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OwlmaBooks
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Bad Kreuznach
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Vielleserin und Bloggerin

Bewertungen

Insgesamt 252 Bewertungen
Bewertung vom 01.09.2016
Tage zwischen Ebbe und Flut
Müller, Carin

Tage zwischen Ebbe und Flut


sehr gut

Mit „Tage zwischen Ebbe und Flut“ legt die Autorin einen unglaublich gefühlvollen Roman vor, der mich nicht nur aufgrund seiner gut recherchierten Thematik überzeugen, sondern auch durch ein solides Charakterdesign glänzen konnte.

Das Buch ist klassisch in Kapitel unterteilt, wobei die Autorin dem Leser jeweils mitteilt, wo und wann sich die Charaktere gerade befinden. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man Zeitsprünge direkt mitbekommt, nein, man kann auch die Route des Kreuzfahrtschiffes mitverfolgen (eine Karte ist hinten im Buch vorhanden). Der Schreibstil war herrlich flüssig und mit einer stetigen Prise Humor versehen, sodass man die Lektüre gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Da die Geschichte in der Er-Perspektive verfasst ist, hat man als Leser die Chance, bei allen Protagonisten gleichzeitig zu sein, was für mich sehr positiv war, denn so habe ich nie etwas verpasst.

Die Familienverhältnisse der Kaufmanns sind wohl gelinde gesagt nicht leicht. Schon im ersten Kapitel wird klar, wie heimtückisch die Krankheit Alzheimer für Felix ist und wie souverän seine Frau damit umgehen möchte. Tochter Judith und Enkelin Fabienne haben mir sehr gut gefallen, weil sie wohl die stärkste Wandlung im Laufe der Geschichte durchmachen. Während man bei Fabi zu Anfang noch den Eindruck hat, dass sie einfach nur eine verwöhnte Megazicke ist, überrascht sie im Verlauf der Story durch weise Entscheidungen und erwachsenes Verhalten. Auch Judy hat es mit ihrer Mutter Ellen nicht leicht – ich persönlich wäre definitiv nicht mit auf Reisen gegangen, wenn ich vorher schon gewusst hätte, wie anstregend diese Mutter-Tochter-Auseinandersetzungen sind. Der einzige Kritikpunkt bei den Protagonsten ist für mich eine unglaubwürdige Szene relativ zum Ende hin. Hier gesteht Judy einen Teil ihrer Vergangenheit ein, der für ich zu plötzlich und zu überraschend kam, um authentisch zu wirken. Ansonsten waren die Hauptcharaktere aber klar durchdacht und strukturiert. Gerade Felix muss man einfach mögen, sonst hat man kein Herz.

Auch die Nebencharaktere wurden gut gestaltet und ins Gesamtgeschehen eingefügt. Die Passagiere bzw. die Crew des Kreuzfahrtschiffes haben gute Laune verbreitet und dafür gesorgt, dass das doch sehr ernste Thema Alzheimer zwar präsent war, aber eben trotzdem nicht immer im Vordergrund stand. Da die Familie Kaufmann sehr groß ist, ist immer wieder die Rede von weiteren Familienmitgliedern, Exfrauen und -männern, Stieftöchtern und -söhnen. Hier hätte ich mir eventuell gewünscht, dass diese gar nicht erst erwähnt werden, weil sie für die Geschichte unerheblich waren und man mit den Namen zu kämpfen hatte. Aufgrund anfänglicher Erwähnungen dachte ich, dass da noch etwas kommen muss oder dass gewisse Personen eventuell noch eine Rolle im Verlauf der Story spielen würden, was dann aber nicht so war.

Die Autorin spricht mit diesem Roman das sensible Thema Alzheimer an, das meiner Meinung nach von der Gesellschaft viel zu sehr unter den Teppich gekehrt wird. Wenn man sich damit schon einmal auseinandersetzen musste, kann man die Emotionen von Ellen und Judy absolut nachvollziehen. Wir bekommen hier beide Seiten aufgezeigt: Wie belastend diese Krankheit für den Partner des Patienten sein kann und wie hilflos man als Außenstehender ist. Auch wenn man auf den ersten Blick denkt, dass es sich doch um eine heitere Geschichte handelt, weil eben viele Scherze gemacht werden und auch die ständigen Raufereien zwischen Mutter und Tochter teils sehr amüsant sind, hat mich das Buch doch nachdenklich zurück gelassen und wird mir sicher noch eine ganze Weile im Gedächtnis bleiben.

