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Buecherundschokolade

Bewertungen

Insgesamt 121 Bewertungen
Bewertung vom 23.06.2023
Die Neapolitanische Saga 1: Meine geniale Freundin
Ferrante, Elena

Die Neapolitanische Saga 1: Meine geniale Freundin


sehr gut

Meine geniale Freundin ist eine tolle Geschichte über Freundschaft, das Aufwachsen in ärmlichen Umständen im Italien der 1950er, das Erwachsenwerden, den Kampf um den sozialen Aufstieg, Neapel und vieles mehr. Dieses Buch versucht der Geschichte als Graphic Novel eine neue Facette abzugewinnen. Und das gelingt durchaus gut. Unaufdringliche Bildsprache und schöne Ideen machen es Lesens- und betrachtenswert, auch wenn man das Original schon kennt und schätzt. Wir sind sehr gespannt auf die weiteren Bände und darauf mehr über Lilas und Elenas weiteres Leben im Stil eines Comics zu erfahren. Kein bisschen sentimental, dafür mit hohem Suchpotenzial und mitreißend umgesetzt und man kann sich nach Italien versetzen lassen, ganz ohne lange Anreise. Daher eine Empfehlung für diese Graphic Novel, auch wenn mir der Roman noch besser gefallen hat.

Bewertung vom 01.06.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Von T. C. Boyle habe ich bisher noch keine schlechte Zeile gelesen und auch sein neuer Roman Blue Skies hat mich durchgehend gefesselt.

Der Anfang ist ganz verhalten, eine Schlange als Spontankauf.

Doch bereits hiermit werden Ereignisse in Gang gesetzt, die zur Katastrophe führen müssen. So wie das ganze Buch aus lauter Katastrophen zu bestehen scheint.

Die Schlangenkäuferin und Möchtegerninfluencerin Cat lebt in einem Strandhaus in Florida, das ihr Freund Todd geerbt hat. Klingt traumhaft, wären da nicht stetig stärkere Stürme, Hochwasser und Termiten. Demgegenüber lebt ihr Bruder Cooper, ein auf Schmetterlinge spezialisierter Biologe, im dürren Kalifornien, wo sich nur noch Zecken prächtig vermehren und immer gefährlichere Krankheiten übertragen. Auch mit von der Partie: die Eltern der beiden, Frank und Ottilie, die versuchen ihre Ernährung auf Heuschrecken umzustellen, während um sie herum alles von Waldbränden und einem großen Insektensterben geplagt wird.

Kunstvoll verwebt Boyle die drastischen Folgen des Klimawandels und des Verlusts an Biodiversität mit dem persönlichen Schicksal seiner Figuren. Für diese konnte ich zugegebenermaßen lange Zeit wenig Sympathie aufbringen (zu selbstsüchtig und teilweise hohl das ihr Verhalten). Erst gegen Ende dieser realen Dystopie (Roboterbienen!!! Leider schon Realität) konnte ich mich dazu durchringen mit manchen von ihnen mitzufühlen.

Dieses Buch trifft den Leser dennoch hart, unbewusst fragt man sich, wie sich die Entwicklungen auf einen selbst und auf die eigenen Kinder noch auswirken werden…

Ein niederschmetternder Roman - mit teilweise sehr heftigen Szenen - zur Vorbereitung auf die kommenden Jahre und Jahrzehnte. Hervorragend geschrieben und im typischen Boyle-Ton, wobei besonders die schreckliche Beiläufigkeit des Weltuntergangs erschüttert, all verschlingend, gleich dem Tigerpython der einen in Hühnerbrühe aufgetauten Flauschie herunterwürgt…

Ein sehr empfehlenswertes Buch, wenn auch nicht sein größter Roman.

Bewertung vom 24.05.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


ausgezeichnet

Als Darwin aus Verzweiflung eine Arbeit auf dem großen Friedhof Fidelis im (fiktiven) Port Angeles auf der Insel Trinidad annimmt, handelt er gegen seinen Rastafariglauben und gerät schnell in die dunklen Machenschaften der anderen Totengräber. Gleichzeitig wird er von Visionen heimgesucht und als er auf die schöne Yejide trifft, erkennt er sie aus diesen wieder. Yejide wird wiederum von ihren eigenen Dämonen geplagt, ist doch nach dem Tod ihrer lieblosen Mutter deren Fähigkeit, die Toten und auch die verbleibende Lebenszeit der Lebenden wahrzunehmen, auf sie übergegangen. Während die beiden sich ineinander verlieben und sich nach einem gemeinsamen, normalen Leben sehnen, überschlagen sich die Ereignisse…

Ayanna Lloyd Banwo gelingt mit ihrem Debütroman Als wir Vögel waren ein magisches Werk, welches das spirituelle Erbe und die gesellschaftliche Realität des Karibikstaates Trinidad und Tobago meisterhaft einfängt und gleichzeitig eine wunderschöne, nicht kitschige Liebesgeschichte erzählt, die mich berührt hat. Ein karibischer Roman jenseits von Palmenstränden und Kreuzfahrtschiffen, dem man den Einfluss des magischen Realismus südamerikanischer Prägung deutlich anmerkt. Ein gut geschriebenes Buch, das ich nur wärmstens empfehlen kann.

