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Bewertungen
Insgesamt 115 BewertungenBewertung vom 24.04.2022 | ||
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Dieses Buch hat sehr viel mit mir gemacht. Zuerst hat es mich durch diese emotionale Kälte, die fachlichen Abschnitte über Geologie und Natur sehr zur Weißglut gebracht. Ich konnte ihn nicht verstehen, konnte auch die Darstellung als sexuell anziehenden, bewundernswerten Professor nicht ganz nachvollziehen, aber Zach selbst wahrscheinlich auch überhaupt nicht. Er weiß nicht wirklich wie ihm geschieht, und was Rachel und Co an ihm so anziehend finden. Dennoch ist es wieder dieses typische Bild eines Professors, den die Frauen anschmachten, während er selbst große Krisen zuhause zu meistern hat. Doch im weiteren Verlauf und mit der Diagnose taut dieser Roman und die Erzählung unglaublich auf. Zach erwacht aus der Erstarrung, lässt Emotionen erahnen und man erkennt wie wichtig ihm seine Tochter ist. Man fiebert und leidet als Leser*in bis zu den letzten Zeilen mit dem furchtbaren Schicksal der Familie mit und weiß, dass es nicht besser werden wird. Das allein hätte mir schon voll und ganz als Thema des Buchs gereicht, aber Everett hat für seinen Protagonisten für ein bisschen mehr Action und über seinen Schatten hinaus Wachsendes gesorgt. Ohne nun zu viel vorweg zu nehmen, war mir das an einigen Stellen tatsächlich zu viel, andersrum ermöglicht es eben auch zwischendurch Luft zu holen, mit Zach auf andere Gedanken zu kommen und den nicht immer logischen Irrwegen des Lebens zu folgen. Und irgendwie hat ihn das wahrscheinlich auch wieder näher an seine Familie gebracht. Es ist ein kluger, psychologisch feinsinniger (und wahrscheinlich auch aufgrund dieser unnötigen Action zwischendurch ein eher männlicher) Roman, der mich gerade ab dem zweiten Drittel sehr gepackt hat, mich teilweise gefordert hat und dann auch berührt hat. Und irgendwie fand ich dann selbst diese Sache mit den Fossilien und Steinen schon wieder sehr rührend und niedlich. |
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Bewertung vom 24.04.2022 | ||
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In Abbas Khiders neusten Roman "Der Erinnerungsfälscher" erzählt er sehr locker und leicht von den Wirren der deutschen Bürokratie, des deutschen Asylverfahrens, vom Kampf mit den Behörden und irgendwie auch dem, was man hierzulande von Migranten erwartet oder zu wissen glaubt. Und Khider blickt zurück auf das Leben seines Protagonisten Said Al-Wahid, der durch die Nachricht seines Bruders zur sofortigen Reise in sein Heimatland aufgerufen wird. Saids Mutter liegt derzeit in einem Bagdader Krankenhaus im Sterben, die Zeit drängt, doch da gibt es noch so einige Probleme mit dem Reisepass und seinem Asylantrag. |
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Bewertung vom 08.03.2022 | ||
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Normalerweise sind Bücher über Depressionen und Tod ja nicht gerade die leichteste Kost. Oftmals sind sie sehr überrollend, anstrengend oder von tiefgreifenden, unzähligen Gedanken und umständlichsten Erklärungen durchzogen. Nicht hier, denn Ronja von Rönne nähert sich dem Thema mit einer schicksalhaften Begegnung und zeichnet eher ein 'Drumherum'-Bild mit viel Witz, flapsigen Kommentaren, einer wilden 'Erlebnisfahrt' und zweier sehr unterschiedlichen Ansichten und Lebenssituationen. Von der Grundidee könnte man dieses Buch wahrscheinlich mit Lucy Frickes "Töchter" vergleichen - eine ähnliche Fahrt, ein ähnliches Ziel und doch kommt am Ende alles ganz anders und die Protagonist*innen erleben noch sehr viel mehr, als diese letzte Autofahrt. Nur der Schreibstil unterscheidet sich enorm, beinahe ist dieses Buch mehr eine Art Nebenbeiunterhaltung. |
