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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Elohym78
Wohnort: 
Horhausen

Bewertungen

Insgesamt 386 Bewertungen
Bewertung vom 03.07.2022
Findelmädchen
Bernstein, Lilly

Findelmädchen


ausgezeichnet

Passend zu Weihnachten meldet sich der Vater von Helga und Jürgen und holt die beiden zurück in ihre Heimatstadt Köln. Während des Kriegs hatten Tante Claire und Onkel Albert die beiden Kinder bei sich aufgenommen, aber weiterhin nach deren leiblichen Eltern gesucht. Jetzt ist es endlich soweit und einer glücklichen Familienzusammenführung steht nichts mehr im Wege. Wären da nicht die schrecklichen Erinnerung an den Krieg, das Leid und das Elend, das immer noch auf deutschen Straßen herrscht.

Lilly Bernstein hat einen warmherzigen und interessanten Schreibstil. Ohne Probleme konnte ich mich in die beiden Kriegskinder Helga und Jürgen hineinversetzen. Ihren Schmerz nach empfinden, der sie entwurzelt und unglücklich zurück gelassen hat. Manchmal ist überleben nicht alles, wenn du kein Glück findest. Und diese beiden Kinder haben das Glück bisher noch nicht gefunden. Sie wurden zwar liebevoll von Tante Claire und Onkel Albert betreut und groß gezogen, aber dazugehört haben sie nicht wirklich. Das soll sich endlich in ihrer Heimat Köln ändern, doch auch hier steht den beiden viel im Weg. Zu aller erst sie sich selber. Während Jürgen der Neustart locker zu gelingen scheint, besteht Helgas Leben aus Kampf.
Jürgen findet eine Anstellung bei den Ford-Werken und geht in seiner Arbeit auf. Die Beschreibungen von Lilly Bernstein waren grandios und haben mir Freude und Staunen bereitet. Diese an Ehrfurcht grenzende Verehrung, bei Ford am Fließband arbeiten zu dürfen, ist heute nur noch schwer nachvollziehbar. So erging es mir mit unglaublich vielen Dingen, die die Autorin bildlich und lebendig schildert: Der erste Fernsehkoch und die Gerichte damals (Erfindung des Toast Hawaii), Tanzveranstaltungen, Schulbildung und der ganze Wiederaufbau der Stadt Köln lasen sich wie ein Abenteuerroman und doch war es erschreckend realistisch, da es eben kein fiktiver Ort zu einer fiktiven Zeit ist, sondern meine Heimat. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich die erwähnten Lieder aus dem Buch abgespielt habe, während des Lesens. Gedanklich flanierte ich über die Ringe, über den Eigelstein und erlebte eine Sitzung im Gürzenich. Alles mit Blick auf das Jetzt und gleichzeitig auf das Damals. Sehr viel fand ich wieder, noch mehr allerdings nicht. Besonders die Beschreibung der Hochbunker war mir nicht präsent: Heute Parkhaus, damals Lebensrettung.

Und diese ganzen Schilderungen der tatsächlichen Geschichte verflocht Lilly Bernstein mit den fiktiven Erzählungen über das Geschwisterpaar. Helgas Leben scheint typisch für die damalige Zeit. Für die Zeit des Umbruchs. Kaum vorstellbar, dass man als Frau die Unterschrift des Vaters oder Ehemanns benötigte, um einen Beruf ausüben zu dürfen! Aber noch schlimmer fand ich die Schilderung, dass es ledigen Müttern verboten ist, ein Kind groß zu ziehen. Die Autorin schildert nicht nur eine Zeit des Wandels, sondern auch zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit und Brutalität, die mir unter die Haut ging. Dabei hielt ich mir vor Augen, dass das alles noch gar nicht so lange her ist und der Kampf in vielen Dingen immer noch nicht vorbei ist. Helgas Geschichte steht sinnbildlich für die vieler Frauen, die ein gewisses Maß an Selbstbestimmung haben möchten. Während des Krieges auf sich selbst gestellt, sollen sie jetzt die Zügel wieder aus der Hand geben und andere bestimmen lassen? Merkwürdige Vorstellung. Doch Helga kämpft für sich, ihre Träume und ihre Ideale und diese Geschichte bewegte mich sehr.

