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Nach getaner Arbeit und erledigten Alltagspflichten greife ich stets mit viel Freude zum Buch. Lesen ist mein liebstes Hobby. Dabei bin ich an kein Genre gebunden. Ein Buch habe ich immer in der Tasche, so können auch ungeliebte Wartezeiten gut überbrückt werden. Mehr Gedanken zum von mir Gelesenen findet Ihr unter: www.karthause.wordpress.com

Bewertungen

Insgesamt 146 Bewertungen
Bewertung vom 26.09.2013
Todesengel
Eschbach, Andreas

Todesengel


ausgezeichnet

Andreas Eschbach überrascht in seinen Romanen mit Themen, die eigentlich dem Alltag entnommen scheinen. Doch alltäglich kommen sie deshalb noch lange nicht daher. Für mich sind seine Thriller bisher immer ein Lesehighlight gewesen, jeder neue wird sehnsüchtig erwartet und mit dem bangen Gedanken begonnen: 'Schafft der Autor es auch mit diesem Buch, mich zu überzeugen?`

Auch in diesem Thriller packt Andreas Eschbach ein sowohl hochaktuelles als auch brisantes Thema an. Er widmet sich der zunehmenden Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft, der Selbstjustiz, dem "Täterschutz" und auch der Frage, wie die Opfer mit der ihnen angetanen Gewalt weiterleben können. Seine Figuren scheinen dem Leben entlehnt zu sein und durchleben eine Entwicklung, wie man sie sonst in Thrillern kaum findet. Sie sind mit komplexen Charakteren ausgestattet und erlauben sich auch manchmal Gedankengänge außerhalb der gesellschaftlichen Norm.

Andreas Eschbach erzählt den Thriller routiniert und das ist keineswegs als Kritik aufzufassen. Sein Roman ist logisch aufgebaut, gut strukturiert und sehr temporeich. Von der ersten bis zur letzten Seite wird die Spannung hoch gehalten und auch das Ende ist schlüssig und sehr passend. So wird man als Leser an diesen flüssig geschriebenen Thriller förmlich gefesselt und will einfach nur noch lesen. Natürlich kommt auch dieser Thriller nicht ohne eine Liebesgeschichte aus. Aber diese wird nicht in den Vordergrund gerückt und fügt sich somit stimmig in das Geschehen ein.

Mit "Todesengel" hat Andreas Eschbach ein Thema aufgegriffen, das wohl jeden schon einmal auf irgendeine Art und Weise beschäftigt hat. Er beleuchtet es von allen Seiten, findet in seinen Charakteren Fürsprecher und Gegner in einem ausgewogenen Maß. Dabei ist dieser Thriller nie belehrend, aber stets unterhaltsam. Kurz: Er ist einer der besten Thriller des Autors, und ich habe sie alle gelesen.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.09.2013
Abschied von Sansibar
Hartmann, Lukas

Abschied von Sansibar


sehr gut

In seinem Roman „Abschied von Sansibar“ erzählt Lukas Hartmann die wahre Geschichte von Salme, der Prinzessin von Sansibar. Sie verlässt ihre Heimat und konvertiert zum christlichen Glauben, um mit dem deutschen Kaufmann Heinrich Ruete in Hamburg eine Familie zu gründen. Für die nun unter dem Namen Emily Ruete lebende Salme ändert sich mit dieser Entscheidung Leben grundlegend. Sie muss sich nicht nur in einem anderen Kulturkreis, in dem sie als Exotin bestaunt wird, zurechtfinden, sie leidet auch unter dem für sie unangenehmen Wetter in der Hansestadt. Ihr erstes gemeinsames Kind stirbt auf der Reise nach Deutschland und auch Heinrich Ruetes plötzlicher Unfalltod trägt zu ihrer sich deutlich verschlechternden Lage bei. Mit drei Kindern ist sie nun auf sich allein gestellt.