Eine emotionale Geschichte über eine Familie, die ihre Differenzen im Schatten der Alzheimer aufarbeiten möchte und jeder für sich noch zusätzlich eine Wandlung erfahren darf. Trotz kleiner Kritikpunkte eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 21.08.2016
Girl in Black
Lang, Mara

Girl in Black


ausgezeichnet

„Girl in black“ ist ein toller Genre-Mix aus Liebesgeschichte und Thriller inklusive Fantasyelementen.
Wir bekommen diese fesselnde Story abwechelnd aus Sicht von Lia und Nevio erzählt, wobei Lias Anteil überwiegt, da es schlichtweg ihre Geschichte ist. Gerade wenn es um die Gefühle der Protagonistin ging, war die Wahl der Perspektive eine weise Entscheidung, weil Lia ein in sich gekehrter Typ ist und der Leser so aber verstehen konnte, was sie gerade bewegt. Der Schreibstil der Autorin war einfach nur bombastisch, weil ich schon lange keine Lektüre mehr lesen durfte, bei der ich innerhalb kürzester Zeit durch die gewählten Worte überzeugt wurde. Hier passt einfach jeder Satz. Spannung wird durch zackige Aussagen erzeugt, Gefühle werden auf den Punkt gebracht und Beschreibungen lassen doch soviel Raum, dass der Leser noch seine eigene Fantasie einsetzen kann. Hier muss ich wirklich ein großes Lob aussprechen!
Lia hat mir als Charakter sehr gut gefallen, weil sie ihren Weg geht und sich von nichts und niemandem ablenken lässt. Dabei geht sie aber keinesfalls skrupellos vor, sondern nimmt auch noch auf ihr Umfeld Rücksicht. Sie ist authentisch, weil sie ebenso wie jeder andere Mensch Fehler macht. Was sie allerdings von der Masse abhebt, ist, dass sie zu diesen Fehlern auch steht und sich Schwäche erlaubt. So wird Lia zu einem gewöhnlichen Mädchen, obwohl sie aufgrund ihrer Gabe eigentlich etwas Besonderes ist. Auch Nevio hat mich vollkommen überzeugen können, weil er ebenfalls sein Päckchen zu tragen hat. Er ist einfühlsam, aber doch frech und laut und aufregend. Als Paar sind die beiden einfach nur niedlich, weil der Leser von Anfang an spürt, dass zwischen Lia und Nevio eine starke Anziehungskraft herrscht. Auch hier muss ich noch mal positiv erwähnen, dass wir es nicht mit einer schmalzigen Lovestory zu tun haben, sondern mit echten Gefühlen, bei denen jeder der beiden Charaktere noch er selbst sein darf.
Auch die Nebencharaktere sind gut ausgearbeitet und ergänzen sich perfekt. Hierbei bedient sich die Autorin auf Seiten der Mafia einiger Stereotype und Klischees, was ich aber nicht schlimm fand, weil der Fokus eben nicht auf diesen Personen liegen sollte. Ganz anders sieht es da schon wieder im direkten Umfeld von Lias Berliner Freunde aus: Hier haben wir es mit wahren Individueen zu tun, die alle auf die eine oder andere Art und Weise überraschen – sei es positiv oder negativ. Gerade bei den Charakteren hat die Autorin auf Vielschichtigkeit geachtet, die für Spannung sorgt und teilweise sogar Wendungen in der kompletten Geschichte nach sich zieht.