Mein Fazit
Ein wunderbar geschriebenes Buch, das mich bewegte, berührte und begeisterte. Nicht nur, wegen des lebendigen Schreibstils, sondern weil es mir meine eigenen Familiengeschichte näher brachte.

Bewertung vom 29.06.2022
Das Letzte, was du hörst
Winkelmann, Andreas

Das Letzte, was du hörst


gut

Drei Frauen, drei Schicksale. Roya Mayer rast auf einer Landstraße zu ihrer Bekannten Martina Spiekermann, die ihren Selbstmord angekündigt hat und verunglückt dabei. Als Roya im Krankenhaus aufwacht, ist Martina tot.
Sarah Henschel sitzt nach der Arbeit im Bus und möchte heim, um sich endlich ihrem Lieblingspodcast anhören zu können. Doch ihr Freund nervt sie mit Anrufen und Nachrichten, da er ihre Liebe zu dem Podcast nicht nachvollziehen kann. Er sieht in dem Podcaster und Coaching-Experte Marc Maria Hagen ein Bedrohung und könnte damit Recht haben.
Kommissarin Carola Barreis hat Royas Hilferuf vernommen und begibt sich an den vermeintlichen Ort des Selbstmordes. Sie findet eine Tote. Aber ob es wirklich Selbstmord war ist fraglich. Ein Geräusch im Unterholz schreckt die Kommissarin auf. Kommissarin Barreis beginnt zu ermitteln und gerät schnell in ein Lügengespinst, das böser nicht sein könnte.

Drei Frauen, drei mal Angst. Ein wirklich gelungener Einstieg in das neue Buch von Andreas Winkelmann. Und das war wirklich nur der Einstieg. Denn Andreas Winkelmann feuert mal wieder ein Feuerwerk an Spannung, Brutalität und Angst ab, das mich von der ersten Seite an fesselte. Zu gerne begab ich mich mit der sehr speziellen Kommissarin Carola Barreis auf Spurensuche. Vom Leben jeglicher Illusionen beraubt, glaubt Carola einzig an das Schlechte im Menschen und hat damit mehr als recht. Trotzdem mag ich ihre Ermittlungsarbeit und ihre knauzige Art sehr. Denn ihr Ziel, das Böse Dingfest zu machen, verliert sie keine Sekunde aus den Augen. Sind die Wege zu diesem Ziel auch eher - nennen wir es mal - ungewöhnlich.
Da ist die Journalistin Roya Mayer schon ein anderes Kaliber. Wie ein Pitbull verbeißt sie sich zwar auch in ihre Ermittlungen, aber der Antrieb ist wesentlich persönlicher. Sie verlor nicht nur Mutter und Schwester, sondern auch ihren Vater. Allein auf sich gestellt, hat sie den selbst ernannten Coaching Experten und Podcast-Gurus den Kampf angesagt. Denn sie wollen nur an das Geld ihrer Opfer und verlieren aus dem Blick, dass hinter dem Geld Leben, Schicksale und Hoffnungen stehen. Oder nehmen billigend in Kauf, dass sie ihre Mitmenschen quälen und in den Tod treiben. Roya Mayer geht dagegen vor, speziell gegen den Podcast Hörgefühlt und Marc Maria Hagen und stößt auf ein dunkle Wahrheit.
Die dritte Frau im Bunde, Sarah Henschel scheint auf den ersten Blicke einfach nur ein Opfer von Marc Maria Hagen zu sein. Doch sie ist so viel mehr. Steht sie doch stellvertretend für alle Opfer dieser Möchtegern-Gurus. Sie ist nicht schwach oder verletzt, sie ist einfach ein Mensch, der zuhört und Anleitung gerne annimmt. Eine ganz normale Frau, die Lebenstipps gerne annimmt und um setzt, ohne zu sehen, dass sie auf ihr Verderben zusteuert.

Um es kurz zu machen, Andreas Winkelmann hat mal wieder einen sehr spannenden und mitreißenden Thriller kreiert, der mit verblüffenden und unvorhersehbaren Wendungen glänzen konnte. Das ganze Buch über konnte ich mit rätseln und fiebern, ging Beziehungen zu den Protagonistinnen ein und genoss das Geschriebene in vollen Zügen. Einzig der Schluss kam etwas überraschend; ein Ende, mit dem ich nie gerechnet hätte.

