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LeLo

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Insgesamt 80 Bewertungen
Bewertung vom 26.01.2020
Eine fast perfekte Welt
Agus, Milena

Eine fast perfekte Welt


gut

"Eine fast perfekte Welt" von Milena Agus ist ein Buch, das man sich erst warm lesen muss und dessen Botschaft nicht ganz klar wird, aber auch mit schönen Passagen versöhnlicher stimmt.

Der Start in das Buch war nicht so gelungen für mich, da es etwas zäh war und nicht zu fesseln vermochte. Der Schreibstil war verworren, es gab große zeitliche Sprünge, die es schwierig machten, der Geschichte zu folgen und ein Gesamtbild entstehen zu lassen. Glücklicherweise wurde dies jedoch nach dem ersten Drittel des Buches besser. Aber es gab nach wie vor Lücken und große Sprünge. Das war etwas, was mir nicht so zugesagt hat. Zudem wurde nahezu komplett auf wörtliche Rede verzichtet, Die Dialoge wurden nur indirekt wiedergegeben, was es schwierig machte, den Gesprächen zu folgen.

Durch das ganze Buch zieht sich eine gewisse Unfriedenheit der Charaktere, insbesondere der weiblichen, und die Frage: "Wie schafft man es bloß, an einem Ort wie diesem zu leben?" Denn egal, wo sich die Frauen aufhalten, ist da auch immer eine Sehnsucht, die Sehnsucht nach mehr, nach einer perfekten Welt. Sie haben nicht die Fähigkeit, Glück zu finden. "Das ist eine Gabe, entweder man hat sie oder man hat sie nicht. Mit anderen hat das nichts zu tun." Besonders deutlich merkt man die Sehnsucht nach einer perfekten Welt bei Ester. Sie hat große Träume, die es ihr unmöglich machen zu sehen, was für schöne Dinge es in ihrem Leben gibt, die es zu schätzen lohnt. Leider erschwert sie damit auch ihrem Mann Raffaele und ihrer Tochter Felicita das Leben.

Raffaele ist eher sesshaft und schlicht. Er schafft es sich mit dem Leben zu arrangieren, das er hat, obwohl auch er andere Träume hatte. Zum Glück schafft er es auch Felicita ein wenig von seiner Haltung zu vermitteln. Denn sie passt nicht so richtig nach Sardinien und kann auch trotz aller Bemühungen nicht den Erwartungen ihrer Mutter gerecht werden. Ihre Entscheidung "den Umgang mit den wenigen zu genießen, die sie mochten", finde ich bewundernswert.

Die Nebenfiguren sind überwiegend eher unsympathisch gezeichnet, denn auch sie tragen eine große Unzufriedenheit mit sich, unternehmen nichts, um diese ablegen zu können und suchen die Schuld dafür zudem bei anderen. Mit keinem der Charaktere gelang es mir so richtig warm zu werden.

Gut eingearbeitet ist eine leise Kritik an gesellschaftlichen Entwicklungen, wie dem Hass auf Fremde, religiöser Fanatismus und Umweltzerstörung. Das wertet das Buch deutlich auf. Dennoch ist die Aussage des Buches nicht bei mir angekommen, obwohl es offensichtlich nicht einfach nur unterhaltsam sein sollte.

"Eine fast perfekte Welt" von Milena Agus ist durchaus lesenswert, konnte mich aber leider nicht ganz überzeugen.

Bewertung vom 24.01.2020
Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6
Slupetzky, Stefan

Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6


ausgezeichnet

"Im Netz des Lemming" von Stefan Slupetzky ist schon jetzt eines meiner Jahreshighlights, weil es mich vollkommen überrascht hat und sich angenehm von anderen Kriminalromanen abhebt.

Mir gefällt der Schreibstil, da es gleich klar wird, dass es sich nicht um einen seichten Krimi handelt. Es werden Dinge kritisiert, indem sie überzeichnet werden. Es wird das Wertesystem hinterfragt und der Leser ist gefragt mitzudenken. Zwischendurch gibt es Einschübe mit Zitaten aus den sozialen Medien. Das ist sehr passend, da gerade eine im Netz anonym verfasste Nachricht zum tragischen Tod von Mario führt.

