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Benutzername: 
Bartie
Wohnort: 
Hagen i.Bremischen

Bewertungen

Insgesamt 184 Bewertungen
Bewertung vom 16.10.2022
Feindesopfer / Jessica Niemi Bd.3
Seeck, Max

Feindesopfer / Jessica Niemi Bd.3


sehr gut

Spannender Thriller
Mit dem Band „Feindesopfer“ setzt Max Seeck die Hexenjäger-Reihe fort.
Der neueste Fall scheint am Anfang leicht zu lösen zu sein. Denn das Todesopfer, ein erfolgreicher Geschäftsmann kündigte kurz zuvor die Schließung einer von seinen Fabriken an, was zu Massenprotesten, Demonstrationen und Drohrufen geführt hat. Unmittelbar danach wurde Erik Zetterberg ermordet in seiner Wohnung gefunden. Der Täter lässt dort einige versteckte Botschaften, die das Ermittlerteam ziemlich schnell entschlüsseln kann.
Obwohl einige Personen sofort unter Verdacht geraten, ist der Mörder nicht leicht zu identifizieren. Jusuf, der diesmal für die Ermittlungen zuständig ist, vermisst sehr seine Kollegin Jessica Niemi, die krankheitsbedingt vom Dienst freigestellt wurde.
Der Einstieg in den Thriller ist leicht. Der spektakuläre Mord wirft viele Fragen auf. Mehrere Personen aus Zetterbergs Umfeld geraten ins Visier der Ermittler. Besonders ausgefallen sind die Hinweise, die der Täter in Zetterbergs Wohnung hinterlassen hat. Einige Spuren führen in die Vergangenheit. Die Spannung ist enorm.
Der Autor bedient sich einer temporeichen, bildhaften Sprache, die das Lesen beflügelt. Das Buch ist ein wahrer Pageturner.
Da ich die ersten zwei Bücher der Reihe nicht gelesen habe, ist mir Jessica Niemi fremd geblieben. Die Ereignisse rund um die beurlaubte, psychisch angeschlagene Ermittlerin haben mich nicht wirklich interessiert. Ich empfand sie als störend, da sie eigentlich nichts mit dem aktuellen Fall zu tun hatten.
In dem aktuellen Fall hat der Autor gekonnt die falschen Fährten ausgelegt und die richtige Lösung erst zum Schluss präsentiert. Ein fulminantes Ende mit einigen überraschenden Wendungen rundet die spannende Handlung ab.
Ich habe den Thriller mit großem Interesse gelesen, empfehle jedoch die zwei ersten Bücher der Reihe zuerst zu lesen.

Bewertung vom 02.10.2022
Denk ich an Kiew
Litteken, Erin

Denk ich an Kiew


ausgezeichnet

Aus der Geschichte lernen!

Eine spannende Geschichtsstunde bietet Erin Litteken in ihrem Debütroman „Denk ich an Kiew“ an.
Es ist die bewegende Geschichte von Katja, die in der Ukraine großgeworden ist, dort die Liebe ihres Lebens kennengelernt hat und schließlich ums Überleben kämpfen musste. Ihre ganze Lebensgeschichte hat sie in einem Tagebuch festgehalten, jedoch nie über das Erlebte gesprochen.

Nach Jahren findet die Enkelin Cassie im Zimmer ihrer Großmutter das geheimnisvolle, auf Ukrainisch geschriebene Buch. Nachdem Cassie merkt, dass ihre Bobby sich merkwürdig verhält: Lebensmittel versteckt, Cassie mit einer unbekannten Alina verwechselt, spricht sie die Großmutter darauf an. Bobby schenkt Cassie ihr Tagebuch mit der Bitte es zu übersetzen und zu lesen. So erfährt Cassie die ganze Wahrheit über die schicksalhafte Vergangenheit ihrer Oma und lernt die tragische Geschichte der Ukraine vor dem 2. Weltkrieg kennen.

In dieser bewegenden Geschichte bin ich versunken. Bobbys Lebensgeschichte erschüttert zutiefst – es ist gleichzeitig die Geschichte der Ukraine und ihrer Bevölkerung, die man unter Stalins Herrschaft zu Tode aushungern versuchte. Nicht alle haben den Holodomor überlebt, die Überlebenden -genau wie Bobby- konnten das Erlebte nicht vergessen und haben jahrelang darunter gelitten.

Auch Cassie hat nach dem Unfallstod ihres Mannes lange mit ihrem Schicksal gehadert. Sehr feinfühlig und voller Empathie erzählt Erin Litteken über die Schicksale der Großmutter und ihrer Enkelin; gekonnt verbindet sie die beiden Geschichten. Ihre Erzählung wirkt authentisch und weckt - besonders in Angesicht der aktuellen dramatischen Lage in Ukraine - tiefe Emotionen.