Mein Fazit
Ein verzwickter Kriminalfall mit überraschenden Wendungen. Interessant zum Lesen und mit Rätseln.

Bewertung vom 18.06.2022
Das U-Boot
Leister, Hans

Das U-Boot


sehr gut

Leah leistet ihren Wehrdienst beim israelischen Militär ab. Als sie für die Besatzung des ersten, rein aus Frauen bestehenden U-Bootes ausgewählt wird, kann sie ihr Glück kaum fassen. Und dass diese Entscheidung tatsächlich über Leben und Tod entscheiden wird, damit hätte die junge Frau nie gerechnet. Denn als die Erde von einer nie dagewesenen Katastrophe überrollt wird, überlebt Leah und die Besatzung des U-Bootes wie durch ein Wunder.
Tarik ist ausgebildeter Ingenieur und wird als Tunnelbauer rekrutiert. Liegt ihm am Leben seiner Familie, baut er Tunnel zwischen Gaza und Ägypten. Nur seiner baulichen Akribie ist es zu verdanken, dass er und seine Tochter die Katastrophe in einem Tunnel überleben.

Das Coverbild zeigt ein U-Boot in aufgewühlter See. Eigentlich schlicht gehalten, spiegelt es unglaublich viel des Inhalt des Buches wieder: Die Unruhe, das drohende Unglück, Hoffnung und Neubeginn. Auf mich wirkt es stark und unbeugsam und war ausschlaggebend, warum ich zu diesem Buch gegriffen habe.

Hans Leister hat einen sehr interessanten und spannenden Schreibstil, der mir schlaflose Nächte bereitete. Mit klaren und doch nachdenklich stimmenden Worten schildert er das Leben auf einem U-Boot, die harte Ausbildung, das Miteinander und die eigentliche Mission, über die ich mir bisher noch nie Gedanken gemacht habe. Ja, es gibt U-Boot und ja, es gibt Atommächte. Aber eine Verknüpfung habe ich bisher nicht hergestellt, dabei ist es doch so offensichtlich. Durch die Weltmeere schippernde Abschussrampen mit Zielen auf die Großstädte dieser Welt. Traurig und erschreckend, gerade in diesen Zeiten! Hans Leister mischt technische Beschreibung mit menschlichen Erfahrungen gekonnt, so dass ich mir ohne Probleme ein Leben auf einem U-Boot vorstellen konnte. Aber auch die Tränen, die Hoffnungen und das Leben der einzelnen Menschen, die so einen Koloss durch die Weltmeere schippern.
Auf der anderen Seite wird der Kampf im Gazastreifen geschildert. Was die Menschen dort antreibt, der Hass der Menschen gegen die andere Seite, die Verbitterung und die Hoffnung auf Besserung. Das schier blinde Vertrauen, dass dieser Krieg irgendwann ein gutes Ende nehmen wird. Ich habe in den Medien schon öfter von den Tunneln gehört, die das Land mit Lebensmitteln, Menschen, Tieren und Baumaterial versorgen, aber Hans Leister gelingt es, dieser Schilderung ein Gesicht zu verleihen. Es menschlich zu machen.

Die ständigen Wechsel zwischen der Jüdin Leah und dem Moslem Tarik sind dem Autor gut gelungen. Nicht nur ihr Schicksals beschreibt er, sondern er schildert die beiden Personen stellvertretend für einen Großteil der Menschheit. Zwei ganz normale Menschen, die ihren Alltag leben, sich Träume ermöglichen, Ziele setzen und vielleicht in diesem Fall, ein etwas außergewöhnlicheres Leben führen als du und ich. Aber trotzdem wünschen sie sich Glück für ihre Familien und ein sicheres Leben und dafür tun sie alles.
Voller atemloser Spannung flog der Text an mir vorbei und ich erlebt harte Schicksalsschläge und Abenteuer mit Leah und Tarik, aber die eigentliche Ursache blieb für mich leider zu sehr im Dunkeln. Der Handlung war es zwar egal, was zu dieser weltweiten Katastrophe führt, meine Neugierde hätte es jedoch befriedigt. Zudem hätte ich mir eine ausführlichere Beschreibung der Auswirkungen gewünscht, um für mich die Geschichte abzurunden.

Mein Fazit
Ein grandioses, spannendes und interessantes Buch!