Lukas Hartmann lässt die Kinder Said (Rudolph), Antonie und Rosalie ihre Familiengeschichte erzählen, dabei kommt Said weitaus häufiger zu Wort als seine Schwestern. Dadurch entsteht vor den Augen des Lesers nicht nur eine farbenprächtige Geschichte, Lukas Hartmann beleuchtet auch die Historie mit ihren politischen und kriegerischen Verwicklungen über einen Zeitraum von etwa 100 Jahren und zeichnet damit ein sehr gelungenes Zeitbild, in dem die Gegensätze, die Emily Ruetes Leben maßgeblich prägten, sehr deutlich herausgearbeitet werden. So muss die ehemalige Prinzessin in Deutschland in großer Armut leben. Sie ist auf Geldgeber angewiesen und wird zum Spielball der Mächtigen. Ihre von vielen Freiheiten und gänzlich anderen Traditionen geprägte Kindheit und Jugend steht einem festen Regelwerk von Etikette und Förmlichkeit in der neuen Heimat gegenüber. Letztlich erlebt sie an eigener Haut den Zusammenprall von Morgen- und Abendland. Der Rückblick auf das Leben der ehemaligen Prinzessin erfolgt aber nicht wie erwartet chronologisch, sondern in Episoden, die sich letztlich zu einem stimmigen Gefüge zusammensetzen. Der Autor hat für seine Recherche umfangreiche Quellen genutzt. Insbesondere die persönlichen Aufzeichnungen und Briefe der Ex-Prinzessin, die stellenweise auch als Zitate in das Buch einfließen, dokumentieren diesen historischen Abschnitt.

Obwohl mir die Geschichte der Emily Ruete nicht unbekannt war, ist es dem Autor gelungen, mich an einen spannenden Roman zu fesseln und die Geschichte der Salme bint Said, der späteren Emily Ruete Seite für Seite zu genießen.

Bewertung vom 18.09.2013
Traumsammler
Hosseini, Khaled

Traumsammler


sehr gut

Eingeleitet durch eine Art Gleichnis erzählt Khaled Hosseini die Geschichte des 10-jährigen Abdullah und der 3-jährigen Pari, zwei Geschwistern, die sich abgöttisch lieben. Ihre Mutter verstarb und der Vater hat mit einer neuen Frau eine Familie gegründet. Die Armut ist groß und der Winter steht vor der Tür. Irgendwie muss die Familie überleben. Dann begeben sich der Vater und die Geschwister auf den Weg nach Kabul. Zu Fuß durchqueren sie die Wüste und in der Hauptstadt angekommen erklärt sich der Sinn dieser beschwerlichen Wanderung. Pari muss bei einer wohlhabenden Familie bleiben, die sie als Tochter aufnimmt. Durch die Trennung leiden sowohl Pari als auch Abdullah. Pari wird zeit
ihres Lebens das Gefühl nicht los, ein Stück von ihr würde fehlen, obwohl sie in der Annahme aufwächst, die Wahdatis wären ihre leiblichen Eltern.
Khaled Hosseinis Roman umfasst eine Zeitspanne von gut 50 Jahren und ist viel weiter gefasst, als die von mir angerissene Inhaltsangabe vorgibt. Eine Vielzahl von Themen und Personen werden von Autor in die Romanhandlung eingefügt. In jedem neuen Kapitel erzählt der Autor eine neue Geschichte, neue Personen kommen hinzu. Viele verfolgt man durch den gesamten Roman, andere verliert man aus den Augen. Leider gehört dazu auch Abdullah. Er tritt erst wieder am Ende des Buches in Erscheinung. Durch diese Wechsel wirkte „Traumsammler" auf mich stellenweise ein wenig unruhig, aber sehr vielfältig.

Khaled Hosseini ist ein Meister des Fabulierens. Gekonnt verwebt er die verschiedenen Handlungsfäden, die anfangs scheinbar ohne große Berührungspunkte für sich stehen, sich zum Schluss jedoch zu einem harmonischen Ganzen fügen. Der Autor ist aber nicht nur ein brillanter Erzähler, ebenso meisterlich versteht er es, bei den Lesern Emotionen zu erwecken.

Der Haupthandlungsort des Romans ist Afghanistan, aber als Leser folgt man den Protagonisten um die halbe Welt. Auch in diesem Roman zeichnet Hosseini ein sehr authentisch wirkendes Bild von Land und Leuten, Sitten und Gebräuchen.
„Traumsammler“ ist in meinen Augen der bisher ruhigste Roman des Autors. Einige wenige Kapitel wiesen ein paar Längen in der Handlung auf. Am meisten aber bedauerte ich, dass Abdullah für lange Abschnitte aus dem Geschehen verschwand.

