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Calendula

Bewertungen

Insgesamt 95 Bewertungen
Bewertung vom 25.03.2023
Die Bibliothek der Hoffnung
Thompson, Kate

Die Bibliothek der Hoffnung


ausgezeichnet

Die Geschichte über die unterirdische Bibliothek in Bethnal Green war mir bisher völlig unbekannt. Genauso wenig wie der Umstand, dass in dieser U-Bahnstation quasi eine komplette Kleinstadt entstand. Umso mehr freue ich mich darüber, dass solche außergewöhnlichen Geschichten für die Nachwelt erhalten bleiben. Damit auch deutlich jüngere Menschen wie ich noch darüber staunen können.

Es ist eine hinreißende Geschichte, die mich schon nach den ersten Seiten nicht mehr losgelassen hat. Die Atmosphäre hat mich gleich gegriffen - ich war sofort im Londoner East End der Kriegsjahre. Zwischen den Menschen, die versuchen zu (über)leben, aufzuräumen, das Beste aus der Situation zu machen. Habe mit ihnen gelacht und war zutiefst ergriffen über ihre Schicksale. Die Figuren sind facettenreich und so lebendig geschrieben, da fällt es leicht sofort einen Draht zu ihnen zu haben.
Clara und Ruby sind zwar sehr unterschiedlich, wachsen dem Leser mit ihrer gefühlvollen und gleichzeitig zupackenden Art aber auch sehr schnell ans Herz.
Besonders der ins Leben gerufene Lesekreis und die Vorlesungen für die Kinder haben mein Herz im Sturm erobert. Sehr unterschiedliche Charaktere, unterschiedliche Meinungen und doch eine fest gewachsene Gemeinschaft.

Besonders schön finde ich jeweiligen Kapiteleinleitungen, in denen Zitate von Bibliothekar*innen vorangestellt werden. Worte, aus denen unverkennbar die Liebe zu den Büchern spricht.

Aber bei aller Euphorie - es ist kein reines Wohlfühlbuch. Die Geschichte spielt in den letzten Jahren des Krieges, die Entbehrungen, Ängste, Traumata und Gräuel sind allgegenwärtig.
Ein Buch für Bücher und gegen das Vergessen. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.03.2023
Als Großmutter im Regen tanzte
Teige, Trude

Als Großmutter im Regen tanzte


sehr gut

Ein Buch, das mich - trotz kleiner Schwächen - auf so vielen Ebenen tief berührt hat und das ich auf jeden Fall weiter empfehlen werde. Der Autorin ist es toll gelungen eine Familiengeschichte aufzubauen, die sich mit eher unbekannten Themen aus dem 2. Weltkrieg befasst.
Der Roman spielt auf zwei Ebenen. In der Gegenwart wird die Geschichte von Juni erzählt, die in das Haus ihrer Kindheit fährt um nach dem Tod ihrer Mutter die Dinge zu ordnen und ihr eigenes Leben zu überdenken. Dabei stößt sie auf Hinweise zur Vergangenheit ihrer Großmutter.
In der Vergangenheit wird eben jene Geschichte von Großmutter Tekla erzählt, die sich als Norwegerin in einen deutschen Soldaten verliebt und mit ihm in das vom Krieg gezeichnete Deutschland geht. In ihrer neuen Heimat erlebt sie die Schrecken, die der Einmarsch der Russen in Demmin ausgelöst hat.

Der Vergangenheitsteil hat mir etwas besser gefallen als die Gegenwart. Junis Part ist ein wenig dünn und vorhersehbar geraten. Das finde ich sehr schade, denn grundsätzlich spricht die Autorin hier auch ein sehr spannendes Thema an (vererbtes Trauma). Da wäre aus meiner Sicht noch etwas mehr drin gewesen.
Teklas Geschichte ist unglaublich emotional und hat mir mehr als einmal eine Gänsehaut beschert.
Dennoch steckt in beiden Teilen der Geschichte unheimlich viel Fingerspitzengefühl. Der leichte, fast schon weiche, Stil trägt trotz der ernsten Themen erheblich dazu bei, dass man einfach immer nur weiterlesen will.

