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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 1016 Bewertungen
Bewertung vom 14.04.2024
Neues vom irischen Landarzt / Der irische Landarzt Bd.2
Taylor, Patrick

Neues vom irischen Landarzt / Der irische Landarzt Bd.2


ausgezeichnet

»Ich glaube, wir müssen besprechen, was das für deine weitere Arbeit hier bei mir bedeutet. Du hast ja gehört, dass Gerüchte sich hier wie ein Lauffeuer ausbreiten.«

Ballybuckleboo, ein winziger (fiktiver) Ort in Nordirland im August 1964. Hier ist die Welt noch in Ordnung, das Leben ist friedlich, die Bewohner stehen einander bei und selbst die sonst allgegenwärtigen Religionskonflikte haben hier keine Chance. Allerdings wird auch gern und viel getratscht und als ein Patient des jungen Barry Laverty, angestellt in der Praxis des alteingesessenen Hausarztes Dr. O’Reilly, überraschend stirbt, verbreitet die Witwe, dass Barry den Tod ihres Mannes zu verantworten hat. In kürzester Zeit weiß der ganze Ort von dem vermeintlichen Kunstfehler und Barry steht vor der schwierigen Aufgabe, verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen.

Was für eine tolle Reihe! Leider habe ich mit diesem Band alle drei auf Deutsch übersetzten Bände gelesen. Ich mag die Charaktere, O’Reilly ist zwar auf den ersten Blick ein lauter, arrogant und egoistisch wirkender Mensch, hinter seiner exzentrischen Fassade verbirgt sich aber ein mitfühlender und engagierter Arzt. Ein Patient, der ihn am Sonntag rausklingelt, wird zunächst einmal tüchtig zusammengefaltet aber anschließend vorbildlich versorgt. Wenn es drauf ankommt, kann man sich auf ihn verlassen und das weiß auch Barry. Es fehlt ihm noch an Erfahrung, aber er ist ein wirklich guter Arzt und ein freundlicher Mensch. Gerne habe ich seine Anstrengungen verfolgt, das den zweifelnden Menschen im Ort begreiflich zu machen.

Ich finde es auch spannend zu verfolgen, wie sich die Landärzte bei der Diagnose und Behandlung ihrer Patienten schlagen. Die Medizin war natürlich zu Beginn der 60er Jahre noch auf einem ganz anderen Stand, zudem fehlt es einem Arzt auf dem Land schlicht an technischen Möglichkeiten. Als Ausgleich kennt er aber seine Patienten viel besser und weiß um beispielsweise familiäre oder berufliche Belastungen, die die Gesundheit arg beeinträchtigen können.

Haushälterin Kinky ist eine Seele von Mensch und sorgt mit ihrer robusten Art immer wieder für unterhaltsame Momente. Daneben gibt es nette Running Gags, wie zum Beispiel den Hund O’Reillys, der vor lauter Liebe ständig Barrys Hosen ruiniert. In der Summe ergibt das für mich ein richtig schönes Wohlfühlbuch, das ich hochzufrieden zuklappe.

Fazit: Wie schade, dass es von dieser Reihe nur drei Bände auf Deutsch gibt! Ich war wieder sehr gerne in Ballybuckleboo!

Bewertung vom 14.04.2024
Mord auf dem Friedhof / Miss Merkel Bd.2
Safier, David

Mord auf dem Friedhof / Miss Merkel Bd.2


sehr gut

»Angela fragte sich, ob es nicht ihre verdammte Bürgerpflicht wäre, möglichst schnell auf dem Revier aufzuschlagen, Hannemann beiseitezunehmen und ihm alles zu erzählen. Doch was sollte das bringen? Dieser Polizist würde den Fall nie im Leben lösen. Nur eine Person in ganz Klein-Freudenstadt war dazu in der Lage. Die Stunde von Miss Merkel war gekommen!«