Bewertung vom 17.05.2023
Gidget. Mein Sommer in Malibu
Kohner, Frederick

Gidget. Mein Sommer in Malibu


sehr gut

Ich hatte einige negative Rezensionen über Gidget gelesen und dementsprechend waren meine Erwartungen sicher etwas herabgesetzt.



Ich würde auch nicht so weit gehen, dass ich diesen kurzen Roman in eine Reihe mit Der Fänger im Roggen (so etwa zeitgenössische Kritiken) stellen würde, aber tatsächlich hat er mich gut unterhalten.



Auf den Erlebnissen seiner Tochter Kathy basierend hat der österreichisch-amerikanische Drehbuchautor Frederick Kohner 1957 in nur 6 Wochen einen Jugendroman geformt, der später in Hollywood als Film und Serie (u.a. mit Sally Field) verfilmt wurde und ebenso wie das Buch sehr erfolgreich war. Zudem löste Gidget einen Surfboom aus, der dazu beitrug, das Wellenreiten zum Breitensport zu machen.



In dem Roman entdeckt die 15-jährige Franzie, nachdem sie beinahe ertrinkt und von einem arroganten Surfer namens Moondoggie gerettet wird, ihre Leidenschaft fürs Surfen und versucht Anschluss an die Surfcrew am Strand von Malibu zu finden. Diese nehmen sie zunächst nicht für voll, was ihr auch den Spitznamen Gidget einträgt (Kofferwort aus den englischen Wörtern für Mädchen und Zwerg). Mit der Zeit behauptet sie sich aber, wird eine gute Surferin und Herzschmerz und Verwicklungen aller Art gibt es natürlich auch. Dieses Buch atmet dabei den Geist der 1950er, als es noch Backfische und Halbstarke gab (gibt es die heute eigentlich noch?).

Die Sprache ist bewusst auf „jugendlich“ getrimmt, was mich aber nicht gestört hat, es ist auch eher 50er-Jahre-Jugendsprache. Insgesamt ist Gidget ein leichter Sommerroman, der mich zwei Stunden lang gut unterhalten hat.

Bewertung vom 23.04.2023
Morgen und für immer
Meta, Ermal

Morgen und für immer


ausgezeichnet

Der italienisch-albanische Cantautore und Songwriter Ermal Meta erzählt in seinem literarischen Debüt eine albanische Familiengeschichte im Laufe von 50 Jahren, vom 2. Weltkrieg bis zum Fall des eisernen Vorhangs.

1942: Der fünfjährige Kajan lebt bei seinem Großvater in einer bergigen Region Albaniens, während seine Eltern als Partisanen gegen die deutschen Besatzer kämpfen. Das Leben des Jungen ändert sich, als er und sein Großvater dem Wehrmachtsdeserteur Cornelius das Leben retten und sie diesen fortan verstecken. Der Junge lernt von ihm nicht nur Deutsch mit sächsischem Einschlag, sondern auch das Klavierspielen. In den 50ern steigt Kajan zum gefeierten Pianistin in der kommunistischen Diktatur auf und verliebt sich in seine Schülerin Elizabeta. Doch seine Mutter, eine Heldin der Partei, hintertreibt die Beziehung zur Tochter eines hingerichteten Kollaborateurs.

Als Kajan nach Ostberlin geschickt wird, um dort Enver Hodschas Albanien bei einem Konzert zu repräsentieren, wendet sich sein Schicksal als er unfreiwillig in einen Fluchtversuch gerät und sich unverhofft im Westen wiederfindet. Ein halbes Leben später verlässt er seine neue Heimat, die USA, und kehrt nach Albanien zurück. Eine folgenschwere Entscheidung…

Ermal Meta erschafft eine verschlungene Geschichte über Familie und Verrat, Freiheit und Unterdrückung, Liebe, Musik und die Zufälle, die manchmal dem Leben eine ganz andere Richtung geben.

