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sofie

Bewertungen

Insgesamt 66 Bewertungen
Bewertung vom 17.05.2013
Harte Jungs
Joop, Florentine

Harte Jungs


gut

Es ist der Tag, an dem River Phoenix stirbt, als Puppe beschließt, dass sich ihr Leben ändern muss. Puppe ist Anfang Zwanzig, lebt und studiert in Hamburg und hat ihr Herz nach einer enttäuschten Liebe – wie sie sagt – ins Eisfach direkt neben den Wodka gelegt. Doch das soll sich jetzt ändern – nämlich mit Jan, einem Musiker, der erst ihr Herz erobert und sie dann in seine Jungsclique einführt.
Florentine Joop lässt in ihrem Debütroman „Harte Jungs“ Puppe über einige Jahre ihrer Jugend in den 90ern berichten. Im Vordergrund steht ihre Beziehung zu Jan mit ihren Höhen und Tiefen, doch sonst passiert eigentlich nicht viel. Die Gruppe von Freunden zieht von einer Party zur nächsten, ein Konzert folgt dem anderen, Bier, Gras und Cola-Korn wechseln sich ab. Dazwischen gibt es ein paar Gespräche, Sex und Musik. Am Anfang fand ich das noch sehr unterhaltsam, es war mal etwas anderes. Doch insgesamt fehlte mir die Entwicklung, es passiert immer wieder dasselbe und weder Puppe als Person noch ihre Beziehung zu Jan entwickeln sich irgendwie weiter. Puppe analysiert zwar die ganze Zeit ihre eigenen Verhaltensweisen, doch man lernt sie als Leser eigentlich nie wirklich kennen. Man erfährt kaum etwas über ihre Familie, ihren Alltag, das Studium wird auch nur am Rand erwähnt („Zwischenprüfung geschafft!“), ihre Vergangenheit oder ihre kreativen Arbeiten.
Gut gefallen hat mir aber die Idee, dem Buch einen Soundtrack zu geben und jedem Kapitel ein Lied zu widmen. Auch der Schreibstil hat mich überzeugt, nur wäre es schön gewesen, wenn die Figuren etwas mehr Tiefe gehabt hätten und auch etwas mehr Handlung als immer nur Partys und Konzerte wäre schön gewesen.
„Harte Jungs“ ist eine nette Lektüre für zwischendurch, aber irgendwie hatte ich mir doch mehr erwartet. Daher 3 Sterne von mir.

Bewertung vom 17.05.2013
Giftgrün / Frieda & Quast Bd.1
Plecher, Bettina

Giftgrün / Frieda & Quast Bd.1


sehr gut

Frieda Mays erster Tag in der Münchner Eisbachklinik verläuft alles andere als angenehm: Ihr Doktorvater Georg Nader, wegen dem sie überhaupt erst nach München gekommen ist, wird mit einer Vergiftung eingeliefert. Frieda und ihr Mitbewohner und Kollege Quirin Quast glauben nicht daran, dass Nader beim Kräutersammeln im Englischen Garten Bärlauch mit Herbstzeitlosen verwechselt hat und versuchen dem auf die Spur zu kommen. Dabei wirbeln sie in der Klinik einigen Staub auf…
„Giftgrün“ von Bettina Plecher ist ein tolles Debüt und ein toller München-Krimi. Die Stärke des Buchs liegt auf jeden Fall in seinen Charakteren. Die beiden Protagonisten Frieda und Quast sind sehr sympathisch, haben aber trotzdem ihre Ecken und Kanten und handeln auch mal unlogisch. Mehr als einmal dachte ich mir: Was macht ihr denn da?? Aber man fiebert immer mit ihnen mit und sie wirken sehr lebendig.
Genauso toll sind aber auch die Nebenfiguren. Da ist zum Beispiel Karl Zitzelsperger, Computerspezialist und waschechter Bayer, der noch bei Mutti wohnt und sich dort bekochen lässt. Oder Margret Ernst, Leiterin der Intensivstation, für die das Rauchverbot in der Klinik nicht gilt und die auch gern mal Tetris spielt, wenn sie Pause hat.
Überhaupt wird in „Giftgrün“ sehr viel geraucht und getrunken (Ärzte sind ja da die Schlimmsten, obwohl sie es besser wissen müssten…) und vor allem gut und bayerisch gegessen. Das macht meiner Meinung nach mit den Charme des Krimis aus. Wenn man die Stadt kennt, findet man sich auch direkt in München wieder. Auch Dialekt und regionale Besonderheiten werden gut dosiert eingesetzt.
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich aber doch. Insgesamt hätte ich mir von einem Krimi etwas mehr Ermittlungen erwartet. Hier ermitteln zwar keine Profis, aber manchmal haben sie mir einfach zu sehr im Dunkeln und etwas ziellos rumgestochert. Aber der sehr schöne Schreibstil und die tollen Charaktere reißen das wieder raus.
Ich kann „Giftgrün“ also auf jeden Fall weiterempfehlen! 4 von 5 Sternen.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.04.2013
'Ordnungsgemäße Überführung'
Douglas, R. M.