Das Rentnerleben in Klein-Freudenstadt fing bereits an, recht eintönig zu werden. Angela ist daher nicht wirklich traurig, als sie beim Spaziergang auf dem Friedhof die eindeutig ermordete Leiche des Gärtners entdeckt. Er steckt kopfüber in der Erde, nur die Gummistiefel schauen noch raus. Auf der Liste der Verdächtigen stehen zwei verfeindete Bestatter-Familien ganz oben und da sie die Ermittlungen unmöglich der Polizei überlassen kann, stürzt sich Angela in die Arbeit. Dabei gerät sie in einen unerwarteten Konflikt, denn das verwitwete Oberhaupt einer Familie teilt nicht nur ihre Begeisterung für Shakespeare, sondern sieht auch noch gut aus und ist höchst charmant...

Nachdem mich der erste Band der Reihe begeistert hatte, wollte ich gleich weiterlesen. Erneut wurde ich wunderbar unterhalten und auch die Krimihandlung war nicht ohne. Es bleibt nicht bei einem Mord und die Ermittlungen gestalten sich ziemlich knifflig. Gefährlich wird es zudem, sogar für Mops Pupsi! Besonders amüsant war es aber, die leicht verliebte Ex-Kanzlerin zu erleben. Wird sie ihrem Puffel untreu werden?

Ich habe sie ja nie gewählt, aber als Detektivin mag ich sie. Allerdings profitiert sie auch von einem selten dämlichen Chefermittler der Polizei, der umgeben ist von ähnlich unterbelichteten Mitarbeitern. In dieser Ausprägung schon ziemlich unrealistisch, aber auch unterhaltsam. Gestört hat mich allerdings, dass die Obstverkäuferin des Ortes, die gleichzeitig stellvertretende Kreisvorsitzende der AfD ist, hier ein paar positive Ansätze erkennen lässt. Erstens halte ich das nun für komplett unrealistisch und zweitens möchte ich nicht zwanghaft bei einem negativ besetzten Charakter irgendwelche positiven Entwicklungen feststellen.

Fazit: Sehr unterhaltsamer Krimi, ich werde auch den nächsten Band lesen.

»Auf diesem Friedhof liegen anscheinend ein paar Leichen im Keller.«

Bewertung vom 28.03.2024
Tod eines Spitzels
Sturm, Andreas M.

Tod eines Spitzels


ausgezeichnet

»Der Major wird sich schön bedanken, wenn wir ihn mitten in der Nacht anrufen. Hat das nicht noch die paar Stunden Zeit?«
»Wenn du wüsstest, wer da liegt, würdest du nicht fragen.«

Dresden, im März 1984. Oberleutnant Uwe Friedrich von der Volkspolizei hat gleich erkannt, dass der Tote, den sie mitten in der Nacht auf offener Straße erschlagen vorgefunden haben, niemand geringeres ist als ein Hauptmann der Stasi. In der Vergangenheit hatte er bereits mit ihm zu tun – Erlebnisse, an die Uwe nicht gern zurückdenkt.

So ist er auch zunächst erleichtert, dass das Ministerium für Staatssicherheit die Ermittlungen übernimmt. Doch der jetzt zuständige Oberst Buchmann muss zu seinem Entsetzen feststellen, dass eigene Leute in den Mord verwickelt sein könnten. So verpflichtet er Uwe als externen Ermittler im Sonderauftrag mit Geheimhaltungspflicht, nur an ihn persönlich darf Bericht erstattet werden.
Uwe hat keine Wahl, er muss dem Befehl folgen. Äußerst widerwillig und mit großer Sorge, was ihm oder seiner kritischen Freundin Sabine bei einem Misserfolg drohen könnte. Ohnehin würde er sich lieber an der Suche nach dem Mann beteiligen, der Sabine abends überfiel. Nur knapp entging sie einer Vergewaltigung! Die Ermittlung übernimmt nun eine junge Kollegin unter tatkräftiger Mitarbeit von Sabine, die mithelfen will, andere Frauen vor einem noch schlimmeren Erlebnis zu bewahren.