Den einzigen Minikritikpunkt muss ich beim Fantasyelement anbringen. Der Einstieg in der Thema Seelenmagie/Seelenauge ist zwar gelungen und ich konnte nachvollziehen, wie sich Lias Gabe äußert, allerdings war dann im mittleren Teil auf einmal ein Bruch, bei dem ich mich erst viel später fragte, wie er eigentlich zustande kam. Das hat mich ein bisschen gestört, weil ich es nicht immer nachvollziehen konnte. Leider kann ich hier nicht näher darauf eingehen, weil ich sonst spoilern müsste. Im letzten Drittel war dann aber wieder alles stimmig und insgesamt bin ich mit dem Fantasyanteil auch zufrieden, weil er sich dezent in die Story einfügt.
Das nächste Kompliment geht an die Spannung, denn ich habe diesen Roman fast in einem Rutsch verschlungen. Von der ersten bis zur letzten Seite war ich fasziniert von Lias Geschichte und wie sie ihr Schicksal meistert. Aufgeben ist ein Wort, das sich nicht in ihrem Wortschatz befindet. Die Autorin hat das Tempo einfach perfekt getroffen, es ist immer was los, ohne dass man den Eindruck hatte, durch das Geschehen gehetzt zu werden. Besonders die zweite Hälfte war einfach unglaublich packend und Nerven aufreibend, weil es hier Schlag auf Schlag geht und wir mehr als eine Wendung oder (böse) Überraschung vorgesetzt bekommen.

4,5 Sterme

Bewertung vom 30.07.2016
Ein Sommer in Irland
Martin, Ricarda

Ein Sommer in Irland


ausgezeichnet

„Ein Sommer in Irland“ ist ein erfrischender Roman, bei dem zwei Schicksale und zwei Familie unwiederbringlich miteinander verbunden sind. Nicht nur die authentischen Charaktere, sondern auch das tolle Setting und die schlüssige Geschichte haben dieses Buch zu einem wahren Genuss gemacht.

Wir bekommen diese Geschichte nicht nur aus verschiedenen Blickwinkeln und Perspektiven erzählt, sondern auch noch aus unterschiedlichen Zeitsträngen. So wird uns auf der einen Seite die aktuelle Story von Caroline und Kim im Jahr 2014 näher gebracht und auf der anderen Seite erhalten wir Einblick in die Handlungsstränge 100 Jahre zuvor, die im Verlauf nach und nach einen Sinn ergeben und das Gesamtbild abrunden. Der Schreibstil ist leicht verständlich und vor allem sehr flüssig gehalten, sodass ich die Geschichte an einem Stück hätte verschlingen können. Auch wird der Schreibfluss immer wieder durch Mails, SMS und Briefe aufgelockert, sodass man das Buch als Leser gar nicht aus der Hand legen mag.

Caroline hat mir von Anfang an sehr gut gefallen und stetig Sympathiepunkte gesammelt. Sie hat es im Leben nicht leicht gehabt und schlägt sich auf ihre Art und Weise durch. Besonders zugesagt hat mir, dass sie kein Stereotyp ist und sich deutlich von üblichen Protagonistinnen unterscheidet. So macht sie beispielsweise Fehler, denkt darüber nach und steht im Zweifelsfall auch zu diesen. Auch Kim ist eine starke Persönlichkeit, die im Verlauf der Geschichte über sich selbst hinauswächst. Sie hat mich besonders überrascht, weil man zu Beginn von einem typisch bockigen Teenie ausgeht und dann doch eines Besseren belehrt wird.

Die Nebencharaktere waren zwar vielzählig, aber trotzdem indivieduell gestaltet. Besonders die beiden Zeitebenen haben es namenstechnisch in sich, weil man sich nicht nur eine Generation von Personen einprägen muss, sondern gleich zwei. Aber die Autorin hat es gekonnt verstanden, diese beiden Ebenen miteinander zu verknüpfen und so ist für den Leser letztendlich nur eine spannende Geschichte übrig geblieben.

Gerade das Setting war unglaublich authentisch gestaltet. Die Umgebungsbeschreibungen in Irland waren einfach nur traumhaft und ich habe mich selbst dorthin versetzt gefühlt. Auch Cardew Castle ist vor meinem inneren Auge zum Leben erwacht. Ich konnte die Zugluft spüren, habe den leichten Moder gerochen und das Knistern des Feuers gehört. Wer solch ein Talent für Beschreibungen hat, ist wirklich gesegnet und das ist auch der Hauptgrund, weswegen das sicher nicht mein letzter Roman der Autorin war.

