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kaffeeelse
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psychologiebegeiste und Ethnographie liebende Vielleserin

Bewertungen

Insgesamt 62 Bewertungen
Bewertung vom 23.11.2024
Vierundsiebzig
Othmann, Ronya

Vierundsiebzig


ausgezeichnet

Hass und die Folgen

Was für ein Buch!

Ronya Othmann habe ich schon ihrem Buch „Die Sommer“ kennenlernen dürfen und dieses Kennenlernen habe ich sehr genossen. In „Vierundsiebzig“ übertrifft sie ihr „Die Sommer“ aber haushoch und vollkommen überwältigend.

„Vierundsiebzig“. Schon der Titel ist eine Herausforderung. Vierundsiebzig. Was soll diese Zahl bedeuten? Der IS verübt 2014 in Shingal den vierundsiebzigsten Genozid an den Êzîden. Ein Volk, eine Glaubensgemeinschaft erlebt vierundsiebzig Genozide. Das macht was mit ihren Angehörigen. Wie man dem Buch von Ronya Othmann entnehmen kann.

Vierundsiebzig mal Horror, vierundsiebzig mal Tod und Zerstörung. Die Krankheit der Gier wütet wieder einmal. Und die Welt schaut zu.

Wie kann man darüber nachdenken Êzîden wieder in ihre Heimat zurückzuschicken, da dort ja jetzt Frieden herrscht? Die Täter des IS aber immer noch dort leben. Das verstehe ich nicht und frage mich, ob diese Menschen, die diese Ausweisungen beschließen, wissen, was sie tun und ich frage mich, ob sie ein Gewissen haben und sich selbst noch im Spiegel anschauen können. Können sie. Ich weiß. Menschenfeindliches und unempathisches Gedankengut ist nach wie vor viel bei uns zu finden. Ich weiß. Und es wird leider mehr. Gut geschürt von den Angstmachern.

Ronya Othmann hat in ihrem Buch „Vierundsiebzig“ ein extrem vielschichtiges Buch geschrieben, es trägt biographische Züge, es trägt historisches Wissen um die Êzîden, es trägt kulturelle Informationen zu den Êzîden, es wirft Blicke in die Politik der Türkei, in die Politik von Syrien und auch Blicke in die Politik vom Irak und vom Iran, es trägt historische Informationen zu den vier Staaten, es blickt auf die verschiedenen Genozide und es blickt auf den Umgang der Welt damit. „Vierundsiebzig“ ist ein Blick auf die Täter und die Opfer.

Es ist ein Buch der Gewalt, Gewalt, die den Êzîden angetan wurde. Gewalt, die schwer auszuhalten ist. Und genau wegen dieser Gewalt, dieser Unmenschlichkeit ist es wichtig dieses Buch geschrieben zu haben. Denn die Welt muss aufwachen!

Ebenso ist dieses Buch auch ein Reisebericht, denn Ronya Othmann bereist viele der êzîdischen Gebiete, blickt auf die Gewalt, blickt auf die Folgen, redet mit den Menschen, redet mit den Opfern, blickt auf das Grauen. Hut ab vor dem Mut und der Kraft dieser Autorin! Besonders in den Reisen blickt die Autorin auf die politischen Gebilde und zeigt eine Fragilität, eine lebensgefährliche Fragilität.

Muss es wirklich zur Fünfundsiebzig kommen? Oder kann man dies im Namen der Empathie und der Menschlichkeit verhindern?!?!

Unbedingt lesen!

Bewertung vom 23.11.2024
Die vorletzte Frau
Oskamp, Katja

Die vorletzte Frau


ausgezeichnet

Lebensfragen

Eine große Liebe. Was bedeutet so ein Satz?

In „Die vorletzte Frau“ erzählt Katja Oskamp von so einer großen Liebe und schreibt sich damit in mein Herz.

Katja Oskamp und Thomas Hürlimann. Das sind die Protagonisten dieser großen Liebe.

Was bedeutet es, was kann es bedeuten die Frau eines bedeutenden Autors zu sein? Was bedeutet es, was kann es bedeuten die Frau eines bedeutend älteren Mannes zu sein?