Der dritte Fall für den Volkspolizisten Uwe Friedrich, ich war schon von den Vorgängerbänden begeistert und wurde auch diesmal nicht enttäuscht. Bereits die beiden zentralen Verbrechen, der Mord an dem Stasi-Hauptmann und der brutale Überfall auf Sabine sind hochspannend, dazu kommt aber noch der Fall eines vermissten Jungen, bei dem ebenfalls von einem Verbrechen ausgegangen werden muss. Gibt es womöglich Zusammenhänge? Ich mochte das Buch gar nicht aus der Hand legen.
Dem Autor ist es gelungen, all dies so gut und stimmig in die Gesamthandlung einzubetten, dass nichts zu kurz kommt und nichts überfrachtet ist. Die Spannung bleibt hoch und alle Handlungsstränge werden schlüssig aufgelöst.

Eine besondere Brisanz ergibt sich zudem durch den Schauplatz. Der Autor hat sein ganzes Leben in Dresden verbracht und kann seine Erfahrungen und Kenntnisse in einer intensiven und dichten Atmosphäre einbringen. Ich hingegen bin im Westen aufgewachsen und mag mir gar nicht vorstellen, wie man in einer solchen Welt voller Misstrauen leben konnte. Wenn der Oberst der Stasi darauf besteht, dass Uwe für eine Kontaktaufnahme zu ihm ausschließlich öffentliche Münztelefone benutzen darf, denkt man sich unwillkürlich sein Teil.
Wie auch bei den Vorgängerbänden findet sich im Anhang ein hilfreiches Glossar zahlreicher DDR-typischer Begriffe und Abkürzungen.

Das Privatleben von Uwe und Sabine findet diesmal nur am Rand statt, den beiden fehlt schlicht die Zeit vor lauter Ermittlungsarbeit. Beide sind mir in ihrer ehrlichen und mutigen Art richtig ans Herz gewachsen. Für das Verständnis dieses Buchs ist es nicht notwendig, die Vorgänger zu kennen.

Fazit: Der schwierigste Fall für Uwe Friedrich, ich bin begeistert! Hochspannend und mit sehr intensiver Atmosphäre.

Bewertung vom 27.03.2024
Der Ruf des Kuckucks / Cormoran Strike Bd.1
Galbraith, Robert

Der Ruf des Kuckucks / Cormoran Strike Bd.1


gut

»Das Doppelte. Das war das K.o. für Strikes sonst so felsenfestes und unbeugsames, aber durch wiederholte Schicksalsschläge angezähltes Gewissen. Sein innerer Schweinehund hingegen vergnügte sich bereits mit fröhlichen Spekulationen: Ein Monat in Bristows Diensten, und er könnte die Aushilfe und einen Teil der ausstehenden Miete bezahlen. Zwei Monate, und er wäre die dringendsten Schulden los… Drei Monate, und das überzogene Konto wäre so gut wie ausgeglichen… Vier Monate…«

Privatdetektiv Cormoran Strike hat eigentlich Prinzipien und nimmt keine Aufträge an, die er als aussichtslos ansieht. So viel Anstand hat seine finanzielle Situation allerdings schwer erschüttert und der vor ihm sitzende John Bristow ist nicht nur ein reicher Mann, sondern auch felsenfest davon überzeugt, dass seine Schwester, das berühmte Model Lula Landry, nicht wie von der Polizei abschließend festgestellt Selbstmord begangen hat, sondern ermordet wurde.
Strike macht sich also an die Arbeit. Anfangs ist er davon überzeugt, dass die Polizei gründlich ermittelt hat, doch dann stößt er doch auf Ungereimtheiten, interessant und erschreckend zugleich…

Auf das Buch wurde ich aufmerksam, weil ich ein großer Fan der Harry-Potter-Reihe bin und nun mal sehen wollte, wie J.K. Rowling (Robert Galbraith ist ihr Pseudonym) einen Krimi umsetzt. Durchgehend überzeugen konnte sie mich hier leider nicht.
Trotz der eigentlich sehr interessanten Handlung empfand ich einige Abschnitte als zäh und langatmig. Vielleicht hat es am Umfang gelegen. Frau Rowling ist es gewohnt, sehr viel zu schreiben, aber was bei Harry Potter gut passt, passt nicht automatisch auch auf einen Krimi. Ich lese gern und viel Krimis, mag auch präzise Beschreibungen der Ermittlungsarbeiten, aber hier hätten ein paar Kürzungen dem Buch gutgetan.

