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meany
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Seligenstadt

Bewertungen

Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 05.03.2024
Mayfair House
Hay, Alex

Mayfair House


ausgezeichnet

Die Wirtschafterinnen

Sieben vom Schicksal weniger begünstigte Frauen planen einen unglaublichen Coup. Es sieht zunächst wie eine Rache der Bediensteten in einem großartigen Herrenhaus aus, hat aber, wie es sich später herausstellt, auch noch einen familiären Hintergrund.

Wenn sie sich nur wenigstens untereinander einig wären, denn die Bedrohung von außen durch eine konkurrierende kriminelle Vereinigung setzt die durch gegenseitiges Misstrauen gestresste Gruppe, deren Mitglieder alle unter ganz akuten Geldproblemen leiden, noch zusätzlich unter zeitlichen Druck. Einstweilen lavieren sie sich alle auf ihre Weise durch die manipulativen Launen von Miss de Vries. Als die räuberische Gesellschaft das hochherrschaftliche Haus auf den Kopf stellt, dringen sie zu ganz anderen Abgründen vor.

Die sieben oder mit dem auserkorenen Opfer Miss de Vries insgesamt acht Protagonistinnen bilden alle Facetten der weiblichen Natur ab und ergänzen sich am Ende ideal, sodass mich die finale Auflösung dauerhaft zum Schmunzeln brachte.

Bewertung vom 19.02.2024
Kantika
Graver, Elizabeth

Kantika


ausgezeichnet

Das Maß meiner Tage

Von starken Frauengestalten lebt diese Familienchronik, die die anfangs höhere jüdische Tochter Rebecca aus ihrer ursprünglich luxuriösen Umgebung in Istanbul über Barcelona bis nach New York führt. Den widrigen Umständen der Diskriminierung an allen ihren Wohnorten, aber auch des frühen geschäftlichen Scheiterns ihres Vaters setzt sie selbstbewusst ihre Talente und ihre Lebenstüchtigkeit entgegen. In farbigen Bildern erschließt uns Graver die Welt der sephardischen Juden, die sich nicht nur durch ihre ladinische Sprache von den Ostjuden unterscheidet.

Nirgends so recht gelitten gelingt es Rebecca nach heftigen Schicksalsschlägen nicht nur jedes Mal selbst wieder auf die Füße zu kommen, sondern auch ihren Kindern eine tragfähige Lebensgrundlage aufzubauen. Ihre behindert geborene Ziehtochter bildet sie zu einer stolzen jungen Frau mit Beruf und Familie aus.

Voller Empathie charakterisiert Graver alle Personen anhand detailreich ausgedachter Szenen, denen sie Spannung verleiht mit einem Gespür für Pointen.

Wie diese bemerkenswerte Frau, neben der die Männer verblassen, all die Herausforderungen meistert, beschreibt die Autorin in einer durchweg optimistischen Geisteshaltung, die ich so selten erlebe und mir beim Lesen große Freude bereitete.

Bewertung vom 13.02.2024
Pilgrim / Oxen Bd.6
Jensen, Jens Henrik

Pilgrim / Oxen Bd.6


ausgezeichnet

Die Katze im Sack

Innerhalb des Genres "Krimis und Thriller" haben für mich die aus Skandinavien einen hohen Stellenwert. Trotzdem kannte ich J. H. Jensen bisher noch nicht, obwohl hier bereits der sechste Band einer erfolgreichen Rolle vorliegt.

Es war kein bisschen problematisch, den Handlungsfaden aufzugreifen, denn unaufdringlich und organisch knüpft Jensen an die dramatischen Geschehnisse aus der jüngeren Vergangenheit an, die im vorliegenden Fall weiterermittelt werden, wobei sich die Verwicklung in weitere Straftaten ergibt und sich daraus eine verwirrend komplexe Geschichte entwickelt.

Nüchtern und sachlich stellt er die Polizeiarbeit dar und lässt sich Zeit, die Umstände akribisch zu beschreiben, doch die 500 Seiten habe ich mühelos und flott gelesen. Ich rechne es ihm hoch an, dass er völlig auf unnötige Grausamkeiten verzichtet, die in Vorläuferbänden wohl durchaus Thema waren. Der Fokus liegt auf Nachforschungen, Vernehmungen und den logischen Schlüssen, die Niels, Margrethe und Sally daraus ziehen - alle einprägsam charakterisiert und glaubwürdig.