In dem Buch „Die vorletzte Frau“ bekommt man Antworten auf diese Fragen. Aber halt nur subjektive Antworten, Antworten die nur diese beiden Protagonisten betreffen.

Dennoch sind es Antworten, die zum Sinnieren anregen, die einem Fragen aufdrängen zu den eigenen Entscheidungen im Leben, aber gleichzeitig auch schon passende Antworten implizieren.

Ein schönes Buch. Ein intensives Buch. Wessen vorletzte Frau ist man selbst? Und woher weiß man dies so genau? Denn diese Kugel mit den passenden Antworten, ich habe sie noch nicht gefunden. Genauso wenig wie ich den Schalter für mich gefunden habe, mich wenig Aus- und Anschalten kann.

Ich kann nur Üben und Arbeiten, mit mir und an mir. Und um dieses Arbeiten an sich und mit sich dreht sich dieses Buch von Katja Oskamp genauso.

Das ist etwas, was mir an diesem Buch der Autorin sehr gefallen hat. Genauso wie mir ihre Denke nicht unbedingt sehr fern erschien. Katja Oskamp hat mich mit ihrer Schreibe angesprochen, hat mich mit ihren Gedanken berührt, hat mich abschweifen lassen, hat mich sinnieren lassen.

Und wer meine Lesegewohnheiten kennt, weiß, dass ich mir genau dies wünsche und dass ich genau für solche Bücher brenne.

Lesen!

Bewertung vom 23.11.2024
Sorry not sorry
Landsteiner, Anika

Sorry not sorry


sehr gut

Weibliche Sichten

Ein Buch über Frauen, ein Blick auf die Weiblichkeit, ein Blick auf den Feminismus. Genau mein Schema.

Ich liebe solche Blicke, solche Fragen, solche Betrachtungen zu unserem Tun, zu unserem Denken. Ich liebe es mir darüber klar zu werden, wie ich ticke, mich zu reflektieren, mein Tun zu hinterfragen.

Denn so manch ein Unglück, so manch eine negative Sicht zum Leben rührt aus diesen anerzogenen Dingen, die eine Prägung und die Gesellschaft uns Frauen auferlegen. Und wir lassen dies zu. Dies muss uns klar werden!

Denn dies ist eine Frage des Überlebens!

Auch dies muss uns klar sein.

In den vielen Jahren in der Psychiatrie, in den vielen Arbeitsjahren auf Station sind mir viele Frauen begegnet, die genau an diesen uns anerzogenen Sichten zu Grunde gehen. Denn dieses Funktionieren, dieses ewige darauf abgerichtet sein anderen das Leben schöner zu gestalten und sich selbst dabei aufzuopfern, ist uns antrainiert.

Nie laut sein, nie die eigene Meinung sagen, immer schön Gewehr bei Fuß stehen. Immer funktionieren. Dies sind wohl weibliche Glaubenssätze geworden.

Genau wie dieses ewige Entschuldigen. Etwas negatives passiert und man selbst eruiert selbstständig, was man falsch gemacht hat. Und entschuldigt sich gleich mal.

Warum? Machen das die Anderen in unserer Gesellschaft auch? Ne, mitnichten. Dort wird die Schuld sofort bei den Anderen gesucht. Klar hat dies auch etwas mit Schwarz und Weiß zu tun. Und nicht jeder, nicht jede passt in solch ein Schema. Nicht jeder, aber viele.

Und nur wenn man sich über dieses Empfinden klar wird, kann man anfangen an sich zu arbeiten, sich zu verändern!

Damit es einem besser geht!

Was wichtig ist! Denn wir sind nur einmal hier. Und dieses Hiersein ist doch schön. Oder?!

Anika Landsteiner verhilft in ihrem Buch zu einem Verstehen, die notwendige Aktion zur Verbesserung muss dann von jeder selbst kommen.

Denn dieses Leben hier soll doch schön sein!