Was mich auch nicht so begeisterte, war der Protagonist selbst. Das liegt allerdings daran, dass ich diesen Typ heruntergekommener Ermittler, privat und beruflich verkorkst, nicht so mag. Stimmig und rund beschrieben war sein Charakter allerdings. Und Strikes Aushilfe Robin Ellacott habe ich gleich ins Herz geschlossen. Eine tolle und starke Frau, ohne die er an mehr als einer Stelle aufgeschmissen gewesen wäre.

Abgesehen von diesen Kritikpunkten empfand ich die Handlung als gelungen und gut und schlüssig umgesetzt. Im letzten Drittel kam dazu ordentlich Spannung auf, das hat mir gefallen und mich mit zähen früheren Phasen ein wenig versöhnt. Ich denke, ich werde noch einem weiteren Band der Reihe eine Chance geben.

Fazit: Interessanter Krimi, an einigen Stellen aber ein wenig zäh, so dass er mich nicht durchgehend überzeugen konnte.

Bewertung vom 19.03.2024
In Liebe, Summer.. Life is a Story - story.one
Schwensow, Lisa Marie

In Liebe, Summer.. Life is a Story - story.one


sehr gut

»Zitternd sank sie auf den Boden, die Tränen zogen sichtbare Spuren durch ihr blutverschmiertes Gesicht. Wie war sie in diese Situation geraten? Sie hatte immer nur nach einem gesucht: Liebe.«

Die junge Literaturstudentin Summer hat ein geheimes Verhältnis mit ihrem Professor Tommaso Giordano. Für sie ist er die große Liebe und große Gefühle sind es auch, über die Summer während ihrer Vorlesungen und anschließend privat mit Tommaso stundenlang diskutieren kann, denn anders als etwa der junge Werther würde sie sich nie aus Liebe selbst töten…

Die junge Frau läuft in eine üble Falle, in einer Lebensphase, in der sie noch sich selbst und ein Ziel fürs Leben sucht, verfällt sie dem attraktiven, erfahrenen Mann, fixiert sich auf ihn und realisiert irgendwann, dass sie im Buch seines Lebens nur ein hübsches Kapitel ist.
Diese Ausgangssituation ist nicht neu, so etwas geschieht leider immer wieder. Wie Summer damit umgeht, entspricht allerdings nicht dem Normalfall.

Dieses Buch ist das Debut einer jungen Autorin, ich war sehr gespannt und wurde nicht enttäuscht! Der Stil ist lebhaft, natürlich und sehr angenehm zu lesen, die Handlung packt von der ersten Seite an und zieht den Leser gemeinsam mit Summer in eine unheilvolle Spirale, die in einem überraschenden und sehr gelungenen Ende gipfelt.

Mehreren Kapiteln ist ein thematisch passendes Buchzitat vorangestellt, auch das gefiel mir sehr. Wenn das Buch ein Manko hat, dann liegt es darin, dass es so kurz ist. Wie gern hätte ich noch mehr gelesen! Trotzdem gelingt es der Autorin, das stimmige Psychogramm einer jungen Frau zu zeichnen, getrieben durch intensive Gefühle und verhängnisvolle Leidenschaft. Rückblenden und Nebenhandlung sind im passenden Verhältnis eingearbeitet, das Ende, wie bereits erwähnt, sehr gelungen!

Fazit: Ein spannendes und vielversprechendes Debut, ich hoffe auf weitere Werke der jungen Autorin!