Neben dem kritischen Blick auf die ungefilterte Nutzung sozialer Medien sowie dem dortigen Verbreiten von Unwahrheiten, werden auch diverse andere gesellschaftliche Entwicklungen und Tendenzen sehr geschickt kritisiert. Trotz der großen Tragik und dem Aufzeigen der bedenklichen gesellschaftlichen Entwicklungen kommt auch der Humor nicht zu kurz. Gerade diese klug gewählte Mischung macht es für den Leser möglich die Gesellschaftskritik anzuerkennen und sich selbst zu hinterfragen. Denn ohne einen klagend erhobenen Zeigefinger ist es leichter sich einmal Gedanken über den allzu wahren Kern zu machen.

Der Lemming erscheint mir etwas weltfremd und hat mich zu Beginn so manches Mal schmunzeln lassen. Dann nehmen die Ereignisse aber schnell eine so tragische Wendung, dass ich eher eine große Befangenheit verspürt habe. Der Lemming hat mich dann mit seinem Einfühlungsvermögen beeindruckt. Er ist zwar eigen und stieselig, hat aber das Herz auf dem rechten Fleck.

Auch die anderen Charaktere sind alle sehr interessant gezeichnet mit all ihren schrulligen Eigenheiten und Makeln, was sie sehr sympathisch macht. Sie wirken so herrlich menschlich und scheuen sich auch nicht deutlich ihre Meinung zu äußern. Die Dialoge finde ich teils sehr intensiv und nachdenklich stimmend. Es ist kein Krimi, den man mal eben nebenbei lesen sollte. Dafür verstecken sich zu viele Besonderheiten zwischen den Zeilen, die es zu entdecken lohnt.

"Wir sind zwar digitale Koryphäen, aber moralische und geistige Amöben; technologisch in der Zukunft, intellektuell im Mittelalter und klimatisch in der Endzeit." Was für ein Satz!

Am Ende spitzte sich die Handlung nochmal extrem zu. Es ist erschreckend, wie weit Hass Menschen treiben kann. Auch wenn in diesem Buch vieles überzeichnet ist, stimmt der wahre Kern doch nachdenklich. Ein Buch, das man nicht einfach so weglegen und vergessen kann.

Lesern, die sich gern mit niveauvoller Gesellschaftskritik geschickt verwoben in einen unterhaltsamen Kriminalroman auseinander setzen möchten, kann ich "Im Netz des Lemming" von Stefan Slupetzky empfehlen.

Bewertung vom 23.01.2020
Die englische Gärtnerin - Blaue Astern / Die Gärtnerin von Kew Gardens Bd.1
Sahler, Martina

Die englische Gärtnerin - Blaue Astern / Die Gärtnerin von Kew Gardens Bd.1


ausgezeichnet

"Die englische Gärtnerin - Blaue Astern" von Martina Sahler ist der erste Band der Triologie rund um Charlotte, die Gärtnerin von Kew Gardens.

Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Ausdrucksweise und Beschreibungen sind passend zur Zeit der Handlung im Jahr 1920 gewählt. Es werden wunderschöne detaillierte Bilder von den Pflanzen und Anlagen in Kew Gardens gezeichnet. Dadurch war es leicht sich in Charlottes Leidenschaft als Botanikerin hineinzuversetzen und ebenfalls voller Liebe für diese schönen Parkanlagen zu schwärmen. Neben diesen landschaftlichen Beschreibungen werden auch die Charaktere sehr ausführlich vorgestellt und gewinnen mit ihren Eigenheiten, ihren Träumen, Hoffnungen, Ängsten und Nöten immer mehr an Persönlichkeit. Schon bald fühlt man sich als Leser Charlotte und der Familie Windley verbunden, hofft, träumt und bangt mit ihnen mit. Auch die anderen Charaktere, denen man im Laufe des Buches begegnet, sind facettenreich und interessant angelegt, so dass der Fortgang der Handlung bereichert wird. Zudem geben diese Beschreibungen dem Buch eine Intensität, die das Gefühl vermittelt, dass diese Geschichte sich genauso abgespielt haben könnte. Auch die historischen Hintergründe sind gut eingeflossen und die familiären Konfliktpotenziale sowie die fehlende Möglichkeit sein Leben verlässlich zu planen, sehr realistisch dargestellt,