'Ordnungsgemäße Überführung'


ausgezeichnet

„Ordnungsgemäße Überführung – Die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg“ von dem amerikanischen Historiker R.M. Douglas bietet einen sehr guten Überblick über die Geschichte der Vertreibungen, ihre Hintergründe und Ursachen.
Das Buch ist gegliedert in 13 Kapitel, von den Planungen über die Durchführung bis hin zu den Auswirkungen und Folgen bis in die Gegenwart. Dabei geht Douglas nicht streng chronologisch vor, sondern er arbeitet eher thematisch geordnet. Ich halte das für eine sehr gute Lösung, da so die verschiedenen Aspekte und Perspektiven jeweils vollständig betrachtet werden. Natürlich kommt es dadurch aber auch zu Redundanzen und teilweisen Sprüngen zwischen den verschiedenen Ländern und Besatzungszonen.
Der Autor geht sehr behutsam an dieses doch oft kontroverse Thema heran. Zum einen beleuchtet er wirklich alle Seiten, d.h. er setzt die Vertreibungen in den Kontext des Zweiten Weltkriegs und des Dritten Reiches, betrachtet das Verhalten der Volksdeutschen während des Krieges, untersucht die Rolle der Alliierten und der Vertreibungsländer und stellt auch die Gegner der Vertreibungen dar. Zum anderen stützt er sich in seinen Quellen viel auf Berichte des Internationalen Roten Kreuzes und anderer internationaler Organisationen. Immer wieder greift er auch einzelne Schicksale und Personen auf und stellt sie näher vor, wie zum Beispiel den Tschechen Premysl Pitter, der nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl sudetendeutsche als auch jüdische Kinder in seine Waisenhäuser aufnahm.
Mit 460 Seiten ist „Ordnungsgemäße Überführung“ natürlich sehr umfangreich, es liest sich aber trotzdem sehr gut und zügig. Für ein Sachbuch ist die Sprache sehr angenehm, nicht zu wissenschaftlich, aber auch nicht zu einfach. Hier kann man wahrscheinlich auch dem Übersetzer Martin Richter ein Kompliment aussprechen.
Insgesamt kann ich „Ordnungsgemäße Überführung“ (Originaltitel: „Orderly and Humane“ so wie die Vertreibungen laut Potsdamer Abkommen ablaufen sollten) auf jeden Fall weiterempfehlen, sowohl an Leute, die sich bereits mit dem Thema auskennen, als auch an andere Interessierte.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.03.2013
Ostfriesenmoor / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.7
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesenmoor / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.7