Bewertung vom 15.03.2024
Die Tote am Watt / Mamma Carlotta Bd.1
Pauly, Gisa

Die Tote am Watt / Mamma Carlotta Bd.1


ausgezeichnet

»Leider bestand Erik ja auf handfesten Beweisen. Und sie, Carlotta Capella, würde diese Beweise finden! Am Ende würde Erik froh sein und seine Schwiegermutter jedes Mal einladen, wenn auf Sylt ein Mord geschehen war. Weil er wusste, dass sie mit sicherem Instinkt den Mörder erkannte. Auch ohne Beweise und DNA-Analyse! Basta!«

Fast ihr ganzes Leben lang entsprach Carlotta Capella dem typischen Klischee einer italienischen Mamma. Sie kochte, zog sieben Kinder groß und pflegte zuletzt den kranken Ehemann. Nun, als Witwe, wagt sie einen neuen Schritt ins Leben. Dazu gehört, dass sie endlich die Einladung ihres Schwiegersohns annimmt, ihn und die Enkel auf Sylt zu besuchen. Hauptkommissar Erik Wolf hat eigentlich damit gerechnet, dass sie von früh bis spät in der Küche werkelt, doch Mamma Carlotta hat was anderes zu tun. Schließlich wurde gerade eine reiche Witwe erdrosselt und mit ihrer Intuition erkennt Carlotta, was allen anderen entgeht…

Endlich habe ich mich auch mal an diese Reihe gewagt und bin von dem Einstieg begeistert! Mamma Carlotta ist ein herrliches Original, der Krimi dabei aber wirklich gelungen. Der Schwiegersohn und seine Kollegen werden auch nicht als Trottel dargestellt, sondern leisten ordentliche und engagierte Ermittlungsarbeit.
Natürlich kommen sie nicht gegen Carlottas Bauchgefühl an und sie liefert mit ihrer amüsanten und liebenswürdigen Art nicht nur gute Unterhaltung, sondern zeigt auch, wie ein Mensch in der Mitte des Lebens noch mal mutig neu anfängt.

Auch als Regionalkrimi gefiel mir das Buch, die Beschreibungen der Gegend, des Wetters und der ganzen nordseetypischen Besonderheiten schafften eine Atmosphäre, die bei mir gleich den Wunsch auslöste, meinen Koffer zu packen. Spannend wurde es zudem auch noch und so klappte ich das Buch hochzufrieden zu.

Fazit: Toller Regionalkrimi mit einer ungewöhnlichen und liebenswerten Ermittlerin. Ich lese gerne weiter!

Bewertung vom 15.03.2024
Die Herzogin der Bloomsbury Street
Hanff, Helene

Die Herzogin der Bloomsbury Street


sehr gut

»Wir klapperten die Buchhandlungen im Regen ab. In allen lag 84 gut sichtbar aus, und alle Geschäftsinhaber und Buchhändler verneigten sich und strahlten und schüttelten mir die Hand, so dass ich nach der dritten Buchhandlung erhobenen Hauptes huldvoll einherschritt, als wäre ich das alles gewohnt. Wir trafen um halb drei zu der Signierstunde bei Poole’s ein – und stell sich einer vor: da stand eine lange Schlange von Menschen, die alle mein wichtiges Autogramm haben wollten! An einem regnerischen Dienstag!«

London, im Juni 1971. Gerade ist Helene Hanffs Buch „84, Charing Cross Road“ in London erschienen. Zu diesem Anlass wird Helenes lang gehegter Traum wahr, sie darf nach London reisen und all die Stätten besuchen, die sie bislang nur aus der Literatur oder durch ihren Briefwechsel mit der Buchhandlung Marks & Co. kennt.

Mit allen Sinnen genießt sie den Aufenthalt, besucht die Orte ihrer literarischen Helden und lässt sich feiern. Dabei wirkt sie in jedem Moment so liebenswert, dass man beim Lesen gar nicht anders kann, als sich mit ihr zu freuen. Anschaulich, mit feinem Humor und scharfem Blick beschreibt sie Sehenswürdigkeiten und typisch Britisches, ohne sich jemals über etwas lustig zu machen. So wird ihr Tagebuch zu einem gelungenen und unterhaltsamen Reisebericht.