Dabei hatte ich am Anfang Bedenken, ob mir der Roman zu kitschig sein könnte, aber es kam zum Glück anders. Ich habe mich von der spannenden Handlung mitreißen lassen und war auch von der Musikalität begeistert, die das Buch auf vielen Seiten durchzieht, von Ravels Gaspard de la nuit bis hin zum Jazz in einer verrauchten Bar in New Orlenas. Der Autor schildert auch sehr anschaulich, vor allem die Brutalität von Hodschas Polizei- und Folterapparat kommt dabei nicht zu kurz.

Insgesamt daher von mir für einen Erstling ein ehrliches Chapeau und Dank für die gelungene Unterhaltung.

Bewertung vom 10.04.2023
Going Zero
Mccarten, Anthony

Going Zero


ausgezeichnet

Der neuseeländische Schriftsteller Anthony McCarten versteht es wie kein zweiter einen ungewöhnliche Stoff aufzugreifen und diesen in eine hochspannende Lektüre umzumünzen. Ob es um die Flucht in ein Videospiel geht (Ganz normale Helden) oder Vielehe und Rassismus (Englischer Harem), McCarten ist bei der Auswahl seiner Themen so vielseitig wie kaum ein anderer. Auch seine Drehbücher überzeugen und brachten ihm immerhin schon eine Oscar-Nominierung ein.

In seinem aktuellen Roman Going Zero schickt er die Bibliothekarin Kaitlyn ins Rennen um 3 Million Dollar. Bedingung? Untertauchen und 30 Tage nicht von dem im Betatest befindlichen Gemeinschaftsüberwachungsprojekt FUSION von CIA und dem Internetkonzern WorldShare aufgespürt werden. Hinter WorldShare steckt der skrupellose Cy Baxter, der sich vom gemobbten Kind zum bewunderten Milliardär hochgearbeitet hat und für den der Bücherwurm Kaitlyn alias Zero 10 als leichte Beute erscheint.

Doch sie hat es auf etwas anderes als das Preisgeld abgesehen…

Am Anfang dachte ich schon: Die nächste Dystopie. Aber dieses Buch hat es faustdick hinter den Ohren und entpuppt sich als veritabler Spionagethriller in der (geistigen) Tradition John le Carrés. Vielleicht nicht ganz der Großmeister, aber durchgehend spannend und gut geschrieben. Man fiebert mit der Protagonistin und ich habe das Buch dieses Wochenende überall mit hingenommen, sogar zum Zähneputzen, was als gutes Zeichen gelten darf. Die enthaltene Technologiekritik ist dabei fundiert, ohne dogmatisch zu werden.

Daher eine uneingeschränkte Empfehlung für einen gut recherchierten und überaus spannenden Thriller, der das Messer an der Naht von Social Media und Geheimdienstarbeit ansetzt und kräftig zusticht.

P.S. Die erwartbare Verfilmung soll unmittelbar bevorstehen.

Bewertung vom 04.04.2023
Melody
Suter, Martin

Melody


ausgezeichnet

Martin Suter schafft es wie kaum ein zweiter deutschsprachiger Schriftsteller eine Geschichte derart soghaft zu erzählen, dass man sie innerhalb kürzester Zeit gleichsam verschlingen will. Da ist auch sein aktueller Roman Melody keine Ausnahme (es hat bei mir weniger als drei Zugfahrten à 90 Minuten gehalten).

Der etwas verkrachte Jurastudent Tom Elmer muss sich nach dem Tod seines Vaters vom süßen Leben verabschieden. Aus Geldmangel meldet er sich auf eine Chiffre-Anzeige und ergattert eine Stelle beim früheren Nationalrat, Wirtschaftsboss, Multimillionär und Militär Dr. Stotz. Vorgeblich soll er die Dokumente aus 6 Jahrzehnten - den Nachlass - ordnen - und ggf. „gewichten“ (schreddern). Doch nach und nach taucht er in alkoholgeschwängerten Kaminrunden mit Dr. Stotz immer tiefer in die große Liebe des sterbenden Mannes zur schönen Melody ein, die kurz vor der Hochzeit im Jahr 1983 spurlos verschwand…

Martin Suter hat ein intelligentes und unglaublich spannendes Buch geschrieben, das in etwas so fein und süffig ist, wie ein vorzüglicher Armagnac des Jahrgangs 1938. Ein großes Lesevergnügen und wiederum hat nicht enttäuscht, was Martin Suter auf dem Umschlag trägt. Daher einer klare Empfehlung für diesen Roman.

Über eines sollte man sich dabei aber im Klaren sein: dieses Buch verführt geradezu zum übermäßigen Konsum hochwertiger alkoholischer Getränke und herausragender italienischer Delikatessen!