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Bewertung vom 08.03.2022 | ||
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Um so mehr ich über diesen Roman, die einzelnen Geschichten der Frauen, die gesellschaftlich vorgegebene Rolle der Frau und das stetig voranschreitende und sich immer wieder ins Gedächtnis rufende Theaterstück nachdenke, umso begeisterter bin ich von diesem Buch. Claire Thomas schafft es in der Übersetzung von Eva Bonné mühelos die Grenzen zwischen Schauspielkunst, gesellschaftlichen Herausforderungen der heutigen Zeit und den intimsten Gedanken, zugleich die tief verankerten Ängste und Sorgen ihrer Protagonistinnen aufzuhebeln. Und das literarisch so fein, kreativ und welteneröffenend...wow. Ich mag die Darstellung der Beziehungen und Begegnungen auf vielerlei Ebenen, sowie deren Einfluss auf jede*n selbst wahnsinnig gern. Der nach außen hin aufrecht erhaltene Schein, die Rollen in die jede*r im Laufe seines*ihres Lebens geschlüpft ist, die bröckelnde Fassade und das ständige eigene Hinterfragen. Ich mag die sich ergänzenden Einblicke in diese ganz verschiedenen Leben und Gedankenwelten. Das Spiel zwischen Frau und Mann - auf der Bühne und ganz privat. Und ich mag das sich schnell manifestierende Gefühl mit den Protagonist*innen zusammen im Publikum zu sitzen, von den Menschen drum rum genervt zu sein, sich ständig unangenehm beobachtet zu fühlen und zeitgleich andere zu beobachten, und diesem absurden Stück zu folgen, Elemente wahrzunehmen, abzudriften, wieder aufzuwachen und präsent zu sein. |
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Bewertung vom 08.03.2022 | ||
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Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße Nach seinen sehr persönlichen und auf die eigene Familiengeschichte blickenden Romane hatte ich mich schon lange auf das nächste Buch Leos gefreut, doch mit "Der Held von Bahnhof Friedrichstraße" konnte er mich wirklich nicht begeistern. Die Grundidee der Geschichte, dass ein Mensch eher zufällig ein Held wird und durch eine unscheinbare Tat etwas in Bewegung setzt, hunderte Menschen rettet oder in diesem Fall eben zur Flucht verhilft, fand ich sehr toll und spannend. Und da Leo selbst in der DDR aufgewachsen ist, habe ich hier wieder so einen ähnlich berührenden und mitreißenden Roman erwartet, aber genau das ist es nicht. Ehrlich gesagt finde ich diesen Roman sogar sehr bescheiden, denn was hier deutlich und ausführlichst beschrieben wird, sind die Vorurteile, die gegenüber den Menschen aus der ehemaligen DDR und den 'neuen' Bundesländern vorhanden sind. Aussagen wie "Ihr Ostler seid nie zufrieden [...] erst interessiert man sich zu wenig für euch, dann ist es auch gleich wieder zu viel. Erst jammert ihr über das fehlende Geld, dann soll es aber auch nicht zu wichtig werden", "Nur Scherereien mit den Ossis...", "Seit 30 Jahren lebten sie nun zusammen in diesem Land, aber wenn es drauf ankam, dann standen die Ossis eher zu Putin als zur westlichen Wertegemeinschaft.", weitere Gedanken, einer Mitarbeiterin des Bundes, dass das alte Europa, ohne die ganzen Oststaaten besser gewesen wäre, oder Meinungen wie "...wenn sie schon ihr Land verloren hatten, wollten sie wenigstens ihren Streuselkuchen behalten." finde ich höchst kritisch und dazu noch dieser als sehr faul, trottelig dargestellte, sich in Lügen verstrickende und in seinem eigenen Mitleid versinkende Protagonist... puh. Auch die Zuschreibungen, dass russlanddeutsche kriminell sind, Geldwäsche betreiben und Spaß an Reiterspielen mit tätowierten Blondinen haben, finde ich so klischeehafte, wenn nicht sogar in dieser Fülle an Aussagen klischeeverstärkend. Und am Ende (so, als sei das alles noch nicht genug) fragt man sich dann wirklich, welche Aussage, außer eben jener, dass Ostdeutsche faul, naiv, irgendwie auch ehrlich und sehr wehleidig sind, dieser Roman haben soll. Es passiert viel, ein bisschen Liebe, ein bisschen Bedrohung, Lüge, ein großer Zufall auf mehreren Ebenen und ein Journalist, der eine große 'Story' entdeckt. Das alles sehr locker, leicht lesbar und wahrscheinlich auch zum Teil unterhaltsam aneinandergereiht, aber das war es dann irgendwie auch. Ich bin von diesem Roman irgendwie sehr enttäuscht und fühle mich sogar ein Stück weit angegriffen. |