Zur Spannung brauche ich eigentlich nicht mehr viel sagen, weil ich von der ersten Seite an gefesselt war. Gerade die Rückblenden haben die Stimmung noch zusätzlich angeheizt, weil hier nur nach und nach die Wahrheit offenbart wurde. Caroline musste in ihrem Urlaub in Irland wahre Detektivarbeit betreiben und ich bin froh, dass ich diese Familiengeschichte als Leser mitverfolgen durfte.

Die historischen Hintergrunddaten waren von der Autorin sorgfältig recherchiert und sehr gut mit der Handlung verwoben worden. Auch das damals brisante Thema Homosexualität hat sie sensibel, aber doch aufzeigend im streng katholischen Irland um 1900 dargestellt.

Bei diesem Roman hat für mich einfach alles gestimmt und das sage ich nicht nur, weil ich ein absoluter Irland-Fan bin und selbst gerne mal auf die grüne Insel möchte. Die Charaktere waren in sich und miteinander stimmig, die Familiengeschichte glaubhaft geschildert und der Schreibstil einfach nur spannend und unterhaltsam – weiter so, Ricarda Martin!

Bewertung vom 22.06.2016
Royal Passion / Royals Saga Bd.1
Lee, Geneva

Royal Passion / Royals Saga Bd.1


gut

„Royal Passion“ ist der erste Band einer sechsteiligen Reihe, rund um den Bad-Boy-Thronfolger Alexander von Cambrige und die reiche Bürgerliche Clara Bishop.
Wir bekommen diese prickelde Geschichte direkt aus Sicht der Protagonistin Clara erzählt. Für mich war das die perfekte Perspektive, weil Clara ein sehr sensibler Charakter ist und sich viele Gedanken zu verschiedenen Themen macht. So habe ich ihre Gedankengänge besser nachvollziehen können. Der Schreibstil ist flüssig und locker gehalten. Die Personen reden meistens, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Auf der einen Seite fand ich das gut, weil man so zeigen konnte, dass auch die Royals nur Menschen sind, aber auf der anderen Seite war es auch ein wenig unglaubwürdig, wenn selbst der König keine Etikette wahrt.
Mit Clara kam ich aus dem eben schon erwähnten Grund gut zurecht. Ich konnte ihre Handlungen verstehen und auch ihre innere Zerrissenheit war klar dargestellt und für mich glaubhaft. Sie ist die Sorte Charakter, die nach ihrer Stärke suchen und dabei eigentlich schon immer tough waren. Wie heißt es so schön? Stärke kommt von innen und man kann sie aus den Schwächen der Vergangenheit ziehen. Natürlich ist sie jetzt nicht unbedingt individuell gestaltet und füllt ziemlich viele Klischees aus, aber das ist bei dieser Story eher nebensächlich, weil hier ganz eindeutig das Sexleben der beiden im Vordergrund steht.
Mit Alexander hatte ich da schon mehr Schwierigkeiten, weil ich bei ihm einfach nicht durchblicken konnte. Das ist auch sicherlich so gewollt von der Autorin. Sein innerer Konflikt kommt zwar gegen Ende zum Vorschein, aber warum er so handelt, wie er handelt, kann man als Leser nicht wirklich verstehen. Man könnte jetzt natürlich sagen, dass das so sein muss, weil es sonst keine fünf Folgebände gäbe, aber ich konnte Alexander den Thronfolger von England leider nicht abnehmen. Das lag zum Teil auch daran, dass er sich immer wieder ganze Tage für das Liebesspiel mit Clara freischaufeln konnte, ohne irgendwelche Verpflichtungen zu haben (wie geht das bitte?). Die Parallelen zu den richtigen Royals sind natürlich da und das hat es mir nicht gerade einfacher gemacht (Alex Mutter ist tot, der Vater ist griesgrämig, die Königinmutter herrscht momentan über England), weil es dann auch wieder große Diskrepanzen gibt (der jüngere Bruder ist der ruhigere und der ältere (Alexander) ist der Bad Boy, es gab noch eine jüngere Schwester usw.).
Die Story an sich ist eher flach und hat wenige Höhen und Tiefen. Es passiert auch nicht wirklich etwas Überraschendes, weil es ein ständiges Hin und Her zwischen Clara und Alexander ist. Während ihr schon von Anfang an klar ist, dass diese Verbindung zum Scheitern verurteilt ist, kommt er immer wieder auf sie zu und reißt sie weiter in den Abgrund.
Die Thematik ist ganz eindeutig der Sex zwischen den Protagonisten. Es gibt kein Kapitel, in dem nicht wenigstens einer der beiden einen Höhepunkt erlebt. Natürlich habe ich diese Lektüre aufgrund des prikelnden Themas gelesen und habe auch generell kein Problem damit, allerdings wurde der viele Sex ab der zweiten Hälfte wirklich langweilig. Immer wieder die gleichen Abläufe, auch die Formulierungen waren identisch und nach einer Weile wirklich ausgelutscht. Da hatte ich deutlich mehr erwartet, bzw. ein bisschen Abwechslung. Auch die Andeutungen zum Thema Dominanz waren eher armselig. Ich hatte zwischendurch den Eindruck, dass die Autorin 50 Shades of Grey im Kopf hatte und dann immer wieder davon ab kam. Mal ist es Alexander total wichtig und es kommt zum Krach deswegen und dann ist es wieder total nebensächlich, hauptsache Clara ist bei ihm. Das kann man dann nicht so richtig nachvollziehen.
Trotz der Kritik werde ich aber die Folgebände lesen, weil ich noch Hoffnung habe, dass das Drumherum besser wird. Die zarte Liebesgeschichte, die der Leser bisher entdecken durfte, hat nämlich durchaus Potential, das nun genutzt werden muss.
2,5 Sterne