Es gibt ein paar Schwächen. Junis Teil der Geschichte hätte ausgebauter sein können und Tekla erscheint in ihrer Zeit in Deutschland doch etwas sehr weltfremd. Und trotzdem hat mir dieses Buch richtig gut gefallen. Das Gesamtpaket stimmt hier einfach für mich. Definitiv eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 19.03.2023
Morgen, morgen und wieder morgen
Zevin, Gabrielle

Morgen, morgen und wieder morgen


weniger gut

Auch wenn ich damit vermutlich arg aus der Reihe tanze, aber ich mochte das Buch nicht.
Positiv für mich war hier der Umstand, dass es eine Geschichte über eine lange Freundschaft ist, die Idee alles rund um Videospiele aufzubauen und die gut Aufgebaut Struktur.

Vielleicht bin ich zu „alt“ für das Buch, aber ich habe hier keine Freundschaft gesehen. Sadie und Sam sind für mich zwei Menschen, die einander nicht gut und eher gegeneinander statt miteinander arbeiten. Sadie und Sam als Kinder gefielen mir gut, Sadie und Sam als Erwachsene empfand ich als anstrengend und unsympathisch. Ich habe zu beiden keinen Zugang gefunden, egal sehr ich versucht haben ihre Gedankengänge zu verstehen.
Natürlich gibt es in einer Freundschaft nicht nur Sonnenschein, es kann zwischen den Personen auch schon mal ordentlich krachen.. Aber dieser Egoismus, dieses ewige schmollen und beleidigt sein, diese permanente Rivalität und Unterstellungen. Miteinander reden ohne sich gleich in die Wolle zu kriegen tun sie wenig. Gefühle, Probleme, Dinge die den jeweils anderen bewegen – nix. Jeder macht alles mit sich aus – aus Rücksicht auf den anderen. Aber als Kollegen funktionieren sie auch nicht wirklich, da setzt sich dieses Muster fort. Irgendwer ist immer beleidigt. Das ist für mich eine sehr merkwürdige Definition von Freundschaft.

Es zieht sich, wenn der nächste Streit wegen Nichtigkeiten oder vorgeschobenen Unterstellungen ansteht. Dann gibt es noch Zeitsprünge, die mal in die Vergangenheit der Vergangenheit reichen, um dann wieder ins Jetzt zu springen und zwei Seiten weiter in eine noch anstehende Zukunft. Dazu jede Menge Fremdwörter. Ich glaube, ich habe in einem Roman noch nie so viele Fremdwörter nachschlagen müssen. Das machte auf mich so einen gewollt klugen Eindruck,
Für meinen Geschmack hätte es auch die wie ein Computerspiel konzipierten Kapitel nicht gebraucht. Ich fand nicht, dass sie in irgendeiner Weise etwas positives für die Geschichte getan haben.

Echt schade, denn in der Story werden viele verschiedenen Themen angesprochen und die Figuren entsprechen nicht dem üblichen Schema. Mich hat es aber leider so überhaupt nicht gepackt.

Bewertung vom 17.03.2023
Florentia - Im Glanz der Medici
Martin, Noah

Florentia - Im Glanz der Medici


ausgezeichnet

Ein wirklich schöner historischer Roman, der das Leben in Florenz des 15. Jahrhunderts und die Machtverhältnisse der führenden Familien in den Mittelpunkt stellt. Jede Menge Ränkespiele um die Vorherrschaft in Florenz und um Beziehungen zum Vatikan und zum Pabst. Politische und wirtschaftliche Interessen spielen genauso eine Rolle wie zur Schau gestellter Reichtum oder eine passende Heirat, um den eigenen Machteinfluss zu erweitern.
Der Familie de Medici haftet ein gewisses Bild an. Machtbesessen und skrupellos, nur auf den eigenen Vorteil bedacht, über Leichen gehend. Dieses Bild wird hier nur zu einem kleinen Teil bedient. Vielmehr werden die historischen Figuren etwas mehr von ihrer menschlichen Seite gezeigt. Es wirkt fast wie ein privater Einblick in diese faszinierende Familie.