Charlotte, die Gärtnerin von Kew Gardens und damit Hauptfigur dieser Triologie, ist eine beeindruckende junge Frau. Einerseits ist sie zielstrebig, ehrgeizig und kämpft für ihren Traum eine große Botanikerin zu werden, die auf Expeditionen faszinierende Planzen entdeckt. Andererseits hat sie auch ein großes Herz, wirkt sehr nahbar und liebt ihre Familie aufrichtig.

Die zwei Männer in ihrem Leben könnten unterschiedlicher kaum sein. Dennis, ein junger Mann, ist zurückhaltend, schüchtern und mittellos. Mit Charlotte verbinden ihn gleiche Träume, denn auch er möchte als Botaniker auf Expeditionen gehen. Viktor hingegen ist deutlich älter als Charlotte und besticht durch seine Souveränität, sein Vermögen und seine Selbstsicherheit. Seine Ziele im Leben sind weniger abenteuerlich, möchte er doch ein englisches Anwesen auf dem Land, eine hübsche Frau und Kinder. Schnell wird dann auch deutlich wie konträr seine Ansichten zu denen Charlottes sind: "Entzückend. So hatte er ihren Traum von der Feldforschung genannt, als handele es sich um eine charmante kleine Verrücktheit. Dabei war diese Vorstellung genau das Gegenteil von einem sicheren Ort: Sie wollte raus in die Welt, Abenteuer bestehen, unbekannte Arten auf Sammelexpeditionen zusammentragen und nach Kew verschiffen, ferne Länder, fremde Kulturen, exotische Gewächse, ein Leben wie auf einem Drahtseil schwebte ihr vor, nicht eines, bei dem man die Welt aussperrte, wenn man die Haustür schloss und sich vor dem Kamin einfand."

Eine kleine Warnung möchte ich aussprechen für Leser, die gern komplexe Geschichten mit großer Tiefe und manch unerwarteter Wendung lesen. Dieses Buch besticht eher durch seine leichte Lesbarkeit und die Vorhersehbarkeit. Eine Lektüre, die zum Träumen einlädt und angenehme, gemütliche Lesestunden bietet.

"Die englische Gärtnerin - Blaue Astern" von Martina Sahler ist ein wundervoller erster Band der Triologie. Ich kann es kaum erwarten, dass der nächste Band erscheint, da ich gern den Weg von Charlotte noch weiter begleiten möchte. Für begeisterte Leser historischer Romane mit starken Charakteren und einer mitreißenden Geschichte, die jedoch nicht zu viel Tiefe erwarten, kann ich eine klare Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung vom 13.01.2020
Geteilt durch zwei
Kunrath, Barbara

Geteilt durch zwei


ausgezeichnet

"Geteilt durch zwei" von Barbara Kunrath ist ein kleiner literarischer Schatz.

Der Schreibstil gefällt mir gut. Er ist unaufgeregt, nicht reißerisch. Dennoch entwickelt sich eine Spannung, die sich während des Lesens konstant steigert. Dadurch fiel es immer schwerer das Buch aus der Hand zu legen. Mit jeder Seite wurde ich immer mehr in den Bann der Geschichte gezogen. Auch wenn die Geschichte hauptsächlich aus Sicht von Nadja geschrieben wird, habe ich einen guten Einblick in die Gefühle der anderen Charaktere erhalten.