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Bewertung vom 24.01.2022 | ||
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eine wahnsinnig bewegende Geschichte - mein Highlight 2021 |
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Bewertung vom 17.01.2022 | ||
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Ich kann zum Glück sagen, dass ich an dieses Buch recht unvoreingenommen herantreten konnte, schließlich kenne ich bis auf meine Erwartungshaltung gegenüber den Vorgängerromanen noch nichts von der Autorin und bin daher auch weniger enttäuscht, denn was sich auf dem Weg zum Paradies für ein Schauspiel bot… Oha. Die erste Geschichte rund um die Liebe eines jungen Mannes, fand ich ja anfangs noch ganz nett. Ich stieß mich zwar hier und da an so zeitlichen Gegebenheiten (zumindest kann ich mir es nicht vorstellen, dass damals in Freistaaten die Ehe zwischen zwei Männern akzeptiert wurde und so häufig vorkam), aber das war noch okay, bis sich der wohlhabende David dann plötzlich in den mittellosen Musiklehrer verliebte, es natürlich gleich das große Glück werden sollte, nur die Familie sich dagegenstellt und ihm dann sein Erbe entziehen will. Klischeekitsch hoch zehn… kann man mögen, will man aber eigentlich nicht. In der zweiten Geschichte geht es dann um einen reichen, älteren Mann und einen jungen Hawaiianer, einen Freund, eine Aids-Leidensgeschichte und ein Geheimnis. Ja… lass ich so stehen, das habe ich Großteils überflogen, denn das Mimimi, dieses tiefe Leiden, dieses erneute Reich-Arm-Ding, das war mir alles zu viel, zu nervig, zu nichtssagend. Und dann gibt es da natürlich noch die große, neue Welt mit einer Gesellschaft, die durch die ständigen Pandemien sehr gespalten wurde, eine Ehe zwischen einer Frau und einem homosexuellen Mann, eine weitere homosexuelle Liebe, die sich auch wieder weiteren Herausforderungen stellen muss und viel Pandemie- und Verschwörungskram – so als bräuchte man gerade in dieser Zeit noch mehr davon. Im Vergleich ist dies wahrscheinlich die stärkste Geschichte und doch war ich zunehmend genervter. Die zwei Handlungsstränge, die sich im Laufe der Zeit aufeinander zu bewegen und am Ende sehr vieles erklären sollen… Das war dann auch der einzige Grund warum ich überhaupt dran geblieben bin und doch habe ich In diesem Abschnitt ganze 200 Seiten übersprungen und hatte nicht das Gefühl irgendetwas verpasst zu haben und das abschließende Ende? Nun ja. |
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Bewertung vom 07.01.2022 | ||
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Dieses Buch ist eine Entdeckungsreise, eine persönliche Erinnerung, ein Stück weit Reiseführer und Augenöffner zugleich. Man stellt sich bereits binnen weniger Seiten vor, wie Mona selbst einem gegenübersitzt und bei einer Tasse Tee, wamer Abendluft, umringt von fernen Gerüchen und Stimmen ihre Geschichte erzählt. Und ich denke, jede*r, die*der Mona aus dem Radio oder von Instagram her kennt, wird es ähnlich gehen- Man hat schon nach den ersten Sätzen ihre Stimme im Ohr, nimmt ihre stete Freude und Glück ihrer Erzählung wahr und merkt gleichzeitig wie toll und schwer es ist zwischen zwei doch so unterschiedlichen Ländern und Kulturen