Die Darstellung der Stadt und ihrer Mitbewohner ist ebenso gut gelungen. Die schön beschriebenen Märkte, das Stadtbild oder die jeweiligen Stimmungen der Bevölkerung sorgen dafür, dass ich mich wie mittendrin gefühlt habe.

Und wer an Florenz denkt, dem kommen natürlich diese tollen Kunstwerke jener Zeit in den Sinn. Und die Kunst kommt in dem Buch auch nicht zu kurz, denn einerseits ist mit Fioretta eine der Hauptfiguren eine angehende Malerin vertreten; zum anderen erlebt man auch die ersten Schritte von Sandro Boticelli und Leonardo da Vinci auf dem künstlerischen Parkett. Beide jung, beide lebens- und erfolgshungrig. Und nicht als die Super-Genies dargestellt, Man erahnt, welches Können bei beiden vorhanden ist - aber in erster Linie sind sie als junge Menschen mit Freuden, Sorgen und Nöten dargestellt.

Diese Mischung aus Intrigen, Politik, Kunst und ein bisschen Liebe hat mir auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht.

Bewertung vom 04.03.2023
The Love Test - Versuch's noch mal mit Liebe
Howe, Jenny L.

The Love Test - Versuch's noch mal mit Liebe


ausgezeichnet

Ich habe das Buch sehr gemocht. Nach dieser für mich persönlich anstrengenden und doofen Woche, hat das Buch bei mir genau den richtigen Nerv getroffen. Ich mochte Allison auf Anhieb. Und ich muss zugeben, dass ich mich bei der einen oder anderen Eigenheit Allisons ein klitzekleines bisschen ertappt gefühlt habe, weil ich Neigungen in die gleiche Richtung habe. Mit Colin habe ich etwas länger braucht um warm zu werden, aber am Ende mochte ich auch diese Figur.
Mir gefiel Allisons Entwicklung im Verlauf der Geschichte. Sie kam nicht mit Schlag, sondern eher schleichend. Und haben wir nicht alle schon mal Aha!-Momente in nicht ganz so passenden Situationen gehabt?
Manchmal allerdings ist Allison dann doch ein bisschen zu sehr verkopft und man möchte ich zurufen, doch erstmal so richtig tief durchzuatmen. Dann drehen sich ihre Gedanken auch sehr im Kreis und es kam mir wie eine Dauerschleife vor. Glücklicherweise dauert das aber auch nicht allzu lange, so dass keine großen Längen entstehen.
Die Rivalität zwischen den beiden habe ich nicht als sehr ausgeprägt empfunden. Sie hat für mich funktioniert und gelegentlich für einen unterhaltsamen Schlagabtausch gesorgt. Ob das Setting drumherum jetzt der Realität entspricht oder nicht, hat mich ehrlicherweise gar nicht so sehr interessiert. Ich fand es interessant, dass sich recht viel über mittelalterliche englische Literatur und deren Interpretation dreht. Das ist mir bisher noch nicht so häufig über den Weg gelaufen und ich empfand es als nette Abwechslung.
Es war eine schöne Geschichte mit für mich hohem Wohlfühlfaktor.

Bewertung vom 25.02.2023
Siegfried
Baum, Antonia

Siegfried


weniger gut

Von Anfang an merkt man direkt, unter welchem Druck die Erzählerin steht. Das Erzähltempo vermittelt mir durch die Seiten schon ein ziemlich hohes Stresslevel – ich bin am anderen Ende des Buches gleich mit aus der Puste und möchte eigentlich am liebsten schon nach den ersten Seiten laut „Pause!“ rufen.
Im Verlauf der Geschichte geht es vermehrt um die Kindheit der Erzählerin. Sie schildert ihre Erinnerungen, Eindrücke und Gefühle. Es wird deutlich, wie sehr ihre Kindheit die Frau in der Gegenwart geprägt hat. Es ist eine tiefe innere Zerrissenheit spürbar, die sich auch in ihrer Beziehung zu ihrem Lebensgefährten widerspiegelt.