Bewertung vom 23.11.2024
Der blaue Salamander / Capri-Krimi Bd.5
Ventura, Luca

Der blaue Salamander / Capri-Krimi Bd.5


sehr gut

Mordermittlung auf Capri

Ein ganz netter Krimi mit interessantem Personal vor der richtig attraktiven Kulisse Capris. Habe ich gern gelesen. Unterhaltend und unaufgeregt wird hier ein Kriminalfall ausgebreitet, der sich um das Verschwinden einer wertvollen Handtasche aus dem Leder des blauen Salamanders dreht. Der blaue Salamander ist eine Besonderheit von Capri und so präsentiert der Krimi nicht nur den Kriminalfall, sondern auch Informatives zu Capri. Die gezeichneten Charaktere erschienen mir stimmig und interessant. Und auch der Fall ist geschickt aufgebaut. „Der blaue Salamander“ von Luca Ventura ist recht langsam und entspannt erzählt, das muss man halt mögen, mir hat es ausgesprochen gut gefallen. Obwohl das Buch ein Krimi ist, empfand ich es wie eine kraftgebende Kurzreise nach Capri und ich bin dem Charme der Insel und ihrer gezeichneten Bewohner erlegen.

Ich habe mich etwas an die italienischen TV-Krimis erinnert gefühlt, aber eben an die schönen, ruhig wird die Geschichte erzählt, aber keineswegs dröge.

Der Inselpolizist Rizzi ist gelungen und mir sehr sympathisch. Einziges Manko, man sollte nicht hungrig sein, denn die Tipps zur kulinarischen Seite Capris lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen und der geschwinde Gang in die Küche folgt auf dem Fuße, so dass eine Lektüre am Stück schwer zu betreiben ist.

Bewertung vom 23.11.2024
Die Geschichten in uns
Wells, Benedict

Die Geschichten in uns


ausgezeichnet

Rückblicke auf das eigene Tun

Benedict Wells, ja, was soll ich sagen. Ich kenne bisher das umwerfende „Vom Ende der Einsamkeit“ und auch „HardLand“, bin begeistert von seinem Tun. So reizt mich dieses neue Buch des Autors natürlich selbstredend.

Und auch hier schafft es der Autor wieder mich zu Tränen zu rühren. Doch diesmal fließen sie nicht aus der Trauer heraus, wie bei dem fulminanten „Vom Ende der Einsamkeit“ (an Alle, unbedingt Lesen!!!), nein, sie fließen vor Freude. Der Autor schildert seine Freude bei seinem Verlag aufgenommen zu werden völlig überzeugend und ich freue mich mit ihm.

Auch sonst ist „Die Geschichten in uns“ ein absolut positives Buch. Der Autor reflektiert sein bisheriges Tun, ist dabei sehr kritisch. Ich bin nach seiner Kritik sehr neugierig, wie seine weiteren Bücher von mir aufgenommen werden. Aber ebenso strotzt dieses Buch von vielen Informationen zum Thema Schreiben, enthält Tipps und hilfreiche Blickwinkel aus den Augen von Benedict Wells.

Aber nicht nur dies. Wells nennt die Werke, die ihn beeinflusst haben und so wächst in mir bei der Lektüre natürlich eine Leseliste. Was aber dennoch lustig ist, denn ich weiß ehrlich gesagt nicht, wann man diese noch einbauen sollte. Aber gut, irgendwann kommt ja vielleicht die Rente und dann gibt’s ja bekanntlich mehr Lesezeit. Also hoffe ich. Denn Rentner haben ja niemals Zeit. Ich bin gespannt, wer diese Anspielung versteht. Der Hintergrund dazu basiert auf einer Cosy-Fernsehreihe einer vergangenen Zeit in einem vergangenen Land.

Wer das Schreiben mag und vielleicht noch mit etwas anderem kokettiert, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen. Es lohnt sich!

Bewertung vom 23.11.2024
Todesblues
Wesley, Valerie Wilson

Todesblues


sehr gut

Geheimnisse

Ein weiterer Krimi aus dem Hause Diogenes. Diesmal aber mit etwas mehr Pfeffer und nicht so cosy.