Bewertung vom 13.06.2016
Der Tod vergisst nie
Hultberg, Andreas

Der Tod vergisst nie


ausgezeichnet

Mit „Der Tod vergisst nicht“ legt der Autor einen spannenden Regionalkrimi mit glaubhaften Charakteren und einer realistischen Hintergrundstory vor.

Was mir bei diesem Buch besoners gut gefallen hat, ist der flüssige Schreibstil und die dynamischen Dialoge. Gerade wenn die beiden ermittelnden Kommissare Christoph und Lina aufeinander treffen, gibt es hitzige Diskussionen, die die Seiten nur so dahinfliegen lassen. Auch bei der Wahl der Perspektive ist der Autor geschickt vorgegangen, denn die laufende Story bekommen wir aus Sicht eines allwissenden Erzählers nähergebracht, da die Personen und Schauplätze oft wechseln und man so nie etwas verpasst. Dann gibt es zwischendurch aber immer wieder Ich-Passagen, die einen direkten Einblick in die Gefühlswelt des/der Täter/in ermöglichen.
Meinen einzigen Minikritikpunkt muss ich aber auch hier gleich anbringen, denn gerade zu Beginn hält sich der Autor sehr mit Personen- und Schauplatzbeschreibungen auf. Prinzipiell ist das angebracht, allerdings werden hier teilweise seitenlang Personen beschrieben, die dann im weiteren Verlauf gar keine Role mehr spielen. So ist mir der Einstieg ein wenig schwer gefallen, was sich dann zum Glück aber schnell gelegt hat.

Die Protagonistin Lina hat mich als leitende Ermittlerin überzeugen können. Sie steht in jeder Sitation ihre Frau und strahlt eine unglaubliche Stärke aus. Meiner Meinung nach hat der Autor es geschafft, eine gelungene Balance zwischen Arbeitsleben und Privatem hinzubekommen. Er hat mal keine Kommissarin erschaffen, die nur und auschließlich für die Arbeit lebt, sondern auch versucht, ein Privatleben zu führen.
Ihr Kollege Christoph bildet da einen krassen Kontrast. Ihm sind alle Mittel recht, um seine Karriere voranzutreiben und vor allem ist ihm Lina ein Dorn im Auge, weil er eine chauvinistische Ader hat. Nichtsdestotrotz können sich seine Kollegen auf ihn verlassen, wenn es darauf ankommt.

Auch der Rest vom Ermittlerteam war sympathisch und doch glaubwürdig. Jeder hat hier wohl sein Päckchen zu tragen, aber trotzdem konnten sie in ihren Rollen mehr als überzeugen (der hitzige Chef, der nicht aus der Ruhe zu bringende Kollege der Spurensicherung, die junge Kollegin, die gegen Vorurteile kämpfen muss). Selbst die Opfer wurden nach ihren Toden so gut dargestellt, dass man sich bildlich vorstellen konnte, wie sie wohl zu Lebzeiten gewesen sein mussten.