gut

Der Journalist Holger Bloem findet durch Zufall im Uplengener Moor eine Leiche. Ann Kathrin Klaasen und ihr Team übernehmen den Fall und stellen schnell fest, dass es sich hier nicht um einen normalen Mord handelt. Denn die Kinderleiche wurde professionell ausgestopft und so haltbar gemacht. Doch während das Team in diesem ungewöhnlichen Fall ermittelt, geschieht in Ostfriesland ein weiteres Verbrechen: Die kleine Tina wird aus ihrem Kinderwagen entführt.
Leider konnte mich „Ostfriesenmoor“ von Klaus-Peter Wolf nicht so ganz überzeugen. Für einen Krimi plätschert er für mich einfach viel zu lang nur so vor sich hin. Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, so erfährt der Leser auch einiges über das Privatleben der Ermittler und auch über die Geschichte der Familie des Entführungsopfers. Dadurch ist man als Lesern den Ermittlern aber auch oft zwei Schritte voraus und muss ihnen dann dabei zusehen, wie sie ewig eine völlig falsche Spur verfolgen. Das nimmt der Geschichte natürlich einen Großteil der Spannung.
Ein weiteres Problem waren für mich die Figuren. „Ostfriesenmoor“ ist bereits der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen, für mich war es allerdings der erste Krimi von Wolf. Sicher sind die privaten Entwicklungen insgesamt interessanter, wenn man die ersten Teile auch gelesen hat. Mir war allerdings keine der Personen so richtig sympathisch und viele von ihnen sind auch mehr eine Sammlung von Klischees statt richtiger Charaktere. Am meisten genervt hat mich Rupert. Ich habe die ganze Zeit auf wenigstens eine positive Charaktereigenschaft bei ihm gewartet, aber leider keine gefunden.
Die Verbrechensgeschichte an sich fand ich allerdings doch innovativ und im letzten Drittel des Buchs stellt sich dann auch noch die Spannung ein.
Insgesamt hatte dieser Regionalkrimi für mich einige Schwächen. Da es aber zum Schluss doch noch ein wenig spannend wurde, vergebe ich doch noch drei Sterne. Für mich war es aber wohl der letzte Fall mit Frau Klaasen.

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.03.2013
Paradiessucher
Dumont, Rena

Paradiessucher


sehr gut

Lenka ist 17 Jahre alt und lebt in dem kleinen Ort Přerov in der Tschechoslowakei. In dem kommunistischen Staat fühlt sie sich nicht frei, ihren Traum Schauspielerin zu werden, kann sie nicht verwirklichen, da sie nicht über die nötigen Beziehungen verfügt. Sie sehnt sich nach dem westlichen Paradies. Das scheint plötzlich zum Greifen nah als sie und ihre Mutter ein zweiwöchiges Visum für Deutschland bekommen. Doch schnell stellen die beiden fest, dass einem auch im vermeintlichen Paradies keine gebratenen Tauben in den Mund fliegen…
Rena Dumont ist mit ihrem Roman „Paradiessucher“ ein wirklich sehr gutes Debüt gelungen. Der Roman ist in der Gegenwart aus der Perspektive der 17-Jährigen Lenka geschrieben, was ich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig fand. Doch nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, hat diese Perspektive dazu beigetragen, dass ich mich sehr gut in sie hineinversetzen konnte. Die Sprache ist passend zur jungen Protagonistin etwas schnoddrig und locker, manchmal auch vulgär, aber immer sehr emotional.
Es werden sowohl die positiven als auch die negativen Aspekte der Emigration angesprochen, was mir sehr gut gefallen hat. Lenka und ihre Mutter tun sich nicht leicht mit der Entscheidung, ob sie ihr Heimatland verlassen sollen oder nicht. Lenka ist dabei oft ein wenig naiv, so erzählt sie zum Beispiel vor der Abreise ihrer Freundin von der geplanten Auswanderung oder schreibt ihr später von Deutschland aus einen Brief, der natürlich von den Behörden gelesen wird. Man merkt aber auch, wie sie in den acht Monaten, die im Roman beschrieben werden, erwachsener und reifer wird.
Insgesamt hätte ich mir manchmal doch noch ein wenig mehr Tiefgang gewünscht. Die Konflikte und Probleme werden schon deutlich, hätten aber auch noch deutlicher herausgearbeitet werden können. Zudem hat mich das Ende ein wenig enttäuscht, da es sehr plötzlich kam.
Trotzdem kann ich „Paradiessucher“ auf jeden Fall weiterempfehlen. Es ist eine sehr schöne Geschichte über Familie, Liebe, das Erwachsenwerden und das vor der Kulisse einer nicht immer einfachen Emigration. Dafür 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 17.02.2013
Die Leute, die sie vorübergehen sahen
Bradfield, Scott