Bewertung vom 18.06.2022
Als das Böse kam
Menger, Ivar Leon

Als das Böse kam


sehr gut

Juno und Boy wachsen zusammen mit ihren Eltern auf einer einsamen Insel mitten im Nirgendwo auf. Sie müssen sich still und vorsichtig verhalten, denn auf der anderen Seite des Wasser lauern Feinde, die sie töten wollen. Ihr Leben ist geprägt von Eintönigkeit und Angst und mit der Gewissheit, dass bei Entdeckung der Tod oder Schlimmeres droht. Doch was lauert wirklich auf der anderen Seite?

Ein blaues Holzhaus mitten im Wald. Von hohen Bäumen umsäumt, wirkt es düster und beklemmend auf mich, statt behaglich. Die Farbwahl ist dunkel gehalten, auch wenn eins der Fenster hell erleuchtet ist und somit eigentlich einladend wirken könnte. Doch irgendwie musste ich an das Lebkuchenhäuschen und die böse Hexe denken, die voller List und Bosheit auf willige Opfer wartet.

Ivar Leon Menger schreibt spannend und mitreißend! Er hat es ohne Probleme geschafft, den Spannungsbogen durchweg hoch zu halten und mich an seine Geschichte zu fesseln. Die Schilderung der Landschaft, der Natur und des Lebens der Familie ist ihm grandios gelungen. Ich fühlte mich wohl in der Umgebung, auch wenn ein latentes Gefühl der Bedrohung sich nicht abschütteln ließ. Ein einsames, aber schönes Leben. Wenn, ja wenn nicht die Bedrohung auf der anderen Seite des Wassers lauern würde. Ich muss gestehen, dass ich sehr lange überlegt habe, was diese Bedrohung sein könnte und vor allem, wann das Buch überhaupt spielt! Und dieses Rätselraten machte das Lesen noch spannender und interessanter! Erst nach und nach offenbarte Ivar Leon Menger das ganze Ausmaß der Bösartigkeit, die mir unter die Haut ging. Denn nichts, wirklich gar nichts ist so, wie es scheint!

Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht Juno. Ein 16jähriges Mädchen, das mit ihren Eltern und ihrem Bruder Boy auf einer einsamen Insel lebt. Das Leben ist schön, wenn auch eintönig. Doch Juno vermisst nichts, kennt sie doch nur ihr kleine Eiland. Doch es muss mehr geben, dass wird ihr immer bewusster, besonders in den Momenten, wenn Onkel Ole die Insel betritt. Außerdem erzählen ihre Eltern von einer anderen Welt, die bedrohlich am anderen Ufer lauert. Eine Welt voller Gefahren, denn ihr Vater hat als wahrer Held gehandelt und wird seit dem von den Fremdlingen verfolgt und von den Wächtern beschützt. Doch wer sind die Fremden und wer die Wächter? Die Neugierde plagt Juno. Sie will unbedingt die Insel verlassen und stellt alles in Frage, was sie seit Kindesbeinen von ihren Eltern gelernt hat. Von dem folgsamen Mädchen wandelt Juno sich zur rebellischen jungen Frau. Diese Entwicklung verfolgte ich mit Spannung, aber auch mit Sorge.

Mein Fazit
Ein Thriller mit vielen überraschenden Wendungen! Kaum Zeit zum Luft holen und absolut lesenswert!

Bewertung vom 16.06.2022
Inselluft
Hansen, Jette

Inselluft


sehr gut

Sarah flüchtet vor ihrer Vergangenheit auf die Insel Föhr. Sie hat eine befristete Stelle für ein halbes Jahr als Postbotin ergattert und nutzt die Zeit, um ihre Gedanken und Gefühl neu zu ordnen. Da kommt ihr die Ablenkung von zwei gut aussehenden Typen gerade recht. Oder auch nicht? Denn plötzlich droht Sarah die Vergangenheit einzuholen. Ist endlich der Moment gekommen, in dem sie sich allem stellen kann?

Das Cover zeigt ein typisches, wunderschönes Friesenhaus, das zum Träumen einlädt. Ein Sandweg, gesäumt von Büschen und Gras führt darauf zu und im Hintergrund spiegelt das Meer den wilden Himmel. Auf mich wirkt das Bild direkt beruhigend und ich fühle mich angekommen. Zusammen mit dem Klapptext war es ausschlaggebend, dass ich zu diesem Buch gegriffen habe.