Bewertung vom 02.04.2023
Dalee
Gastmann, Dennis

Dalee


ausgezeichnet

In meiner Kindheit konnte ich mich stundenlang in einen Atlas vertiefen. Am spannendsten waren für mich die fernsten, unbekannten Orte, besonders Inseln: z.B. Diego Garcia, Tristan da Cunha, Kiribati, die Weihnachtsinsel und - die Andamanen. Und genau auf dieser abgelegenen und zu Indien gehörenden Inselgruppe spielt der Roman Dalee von Dennis Gastmann.

Der Junge Bellini (sein Geburtsname ist furchtbar kompliziert) zieht kurz nach der Unabhängigkeit 1949 mit seiner Familie und anderen Glücksuchern vom Subkontinent in ein neugebautes Dorf auf dem Archipel, um für die Firma des reichen Mr Ray Holz zu ernten. Denn sein Vater ist Mahut, also Elefantenführer, und Dalee, so der Name ihres großen Grauen, soll beim Transport der Stämme zum Einsatz kommen.

Die zuvor als koloniale Strafkolonie genutzte Insel ist von Anfang an Paradies und Hölle zu gleich. Die traumhafte Schönheit blühenden Urwalds - voller Duft nach Hibiskus und kletternder Vanille - geht einher mit tödlichen Gefahren, die von Tausenfüßlern und Kobras ausgehen.

Der Roman erzählt eine fantastische Abenteuergeschichte, bei der man tief und kenntnisreich in die Welt der Mahuts und der besonderen Beziehung zu ihren Dickhäutern eintaucht. Das Ganze ist fesselnd geschrieben und die knapp 400 Seiten ziehen wie im Flug am Leser vorbei. Ich konnte mich dabei in eine ganz andere Welt, mitten im tiefsten Indischen Ozean träumen und die schwimmenden Elefanten vor meinen Augen sehen.

Daher eine klare Empfehlung für diesen sehr schönen Roman.

Das Buch basiert teilweise auf echten Ereignissen. Die Nachfahren der zur Arbeit importierten - nunmehr wild lebenden - Elefanten kann man bis heute auf Interview Island antreffen, wo die Waldarbeiten bereits in den 60er Jahren eingestellt wurden.

Bewertung vom 31.03.2023
Wo steckt eigentlich Asterix? - Das große Wimmelbuch
Uderzo, Albert;Goscinny, René

Wo steckt eigentlich Asterix? - Das große Wimmelbuch


ausgezeichnet

Wimmelbücher für Kleinkinder gibt es wie Sand am mehr, aber Wo steckt eigentlich Asterix? sticht positiv aus der Masse heraus. Besonders für kleine und große Asterix-und-Obelix-Fans, aber nicht nur für solche, ist es ein großer Suchspaß. Auf 12 großformatigen, zweiseitigen Bildern kann man den berühmtesten Gallier suchen und gleichzeitig in eine vielfältige und farbenfrohe Welt eintauchen. Dabei sind die Illustrationen in dem typischen Asterix-Comic-Stil gehalten und abwechslungsreich gestaltet. Alle
berühmten Figuren treten auf. Wir waren restlos begeistert und auch mein zweijähriger Sohn hat Spaß am Blättern, auf Dinge auf den Bildern zu zeigen und (jedenfalls im Ansatz) nach Asterix suchen. Insgesamt ein gelungenes Kinderbuch, das wir weiterempfehlen können und das Lust auf mehr Suchbilder mit diesem Thema macht.

Bewertung vom 29.03.2023
Fünf Winter
Kestrel, James

Fünf Winter


ausgezeichnet

Fünf Winter von James Kestrel ist nicht der nächste 08/15 Thriller, sondern ein rasanter Roman von geradezu cineastischer Qualität.
Detective Joe McGrady vom Honolulu Police Department wird eines Abends Ende des Jahres 1941 sein erster Mordfall zugeteilt, er soll einen Doppelmord aufklären an zwei jungen Leuten. Dabei ist er ein Außenseiter in der Polizei, recht frisch bei der Truppe und nicht aus Hawaii. Und der Fall ist gleich hochbrisant, die Opfer sind der Neffe eines hochrangigen US-Militärs und seine japanischstämmige Freundin. McGrady folgt einer Spur nach Hongkong, doch dann geschieht der Angriff auf Pearl Harbor und er gerät in japanische Kriegsgefangenschaft. Ein Diplomat rettet sein Leben und nach fünf Jahren kehrt er nach Hawaii zurück, fest entschlossen den Mord noch aufzuklären. Kestrel gelingt ein sehr spannender Krimi noir, mit einem harten und zynischen Helden ganz in der amerikanischen Tradition eines Chandler. Das Buch hat mir sehr gut gefallen und tolle Lesestunden beschert. Daher eine klare Leseempfehlung