Privatdetektivin Tamara Hayle ermittelt in der US-amerikanischen Stadt Newark. Die Afroamerikanerin war früher bei der Polizei, schied selbsterwählt aus dem Polizeidienst aus, denn einige Praktiken in der Polizei die Rassenfrage und die Geschlechtergleichbehandlung betreffend, fanden nicht die Zustimmung der toughen Polizistin. So wurde sie zur Privatdetektivin und bezog ihr eigenes Büro.

Dieser kurzen Beschreibung kann man ja entnehmen, dass sich dieser Krimi nicht nur mit dem Kriminalfall befasst, sondern dass dieses Buch auch interessante und kritische Fragen zur Situation in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Der Fall hat es aber auch in sich und Tamara Hayle sticht bei den Ermittlungen zu einem Todesfall in ihrer eigenen früheren Umgebung in ein Wespennest. Intensiv erzählt die Autorin Valerie Wilson Wesley von den dunklen Dingen in uns und erzeugt damit einen soliden und recht scharf gewürzten Kriminalfall.

Lesenswert, spannend, interessante Crew und perfekte Umgebung mit einer kritischen Note. Ein gelungenes Buch!

Bewertung vom 23.11.2024
Alles gut
Rabess, Cecilia

Alles gut


gut

Oder doch nicht alles gut?!

Cecilia Rabess beleuchtet hier in „Alles gut“ dieses uralte Thema, es geht wieder mal um die Liebe, die Liebe à la Romeo und Julia. Zwei Menschen aus unterschiedlichen Verhältnissen begegnen sich und verlieben sich. Schön und gut. Das kann natürlich wunderbar funktionieren und man kann mit dieser Konstellation auch viele andere Thematiken wunderschön verbinden.

Was Cecilia Rabess hier auch versucht. 1 Person aus ärmeren Verhältnissen trifft auf die Person aus der Oberschicht, wobei diese erste Person nicht nur arm, sondern auch noch schwarz ist und das Objekt ihrer Begierde ist weiß, die Liebe schlägt zu und gut. Danach soll so nach und nach eine Gesellschaftskritik an dieser Höher-Schneller-Weiter-Denke durchsickern. Völlig richtig, völlig angebracht und notwendig. Doch wenn ich so etwas versuche, sollte das Ganze doch stimmig und nicht zu aufgesetzt wirken, was Cecilia Rabess nicht unbedingt gelingt.

Nun könnte man diese Wirkung auch einem etwas unreifen Charakter, einem kleinen Prinzesschen, einer kleinen Revoluzzerin unterschieben. Durchaus, den Jess besticht jetzt nicht durch viel Nachdenken, sie poltert und agiert und denkt dann nach. Ein Vorrecht der Jugend. Durchaus. Aber hier ist das doch etwas viel, etwas zu viel in meinen Augen. Mag sein, dass mich die liebe Jess auch etwas triggert, definitiv denkbar. Aber nicht nur dieses Prinzesschen stört mich gewaltig, auch diese Schwarz-Weiß-Geschichte finde ich etwas zu viel, vielleicht auch etwas unglaubwürdig, dies weiß ich aber nicht genau.

Auf jeden Fall fand ich die Geschichte im Resümee nicht so toll, obwohl ich auf solche Geschichten eigentlich meistens vollkommen abfahre, aber hier hielt mich die liebe Jess völlig vom Jubilieren fern. Was schade ist!

Bewertung vom 23.11.2024
Übertretung
Kennedy, Louise

Übertretung


sehr gut

Gerechtigkeit?

Nordirland in den End-70ern. Eine absolut interessante, aber auch brandgefährliche Zeit. Und auch hier wieder eine Liebe, die nicht sein darf. Aber hier stimmig und wunderschön gelungen. Und dabei das Drumherum gut eingebaut, so dass ich mich gut unterhalten fühle. Eine schöne Geschichte. Schön im Aufbau, schön im Klang. Hier ist alles gut.