Die Spannung war nach dem bereits erwähnten Einstieg durchgängig vorhanden. Im Verlauf der Geschichte gibt es mehr als eine Wendung und auch die wahren Zusammenhänge offenbaren sich erst nach und nach. Gerade das Ende hat es dann noch einmal in sich, weil man eine ganze Weile nicht weiß, wer diese Taten verübt haben soll. Der Autor versteht es, ein wirres Netz aus Vermutungen zu weben, damit dem Leser die Spannung so lange wie möglich erhalten bleibt.

Wir haben es hier mit einem unblutigen (bis auf Tatortbeschreibungen und Autopsie) Krimi zu tun, der in Erfurt und Umgebug spielt. Allerdings hätte er auch an jedem anderen Ort stattfinden können, weil der Leser von Erfurt nicht viel mitbekommt. Selten werden ein paar bekannte Plätze erwähnt (z.B. die Krämerbrücke), aber das war es dann auch schon. Ich persönlich finde es ein bisschen schade, weil ich gerne mehr von Erfurt kennengelernt hätte. Ansonsten kann man sagen, dass die Ermittlungsarbeit im Vordergurnd stand, was ich aber auch genau so erwartet habe.

Insgesamt ein toller Krimi, der viele positive Überraschungen parat hält und vor allem durch sein tolles Charakterdesign und den flüssigen Schreibstil überzeugen konnte. Das war sicher nicht mein letztes Buch von Andreas Hultberg.

4,5 Sterne

Bewertung vom 05.06.2016
Das Spiel beginnt / Pala Bd.1
Driel, Marcel van

Das Spiel beginnt / Pala Bd.1


ausgezeichnet

Mit „Pala – Das Spiel beginnt“ legt der Autor einen unglaublich spannenden ersten Teil einer neuen Jugendbuch-Trilogie vor. Mich konnten vor allem die authentischen Charaktere und das toll beschriebene Setting überzeugen, weil ich mich direkt zurechtgefunden habe.

Die Geschichte wird uns aus Sicht eines allwissenden Erzählers nähergebracht, da die Perspektive immer wieder zwischen verschiedenen Orten und Charakteren hin und her wechselt. Ich persönlich finde, dass der Autor einen sehr fesselnden Schreibstil hat, denn ich habe die Lektüre praktisch am Stück verschlungen und konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen! Schon die Kapitelüberschriften regen jeweils zum Nachdenken an, weil meist mit einem Wort umschrieben wird, was in diesem oder jenen Kapitel passiert, ohne bereits zu viel zu verraten.

Besonders gut haben mir auch die Ortsbeschreibungen des Autors gefallen. Gerade am Anfang, als Iris in den Niederlanden unterwegs ist, hatte ich das Gefühl, tatsächlich eine Stadtführung zu erhalten. Auch Pala und das System, das dort herrscht, wurden so authentisch – aber mit wenigen Worten und keineswegs ausschweifend – beschrieben, dass ich es mir vor meinem inneren Auge vorstellen konnte.

Iris als Protagonistin von „Pala“ konnte mich vor allem deshalb überzeugen, weil sie sich stets selbst treu geblieben ist. Sie ist eine typische (noch)-Dreizehnjährige, die sich mit den üblichen Problemen der Pubertät herumschlägt. Trotzdem lässt sie sich von ihren romantischen Gefühlen nicht beeinflussen, sondern geht ihren Weg – egal, wer oder was sich ihr in den Weg stellt. Selbst in Situationen, in denen man als Leser denkt, dass diese für einen Teenager nicht zu bewältigen sind, steht sie ihre Frau und gibt niemals auf. Dabei muss man vor Iris wirklich den Hut ziehen, denn durch den Tod des Vaters und die Differenzen mit ihrem Bruder sollte man eigentlich meinen, dass sie psychisch sowie emotional etwas mitgenommen sein sollte, aber selbst hier schafft sie es, ihre persönlichen Belange beiseite zu schieben, wenn es darauf ankommt.