Wunderschön ist auch das Cover des Buches mit einem Bild des reifen, goldgelben Getreide auf einem Feld und den heranziehenden, dunklen Gewitterwolken – ein Sinnbild des Landes in seiner tragischen Lage.
Das Buch bekommt meine wärmste Empfehlung.

Bewertung vom 29.09.2022
Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1
Storm, Andreas

Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1


gut

Interessante Geschichte über ein verschwundenes Gemälde

Mit großem Interesse habe ich zum Debütroman von Andreas Storm gegriffen. Das Thema des Kriminalromans ist hochspannend. Es geht um ein während des Zweiten Weltkrieges verschwundenes Gemälde, vermutlich ein Werk eines bedeutenden Künstlers.
Im Jahre 2016 wurde der weltweit geschätzte Kunstexperte Lennard Lomberg von einem mysteriösen Anrufer Dupret um die Vermittlung bei der Rückgabe des besagten Werkes beauftragt. In dem Gespräch deutete Dupret an, dass die Familie Lombergs in die Geschichte des verschwundenen Bildes verstrickt wäre. Kurz danach findet man den Anrufer tot in seinem Hotelzimmer liegen und Lomberg gerät ins Visier der Ermittler.
In der ihm vertrauten Künstler- und Kennerwelt begibt sich Lomberg auf die Suche nach dem verschollenen Gemälde. Die Recherche führt ihn in die Vergangenheit und seine familiäre Geschichte, die nicht immer ehrenwert war.

In einer akribisch konstruierten, detailreichen Erzählung führt den Autor seine Leserschaft von der Gegenwart, die sich an verschiedenen europäischen Orten abspielt, bis in die 1940-er Jahre zurück, vorwiegend mit Paris als Schauspielplatz.
Trotz des interessanten Themas ist der Roman keine leichte Lektüre. Es ist vor allem der trockene Schreibstil, der bewirkt, dass das Buch sich nur zäh lesen lässt.
Die unzähligen Romanfiguren, deren Verbindungen zueinander lange undurchschaubar bleiben, sind mir fremd geblieben. Auch die starke Vermischung der Fiktion mit der Realität wirkte manchmal leicht verwirrend. Das hochspannende Thema um das geraubte Gemälde verliert sich in unzähligen Details, mit denen sowohl der Handlungsstrang über die politischen Ereignisse wie auch die Geschichten über die menschlichen Schicksale in der Zeit von 1940 bis 2016 reichlich vorhanden sind.
Ein vielschichtiger Kriminalroman, in dem der Autor die Fiktion mit der Realität gekonnt verbindet.

Bewertung vom 06.09.2022
Dein Schweigen, Vater (eBook, ePUB)
Benda, Susanne

Dein Schweigen, Vater (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Krieg endet nicht mit dem Vertrag

Brünn im Mai 1945. Der Krieg ist zwar offiziell zu Ende, doch vom Frieden in der Stadt kann keine Rede sein, die angespannte Atmosphäre ist deutlich spürbar.
Paul, Marie und Pavel spielen gerne zusammen; sie sind beste Freunde. Sowohl Paul wie auch Pavel würden gerne Marie heiraten; nur sie sind erst zwölf und Marie sechs. Seit neuestem müssen Paul und Marie eine weiße Armbinde mit dem N für Némec tragen, wenn sie nach draußen gehen. Und sie wohnen jetzt nicht mehr in ihrem alten schönen Haus, sondern in einer ihrer Familie zugeteilten Kellerwohnung. Auch für die Kinder ist es keine leichte Zeit, denn sie begreifen nicht, was die neue Lage mit sich bringt. Paul überlegt „wo genau er hingehört und ob er Sieger ist oder Verlierer“. (12)

Am 31. Mai 1945 wurde Pauls Familie aus Brünn vertrieben. Zusammen mit vielen anderen deutschstämmigen Familien wurden sie zu einem 60 Kilometer langen Marsch in Richtung Österreich gezwungen. Es waren alte Menschen, Frauen, Kinder und Kranke dabei; viele haben diesen Fußmarsch, ohne Essen und Wasser, nicht überlebt.
Während des ganzen Lebens ist Paul über die Erlebnisse von damals nicht hinweggekommen. Er schwieg und wollte nie über seine Vergangenheit sprechen. Erst nach seinem Tod versuchen Maria und Uli, Pauls zwei erwachsenen Kinder, das Rätsel um sein Schweigen zu lösen.