Trotz meiner kleinen Kritikpunkte ist „Traumsammler“ ein Roman, den ich sehr gern gelesen habe. Immer wieder begeistert mich die scheinbare Sprachmelodie, die sich auch in der Übersetzung von Henning Ahrens wiederfindet. Ich bin mir sicher, wer mit „Drachenläufer“ und „Tausend strahlende Sonnen“ tolle Lesestunden hatte, wird auch an diesem etwas ruhigeren Roman seine Freude haben.

50 von 75 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.08.2013
Fünf Kopeken
Stricker, Sarah

Fünf Kopeken


ausgezeichnet

Debütromane lese ich sehr gern, weil darin immer ein bisschen die Hoffnung mitschwingt, eine Entdeckung zu machen. Mit „Fünf Kopeken“ stellte nun die Journalistin Sarah Stricker ihren Erstling vor und dieser Roman entpuppte sich für mich als Glücksgriff. Schnell las ich mich in die Geschichte ein und schloss den kauzigen Großvater, die lamentierende Großmutter, die hässliche, aber hochbegabte Mutter und die in der Ich-Form erzählende Tochter in mein Herz. Die Figuren waren lebensecht und sehr glaubwürdig beschrieben. Namentlich werde diese selten genannt. Aber deren Beschreibungen sind so schlüssig, die Charaktere so ausgefeilt und in den Dialogen so eindeutig zuordenbar, dass dies kein Problem, sondern eher etwas Besonderes darstellte.

Die Geschichte selbst wird von der Tochter erzählt. Ihre Mutter, die so hässlich war, dass sie sich Dummheit nicht mehr leisten konnte, erzählt der Tochter ihre Kindheits- und Jugenderlebnisse, von der Liebe, für die ihr das Talent fehlte und dem, was sie am meisten hasste, die Schwäche. Das alles notiert die Tochter sozusagen für den Leser des Romans. Begegnet man zu Beginn des Romans noch häufig der Großmutter und dem Großvater, der diesem ein ganz besonderes Kolorit verleiht, so wird deren Erscheinen im Handlungsverlauf immer seltener.

Obwohl es sich bei „Fünf Kopeken“ um das Debüt von Sarah Stricker handelt, ist die Sprache erstaunlich ausgefeilt und ausgereift. Sie spielt mit Wortgewandtheit, Witz, Ironie und bissigem schwarzem Humor. Ihr Stil ist sehr ansprechend und durchaus anspruchsvoll. Es gibt einige dialektgefärbte Dialoge, die die Authentizität besonders unterstreichen. Dabei lässt sie ihre Gedanken auch in die Tiefe gehen und betrachtet manche Dinge fast schon philosophisch, ohne dabei den Leser belehren zu wollen.

Mit „Fünf Kopeken“ hat die junge Autorin einen äußerst beachtenswerten Roman vorgelegt, der sich sehr positiv von der großen Masse der Neuerscheinungen abhebt. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung. Ich wünsche diesem besonderen Debüt viele begeisterte Leser.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.08.2013
Liebe und andere Parasiten
Meek, James

Liebe und andere Parasiten


sehr gut

Bereits der Titel des Romans hat mich neugierig gemacht und meine Fantasie angeregt.

Schnell habe ich mich in die Geschichte eingelesen, die sich durch eine Vielzahl an Themen und die unterschiedlichsten Personen auszeichnet. Daraus ergibt sich wohl aber auch gleichzeitig das Problem, das ich stellenweise mit dem Roman hatte. Die Handlung mäandert von Thema zu Thema, und von Akteur zu Akteur. Dazu kommt immer noch eine große Anzahl an Figuren, die in den einzelnen Abschnitten als Statisten auftreten. Wahrscheinlich lag es an mir, dass mich einige Themen mehr und andere weniger interessierten. Trotzdem hielt mich der Autor bei der Stange und wirkliche Längen stellte ich auch nicht fest.

Als große Stärke von James Meek sehr ich die gekonnte Charakterisierung seiner Figuren an. Besonders bei den Hauptpersonen waren ihre Handlungsmotive, ihre Zwänge und ihre Gedanken durchweg schlüssig. Auch wenn die Personen die Entscheidungsmöglichkeiten hatten, war ihr Tun letztlich immer schlüssig, glaubhaft und nachvollziehbar und, was mir immer wichtig ist, sie durchleben eine Entwicklung. Aber auch die Randfiguren hatten alle markante Merkmale, die sie zu lebenden Figuren und nicht zu bloßer Staffage werden ließen.