Die Beziehung zu ihrem Stiefvater wird nie so ganz wirklich beleuchtet. It's all about Siegfried – er ist eigentlich immer präsent. Er ist der Maßstab, an dem sich alle anderen Menschen zwangsweise messen lassen müssen.
Die Grundidee gefällt gut und vom Klappentext her hatte ich gewisse Erwartungen an das Buch. Leider ist bei mir der Funke nicht übergesprungen. Mir persönlich liegt der Fokus zu sehr auf der Kindheit, mir fehlte oft die Anknüpfung an die Gegenwart. Die Beziehung zu anderen Menschen bleibt weit hinter der zu Siegfried zurück. Wobei es leider keine Aufklärung darüber gibt, warum dieser Mann der Erzählerin so nahesteht. Ich hätte mir gewünscht mehr aus dem Hier und Jetzt zu erfahren. Welches Fazit zieht die Erzählerin aus ihrer Einlieferung? Was passiert hinterher bzw. was erhofft sie sich hinterher?

Ich habe mich recht schwer getan damit und mir hat es nicht so gut gefallen.

Bewertung vom 19.02.2023
Das Haus an der Herengracht / Die Magie der kleinen Dinge Bd.2
Burton, Jessie

Das Haus an der Herengracht / Die Magie der kleinen Dinge Bd.2


sehr gut

Ich habe erst im Laufe des Buches bemerkt, dass es sich um eine Fortsetzung zu einem anderen Buch handelt. Im Großen und Ganzen kann man das Buch aber auch recht problemlos ohne Vorwissen lesen. Lediglich an einigen wenigen Stellen fehlten mir die Informationen aus dem ersten Band.

Zu Beginn war ich ehrlicherweise nicht so sehr begeistert von der Geschichte. Thea erscheint als hochnäsige und rechthaberische Göre, die sehr in ihrer eigenen Welt lebt. Der Rest des Haushalts ist im Grunde damit beschäftigt, den Schein einer vornehmen Kaufmannsfamilie zu wahren - mal mehr und mal weniger erfolgreich. Die finanzielle Situation ist prekär, das Ansehen stark angeschlagen. Die Familie Brandt befindet sich auf dem absteigenden Ast der Amsterdamer Gesellschaft. Es werden viele Geheimnisse gewahrt, die Vergangenheit soll um Himmels Willen bitte auch Vergangenheit bleiben. Das fand ich nach einiger Zeit dann doch ziemlich ermüdend. Ich hatte den Eindruck, alles dreht sich im Kreis und es werden die ewig gleichen Dinge besprochen.

Gut gelungen ist der Autorin für meinen Geschmack aber von Anfang an die Atmosphäre im Hause Brandt und die Darstellung der feineren Gesellschaft. Man spürt den Druck, unter dem die Familie steht. Ihren Wunsch nach einer Rückkehr zu einem normalen Leben, zu Ansehen. Die Trostlosigkeit der Räume, das Schweigen aller Beteiligten untereinander, das sparsame Leben. Wie sehr es letztlich auf eine "gute Herkunft" ankommt, auf gute Beziehungen und die äußere Darstellung.

Und dann nimmt das Buch plötzlich Fahrt auf. Thea durchläuft - gezwungenermaßen - eine Wandlung und beginnt vieles mit anderen Augen zu sehen. Auch Nella, Theas Tante und eine weitere sehr zentrale Figur in diesem Drama, beginnt ihr Handeln zu hinterfragen. Plötzlich wird die Geschichte mitreißend, die Figuren bekommen mehr Tiefe. Und jetzt hat man als Leser auch die Chance hinter diese Fassade des Schweigens zu schauen, Beweggründe zu erkennen und einzelne Handlungen einzuordnen oder zu bewerten. Und ganz unwillkürlich drückte ich dieser gebeutelten Familie ganz fest die Daumen, dass sie ganz am Ende doch noch zueinander finden.

