum das weibliche Herz anders ist und wie man es gesund hält. Gerade das weibliche Herz ist so eng mit der Psyche verknüpft, dass es nicht nur in vielen Sprichwörtern oder der Literatur eine Rolle spielt, sondern im Krisenfall auch zum Broken-Heart-Syndrom führen kann.

Es ist immer wieder alarmierend, dass Gendermedizin, wie sie hier erklärt wird, im medizinischen Alltag noch immer wieder zu fehlen scheint. Umso besser wenn man wie hier kompetent informiert wird

Dabei wird kaum ein Thema rund ums Frauenherz ausgelassen. Die Autorinnen berichten aus ihrer kardiologischen Praxis, liefern Tabellen und Diagrammen sowie ein umfangreiches Quellenverzeichnis. Lediglich mein persönliches Thema Bluthochdruck kam mir etwas zu kurz.

Bewertung vom 18.11.2023
Glühende Sterne / Die wilden Pferde von Rydal Hill Bd.2
Czerny, Theresa

Glühende Sterne / Die wilden Pferde von Rydal Hill Bd.2


ausgezeichnet

"Vielleicht hatten sie ihn gewittert, vielleicht hatten sie auch einfach seine Nähe gespürt, jedenfalls war plötzlich die Herde da. Wie Märchenpferde standen sie unten am Bach, umhüllt vom Dunst, der aus dem Boden aufstieg, mit einem rötlichen Schimmer in Fell und Mähnen."

Es wird erneut herrlich mystisch im Lake District bei den Fell Ponys in diesem zweiten Teil der Reihe um Rydal Hill. Val ist glücklicherweise nach dem Sommer in England bei Ben geblieben. Doch ihre Liebe wird weiter überschattet von dem mysteriösen Fluch, der über Bens Familie liegt. Gemeinsam mit ihren Freunden versuchen Val und Ben mehr über die Vergangenheit herauszufinden, um den Fluch zu brechen. Gibt es wirklich eine gemeinsame Zukunft für Ben, Valerie und die Ponys?

Der Roman lebt erneut von der wunderbaren Mischung aus erster Liebe, atmosphärisch geschildertem englischen Setting, Familiengeheimnissen, Pferdekenntnis und Mystik. Auch als schon lange erwachsenes "Pferdemädel" hatte ich wieder viel Lesespaß auf dieser wunderbaren Herbst- und Winterreise nach England. Auch ohne den raffinierten, gewaltigen Cliffhanger am Ende hätte ich unbedingt weiterlesen mögen.

Bewertung vom 15.11.2023
Das Hotel am Fuße des Vulkans
Maynard, Joyce

Das Hotel am Fuße des Vulkans


ausgezeichnet

"Ich nahm ein Taxi. Kurz nach Sonnenuntergang war ich bei der Brücke, die im Nebel aufstieg, in diesem wunderbaren Rot, das ich so geliebt hatte, als mir die Farben der Dinge noch etwas bedeuteten und Brücken dazu da waren, überquert zu werden."

Irene steht zu Beginn des Romans mit 27 Jahren auf der Golden Gate Bridge und nun sind Brücken für sie dazu da, hinunter zu springen.

Sie ist vollkommen wurzellos. Seit ihre Mutter in Irenes Kindheit in ein Attentat verwickelt war, hat Irene ihre Identität, ihren Namen und die Mutter verloren. Nun gab es einen weiteren entsetzlichen Schicksalsschlag und Irene ist vollkommen allein.

Als Irene ihr Vorhaben nicht in die Tat umsetzt und einfach in einen Bus nach Süden steigt, gerät sie in eine vollkommen andere Welt. In La Llorona, einem Ort am See am Fuße eines Vulkans, ist sie im Hotel der älteren Dame Leila der einzige Gast. Fast gegen ihren Willen beginnt Irene zu heilen und ein zu Hause zu finden.

La Llorona mit seiner farbenprächtigen, südamerikanischen Flora und Fauna scheint fast ein verzauberter Ort zu sein, dessen genaue Lage passenderweise vage bleibt. Und das Hotel La Esperanza mit seinem künstlerisch gestalteten Garten ist weniger dazu geschaffen, Gewinn abzuwerfen, als seine Gäste auf den rechten Pfad zurückzubringen. Der Roman lebt daher neben der Lebensgeschichte von Irene auch von einem ganzen Kaleidoskop an Geschehnissen, zusammengesetzt aus den Träumen und Hoffnungen seiner Besucher. Doch in jedem Paradies gibt es eine Schlange, und tatsächlich ist es in La Llorona nicht nur eine...

Besonders hat mich beeindruckt, wie Joyce Maynard nicht nur ein zauberhaftes Flair kreiert, das Hoffnung schaffen will, sondern Irenes Erlebnisse mit überraschenden Wendungen und einem Ende versieht, bei dem in elyptischer Erzählweise erneut auf Irenes Kindheit Bezug genommen wird. Ein derart runder Abschluss ist mir lange nicht begegnet. Ich kann mich auch nicht entsinnen, dass mir schon einmal ein ähnlich erzähter Roman begegnet wäre.