Was mich besonders an dem Buch begeistert hat, ist, dass es so ruhig und eher unspektakulär beginnt und dann so spannend und emotional wird und mich überraschen konnte. Anfangs wirkt es eher wie eine oft in Film und Buch aufgegriffene "Verlorener-Zwilling-Geschichte". Dieser Eindruck wird aber schnell von den Ereignissen revidiert. Die Geschichte nimmt schnell an Fahrt auf, es gibt Episoden, in denen zurück geblickt wird und dabei überraschende Wendungen offengelegt werden, mit denen ich nie gerechnet hätte. Zudem werden auch die Emotionen der Charaktere, die große Komplexität von zwischenmenschlichen Beziehungen und der Einfluss von Erlebnissen, ob bewusst oder unbewusst, auf das spätere Leben und das eigene Ich immer deutlicher. "Manche Päckchen im Leben wiegen schwer. So schwer, dass wir sie kaum mehr ertragen können." Gerade dieser ungeschönte Blick, die Realitatsnähe, hat mir sehr gut gefallen. Dadurch gewann das Buch immer mehr an Tiefgang und konnte mich immer mehr überzeugen.

Wie bereits angesprochen, wird ein Großteil der Geschichte von Nadja selbst erzählt. Man merkt deutlich, dass sie innerlich zerrissen ist und ihr etwas fehlt. Als sie durch einen ungewöhnlichen Zufall ihre Schwester Pia kennenlernt, wird auch deutlich, woher dies rührt. "Sie war mein Zwilling. In jedem erdenklichen Sinn, auch im biologischen. Sie war mein Pendant, sie war die Lücke, die ich immer gefühlt und nie begriffen hatte." Bei beiden Zwillingen spürt man, dass ihr Leben tiefe Spuren hinterlassen hat. Auch die anderen Charaktere sind sehr komplex und interessant angelegt. Dabei waren sie zwar keineswegs sympathisch und nahbar, jedoch hat dies der Handlung keinen Abbruch getan. Vielmehr fügte es sich stimmig in das Gesamtbild ein.

"Geteilt durch zwei" von Barbara Kunrath ist ein Buch, das erst allmählich seinen Zauber entfaltet, dann aber sehr überzeugend ist. Empfehlen kann ich diesen Roman allen Lesern, die sich gern mit einer komplexen und tiefgründigen Familiegeschichte beschäftigen möchten.

Bewertung vom 03.01.2020
Der Gorilla-Garten / Käthe Bd.1
Veenstra, Simone;Loose, Anke

Der Gorilla-Garten / Käthe Bd.1


ausgezeichnet

"Käthe: Der Gorilla-Garten" von Simone Veenstra und Màriam Ben-Arab ist ein bezauberndes Kinderbuch mit toller Botschaft.

Das Cover und die Bilder sind einfach toll. Genau wie Käthes regenbogenbunte Stiefel strahlen die bunten Bilder Lebensfreude aus. Ich finde es immer gut, wenn die Bilder nicht perfekt und super detailliert sind. Sie wirken so, als ob ein Kind sie auch hätte zeichnen können und dennoch gibt es einiges lustiges und schönes zu entdecken. Da macht es großen Spaß die Bilder zusammen anzuschauen.

Auch der Schreibstil ist super, kein bisschen langweilig, nicht zu anspruchsvoll und sehr amüsant. Die fettgedruckten Lebensweisheiten der Oma sind eine schöne Besonderheit. "Ist die Stimmung mal im Keller, finde raus: Was macht sie heller?"
Die Anleitung für die bepflanzten Stiefel ist zudem eine sehr süße Idee und macht gute Stimmung. Ich sehe es schon vor mir, wie wir das nach dem Lesen auch mit einem alten Paar Schuhe machen.

Käthe ist ein neugieriges und aufgewecktes Mädchen, das ganz viele tolle und auch lehrreiche Erlebnisse macht. Sie zu begleiten ist kurzweilig und spannend. Die Eingewöhnung in ihr neues Zuhause wird ihr durch Amira und Theo etwas leichter gemacht. Genau wie Käthe sind auch diese beiden richtig sympathisch und helfen wichtige Aspekte zu vermitteln. Am witzigsten war der Dackel Ferdi, den Bauchweh plagt und dem Käthe verständnisvoll zu Hilfe eilt.
Bei all den liebevoll und interessant gestalteten Charakteren ist für jeden ein ganz eigener Liebling dabei.
Da es sich um Band 1 einer Reihe handelt, kann man sich schon jetzt auf ein Wiedersehen freuen.