Im Grundtenor dieses Romans geht es um Liebe, um Moral, um Ehre und Treue. Der Autor wirft einen Blick auf die Grundwerte der Gesellschaft, über die es sich durchaus lohnt nachzudenken und die Gedanken James Meeks weiter zu verfolgen. Der Roman ist durch den angenehmen Sprachstil sehr flüssig zu lesen.

„Liebe und andere Parasiten“ ist ein durchaus gelungener Roman mit spannenden, gefühlvollen und nachdenklichen Sequenzen über die Moralvorstellungen unserer Zeit. Der Autor hat es trotz der Vielzahl der angeschnittenen Themen geschafft, mich als Leser gut zu unterhalten.

Bewertung vom 09.08.2013
Die Geschichte eines schönen Mädchens
Simon, Rachel

Die Geschichte eines schönen Mädchens


sehr gut

Schon beim ersten Blick auf das Buch gefiel es mir wegen des Covers ausgesprochen gut und beim Lesen hatte ich immer, wenn es um Marthas Haus ging, dieses vom Titelbild vor Augen. So stimmig wie dieses Bild war, war dann das gesamte Buch. Die Protagonisten waren gut charakterisiert. Sie wirkten lebensecht und waren in ihrem Tun und Denken sehr glaubwürdig. Der Roman war sehr gefühlvoll geschrieben, aber nicht kitschig oder auf die Tränendrüsen drückend. Trotzdem fiebert man mit und leidet man sowohl mit der geistig behinderten Lynnie, dem taubstummen Homan und auch mit Martha. Die Geschichte an sich ist unglaublich schön, emotional, rührend und nachdenklich machend, Traurig stimmte mich der Umgang mit den gehandicapten jungen Menschen, sowohl von Seiten der Familie als auch von der der Heimmitarbeiter.

Die Geschichte umfasst eine Zeitspanne von etwa vierzig Jahren und ist aus den Blickwinkeln der Hauptpersonen erzählt. Die Kapitelüberschrift gibt Auskunft darüber, wer im Mittelpunkt dieses Abschnittes steht. Diese Perspektive ist sehr geschickt gewählt, denn als Leser weiß man so immer über die aktuelle Situation des jeweiligen Erzählers Bescheid und kann sich ein Bild des großen Ganzen zusammensetzen.

„Die Geschichte eines schönen Mädchens“ ist ein anrührender, leiser Roman über Liebe und Leid, eine Flucht, den Umgang mit Behinderten und das späte Glück einer reifen Frau, ein Kind zu haben. Wer Liebesgeschichten mag, die frei von Gefühlsduselei und rosarotem Gesäusel sind, dafür aber ein gutes Zeitbild vermitteln, wird mit diesem Roman Rachel Simon viel Freude haben.

Bewertung vom 29.07.2013
Im Haus des Hüters
Ngugi wa Thiong'o

Im Haus des Hüters


ausgezeichnet

Mit „Im Haus des Hüters“ setzt Ngugi wa Thiong’o seine Lebenserinnerungen fort. Seine Jugendjahre verbringt er zum größten Teil in der Alliance High School, in die er im Januar 1955 aufgenommen wird. Erfährt der Leser im vorhergehenden Buch „Träume in Zeiten des Krieges“ vorrangig von der sozialen Situation, den Lebensumständen im Dorf und dem Alltagsleben, so liegt in diesem der Schwerpunkt eher auf der politischen Lage des Landes, die auch für den inzwischen jugendlichen Ngugi immer undurchsichtiger wird. Repressalien und Schikanen sind an der Tagesordnung. Kenia ist im Ausnahmezustand. Die Mau Mau, denen sich auch sein großer Bruder angeschlossen hat, kämpfen gegen die Kolonialmacht England. Im Schulbetrieb werden die Grausamkeiten weitgehend von dem Jungen ferngehalten, aber als er in den Ferien zum Ende des ersten Trimesters seine Familie besuchen will, fand er sein Dorf zerstört und die Familie zwangsumgesiedelt. Aber Ngugi nutzt seine Zeit an der Schule, er lernt und gibt sein Bestes, wie er es der Mutter versprach.
Die Beschreibung von Ngugi wa Thiong’os Jugendjahren fand ich noch gelungener als die der Kindheit. Man erlebt einen heranwachsenden Jungen, der beginnt, die Welt mit eigenen Augen zu sehen, zu interpretieren, zu verstehen. Man kann seine Zweifel nachvollziehen. Diese werden besonders in Glaubensfragen deutlich. Beeindruckend empfand die die ungeheure Lernfreude des Jungen, dem der Bestand der Schulbibliothek recht schnell zu gering erscheint und der dadurch ständig auf der Suche nach passender Lektüre ist.
„Im Haus des Hüters“ ist ein Teil einer Biografie, in dem sowohl Lebensfreude als auch große Traurigkeit mitschwingt. So wie es der Autor selbst erlebt hat, fühlt man mit dem Heranwachsenden mit und durchlebt als Leser alle Stationen seines jungen Lebens. Auch die sprachliche Umsetzung ist sehr gelungen. Ich habe das Buch in der deutschen Übersetzung von Thomas Brückner gelesen und kann mir nicht vorstellen, dass diese dem Buch auch nur im Geringsten etwas an Reiz genommen hat.