Die katholische Grundschullehrerin Cushla Lavery kümmert sich um ihre alkoholkranke Mutter, um ihre Grundschüler und hilft in dem Pub ihres Bruders aus. Die katholischen Laverys leben aber inmitten von Protestanten und das ist in dieser Zeit nicht ungefährlich in Belfast. Ebenso wie es nicht ungefährlich ist sich in einen deutlich älteren und verheirateten protestantischen Mann zu verlieben, der auch noch Prozessanwalt ist. Was Cushla Lavery mit Michael Agnew passiert. Doch die beiden passen halt auch gut zusammen, beide verzweifeln irgendwie an dieser grassierenden Gewalt, agieren dementsprechend, der eine zweifelt die Gewalt an, die in staatlichen protestantischen Einrichtungen an katholischen Insassen passiert und untersucht sie und die andere lehnt sich in der Schule gegen die Gewalt auf, die protestantische Schüler ihren katholischen Mitschülern antun und hilft auch noch der katholischen Familie ihres Schülers. Dies wird natürlich beobachtet und bleibt nicht ohne Reaktion.

Louise Kennedy schreibt hier nicht gefühlsüberfrachtet, sie schildert das Geschehen nüchtern und klar, man ist mittendrin im Geschehen, man staunt und hat gleichzeitig Angst. Denn der Mut der beiden Protagonisten wird Folgen haben, dies spürt man. Und so liest man und wartet auf das Unausweichliche. Vielleicht entsteht auch durch diesen Prozess des Wartens und des innerlichen Wappnens kein großes Gefühlschaos in mir, vielleicht werde ich deswegen nicht vollkommen angeknipst. Denn diese Geschichte hat alles, was es braucht um mich vollständig zu Entzünden. Dies passiert halt nur nicht.

Deswegen bewerte ich dieses Buch mit 4 Sternen, obwohl definitiv in der Geschichte alles vorhanden ist für 5 Sterne, aber meine Distanz bei der Lektüre bedingt diese Bewertung.

Bewertung vom 23.11.2024
La Louisiane
Malye, Julia

La Louisiane


ausgezeichnet

Frauen in einer vergangenen Zeit

Ein richtig gut gelungenes Buch, welches ich sehr gern gelesen habe. Frauenschicksale in der Kolonie Louisiana. Frankreich hatte aus der berühmtberüchtigten Salpêtrière Frauen mehr oder weniger freiwillig in seine Kolonie Louisiana verschifft. Die hier zentral stehenden Charaktere sind 4 Frauen, die dieses Schicksal teilen. Charlotte, ein junges Mädchen, welches unbedingt ihrer etwas älteren Freundin Étiennette folgen will. Étiennette hatte sich freiwillig gemeldet, sie sucht nach einer anderen Frau, die mit einem früheren Schiff nach Louisiana aufgebrochen war. Die Adelige Pétronille flieht vor einflussreichen Personen in Frankreich, die sie sich mit ihrer sprunghaften Art zu Feinden gemacht hat. Die Vierte ist Geneviève, eine Engelmacherin, die aus diesem Grund in Frankreich nicht mehr bleiben kann und ihr Glück in der Neuen Welt sucht. Und so folgt die Schiffsreise, auf der schon so einiges passiert. Erst auf dem Schiff kommen sich die Frauen näher und sie verbinden sich, freunden sich an. In Louisiana ist dann das erklärte Ziel die schnelle Verheiratung der Frauen. Eine vergangene Zeit. Ein Glück, eine vergangene Zeit. Durch die Ehemänner trennen sich die Schicksale der Frauen, denn die Ehemänner leben in verschiedenen Teilen der damals sehr großen Kolonie Louisiana. Aber über diese verschiedenen Örtlichkeiten bekommt man bessere Einblicke in das damalige Leben an den verschiedenen Orten. Nicht nur die vier bisher genannten Charaktere stehen dann zentral. Es werden aber auch Blicke auf andere Frauen ermöglicht.