Bewertung vom 12.02.2023
Malvenflug
Wiegele, Ursula

Malvenflug


gut

Die Familie Prochazka lebt verteilt in Graz, Brünn und der Schweiz. Mutter Emma ist getrennt vom Vater ihrer Kinder und arbeitet in der Schweiz als Köchin, um von dort aus die Familie zu unterstützen und mit dem verdienten Geld Schulden abzuzahlen.
Ihre Kinder verbleiben derweil bei den Großeltern und wachsen in der Kriegszeit auf. Sie erleben diese Zeit alle sehr unterschiedlich. Über allem schwebt aber auch die Hoffnung und die Sehnsucht, bald wieder eine komplette Familie sein zu können.

Das Buch besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil schildern die einzelnen Personen aus der Familie Episoden aus den Jahren von 1940 bis 1945. Diese Episoden hängen nicht zwangsläufig miteinander zusammen, sondern sind eher lose Erlebnisse. Als Leser hat man hier die Möglichkeit sich einen Eindruck von den Figuren zu machen. Die Schwierigkeiten in der voranschreitenden Kriegszeit werden deutlich, die Figuren bleiben mir aber leider immer etwas fremd. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich als Leser Anteil haben „darf“ an ihrer Geschichte. Ich bleibe ein ferner Beobachter.
Im zweiten Teil kommt dann die älteste Tochter Helga zu Wort. Sie erzählt, wie es den einzelnen Familienmitgliedern nach dem Krieg erging. Hier wird eher Helgas Geschichte erzählt, die weiteren Lebensstationen der Geschwister und weiterer Familienmitglieder werden leider nur sehr kurz angerissen.

Es fällt mir gar nicht so leicht, das Buch eindeutig zu bewerten. Grundsätzlich mochte ich es gerne lesen. Mir gefällt der Erzählstil, der schnörkellos und gut zu lesen ist. Ich habe versucht mit den Figuren mitzufühlen, was mir als Leser nicht immer so leicht gemacht wurde. Gleichzeitig hat mir aber auch vieles gefehlt. Ich hätte z.B. mehr über die Beweggründe Emmas gewusst, ihre Kinder in Graz zurückzulassen. Viele Situationen werden leider nur angerissen und nicht weiterverfolgt. Auch die Lebensgeschichten nach dem Krieg bleiben für mich unvollständig. Das finde ich sehr schade, da hätten dem Buch aus meiner Sicht ein paar mehr Seiten durchaus gut getan, um etwas detailreicher zu erzählen.

Bewertung vom 29.01.2023
STONE BLIND - Der Blick der Medusa
Haynes, Natalie

STONE BLIND - Der Blick der Medusa


ausgezeichnet

Griechische Mythologie ein wenig aufpoliert und in neuer Erzählung. Das ist es, was Nathalie Haynes dem Leser hier anbietet. Und ich finde das Ergebnis richtig gut gelungen. Eine tolle Mischung aus Mythologie und neuer Erzählung, die nicht nur die Herkunft einiger Mythen erklärt, sondern auch die verschiedenen Charaktereigenschaften der einzelnen Götter toll mit einbezieht. Ränkespiele und Streitigkeiten auf dem Olymp erklären sehr anschaulich das Verhältnis der Götter untereinander und gegenüber den Menschen.

Die bisher bekannte Erzählung widmet sich der Geschichte ja eher aus der Sicht Perseus und schildert seine Heldentaten und seine Heldenreise. Medusa wurde als abstoßende Kreatur beschrieben, ein Menschenschreck sondergleichen. Die Autorin zeichnet diese Reise jetzt aber aus anderen Blickwinkeln nach und damit steht Perseus plötzlich nicht mehr uneingeschränkt in "gutem Licht" dar. Eine erfrischend andere Perspektive, die mir sehr gut gefallen hat.