Mir bleibt nach der Lektüre nur eine Zeit des Wartens auf eine Fortsetzung der Lebensgeschichte des Autors, die hoffentlich bald erscheinen wird. Bis dahin wünsche ich diesem Buch viele intersseierte und begeisterte Leser.

Bewertung vom 25.07.2013
Träume in Zeiten des Krieges
Thiong'o, Ng_g_ wa

Träume in Zeiten des Krieges


ausgezeichnet

Ngugi wa Thiong'o wurde 1938 in der kenianischen Provinz Limuru geboren. Seine Mutter war eine von vier Frauen eines traditionellen Bauern, der 24 Kinder hatte. Später, als er sein Land an einen Großgrundbesitzer verlor und er anfing zu trinken, trennten sich die Eltern. Zu Beginn war es ein wenig schwierig, den Überblick über die Geschwister, Halbgeschwister, deren Mütter und die anderen Clanmitglieder zu behalten. Aber spätestens nach einem Drittel des Buches wusste man die Personen zuzuordnen.

Der Autor erzählt von seiner Kindheit in Kenia, die vom 2. Weltkrieg überschattet wurde. Seine Mutter ermöglichte ihm den Zugang zur Schule und erwartete von dem Jungen, dass dieser sein Bestes gibt. Sie möchte ihm damit die Voraussetzungen für ein besseres Leben schaffen. Und Ngugi gibt sein bestes. Schon früh erwacht Ngugis Liebe zu Geschichten, die am Lagerfeuer erzählt werden. „Oliver Twist“ ist für ihn neben dem Alten Testament prägend.
Ngugi wa Thiong'o erzählt in diesem Buch mit viel Empathie die Geschichte seiner eigenen Kindheit. Er berichtet vom Leben in der Großfamilie und von den Schwierigkeiten, die seine Mutter als Alleinerziehende hatte. Er berichtet von Armut und den Auswirkungen des 2. Weltkrieges, viele Kenianer kämpften auf Seiten der Engländer. Als sich sein großer Bruder der Mau-Mau-Bewegung anschließt, hält die Angst Einzug in Ngugis Leben. Durch des Bruders politische Aktivitäten drohen der Familie massive Repressalien.

Für mich als Leser war das Buch in zweifacher Hinsicht eine Bereicherung. Das aus der Sichtweise eines Kindes geschilderte Alltagsleben in einem kenianischen Dorf, öffnete mir ein Fenster in ein mir unbekanntes Land, in dem traditionelle Riten und Mythen auf die Moderne trafen. Aber auch sprachlich hat mich „Träume in Zeiten des Kriegen“ sehr beeindruckt. Alles wirkte ganz natürlich, nichts gekünstelt. Ich hatte am Ende des Buches das Gefühl eine Familie zu verlassen, die ich schon seit langem kenne.

Mit „Träume in Zeiten des Krieges hat Ngugi wa Thiong'o den ersten Teil seiner Biografie vorgelegt, der sehr persönlich ist und den Leser sowohl informiert als auch ausgezeichnet unterhält. Ich freue mich schon auf die Lektüre von „Im Haus des Hüters“, im dem die Jugendjahre des Autors thematisiert werden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.