Auch die Nebencharaktere sind authentisch gestaltet und vor allem individuell. Der Autor bedient sich bei diesem Buch keiner Stereotypen, sondern erschafft einzigartige Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Dies kann vor allem daran liegen, dass auf Pala die unterschiedlichsten Nationalitäten zusammenkommen. Mir haben hier gleich mehrere Personen imponieren können, sodass ich insgesamt von einem gelungenen Charakterdesign sprechen kann.

Zunächst hatte ich gedacht, dass wir wieder eine Story à la Mädchen-wird-in-Videospiel-hineingezogen präsentiert bekommen, aber ich wurde hier eines Besseren belehrt. Auf was die Gesamtgeschichte hinausläuft, bzw. was der Plan von Mr Oz ist, ist zwar noch nicht abzusehen, doch das ist in einem ersten Teil ja auch noch nicht notwendig.

Die Spannung ist von Anfang an vorhanden und steigert sich zwischendurch immer wieder. Besonders das Ende hat dann einen fiesen Cliffhanger, sodass man am liebsten direkt mit Band zwei fortfahren möchte! Durch einige Wendungen, die man als Leser so nicht voraussehen konnte, wurde die Spannung noch zusätzlich angefacht. Auch der bereits erwähnte fesselnde Schreibstil hat sein Übriges dazu beigetragen.

Insgesamt kann ich nichts Negatives an dieser Lektüre finden und freue mich schon sehr auf die Fortsetzung, weil mir Iris und ihre Mitstreiter sehr ans Herz gewachsen sind. Besonders neugierig fiebere ich dem großen Finale entgegen, denn ich gehe davon aus, dass es noch spektakulär werden wird.

Bewertung vom 24.05.2016
Secret Desire
Summers, Lynn

Secret Desire


weniger gut

„Secret Desire“ ist ein Sammelband der Liebesgeschichte rund um Julien Cunningham und Maya Shepherd. An und für sich hätte die Lektüre echt nett sein können, allerdings haben die unlogischen Handlungen der Protagonistin hier einen Strich durch die Rechnung gemacht.

An und für sich hat mir der Schreibstil eigentlich gut gefallen, denn er ist locker gehalten und die Autorin nimmt kein Blatt vor den Mund – Direktheit finde ich gut. Zu viel davon ist dann allerdings schon wieder unsexy. Gerade bei den erotischen Szenen war mir die Sprache oft zu vulgär, sodass ich dem Charakter sein „brennendes Verlagen“ nicht abkaufen konnte. Auch die vielen Wortwiederholungen (unglaublich, anziehend etc.) haben mich das Buch des öfteren aus der Hand legen lassen.

Für mich am Schlimmsten war alledings die Protagonistin selbst. Sie hat sich teilweise so unpassend verhalten, dass ich das Lesen unterbrechen musste, weil ich mich über sie geärgert habe. Dass nicht immer alle Personen in jeder Situation logisch agieren, ist ein Ordnung. Wenn sie das aber permanent tun und dann auch noch in Extremsituationen, dann kann ich da leider nicht mehr folgen. An sich war Maya mir zu Beginn eigentlich auch sympathisch, aber das hat sich dann leider schnell gelegt. Bei Julien war es etwas besser. Er hat zwar zwischendurch auch ein paar merkwürdige Entscheidungen getroffen, generell konnte ich ihm seine Rolle aber eher abkaufen. Die beiden könnten ein wirklich tolles Paar sein, wenn nicht ständig und permanend der Sex im Vordergrund stehen würde. Ich habe überhaupt nichts gegen solche Szenen, aber bei dieser Lektüre waren sie einfach zu oft und dann auch meistens noch sehr hektisch und gehetzt, was ich persönlich schade fand.

Die Nebencharaktere waren für mich am glaubwürdigsten und haben auch die meisten Überraschungen parat gehalten. Hier scheint die Autorin genau festgelegt zu haben, wer in welche Rolle schlüpfen soll und hat sie diese auch stringent durchführen lassen. Ein Kompliment also für die Nebendarsteller der Story, denn sie waren durchweg authentisch.