Das Buch hat mir großen Spaß gemacht. Sprachlich ist es einfach, aber sehr schön geschrieben, der Stil reicht von neutral über mitfühlend bis hin zu anklagend. Es gibt auf den ersten Blick sehr viele Erzählstimmen und Handlungsstränge, die etwas irreführend sein können, die aber am Ende eine runde Geschichte abgeben. Mich hat das Buch auf jeden Fall sehr begeistert!

Bewertung vom 22.01.2023
With All My Heart
Young, Samantha

With All My Heart


gut

Jane Doe wächst bei wechselnden Pflegefamilien auf. Als sie endlich bei einer Familie lebt, die es gut mit ihr meint und sich auch für sie interessiert, lernt sie in der Nachbarschaft die Familie McKenna kennen. Die McKennas bestehen aus der älteren Schwester Skye, die sich um ihre jüngeren Geschwister Jamie und Lorna kümmert. Jane und Lorna freunden sich schnell miteinander an und auch Skye schließt Jane sehr schnell ins Herz. Dann kommt es, wie es kommen muss: Jamie und Jane verlieben sich ineinander. Das lässt den Haussagen schon mal gewaltig schief hängen, denn Lorna ist alles andere als begeistert von dieser Liebesgeschichte. Es beginnen eine Reihe von Problemen, die das Paar auf harte Proben stellen und ein finaler Schicksalsschlag, der alles nochmals ändert.

Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt. Der erste Teil spielt in der Vergangenheit, der zweite in der Gegenwart. In der Vergangenheit wird erzählt, wie Jane und die McKennas sich kennenlernen und anfreunden. Schnell fällt hier auf, das Lorna ein unheimlich vereinnahmender Mensch ist. Sie lässt Jane regelrecht nicht aus ihren Händen und wirkt mit dieser Art auf mich schon direkt wenig sympathisch. Jane ist eher das komplette Gegenteil. Introvertiert und zurückhaltend. Aber auch hier wird schnell klar: Jane ist intelligent und schafft es sich gegen die laute Lorna durchzusetzen und ihre persönlichen Grenzen zu ziehen.
Jamie hat bereits als Teenager soviel Wut in sich, dass er häufig nicht sieht, was um ihn herum passiert. Als er und Jane sich ineinander verlieben nimmt diese Beziehung so schnell an Fahrt und Intensität auf, dass man beiden zurufen möchte, doch mal einen Gang herunterzuschalten. Es nimmt obsessive Züge an und man bekommt unweigerlich den Eindruck, dass der eine ohne den anderen nicht mal alleine auf die Toilette geht.

Die Geschichte ist schon recht mitreißend geschrieben. Ich wollte auf jeden Fall unweigerlich wissen, wie es mit diesem „Dampfkessel-Paar“ weitergeht. Mir gefällt die Entwicklung von Jane im zweiten Teil, die mehr für sich einsteht, zielstrebig an einer Karriere arbeitet und sich von ihren Ängsten nicht einschüchtern lässt. Dagegen störte mich, dass von Jamies Seite aus Konflikte häufig mit Sex versucht werden zu lösen. Generell haben mich Jamies sehr sexuell orientiere Handlungsweisen mit dieser Figur nicht unbedingt warm werden lassen. Ich weiß nicht, ob das für dieses Genre in den Normalbereich fällt (ebenso wie die vermeintlich positive Darstellung von übertrieben männlicher Eifersucht), dazu lese ich aus diesem Bereich ehrlicherweise auch zu wenig.

Es geht im Grunde um toxische Beziehungen in jeglichen Formen. Unter Freunden, in der Familie, in Beziehungen. Und hier finde ich, hat die Autorin für mein Empfinden viel verschenkt. Den „Krimi“ im zweiten Teil es für mich gar gebraucht, wenn die Grundthematik aus dem ersten Teil weiter aufgegriffen und vertieft worden wäre.

Es bleibt aber trotzdem ein recht unterhaltsamer Liebesroman, mit dem man es sich bei dem momentan eher grauen Wetter gut auf dem Sofa bequem machen kann und der gute Unterhaltung bietet.