Jette Hansen hat einen ruhigen, gut zu lesenden Schreibstil. Sie schildert die kleineren und größeren Katastrophen im Leben der Postbotin Sarah interessant und berührend. Ich fühlte mich mit Sarah sofort verbunden, da sie aus meinem Geburtsort stammt und in meinen Sehnsuchtsort auswandert. Deswegen war und ist Inselluft etwas besonderes für mich. Auch Sarahs Art, auf Menschen zuzugehen und Kontakte zu knüpfen, ist mir nicht fremd, so dass es mir mehr als leicht fiel, eine Verbindung mit ihr einzugehen. Ich mag Sarahs lockere Art, die gleichzeitig Tiefgang hat. Sie findet schnell Bekannte, ist aber auch fähig zu einer tieferen Bindung. Eine Powerfrau eben, die aber nicht überdreht wirkt. Mir machte es wahnsinnig viel Freude, gemeinsam mit Sarah Föhr zu erkunden, da Jette Hansen ein wunderbares Talent dafür hat, Orte und die Natur zu beschreiben.
Natürlich darf ein bisschen Drama nicht fehlen, was dem Buch Würze und ein gewisses Maß an Spannung verlieh. Sarah flüchtet vor ihrer Vergangenheit auf die Insel und merkt schnell, dass auch dort nicht alles rund läuft. Doch irgendwie gelingt es ihr endlich, mit sich ins reine zu kommen, anderen zu helfen und eine andere Perspektive auf ihr Leben zu bekommen.

Mein Fazit
Inselluft ist für mich die perfekte Urlaubslektüre! Meer, Sand, Seeluft, Freundschaft, Drama und viel gute Laune!

Bewertung vom 15.05.2022
Schmelzpunkt
Harlander, Wolf

Schmelzpunkt


sehr gut

Grönland, wunderbar und unnahbar zu gleich. Hier arbeitet der Inuit Nanoq Egede als Touristenführer. Er lebt zusammen mit seiner Schwester in einem kleinen Häuschen; sein Hobby: drei Fichten, die er unbedingt am Leben erhalten will. Die ersten Bäume in Grönland seit der Zeit der Wikinger. Ein beschauliches, ein ruhiges und friedliches Leben im Einklang mit der Natur. Bis dieses letzte Paradies unwiederbringlich zerstört werden soll. Und das nicht nur vom Klimawandel...
In Berlin hingegen wird die städtische Luft für die beiden BND Mitarbeiter Nelson und Diana angeblich zu stickig. Ihr Chef schickt sie nach Grönland, getarnt als Landvermesser, sollen sie merkwürdige Vorkommnisse untersuchen, die mehr als nur ein Fischsterben sein könnten. Und zwar viel mehr...
Beide Parteien finden Unterstützung und Hilfe durch die Biologin Dr. Hanna Jordan. Doch was der Touristenführer der Inuit, zwei Agenten des BND und eine Biologin des Alfred-Wegener-Institutes wirklich zu Verbündeten macht, damit hätte keiner gerechnet!

Das Cover zeigt einen Ort mitten in der Arktis. Gegen Eisbären ist er umzäunt, es herrscht Dunkelheit und Leben ist auf den ersten Blick nicht erkennbar. Ein tiefer Riss im Eis arbeitet sich auf die kleine Siedlung vor und droht diese unwiederbringlich in die Tiefe zu reißen. Auf mich wirkt dieses Bild nicht nur bedrohlich, sondern es jagt auch einen eisigen Schauer über meinen Rücken. Es passt somit sehr gut zum Inhalt des Buches, da es Spannung verspricht.