Irritiert hat es mich, dass er zu Beginn jedes Kapitels keine Namen nennt, sondern nur Personalpronomen - man muss sich zusammenreimen, wer da gerade agiert. Ob das die Spannung steigern soll?

Spannend bleibt es jedenfalls bis zum Schluss, denn manche Personen spielen eine zwielichtige Rolle und viele der gewonnenen Überzeugungen erweisen sich als doppelbödig.

Bewertung vom 06.02.2024
Wir werden jung sein
Leo, Maxim

Wir werden jung sein


sehr gut

Zweites Leben

Ein bemerkenswertes Gedankenkonstrukt spielt Leo in seinem jüngsten Roman durch. Schon mehrmals haben mich seine originellen Ansätze beeindruckt: im "Held vom Bahnhof Friedrichstraße" um einen unbeabsichtigt zum Widerstandskämpfer avancierten Straßenbahnfahrer und in "Frankie" um einen Kater, der mehrfach sein Herrchen vom Suizid abhält.

Im aktuellen Fall zeigt ein neuentwickeltes Herzmedikament in der Probephase die sensationelle Nebenwirkung, die Patienten zu verjüngen und von ihren Altersgebrechen zu heilen. Die individuellen Konsequenzen stellt er an vier sehr unterschiedlichen Personen dar: einem reichen alten Unternehmer mit Sterbeverlangen, einem pubertären Schüler mit kreativen Computerkenntnissen, einer Mittdreißigerin mit unerfülltem Kinderwunsch und einer ehemaligen Leistungssportlerin.

Kapitel für Kapitel fokussiert jeweils auf einen dieser Leute, das sorgt für eine aussagekräftige Basis, erschwert aber die Identifikation über die relativ schmalen 300 Seiten hinweg, die darüber hinaus auch die gesellschaftlichen Folgen andeuten. Trotz gelegentlicher philosophischer Betrachtungen einer Medizinethikerin bleibt es bei Denkanstößen, die eventuell im Gespräch weiterzuverfolgen dem interessierten Leser unbenommen bleibt.

Das Ganze lässt sich mühelos konsumieren, ohne seicht zu sein, denn Leo erspart uns konsequent unnötige sprachliche Manierismen. Wer solide Unterhaltung bei thematischer Seriosität sucht, kann getrost zu diesem Roman greifen.

Bewertung vom 01.02.2024
Eine Vorzeigefamilie
Hahn, Rochus

Eine Vorzeigefamilie


gut

Nichts für ungut, Jungs

Durch die Inhaltsangabe auf dem Umschlag war ich gefasst auf Abgründiges, Misshandlung und Gewalt, doch die ersten hundert Seiten erstaunten mich nur ob ihrer gähnenden Banalität. Den Vater hat es während seiner Kindheit und Jugend viel Mühe gekostet, seinen Status im Leben zu erarbeiten. Von seinem Hamsterrad aus gelingt es ihm nicht, ausreichend Empathie für die drei Söhne zu entwickeln, denen aus seiner Sicht alles in den Schoß fallen würde, wenn sie sich ihren Chancen nicht aus einer unverständlichen Trägheit heraus verschlössen. Ab und an eskaliert sein Frust dann in häuslicher Gewalt, die aufgrund ihrer Unberechenbarkeit umso mehr Angst und Schrecken verbreitet.

Aber an was sich Hahn auch alles erinnert! Meiner Ansicht nach sind die meisten Dinge typisch für die Nachkriegsgeneration, die von den 68er Rebellen als Spießer beschimpft wurde. Vielleicht liegt der Wert des Buchs aber auch gerade im Exemplarischen für die damalige Ödnis.

Bei all der Kritik am Vater nehme ich beim Sohn ungeniertes Anspruchsdenken wahr: wenn dieser ihm auch das versprochene Auto zum gerade so bestandenen Abi verwehrt, zahlt er ihm aber wenigstens den Führerschein und unterstützt ihn während seines Studium in München sehr großzügig.

Direkt tragisch erscheint mir das Buhlen um Anerkennung, die der Vater nicht in der Lage ist ihm entgegenzubringen. Mit dem Kapitel über seine Tätigkeit bei RTL dokumentiert der Autor dann seine späteren Erfolge im Leben, doch sie handeln ausführlich von Sendungen, die mich überhaupt nicht interessieren.