"Käthe: Der Gorilla-Garten" von Simone Veenstra und Màriam Ben-Arab ist ein bezauberndes Buch, das großen Spaß beim gemeinsamen Vorlesen bereitet und dabei auch den Wert von Familie, Freundschaft, Offenheit, Zuhause und Umweltschutz vermittelt.

Bewertung vom 09.12.2019
Schutzpatrone
Trink, Rudolf

Schutzpatrone


sehr gut

Eine Mischung aus Wiener Kullinarik- und Kaffeehausführer mit viel Privatleben des Ermittlers und einer Prise Spannung - gemütlichen Krimigenuss bietet "Schutzpatrone" von Rudolf Trink.

Einen besonderen Augenmerk sollte man schon auf das Cover legen. Der Autor selbst sagt darüber: "Den Kasperl auf dem Cover habe ich selbst vor Jahrzehnten für meine mittlerweile erwachsenen Kinder geschnitzt, meine Frau hat ihn eingekleidet und unsere Tochter Theresa hat das Coverfoto gemacht."
Das finde ich eine tolle und sehr gelungene Idee. Schön, bei der Covergestaltung die Familie einzubeziehen.

Eine ähnlich sorgfältige Betrachtung verdient auch der Titel. Geht es doch nicht um einen Schutzpatron, sondern um eine Schutzpatron*e*. Gemeint ist "ein Geschoß [...], durch das jemand geschützt wird". Der Titel wird im Buch sehr gelungen umgesetzt.

Wie Cover und Titel schon anklingen lassen, wird auch in den Beschreibungen der Personen, Orte und Handlungen viel Wert auf Details gelegt. Sehr intensiv begleitet der Leser den Alltag von Johann Rumpler und seiner Rosamunde. In diesen Alltag bricht jedoch die Bitte um Unterstützung bei einer Mordermittlung ein, so dass nach und nach eine gewisse Spannung entsteht, die sich zum Ende hin erheblich steigert. Eigentlich genau die Art Cosy - Krimi wie ich sie schätze, keine brutalen Gewaltszenen und urige Charaktere. Allerdings war mir die minutiöse Darstellung der Essenzubereitung von Johann Rumpler und seiner späteren Zimmerwirtin dann doch etwas zu viel. Dieses Empfinden mag jedoch auch daraus resultieren, dass die Gerichte mir größtenteils fremd waren. Kenner der Wiener Küche mögen dies anders empfinden.

Was ich als sehr schön und authentisch empfunden habe, war der Dialekt in den Dialogen. Dadurch konnte man sich noch mehr in die Geschichte hineinversetzen und wurde ein Teil der Wiener Gesellschaft. Der Schreibstil ist nicht reißerisch, sondern bringt einen gewissen Anspruch mit und ist dennoch leicht lesbar.

Die Charaktere sind sehr urig und es wurde auch Raum für liebenswerte kleine Schrullen gelassen. Die Beschreibung der Zwischenmenschlichkeiten und scheinbar nebensächlicher Handlungen, machen hier einen besonderen Reiz aus, sind stimmig und bereichern das Lesevergnügen.

Der Ermittler Johann Rumpler wirkt sehr geerdet, etwas gemütlich und dabei auch grundanständig. Eine Figur, die man gern bei der Lösung des Falls begleitet. Eher kapriziöz hingegen ist Rosamunde. Nicht nur dem Namen nach eine Prinzessin, fordert sie ihre Hoheitsrechte aktiv ein. Jeder der selbst einmal eine Katze in seinem Leben hatte oder noch hat, kann sich Rosamunde lebhaft vorstellen.