Ich habe schon mehrere Bücher von Wolf Harlander gelesen und fand jedes spannend und toll. Und ebenso erging es mir mit Schmelzpunkt! Atemlose Spannung, gnadenlose Action und interessante Charaktere machten das Buch für mich genauso interessant wie die wunderbar beschriebene Landschaft Grönlands und der Arktis. Es ist die Mischung aus gut recherchierten Fakten und spannender Fiktion, die Wolf Harlanders neues Buch mal wieder zu einem Blockbuster werden ließ. Bildlich konnte ich mir das ewige Eis vorstellen, diese unendliche Weite und vor allem die Stille und die Kälte. Ein unfassbar erhabenes Gefühl. Bis sich ein Touristendampfer ins Bild schob, Menschen aus lud, die laut über das Eis trampelten und keinen Blick für die Natur hatten, sondern diese nur durch die Linse ihrer Kameras betrachteten, auf ihr Handydisplay starrten und auf der Jagd nach dem besten Selfie waren. Der Autor machte deutlich, dass wenn schon was im Kleinen nicht stimmt, auch das Große es nicht richten kann.
Denn die Gier der Menschen nach Rohstoffen ist unersättlich. Die Konzerne gehen im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen, um an seltene Erden und das letzte Fitzelchen Öl zu gelangen. "Nach mir die Sintflut" scheint hier ein passender Ausspruch, denn das Eis schmilzt. Vieles, das Wolf Harlander in seinem Thriller beschrieben hat, musste ich im Internet nachlesen und konnte nicht fassen, dass es keine wilde Fiktion des Autors ist, sondern nackte Realität! Und trotzdem kam der Unterhaltungsfaktor nicht zu kurz. Für mich brannten sich die Tatsachen ins Gedächtnis; so erschreckend sie auch sind.

Und passend dazu, kreierte Wolf Harlander sehr interessante Charaktere, zu denen ich schnell und problemlos eine Beziehung aufbauen konnte. Egal ob das zwei ambitioniert BND Agenten waren, eine Biologin oder ein Inuit. In Schmelzpunkt treffen unterschiedlichste Menschen aufeinander, die ein verbindet: Die Liebe zur Natur, zu unserem Planeten. Sie sind keine Umweltaktivisten, sondern decken gnadenlos auf, was schief läuft. Tatsachen, die nicht weg zu diskutieren sind. Aber zu ignorieren. Zu welchem Preis, wird sich zeigen. Selten hat der Spruch (vermutlich der Cree) „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ so gut gepasst.

Mein Fazit
Der Beginn und über weite Teile des Buches ein absoluter Blockbuster! Das Ende hingegen war anders als erwartet. Ein starkes Werk des Autors, das Lust auf m

Bewertung vom 18.04.2022
Der Tod macht Urlaub in Schweden
Motte, Anders de la;Nilsson, Måns

Der Tod macht Urlaub in Schweden


sehr gut

Endlich hat es Kriminalkommissar Peter Vinston geschafft, seine Exfrau Christina und ihre gemeinsame Tochter Amanda in ihrer neuen Heimat zu besuchen. Nicht ganz freiwillig, denn Vinston ist wegen seiner immer wieder kehrenden Ohnmachtsanfälle krankgeschrieben, für einen Kriminalkommissar nicht gerade förderlich ist. Doch kaum ist er in Österlen angekommen, wird die berühmte und nicht allseits beliebte Immobilienmaklerin Jessie Anderson tot in ihrem Vorzeigeobjekt aufgefunden. Peter Vinston soll der kauzigen Kriminalassistentin Tove Esping bei ihrer ersten Mordermittlung hilfreich zur Seite stehen.

Das Cover zeigt ein typisches rotes Schwedenhaus mit einer grünen Haustür und weißen Fenstern. Von einer wilde wachsenden Wiese umrahmt, im Hintergrund das freundliche schimmernde Meer mit Booten und einem kleinen Pfad, auf dem vereinzelt Blutspritzer zu sehen sind. Das Bild wirkt heimelig, gemütlich und durch das Blut ein wenig bedrohlich. Es lud direkt zum Zugreifen ein und versprach eine leichte Sommerlektüre mit Spannungsfaktor.

Das Autoren-Duo Anders de la Motte und Mans Nilsson haben mich mit ihrem lockeren und humoristischen Schreibstil sofort überzeugt. Schnell wurde mir klar, dass hier kein trockener, verstaubter Krimi vorliegt, sondern ein lustiges und spannendes Werk! Voller Elan und mit Liebe zum Detail stürzt sich das ungleiche Ermittlerduo - und ich gleich mit - in die Aufklärung des Mordfalls. Oder Unfalls. Oder Mordunfalls.