Niemals soll man den Tag vor dem Abend tadeln, und so beginnt der Umschwung meiner Akzeptanz mit der Versöhnungsbereitschaft Hahns. Daraus kann ich direkt eine Botschaft entnehmen - mit zunehmender Reife öffnen wir uns bisherigen Kontrahenten, die uns als Konsequenz daraus auch Schritt für Schritt entgegenkommen.

Die Erinnerungen an die Mutter mit ihrer bigotten Religiosität stellt einen eigenen Abschnitt dar, meines Erachtens zu wenig verflochten mit dem Rest.

Das Ganze liest sich flüssig und flott, da spürt man den Routinier, und manche ironischen Wendungen kommen dem Lesespaß zugute.

Ich denke, Hahn hat mit der Niederschrift dieser Erinnerungen therapeutische Zwecke verfolgt, wie man es schon den vorangestellten Dankesworten entnehmen kann. Das muss aber noch lange kein Grund sein für den Verlag, das zu drucken und zu publizieren, und erst recht nicht für mich, es zu lesen. Es gibt zu viele dieser Ergüsse.

Bewertung vom 29.01.2024
Himmelwärts
Köhler, Karen

Himmelwärts


ausgezeichnet

Im Universum geht keine Energie verloren

Toni leidet unter dem Verlust ihrer verstorbenen Mutter, während ihr Vater gefangen in seiner eigenen Verzweiflung keine große Hilfe ist. Ihre Freundin Yumyum ist hochgradig genervt von ihrer überforderten alleinerziehenden Mutter, aber die Freundschaft der beiden Mädchen trägt sie. Als sie zum Schuljahresende mit einem umgebauten Radioapparat bei einer Übernachtung unter freiem Himmel versuchen, Kontakt zu der Mutter herzustellen, meldet sich die Astronautin Zanna von der internationalen Raumstation, auf deren Frequenz sie zufällig gelandet sind. Und damit kommt die kosmische Perspektive ins Spiel.

Die fantasievolle Sprachgestaltung, die sich durch die Ich-Erzählung Toni Peperonis und erst recht durch die Dialoge zieht, wird nicht ganz im Sinne konservativer Deutschlehrer sein. Aber Köhler bürstet mit ihren poetischen Bildern die Sprache gegen den Strich, damit etwas hängen bleibt, denn das 08/15-mäßige gleitet ja nur ab.

Die Illustrationen von Bea Davies unterstreichen das alles und machen aus dem Band ein Gesamtkunstwerk, eine wahre Kostbarkeit.

Über dem Ganzen hängt bei all der Wehmut und dem Aufbegehen gegen das Schicksal eine stetig zunehmende Hoffnung. Und am Ende denke ich: hoffentlich habe ich einmal in so einer Situation eine Freundin wie Yumyum und jemanden für die kosmische Perspektive, wie auch immer man das nennen mag. Deshalb lautet meine Bewertung: Note 1 mit Sternchen.

Bewertung vom 26.01.2024
Im Spiegel des Kosmos
Tyson, Neil deGrasse

Im Spiegel des Kosmos


ausgezeichnet

Dieses selbstregulierende System innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinde

Tyson will uns aus allen vorherrschenden unproduktiven und die Gesellschaft spaltenden Kontroversen herausführen, indem er als Wissenschaftler uns versichert, dass es eine objektive, beweisbare Wahrheit gibt. Damit wir verstehen, wie diese enthüllt wird, gibt er uns Einblick in die Arbeit der Sachverständigen, die in immerwährendem Austausch mit Versuch und Irrtum Induktion und Deduktion betreiben.

Dabei scheint sein Zukunftsoptimismus durch, indem er für die Erfindungen und Entdeckungen der Vergangenheit exponentielles Wachstum nachweist und dieses entsprechend in die Zukunft projiziert. 26 Seiten Fußnoten am Ende des Buchs belegen die Seriosität der Aussagen. Als Astrophysiker beruft er sich auf den Overview-Effekt, der besagt, das aus dem Weltall die Unterschiede auf der Erde gar nicht mehr wahrnehmbar sind.