"Schutzpatrone" von Rudolf Trink ist ein Krimivergnügen der ruhigeren Art, den ich dennoch gern weiterempfehle.

Bewertung vom 09.12.2019
Für damals, für immer
Cross-Smith, Leesa

Für damals, für immer


weniger gut

Erfrischend anders zu Beginn, dann aber leider stark abfallend, so dass man sich zwingen musste weiter zu lesen. "Für damals, für immer" von Leesa Cross-Smith kann leider nicht den geweckten Erwartungen gerecht werden.

Der erste Leseabschnitt war noch schnell verflogen. Anfangs gefiel mir der Schreibstil gut. Einige Sprachbilder waren wunderschön und sehr kreativ. Die Unterschiede in der Intensität der Sprache, mal etwas nüchterner, mal emotionaler, passten gut zu den verschiedenen Personen und auch Zeiten, in denen die Handlung spielt. Nach einigen Seiten vermitteltelte die Sprache jedoch das Gefühl, dass aus einem Baukasten immer mal mehr oder weniger zufällig neue Elemente ausgewählt wurden. Die Sprache wirkte dadurch teils etwas wirr und begleitetete nicht schön unterstützend durch die Handlung. An einigen Stellen habe ich innegehalten und mich gefragt, was dieses Stilmittel jetzt aussagen soll. Insgesamt vermute ich, dass es möglicherweise die Absicht verfolgt, die teils ebenso wirre Handlung zu stützen und zu zeigen, dass Trauer nicht einem bestimmten Schema folgt. Mich konnte es als Leser dennoch nicht fesseln und hat mich eher frustriert zurück gelassen.

Aufgrund der Leseprobe und des Klappentextes hatte ich im ersten Moment nicht damit gerechnet, dass Eamon, der verstorbene Ehemann, so eine große Rolle spielen würde. Ich hatte vermutet, dass es mehr um's "Danach", die Beziehung von Evangeline und Dalton, gehen würde. Stattdessen wird in langen Passagen mit Rückblenden gearbeitet. Diese erzählen jedoch keine Geschichte und haben auch nicht immer einen klaren Bezug zum Jetzt. Es handelt sich vielmehr um Blitzlichter, die zeigen, wie die Freundschaft und Liebe der drei wächst. Die Zeitsprünge waren mir zudem oft zu abrupt und die Dialoge konnten nicht überzeugen. Entgegen dem ersten Eindruck, der vermittelt wurde, handelt es sich nicht um eine Geschichte, bei der es um Trauer und Neuanfang geht, sondern es werden eine ganze Reihe Facetten angesprochen. Was macht Familie aus? Was ist Liebe? Welchen Wert hat Verzeihen? Dabei fehlte jedoch der Tiefgang und leider ein Stück weit auch das Niveau, so dass die Botschaften eher befremdet, als berührt oder nachdenklich gestimmt haben.

Zudem empfand ich bis zum Schluss eine gewisse Distanz zu den Charakteren, sie sind nicht ganz und gar unsympathisch. Es fehlte jedoch die Tiefe, die Intensität und die Nachvollziehbarkeit der Gedanken und Handlungen. Neben Baby Noah war mir seine Papa Eamon noch am sympathischsten. Dabei dachte ich, dass Evangeline und Dalton mehr im Mittelpunkt stehen würden.
"Miteinander zu weinen ist eine ganz eigene Form der Intimität - ein Band, das so eng um uns gewickelt war, dass es unseren Blutkreislauf vom Rest der Welt abschnitt."
Ich hatte mir intensive Gefühle und interessante Einblicke in den inneren Konflikt von Evangeline und Dalton erhofft. Leider wurde nach diesem Satz, der noch Hoffnung schürte, nicht mehr viel darauf eingegangen.

Zusammenfassend bin ich mit dem Buch und seinen Charakteren leider bis zum Schluss nicht warm geworden. Auch das Ende fühlte sich nicht stimmig an, sondern wirkte wieder etwas zusammenhanglos.