Die Hintergrundstory (Redakteuerin verliebt sich auf den ersten Blick in reichen Immobilienmogul mit leicht dominanter Ader) ist zwar nicht neu, aber prinzipiell mit eigenständigen Elementen versetzt. Leider bedient sich die Autorin auch hier ziemlich vieler Klischees, um Mayas und Juliens Lovestory abzurunden. Mir tut es furchtbar leid, dass ich so viele negative Worte finden muss, da ich weiß, wie viel Arbeit hinter einem Roman steckt, aber meine Hoffnungen ruhen definitiv auf den anderen Werken von Frau Summers.

Die Spannung war zwischendurch vorhanden, wurde aber durch die vielen übertriebenen Darstellungen (was Maya alles innerhalb kürzester Zeit verkraften muss, reicht für mehr als ein Leben) oft ausgehebelt, weil irgendwann einen nichts mehr überrascht hat.

Abschließend lässt sich sagen, dass „Secret Desire“ und ich keine Freunde wurden, ich aber einem anderen Roman der Autorin noch mal eine Chance geben werde.

Bewertung vom 16.05.2016
Die Blutschule
Rhode, Max

Die Blutschule


gut

Max Rhodes „Die Blutschule“ ist ein kurzweiliger Psychothriller, der mich leider nich vollkommen überzeugen konnte. Individuelle Charaktere treffen auf ein interessantes Setting, allerdings hat mir das gewisse Etwas gefehlt.

Wir bekommen diese brutale Geschichte aus Sicht des Protagonisten Simon erzählt, der hierfür eine Tagebuchvariante gewählt hat. Die Perspektive war besonders spannend, weil wir so direkt am Geschehen dran waren und auch die Gedankengänge von Simon unmittelbar mitbekamen. Oft war das hilfreich, weil Simon ein eher in sich gekehrter Junge ist. Da es ja kein Geheimnis mehr ist, dass hinter Max Rhode kein geringerer als Sebastian Fitzek steckt, ist der Schreibstil wieder gewohnt spannend und flüssig.

Der Protagonist der Geschichte lässt mich ein bisschen ratlos zurück. Die Schilderungen und sein Verhalten in den Rückblenden sind absolut authentisch und ich habe ihm zu dieser Zeit auch jede Handlung abgekauft. Allerdings fehlt mir zum „heutigen“ Simon ein bisschen der Übergang. Für mich sind das quasi zwei verschiedene Personen, die so nichts miteinander zu tun haben. Insgesamt ist seine Jugend super geschildert und ich hatte tatsächlich einen pubertierenden 13jährigen vor Augen, der von seinem Gefühlsleben hin und her gerissen ist.

Die Nebencharaktere waren gut ausgearbeitet. Gerade in Simons Familie hat jeder seine Rolle gespielt und war für die ein oder andere Überraschung gut. Ich hatte das Gefühl tatsächlich etwas über die Familienmitglieder zu erfahren, obwohl eigentlich nur an der Oberfläche gekratzt wurde, was die Vergangenheit und Motivation der jeweiligen Personen angeht. Auch bei den anderen Charakteren (Sandy, Stotter-Peter, Raik) hat mir so das gewisse Etwas gefehlt, obwohl sie die Geschichte durch ihre pure Anwesenheit abrunden und gestalten.

Die Hintergrundstory an sich war spannend gesaltet und da das Buch auch nicht allzu vele Seiten umfasst, lässt sich die Lektüre recht flott weglesen. Zwischendurch gab es ein paar spannende Entwicklungen, aber zu Beginn hat es etwas gedauert, bis die Story in Gang gekommen ist. Auch das Ende konnte mich nicht überzeugen. Auf einmal ging alles sehr schnell und generell war die zweite Hälfte des Buches eigentlich nur noch von Gewalt und Folter geprägt. Mir persönlich war der Anteil zu groß, bzw. nicht optimal genug verteilt im Vergleich zur ersten Hälfte.

Ich würde sagen, dass es sich um ein typisches Buch der Kategorie „Kann man lesen, muss man aber nicht“ handelt. Definitiv nicht Fitzeks Meisterstück, aber auch nicht grundlegend langweilig. Für mich waren die Hintergründe zu konstruiert, was wohl Absicht gewesen ist. Aber das ist wohl einfach Geschmackssache.