Die Leute, die sie vorübergehen sahen


gut

„Aus allem, was dir in diesem Leben widerfährt, und von jedem, der dir begegnet, lernst du etwas, und dann machst du von dem, was du lernst, Gebrauch und verschaffst dir einen besseren Begriff davon, wer du bist und was du willst. Manchmal bleibst du eine Zeitlang bei Leuten, oder sie bleiben bei dir. Ihr arbeitet zusammen wie ein einziges Individuum, und das nennt man Familie, oder ein Geschäftsunternehmen, eine Firma, besonders wenn sie Aktien verkauft oder Krankenversicherungen, solche Sachen.“ (S. 130)
Die dreijährige Sal wird eines Tages von dem Mann, der den Boiler im Keller ihrer Eltern repariert, mitgenommen. Er will ihr neuer Daddy sein und ihr zeigen, wie er die Welt sieht. Damit beginnt für Sal eine Reise, auf der sie viele Menschen kennenlernt, Menschen, mit denen sie zusammenlebt, die in ihr etwas besonderes sehen oder sie völlig ignorieren. Das kleine Mädchen – so wird sie meist genannt – hat eine ganz eigene Sicht auf die Welt und vor allem auf die Leute. Sie macht sich viele Gedanken über sich und ihre Umgebung und versucht irgendwie durchs Leben zu kommen.
Es fällt mir etwas schwer „Die Leute, die sie vorübergehen sahen“ zu bewerten. Ich hatte oft beim Lesen das Gefühl, dass mir der Roman entgleitet und ich nicht mehr ganz mitkomme. Dann wieder hatte ich das Gefühl genau zu verstehen, worum es geht und ich habe auch einige schöne Gedanken darin gefunden. Das Thema des Romans ist auf keinen Fall Kindesentführung, auch wenn das der erste Eindruck sein könnte. Es geht mehr um die Art wie Menschen miteinander umgehen. Viele Menschen, denen Sal auf ihrer Reise begegnet, glauben sie würden ihr helfen, dabei geht es ihnen oft nur um sich selbst. Wieder andere projizieren Dinge in das Mädchen, die sie nicht erfüllen kann, und machen sie sogar zu einem neuen Messias. Sal merkt schnell, dass es am besten ist, wenn man ihnen das sagt, was sie hören wollen. Und oft geht es ihr am besten, wenn sie sich gar nicht mit anderen herumschlagen muss.
Wie gesagt, das Buch hat mich ein wenig zwiegespalten zurückgelassen. Es regt auf jeden Fall zum Nachdenken an und wirft einen interessanten Blick auf unsere Gesellschaft. So ganz überzeugen konnte es mich aber trotzdem nicht.

Bewertung vom 13.02.2013
Ewig Dein
Glattauer, Daniel

Ewig Dein


ausgezeichnet

Judith lernt Hannes in einem Supermarkt kennen. Kurze Zeit später taucht er dann in ihrem Lampengeschäft auf und so beginnt die Liebesbeziehung der beiden. Anfangs fühlt sich Judith geehrt und geschmeichelt von der großen Aufmerksamkeit, die ihr Hannes zukommen lässt. Doch schnell wird ihr das Ganze zu viel und nach einem gemeinsamen Venedigurlaub trennt sie sich von ihm. Aber so leicht lässt sich Hannes nicht abschütteln…
„Ewig dein“ war mein erstes Buch von Daniel Glattauer und bestimmt nicht mein letztes. Ich habe es fast in einem Zug durchgelesen, weil es einfach so spannend war. Die Geschichte wird aus der Perspektive von Judith erzählt und so kann der Leser gut nachfühlen, wie es ihr in der Beziehung mit Hannes ergeht. Man steht eigentlich auf ihrer Seite. Aber Glattauer schafft es, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem man sich auch als Leser fragt, ob Judith nicht übertreibt und Gespenster sieht. Man beginnt praktisch genau wie Judiths Freunde an ihr zu zweifeln und sie aufzugeben. Glattauers Sprache hat mir sehr gut gefallen. Er kreiert wirklich eine Atmosphäre der Bedrohung, sodass ich das Buch gar nicht aus der Hand legen konnte.
Das Buch ist nicht in Kapitel eingeteilt, sondern in die Phasen der Beziehung von Hannes und Judith. Auch das finde ich eine sehr schöne Idee. Insgesamt war der Roman ganz anders als ich es erwartet hätte, aber er hat mich auch völlig begeistert. Hier kann ich nur 5 Sterne vergeben!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.