Anders de la Motte und Mans Nilsson entführten mich zwar in ein mörderisches Schweden, aber es fehlte zum Glück das düstere und beklemmende, was ich oft mit skandinavischen Krimis in Verbindung bringe. Trotz des Todesfalls ist hier die Atmosphäre locker, ja regelrecht freundlich, was eindeutig durch die tollen Charaktere erzielt wird. Denn der Kommissar ist kein muffiger alter Knochen mit Problemen, die die Schultern bis zum Boden drücken und sein Helferlein kein Neuling, der die Welt verbessern will.

Ganz im Gegenteil! Ihre Protagonisten konnten mich sofort überzeugen und ich begann, eine lockere Verbindung zu ihnen aufzubauen. Besonders gefallen haben mir die unterschiedlichen ; Charaktereigenschaften: locker, anstrengend, nervig, lustig, bärbeißig und vieles mehr. Für mich lebt dieser Krimi eindeutig durch das Ermittlerduo Vinston und Esping, die zwar beide ihre Eigenarten haben, sich aber nicht unangenehm in den Vordergrund drängen.

Mein Fazit
Auf mich wirkt das ganze Buch harmonisch abgestimmt und alles passt wunderbar zusammen. Interessante Ermittlung, tolle Personen und Rätselraten bis zum Schluss! Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung!

Bewertung vom 17.04.2022
Die Sommerschwestern Bd.1
Peetz, Monika

Die Sommerschwestern Bd.1


ausgezeichnet

Vier Schwestern wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, werden von ihrer Mutter nach Holland eingeladen. Warum, weiß keine von ihnen und sie ergehen sich in wilden Spekulationen. Aber auch in Vorfreude, endlich wieder mit der Familie zusammen zu kommen. Denn in Bergen haben die Schwestern Doro, Yella, Helen und Amelie ihre schönsten Ferien verbringen dürfen. Bis zum Tod ihres Vaters...

Das Cover zeigt eine der vier Sommerschwestern. Sie steht dem Meer zugewandt, mit dem Rücken zum Betrachter. Sehnsuchtsvoll blickt sie in die Weite, ihr Körper scheint eine Mischung aus vergangenen Freuden, unsicherer Zukunft und Nachdenklichkeit auszudrücken. Ich finde es wunderschön, hätte aber mit einem lebhafteren Bild gerechnet und es auch schöner gefunden, statt des nachdenklichen. Trotzdem machte es mich neugierig auf das Buch und war mit ein Grund, warum ich nach diesem griff.

Monika Peetz schätze ich als Autorin sehr. Ich liebe ihre lockeren Schreibstil, der erst auf den zweiten Blick viel tiefgründiger ist, als gedacht. Sie schreibt lebendig und ich schaffte es auch hier wieder ohne Probleme, mich sofort in die vier Schwestern hineinzuversetzen und mit ihnen zu lachen und in Rätselraten ob der mysteriösen Einladung zu schwelgen. Monika Peetz erschafft eine Wohlfühlatmosphäre, der ich mich sehr gerne ergab. Die Autorin schreibt mal wohlig berührend, dann wieder schonungslos ehrlich mit einem Touch Verletztheit, aber immer mitreißend. Mir fiel es denkbar schwer, das Buch auch nur kurz aus der Hand zu legen und die Schwestern allein zu lassen.

Denn die vier Mädels sind Monika Peetz einfach großartig gelungen! Jede ist einzigartig und wenn es drauf ankommt, sind sie doch eine Einheit, so schwer es ihnen auch fallen mag. Doro als Älteste, hat auf den ersten Blick alles im Griff. Sie ist Kostümbildnerin, kleidet Stars und Sternchen ein und erledigt alles im Laufschritt; selbst ihre Ehe mit Fels in der Brandung Ludwig, Kindererziehung und telefonieren. Stillstand scheint für die Powerfrau ein no go zu sein. Yella ist ebenfalls Managerin. Allerdings von ihrem kleinen Familienunternehmen: Sie geht arbeiten, damit ihr Mann David seinen Roman beenden kann und kümmert sich um die gemeinsamen Söhne. Sie sieht sich gerne und oft in der Opferroll, da sie anscheinend alles alleine machen muss und keiner Rücksicht auf sie nimmt. Helen ist die nüchterne Wissenschaftlerin, die die Welt einzig durch ein Mikroskop zu betrachten scheint. Liebe ist auch nur ein chemischer Botenstoff, der durch den Körper pulst und hat nichts mit Herz zu tun. Doch als ihr Dauerfreund ihr einen Heiratsantrag macht, gerät ihre klar strukturierte Welt ins Wanken. Amelie lebt nur von heute auf morgen. Sie probiert alles, einfach alles aus, Bindungen in jeglicher Form sind ihr nicht geheuer und Geld hat man, oder eben nicht. Doch ist das ganze Leben wirklich nur Spaß und Tollerei?
Unterschiedlicher können Schwestern einfach nicht sein. Und doch bringt der Urlaub in Bergen sie näher zusammen, als sie jemals für möglich gehalten hätten. Neben des Rätselratens, warum ihre Mutter die Einladung aussprach, kommen Kindheitserinnerung hoch. Seit dem Unfalltod ihres Vaters waren die Frauen nicht mehr in Holland und jede scheint andere Erinnerungen an die Zeit zu haben. Doch eins eint sie: Sie sind die Sommerschwestern!