Mit Bezügen auf Religion und Mythologie aus der kosmischen Perspektive heraus widerlegt er Aberglauben und falsche Meinungen, entkräftet Vorurteile mit schlagenden Beispielen. Seine Ethik besteht aus einem eindringlichen Appell, sich die wissenschaftliche Sichtweise anzueignen. Im Kapitel über Vegetarismus führt er das regelrecht ad absurdum, indem er die Spezies Mensch als größten Räuber der Natur entlarvt.

Diese wissenschaftliche Sichtweise führt aber nicht zu Eindeutigkeiten, sondern lehrt uns, mit Grauzonen umzugehen. Seit den Entdeckungen der Quantenphysik hat das Binäre ausgedient.

Das längste Kapitel "Hautfarbe und Rasse" betrifft auch ihn selbst und ist richtig amüsant zu lesen wegen der zahlreichen enthaltenen Anekdoten, die das Ganze aber ein bisschen ungeordnet erscheinen lassen. Wie die systematische Ignorierung wissenschaftlicher Erkenntnisse Menschen im wahrsten Sinne des Wortes existenziell vernichtet, zeigt er uns mit einem Einblick in den US-Justizapparat mit der Konsequenz der Hinrichtung Unschuldiger.

Seine Aussagen kulminieren in einer Forderung nach einem Land namens "Rationalien", dessen Politik sich ausschließlich auf die Beweiskraft von Daten gründet. In einem solchen Land möchte ich auch gerne leben, aber dem steht entgegen, dass sich eine Vielzahl der Menschen einfache, eindeutige Lösungen wünschen. Man kann das deutlich am Wahlerfolg radikaler Parteien in allen möglichen Ländern ablesen. Und ob diese Menschen Tysons Buch lesen werden, bezweifle ich. Aber unsereins kann sich daraus mit Argumenten versorgen.

Bewertung vom 22.01.2024
Lichtungen
Wolff, Iris

Lichtungen


ausgezeichnet

Bäume sterben wachsend

Diese bewegende Geschichte einer jungen Liebe in Rumänien irritiert schon zu Beginn durch seine Anlage: sie wird nämlich rückwärts erzählt. Das ist nicht ganz ungewöhnlich und hat Mahlke mit dem "Archipel" den Deutschen Buchpreis eingebracht, erfordert aber verstärkte Konzentration beim Leser. Warum mutet die Autorin uns so etwas zu?

Es ist wie ein Graben nach Wurzeln, die Zeit steht wie eine Last im Raum. Man wird nicht weitergetrieben durch die Spannung "Wie geht es weiter?", sondern durch das Rätsel "Warum verhält sich alles so, wie es ist?".

Dies alles entwickelt Wolff in poetischen Bildern, Momentaufnahmen, wie Holzschnitte aneinandergesetzt. Wenn man ganz genau hinschaut und die Motive über die Episoden hinweg verfolgt, wie z.B. den Schlüssel und das Fahrrad, erkennt man bedeutungsschwangere Subtilitäten. Während man wie im Countdown Kapitel an Kapitel reiht, hat man das Gefühl, in einen Trichter zu fallen, weil sich die gesellschaftlichen Verhältnisse immer mehr verengen, je weiter man in die Vergangenheit gelangt.

Das hängt stark mit der politischen Verfassung Rumäniens zusammen, von der man aber nur indirekt erfährt, inwieweit sie sich auf die privaten Beziehungen auswirkt, z.B. die Flucht des Großvaters nach Österreich. In diesem Rahmen entwickelt sich die Verbindung von Kato und Lev bis zum Happy End am Anfang, ein Auf und Ab zwischen Nähe und Distanz. Sehr konzentriert beschreibt Wolff nur das Wesentliche, oft aber auch das nur in Andeutungen, mit viel Raum für die eigenen Gedanken der Leser. Stark beeindruckt hat mich das Kapitel mit Levs Läuterung im Wald.

Würde man dasselbe Leben in der gewohnten Reihenfolge darstellen, gewönne der Leser bald den Eindruck, die Personen, die er aufwachsen sieht, zu kennen. So bleibt jederzeit ein Stück Fremdheit, das nachdenklich macht.

Das ist alles andere als ein Schmöker zum Verschlingen, sondern ein anspruchsvolles Buch für nachdenkliche Leser, das man sich Wort für Wort auf der Zunge zergehen lassen muss.