Die Kenntnis des Vorgängers ist nicht erforderlich, was man wissen sollte, wird kurz erklärt.

Fazit: Den Vorgänger „84, Charing Cross Road“ liebe ich noch mehr, aber auch dieser Reisebericht hat mich in seiner liebenswürdigen Art gut unterhalten.

Bewertung vom 15.03.2024
Mord in der Uckermark / Miss Merkel Bd.1
Safier, David

Mord in der Uckermark / Miss Merkel Bd.1


sehr gut

»Angelas Herz klopfte höher. Sie spürte das Adrenalin, das sie immer durchströmte, wenn sie plötzlich vor unvorhergesehene komplizierte Aufgaben gestellt wurde. Sie hatte gedacht, in der Rente würde sich dieses wundervoll belebende Gefühl nie wieder einstellen. Doch jetzt war es da! Und obwohl Angela ganz genau wusste, dass es moralisch nicht in Ordnung war, freute sich ein nicht gerade kleiner Teil von ihr über den vermutlichen Mordfall, wie sie sich bisher über noch rein gar nichts in Klein-Freudenstadt gefreut hatte.«

Neu-Rentnerin Angela langweilt sich. Ruhe und Abgeschiedenheit nach der stressigen Zeit im Job hatte sie gesucht und war zu diesem Zweck mit Ehemann Achim in ein äußerst beschauliches kleines Nest in der Uckermark gezogen. Bald schon merkt sie, dass das tägliche Backen von Obstkuchen sie nicht ausfüllt. Der eigenartige Todesfall, von der Polizei als Selbstmord abgetan, kommt ihr da gerade recht, denn sie glaubt an Mord und liegt mit ihren Ahnungen zu 81,4 Prozent richtig, wie Achim mal ausgerechnet hat. Sherlockine beginnt zu ermitteln…

Ich habe mich dieser Reihe lange verweigert, hatte irgendwie gefürchtet, dass mir alles zu albern vorkommen würde. Als ich mich dann doch zu einem Versuch entschloss, wurde ich angenehm überrascht.
Natürlich ist der Unterhaltungsfaktor in diesem Krimi hoch, dazu tragen unter anderem die stetigen Hinweise auf Angelas politische Vergangenheit bei. Und schließlich hat man sie so gut vor Augen, dass das Kopfkino ständig höchst amüsante Bilder liefert. Auch die Darstellung ihres Mannes ließ mich stetig schmunzeln, er kam mir vor wie eine Mischung aus analytisch denkendem Wissenschaftler und Mr. Stringer. Ich frage mich nur, ob sie ihn tatsächlich „Puffel“ nennt? ;-)

Die Krimihandlung selbst ist durchaus solide, zwar geprägt durch die ungewöhnliche Ermittlerin und ihre Methoden, die Personenschützer Mike regelmäßig an den Rand der Verzweiflung bringen, aber alles in allem gut nachvollziehbar und durch auftretenden Rassismus samt AfD bedauerlich aktuell.

Fazit: Krimi mit hohem Unterhaltungswert, hat mich angenehm überrascht.

»Immer wenn du so aufgewühlt handelst, hast du nur in 23,8 Prozent der Fälle Erfolg.«
»Und was passiert dann?«
»Ich sag nur Energiewende.«

Bewertung vom 25.02.2024
Sophia oder Der Anfang aller Geschichten
Schami, Rafik

Sophia oder Der Anfang aller Geschichten


ausgezeichnet

»Die Liebe richtet sich weder nach dem Geburtsdatum noch nach der Religionszugehörigkeit. Sie trifft die Menschen, so wie Gott sie geschaffen hat, ohne Religion und ohne Geld. In unserer Nacktheit sind wir alle gleich.«