aufgewachsen zu sein. Mona erzählt von sehr privaten Momenten und Gesprächen mit ihrem Vater, ihrem Basidi, sucht nach dem, was andere ihr als Herkunft oder Wurzel zuschreiben und nähert sich dabei nicht nur dem Land, aus dem ihre Eltern stammen, sondern auch ein Stück weit sich selbst. Dieses Buch hat so tolle Momente, Mona weist auf viele Missstände hin, guckt hinter die Fassaden "oberflächlicher Orientromantik und rassistischer Stereotype" und hat so tiefgründige und ruhige Gedanken über den Menschen, Kulturen, Traditionen... eben vielen, was wir als unser Leben und Alltag bezeichnen, und ist so locker leicht, unaufdringlich und unterhaltsam, dass es Spaß macht durch die Seiten zu fliegen. Und so stellt man sich auch vor, wie es wohl gerade in Marokko wäre, fühlt das gesellige Beieinander, schlendert mit Mona und ihrem Vater über die Märkte, trinkt Tee und genießt. Alles wirkt plötzlich so vertraut nah, diese einzelnen Geschichten sind so lebendig und bildlich einnehmend und auch als nicht Reisefreund verspürt man den Drang Marokko live erleben zu wollen. Und genau dafür liebe ich dieses Buch über Mona, ihre Familie und eben auch einem wundervollen Land. Würde es nun von Mona geführte Reisetouren geben... ich glaube, ich wäre sofort dabei. Große Empfehlung, großes Highlight aus 2021. |
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Bewertung vom 21.10.2021 | ||
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Für Menschen, die sich fragen, wie es wohl damals in der DDR und insbesondere mit der Überwachung war, ist dieser Roman wahrscheinlich etwas sehr Aufschlussreiches und sehr an der Realität Anknüpfendes. Rietzschel bedient sich hier an den 'klassischen' Osthemen. Während in der Neuzeit noch einige Baurelikte der Vergangenheit stehen, der Wandel der Zeit deutlich zu spüren ist, Menschen wegziehen, sich nirgends mehr so recht zugehörig fühlen und Einrichtungen schließen, greift er in einer zweiten Zeitebene die Geschichte zweier Brüder auf, die durch den Bau der Mauer getrennt wurden. Einer von Ihnen wurde in der DDR von der Stasi als möglicher 'DDR-Flüchtiger' eingestuft und beobachtet, Post wurde nicht weitergeleitet und auch sonstige Kontaktmöglichkeiten erschwert. Und während der eine von Ihnen ein bekannter Künstler wird, bleibt dem anderen nur... ja, was eigentlich? |
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Bewertung vom 26.09.2021 | ||
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Vor einigen Jahren hielt eine Mordserie in Hamburg nicht nur die Stadt in Aufruhr, sondern ließ die Ermittlungen der zuständigen Kriminalbeamten immer wieder ins Leere laufen. Der berüchtigte Ringfinger-Mörder, so wie ihn die Medien damals tauften, treibt nun scheinbar wieder sein Unwesen. Vier Frauen hat er auf dem Gewissen. Vier Frauen, die hinterlistig in ihrer Wohnung mit einem Schnitt durch die Hauptschlagader am Hals getötet, mit weiteren Stichen versehen und dem Ringfinger beraubt wurden. Doch dieses Mal ist einiges anders, denn der Täter hat zusätzlich einen Mann bedroht, bevor er seine Tat ausführen konnte. Es gibt somit einen Zeugen. Dumm nur, dass dieser bis auf die ungefähre Statur und zahlreiche eigene Blessuren sehr wenig zu berichten weiß. Sind die Ermittlungen also schon bevor der Fall erneut aufgerollt wird, wieder zum Scheitern verurteilt? Woher kannte der Täter die Frau? In welchem Zusammenhang steht dieser Fall mit den vorherigen und warum taucht er ausgerechnet jetzt wieder auf? Fragen über Fragen und mittendrin ist Elias, dessen Leben seit den damaligen Geschehnissen auf anderen Wegen verläuft, da sie ihn den Job in der Mordkommission gekostet haben und ihn, vor allem die Bilder von damals, nie wieder losgelassen haben. |
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