"Für damals, für immer" von Leesa Cross-Smith liegt eine interessante Idee mit viel Potential zugrunde, leider vermag die Umsetzung aber nicht zu berühren. Eine Lese-Empfehlung möchte ich nicht aussprechen. Aber da jeder Leser anders ist, ist gut denkbar, dass das Buch andere abholt.

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Bewertung vom 07.12.2019
Der Fjord schweigt
Popma, Gabriele

Der Fjord schweigt


ausgezeichnet

Bei diesem Roman gilt vor allem eins: Nichts ist so, wie man glaubt. Immer wieder nimmt die Handlung unerwartete Wendungen und überrascht mit neuen nahezu unglaublichen Entwicklungen. "Der Fjord schweigt" von Gabriele Popma ist klassifiziert als Liebesroman, es geht jedoch sehr hoch her. Teilweise dachte ich während des Lesens, dass es schon fast etwas zu viel des Guten ist. Jedoch fügt sich alles doch in ein durchaus stimmiges Bild und der Roman vermag zu überzeugen.

Der Schreibstil ist sehr gelungen. Schon den Prolog fand ich sehr packend und so ging es auch spannend und mitreißend bis zur letzten Seite weiter. Mir gefällt, dass alles klar und dennoch mit ausreichend Details beschrieben wird. Dadurch ist es ein leichtes in die Geschichte reinzufinden und ich war gleich mitten im Geschehen. Ich hatte nicht das Bedürfnis das Buch wegzulegen, im Gegenteil, es entsteht ein schöner Lesefluss.

Schön ist auch, dass die Geschichte auf zwei Zeitebenen spielt. Die Verknüpfung von der aktuellen Handlung rund um Annika und der ursächlichen Handlung rund um ihre Mutter Kerstin ist ausgesprochen gut gelungen. Es ist immer deutlich, wo die Handlung gerade spielt und die Rückblicke erfolgen wohl dosiert. Nach und nach kommt immer mehr ans Licht, der Spannungsbogen wird konstant aufrecht gehalten und zum Ende hin sogar nochmal gesteigert.

Bei aller Spannung kommt jedoch auch die Liebe nicht zu kurz. Die Lieben, die Annika und Kerstin in ihrem Leben finden, und auch teils wieder verlieren. Vor allem aber auch die Liebe zu der beeindruckenden Natur Norwegens. Die Schilderungen von Norwegen sind einfach wunderschön. Beim Lesen bekommt man immer mehr Lust einmal hin zu fahren und die beeindruckende Landschaft selbst zu sehen.

Annika ist gleich von Beginn an sehr sympathisch. Es ist leicht sich mit ihr zu identifizieren und mit ihr mitzufühlen. "Es ist nur ein Gefühl, dass mir etwas fehlt. [...] Da ist eine unbestimmte Sehnsucht in mir und ich weiß nicht, wonach." Sehr eindrücklich und emotional wird deutlich gemacht, wie Annika durch den Verlust ihres Zwillingsbruders in ihren Grundfesten erschüttert wurde. Man hofft mit, dass sie einen Weg findet, zu heilen.

Bei Annikas Mutter Kerstin dauert es etwas länger, bis man mit ihr warm wird. Je mehr man jedoch von ihrem Leben kennenlernt, desto besser versteht man, wie sie später ist. Auch die anderen handelnden Personen sind bis zur kleinsten Rolle sehr individuell und interessant ausgestaltet. Und obwohl das Buch 453 Seiten zählt, herrscht nie Verwirrung, welche Personen gerade handeln. Es ist ein leichtes der Geschichte zu folgen.

Wie schon angeklungen, ist das Ende noch mal sehr spannend. Es schließt die Handlung aber schön rund ab.

"Der Fjord schweigt" von Gabriele Popma ist ein sehr spannender Roman, dem eine Liebesgeschichte zugrunde liegt und der vor der wunderschönen Naturkulisse Norwegens spielt. Empfehlen kann ich ihn Lesern, die gern Spannung mit interessanten Charakteren und einem Hauch Liebesgeschichte haben.