Mein Fazit

Locker, leicht, lebendig! Und doch voller Tiefgang und Gefühlen. Wie der Sommer eben! Ich liebe dieses Buch einfach!

Bewertung vom 07.04.2022
Schallplattensommer
Bronsky, Alina

Schallplattensommer


sehr gut

Maserati hilft ihrer Großmutter, die gemeinsame Gaststätte am Laufen zu halten. Während Oma in der Küche steht, bedient Maserati die Kunden und hält kleine Pläuschchen mit ihnen; ob sie will oder nicht. Die Gaststätte ich alles, was die beiden haben. Als eine neue Familie die Nachbarsvilla kauft, ist es vorbei mit der Ruhe und dem Frieden. Theo und Caspar treten in Maseratis Leben und bringen es gehörig durcheinander. Denn Maserati versucht unter dem Radar zu bleiben; wegen ihrer Mutter, aber besonders wegen ihrer Oma, für die jede Aufregung Gift ist.

Alina Bronskys Schreibstil gefällt mir sehr gut. Sie schreibt lebendig, spannend und macht Lust auf mehr! Allein der ungewöhnliche Name Maserati weckte meine Interesse an der jungen Frau, von ihrer herrlich geheimnisvollen Ader ganz zu schweigen. Sie gibt sich wortkarg und eigenbrödlerisch und möchte die neu hinzugezogenen Nachbarsjungen Theo und Caspar damit abschrecken. Doch das Gegenteil geschieht, denn Maserati weckt genau dadurch das Interesse der Jungs. Das Wunder geschieht, Maserati gönnt sich den Traum von Unbeschwertheit; zumindest einen Sommer lang. Sie gibt sich genauso jung, wie sie eigentlich auf dem Papier ist! Doch die Verantwortung drückt das junge Mädchen immer wieder nieder; ihre Mutter ist von Skandalen umweht, ihren Bruder kennt sie kaum und Oma leidet unter einer beginnenden Demenz, die ihre hässlichen Krallen immer tiefer und tiefer in die Familie schlägt. All dies versucht Maserati allein zu stemmen, sie kann und will keine Hilfe von anderen annehmen.

Mit Maserati hat Alina Bronsky eine wunderbare Heldin geschaffen, die mir schnell nahbar wurde, wie eine gute Bekannte. Denn Maserati hat kein Schicksal, was weit entfernt irgendwie eventuell vielleicht mal jemanden treffen könnte, sondern sie ist im hier und jetzt. Ob das Buch in Europa, Amerika oder sonst wo spielt, ist einerlei. Einzig das Leben dieses jungen Mädchens steht im Vordergrund. Ihre Leiden, ihr Lachen, ihr Leben und ja, auch die Unbesiegbarkeit und Unsterblichkeit der Jugend. Zwischen all ihren Sorgen, Nöten und Ängsten lässt Maserati die Unbeschwertheit eines Sommers zu. Wohin sie der Weg führen wird, ob in ein schönes oder ein tragisches Leben, bleibt genauso offen, wie dein und mein Leben. Alina Bronsky zeigt Möglichkeiten auf, den Weg beschreiten muss die Protagonistin selber. Sie bekommt alles nötige an die Hand, die Tür öffnen und hindurchschreiten, ist ihr überlassen.

Mein Fazit

Ein Buch über die Geschichte eines Sommers - eines Lebens und vielen Möglichkeiten, die genutzt werden können. Ein ganz nah Buch, das mich berührt und verzaubert hat.