Besonders gefallen hat mir hier der Blick auf die indigenen Natchez, wobei ich etwas traurig war, dass dieser Blick doch relativ kurz war. Aber die Zeit der Natchez mit den Franzosen war ja leider auch recht kurz. Dennoch ermöglicht die Autorin in diesem kurzen Blick eine recht große Fülle an Informationen über eine der Volksgruppen im sogenannten „Südosten“ von Nordamerika, der genauen Bezeichnung des Kulturareals. Denn einige dieser Völker konnten einen großen Teil des Erbes aus der Moundkultur, aus der Mississippi-Kultur erhalten, zeigten eine Gliederung der Bevölkerung in soziale Schichten, zeigten eine hoch entwickelte Kultur, die deutlich nach Mittelamerika zeigt. Aus der am höchsten gestellten Schicht, aus den Sonnen, wurde die Führung der Natchez erwählt, Die Große Sonne, der König der Natchez. Es gab Tempel, es gab Priester, die ebenfalls zur Elite, zur Führung des Volkes zählten. Die Tempel und die Häuser der Führung standen auf den sogenannten Mounds, künstlich gestaltete Erdhügel, die um die Plaza standen, den Hauptplatz der palisadenbewährten Siedlung.

Es werden aber auch Blicke auf die Sklaven geworfen, ihr Schicksal wird verdeutlicht. Und es sind wieder empathische Blicke, was mir sehr gefallen hat.

„La Louisiane“ ist ein insgesamt vielschichtiges und sehr gut recherchiertes Werk der Autorin Julia Malye. Mit einem Blick auf die Rollen der Frauen. Berührend und informativ. Es zeigt das Damals, aber es zeigt auch das Heute, welches man mit etwas gutem Willen durch die Zeilen durchschimmern sieht.

Bewertung vom 23.11.2024
Love Letters
Woolf, Virginia;Sackville-West, Vita

Love Letters


ausgezeichnet

Virginia Woolf und Vita Sackville West

Nach der Lektüre des vorherigen Buches ist der Griff zu „Love Letters“ von Alison Bechdel einfach folgerichtig. Wurde ich im vorherigen Buch neugierig gemacht auf diese so mutigen Frauen, erscheint hier in den Briefen und Tagebucheinträgen ein deutlich tieferer und intimer Blick auf Virginia Woolf und Vita Sackville West.

Beide waren verheiratet mit ihren jeweiligen Männern, begegneten sich und berührten sich. In den Briefen und Tagebucheinträgen kommt dies deutlich zum Tragen. Ich bin richtig neugierig auf diese beiden Frauen.

Ich bin neugierig, wann ich es wohl schaffen werde „Mrs. Dalloway“ und „Orlando“ zu lesen. Denn dass ich diese beiden Bücher lesen will, lesen muss, nach dieser eindringlichen Lektüre hier, ist ja wohl klar.

Es sind nicht nur die Einblicke in das persönliche Leben der beiden Frauen, die mich hier immens bewegen.

Vor allem bewegt mich hier diese poetische Sprache, diese Intensität in den Worten, diese Tiefe, dieses Miteinander, manchmal das Geplänkel, dann das Lachen, dieser innige Humor, diese immense Sehnsucht, die in den Worten liegt, dann wieder ein Wandel in eine gewisse Distanz, dann wieder mehr Nähe, dann eine Eifersucht, dann wieder mehr Entfernung zwischen Ihnen. Hin und Her und her und hin. Bis zum erschreckenden Ende.

Wichtig ist in diesen Love Letters auch das Dazwischen, dass, was zwischen den Einträgen und Briefen passiert, die Vermutungen, die man hierzu hat, die Bilder, die hier kommen.

Was wäre aus den beiden Frauen in der heutigen Zeit geworden, mit den Möglichkeiten von heute? Nicht nur in der Liebe, sondern auch in der psychiatrischen Medizin, in den psychologischen Möglichkeiten. Eine Frage, die nichts bringt, ich weiß. Aber vielleicht wäre der Freitod von Virginia Woolf dann nicht passiert. Vielleicht. Ich weiß!

Dieses Buch ist ein wunderschöner Tanz umeinander, mal aus und in der Nähe, mal weiter weg, aber immer ist diese Sehnsucht spürbar, ja fast greifbar, einfach wunderschööön! Und die Sprache. Zucker!

Unbedingt Lesen!