Bewertung vom 13.01.2024
Wir sind (die) Weltklasse
Lieske, Tanya

Wir sind (die) Weltklasse


ausgezeichnet

"Bruder", das ist ein super Wort

Eine Grundschulklasse im Rhein-Main-Gebiet mit Kindern aus aller Herren Länder außer zweien, die aufgrund ihrer norddeutschen und schwäbischen Herkunft ebenfalls sprachliche Auffälligkeiten vorweisen: über dieses allgemein verbreitete Phänomen lamentieren Bevölkerung, offizielle Stellen und die Medien sowieso.

Tanya Lieske dreht den Spieß um und zeigt uns, welch einen Reichtum diese Multikulturalität darstellt, wenn die Lehrkräfte damit umgehen können und die verschiedenen besonderen Qualifikationen in die richtigen Bahnen lenken. Die Vorkommnisse schildert Adam, ein aufgeweckter Junge aus einem polnischstämmigen Elternhaus, der uns ganz nebenbei noch mit ein paar Brocken seiner Muttersprache und einem Kochrezept versorgt, denn gerade ohne die internationale Küche würden wir doch so manches entbehren, ganz besonders wenn es wie hier zu einer wunderbaren Symbiose zwischen den polnischen und den syrischen Speisen kommt.

Adam plaudert frank und frei von der Leber weg, in einer völlig korrekten Umgangssprache, die Jungleser keineswegs in Verwirrung stürzt, aber Raum bietet für manches Schmunzeln. Sympathisch sind die Akteure fast ausnahmslos.

Herzerfrischend ist das alles geschrieben und mit einer entschiedenen Tendenz hinsichtlich Frieden und Versöhnung. Die Lehrerin tritt ausländerfeindlichen Konfrontationen resolut entgegen und setzt sich ein für die Beilegung eines interfamiliaeren Konflikts.

Richtige Spannungselemente bleiben aber weitestgehend aus, sodass das Buch trotz ansprechender Gestaltung durch Sibylle Hein kein Selbstläufer werden wird. Vielleicht benutzen es engagierte Pädagogen als lohnenswerte Schullektüre und Vorbilder vermittelnden Diskussionsstoff - das würde ich der insgesamt sehr gelungenen Geschichte von Herzen wünschen.

Bewertung vom 02.01.2024
Warrior Fairies. Die Macht der Jahreszeiten-Krone
Campisi, Stephanie

Warrior Fairies. Die Macht der Jahreszeiten-Krone


sehr gut

Rebellion ist wie ein Löwenzahnsamen

Dieses fantastische Jugendbuch mit dem etwas süßlichen Cover hat mich von Anfang an verblüfft mit seiner aufmüpfigen Heldin im wahrsten Sinne des Worts. In eine märchenhafte Handlung im Reiche der Feen, die Libellen und Falken als Reittiere benutzen, deren körperliche Dimension ich mir also entsprechend vorstelle, und die im Einklang mit Flora und Fauna leben, hat Stephanie Campisi eine sozialpolitische Dimension eingefügt mit der Kritik an der Ausbeutung des Volks durch die Monarchen, derer vier sich im Jahreslauf mit der Regierung abwechseln. Es brodelt unter der glänzenden Oberfläche des royalen Systems.

Als der Regimewechsel stockt, geraten die Rebellen in Verdacht, aber die sommerliche Königstochter Eliane, die verzweifelt ihren verschollenen Vater sucht, gibt sich damit nicht zufrieden und sammelt zusammen mit der Tierpflegerin Rosa neue Erkenntnisse ein, die sich im Laufe einer spannenden Expedition und einer kriegerischen Auseinandersetzung ergeben.

Der Titel "Warrior Fairies" klingt reichlich martialisch und erinnert mich an die "Warrior Cats", ob das Zufall ist oder an deren Erfolg anknüpfen soll, sei dahingestellt. Mit den prächtigen Naturschilderungen hat die Autorin ein Universum geschaffen, das in die aktuelle Debatte um den Klimawandel passt. Deshalb empfehle ich dieses verglichen mit beliebigen Fantasyschmökern ziemlich seriöse Jugendbuch allen, die Unterhaltung mit Hintergrund und Aussage suchen.