Als junger Mann liebte Karim die schöne Sophia, doch sie entschied sich für einen anderen Bewerber als Ehemann. Als Karim einige Jahre später in großen Schwierigkeiten steckte, rettete Sophia ihm das Leben und nun, Jahrzehnte später, ist sie diejenige, die dringend Hilfe benötigt. Ihr Sohn Salman hatte sich nach vielen Jahren im Exil wieder nach Damaskus gewagt, um seine Eltern noch einmal zu sehen und die Orte seiner Jugend zu besuchen. Doch bald schon ist ihm der Geheimdienst auf den Fersen und ohne Hilfe ist Salman verloren…

Rafik Schami, der große Geschichtenerzähler, hat es wieder einmal geschafft, mich zu fesseln. Speziell die Rettungsaktion Salmans wird sehr spannend, daneben gibt es alle großen Gefühle, die man sich denken kann. Auf der positiven Seite Liebe zu einem anderen Menschen, zur Familie, zur Heimat, Treue und Vertrauen. Und auf der negativen Seite Hass, Gier, Angst, Verzweiflung, Verrat und missverstandenes Ehrgefühl. Karim beispielsweise geriet in eine Notlage, weil er sich weigerte, einen aus der Sippe verordneten Ehrenmord durchzuführen.

An Punkten wie diesen merkt man die kritische Haltung des Autors, der auch offen ausspricht, was in der arabischen Welt schlecht läuft. Gleichzeitig merkt man deutlich die Liebe zu seinem Heimatland, er schwärmt von der Schönheit syrischer Städte und lässt seine Protagonisten mit bewunderndem Blick auf sie schauen. Und schließlich riskierte sein Protagonist Salman viel, um noch mal durch die Straßen von Damaskus zu laufen.

Schamis Protagonisten leben ein offenes Miteinander von Muslimen und Christen, sie schließen Freundschaften und auch in der Liebe fragen sie nicht nach der Religionszugehörigkeit. Sie trotzen Kritik und Anfeindungen und gehen ihren Weg, ehrlich und offen für die Nöte der Mitmenschen. Wie immer, wenn ich ein Buch von ihm lese, wünsche ich mir, dass es mehr Menschen geben würde, die so ticken. Es gäbe viel weniger Probleme auf der Welt.

»Wenn ein edler und unschuldiger Mensch wie du Verbrecher genannt wird und wir schweigen, sind wir Verbrecher.«

Fazit: Eine fesselnde Geschichte, voller Spannung, Atmosphäre, Gefühlen und wichtigen Gedankenanstößen.

Bewertung vom 23.02.2024
Wo die Liebe hinfliegt
Brandt, Tanja

Wo die Liebe hinfliegt


sehr gut

»Ich wünsche mir, dass meine Bilder in diesem Buch Sie in eine Welt entführen, die fast vergessen scheint und Ihnen unsere bezaubernde Natur näherbringen.«

Schäferhund Ingo und Steinkauz Poldi verbindet seit ihrer ersten Begegnung eine innige Zuneigung. Gemeinsam leben sie bei der Fotografin Tanja Brandt und sie berichtet in diesem Bildband über ihren Alltag mit den beiden und anderen gefiederten Freunden.

Die Bilder sind wirklich wunderschön, herzerwärmend und lustig. Wenn man mal dringend gute Laune benötigt, sollte sich diese beim Betrachten der Bilder schnell einstellen. Auf meinem Lieblingsfoto beispielsweise sieht man Poldi, wie er sich bei Regen unter einem Pilz unterstellt. Dieses kleine Wesen mit dem stets grimmigen Blick ist einfach zu süß!

Man erfährt einiges über Steinkäuze und andere Eulen, außerdem berichtet Tanja Brandt, wie Ingo zu ihr kam, wie er sich entwickelte und wie er Poldi kennen- und lieben lernte. Wenn ich lese, wie Poldi seinen vierbeinigen Freund vor einer Hummel „rettet“ oder verfolge, wie die beiden regelmäßig dieselbe Bank aufsuchen, um von dort aus nebeneinandersitzend still die vorbeifahrenden Schiffe zu beobachten, spürt man deutlich ihre Verbundenheit.

Fazit: Ein Wohlfühlbuch, randvoll mit herzerwärmenden und lustigen Bildern.