Bewertung vom 24.11.2019
Winteraustern / Luc Verlain Bd.3
Oetker, Alexander

Winteraustern / Luc Verlain Bd.3


sehr gut

Echter Krimigenuss für alle Sinne - das bietet "Winteraustern" von Alexander Oetker. Es handelt sich bereits um den dritten Band einer Reihe, bei der Luc Verlains ermittelt.

Wie schon das Cover erahnen lässt, ist der Krimi neben aller Spannung sehr atmosphärisch und besticht mit wundervollen Bildern. Der Autor hat einen angenehmen, klaren Schreibstil, mit dem er Orte und Personen sehr lebendig werden lässt. Wer dann noch etwas Unterstützung braucht, um in das Geschehen rein zu finden, kann sich die gezeichneten Karten im Umschlag anschauen. Diese sind eine tolle Hilfe, um die französischen Handlungsorte noch näher zu bringen.

Ich habe es als etwas schade gefunden, erst mit diesem dritten Band in die Reihe eingestiegen zu sein, da die Qualität des Krimis sehr überzeugend ist. Jedoch ist es rein inhaltlich problemlos möglich zu folgen, auch wenn man kein Vorwissen hat. Sofern erforderlich, erhält der Leser einen kurzen Rückblick, der ihm hilft, das aktuelle Geschehen nachzuvollziehen. Geschickt präsentiert der Autor Alexander Oetker auf den letzten Seiten, nach der Lösung, bereits die Grundlage für den nächsten Fall von Luc Verlains.

Luc Verlains selber ist ein sehr sympathischer Ermittler, der einen ausgeprägten Familiensinn besitzt und voller Liebe und Begeisterung für seine französische Heimat ist. Besonders schön gestützt wird dies von französischen Sätzen und Gebräuchen, die immer wieder mit dem Text verwoben sind. Ihn bei seinen Ermittlungen rund um die Dune du Pilat und in Paris zu begleiten, lässt so manche schöne Urlaubserinnerung wieder wach werden und schürt Sehnsucht. Sehnsucht nach Frankreich, Sehnsucht nach dem Atlantik, Sehnsucht nach einer ganz besonderen Lebensart und Leichtigkeit.
Dennoch kommt auch die Spannung nicht zu kurz. Bringen doch die Ermittlungen manch unerwartete Wendung mit sich. Langeweile stellt sich keine ein, so dass das Mitermitteln großen Spaß macht.
Genial ist auch der aktuelle Bezug zu Ereignissen in Frankreich, wie die Terroranschläge und die sozialen Aufstände. Alexander Oetker gelingt es in seinem Krimi leise Gesellschaftskritik unterzubringen und auf tatsächliche Ereignisse einzugehen ohne mit erhobenem Zeigefinger zu mahnen.
Ebenfalls wohl dosiert und sehr interessant sind die Informationen rund um die Austernzucht und französische Weine. Ich konnte viel lernen und habe es als angenehm empfunden, da auch diese Details sich gut in die Handlung einfügten. Das Nebengeschehen hat so nicht unmittelbar zur Lösung des Falls beigetragen, aber auf charmante Weise die Handlung bereichert.

Neben Luc Verlains werden auch die anderen Charaktere mit liebenswerten Eigenheiten dargestellt, so dass man beim Lesen gern Teil der Handlung war und sich ganz in die Geschichte vertiefen konnte.

Einziges Manko sind einige logische Fehler und unnötige Wiederholungen. Beispielsweise werden die Hintergründe rund um eine Verletzung des inzwischen wieder genesenen Chefs von Luc Verlains mit nahezu gleichem Wortlaut doppelt erzählt. Zudem fragt man sich beispielsweise, wo ein gewisses Boot geblieben bzw. wie es in den Hafen zurück gelangt ist. Das ist etwas schade, da es gerade bei Krimis den Lesefluss etwas dämpft.

"Winteraustern" von Alexander Oetker ist ein gelungener, atmosphärischer Krimi, den ich allen Krimi-Lesern empfehlen kann.