Über die Schilderung der Ereignisse in Brünn aus der Sicht des damals zwölfjährigen Paul musste ich immer wieder schmunzeln. Die Bilder des Todesmarsches unter den unmenschlichen Bedingungen konnte ich dagegen nur schwer ertragen. Schonungslos erzählt Susanne Benda über die dramatischen Ereignisse während des Todesmarsches, scheinbar emotionslos schildert sie seine Auswirkungen auf den minderjährigen Paul. Doch es ist von Anfang an klar, dass Paul, genauso wie viele anderen Vertriebenen, diesen Weg „sein Leben lang weitergegangen ist“ (162).
Die bewegenden Bilder dieser Geschichte, die auf wahren Tatsachen beruhen, gehen tief unter die Haut. Im Nachwort erklärt die Autorin die historischen Zusammenhänge und den genauen Verlauf der Vertreibung.

Der Debütroman von Susanne Benda ist somit ein literarisches Zeugnis des Verbrechens, dem viele Unschuldige zu Opfer gefallenen sind. Es ist ein wichtiges Buch, gerade jetzt, in der angespannten, unruhigen Zeit.

Bewertung vom 27.08.2022
Wo die Wölfe sind (eBook, ePUB)
McConaghy, Charlotte

Wo die Wölfe sind (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der böse Wolf?

„Im Wald schlägt ein Herz, das wir nicht sehen können“ (26)

Inti leitet das Projekt der Wiederansiedlung der Wölfe in den schottischen Highlands. In ihrer Kindheit hat ihr Vater die Liebe zur Natur in ihrem Herzen eingepflanzt. Der Wald mit all seinen Bäumen und Wildtieren war schon immer ihr zweites Zuhause. Inti liebt Wölfe und freut sich mit ihrem Projekt zur Verlangsamung des Klimawandels beitragen zu können.
Doch am Ort gibt es viele Gegner des Projekts; die Menschen haben Angst von wilden Tieren, Landwirte und Bauern fürchten um ihre Existenz. Die Lage eskaliert, als ein Farmer wahrscheinlich von Wölfen getötet wurde.
Nicht nur das wissenschaftliche Projekt ist für Inti ein Neuanfang. Sie hofft auch ihr Leben in Schottland neu ordnen, die schlimmen Erlebnisse der Vergangenheit verarbeiten zu können. Dabei steht ihr ihre besondere Gabe: Mirror-Touch-Synästhesie oft im Weg. Denn sie kann alle sinnlichen Eindrücke, wie Schmerz, Berührung oder Gefühle, der anderen Menschen und Tiere körperlich nachempfinden.

Das Hauptthema des Romans „Wo die Wölfe sind“ ist unbestritten die Wiederansiedlung der Wölfe in der freien Natur. Ein Thema, das hochaktuell ist und sowohl viele Befürworter wie auch Gegner hat. Mit viel Empathie beschreibt die Autorin das Leben der Wölfe in der freien Natur, ihre Anpassungsfähigkeit, ihr Sozialverhalten, ihren ausgeprägten Familiensinn. In so Manchem ähneln sich der Wolf und der Mensch, und nicht grundlos fragt man sich bei der Lektüre, wer hier die Bestie ist.

„Manche Sprachen habe keine Worte, und die der Gewalt gehört dazu.“ (54)

Gewalt ist das andere wichtige Thema dieses Buches. Die begleitet einige Protagonisten tagtäglich, und wird nicht immer als solche empfunden oder erkannt. Auch Inti und ihre Schwester Aggie, die nach schlimmen Erlebnissen nicht mehr sprechen kann, müssen mit den Erinnerungen an ihre verhängnisvolle Vergangenheit fertigwerden. Es gibt viele bewegende Szenen im Roman, über die man unbedingt nachdenken muss.

Genossen habe ich die sprachlichen Bilder der Natur in einer wunderschönen, poetischen Sprache dargestellt. Faszinierend und fesselnd ist der Roman, gefühlvoll und emotional seine Handlung mit authentisch wirkenden Protagonisten – ein wahrer Lesegenuss!

Bewertung vom 15.08.2022
Flug 416
Newman, T. J.

Flug 416


ausgezeichnet

Ein Thriller mit Sogwirkung

Es geschieht gleich am Anfang der Geschichte: die unvorstellbare Forderung des Entführers, das Bild der gefesselten Frau und des 10-jährigen Sohnes, das weinende Baby, das Bedrohung durch einen Komplizen am Bord des Flugzeuges mit 149 Passagieren – all das prasselt gleichzeitig auf den pflichtbewussten Kapitän und den Ehemann und Vater seiner geliebten Familie. Was wird Bill Hoffman tun? Wem kann er noch vertrauen? Kann er diese schier unmögliche Aufgabe allein bewältigen?

Die Anspannung, Wut, Schmerz und Trauer, die Bill ergreifen, konnte ich vollkommen nachempfinden. Bills Lage scheint aussichtslos zu sein. Trotzdem muss er einen kühlen Kopf bewahren und vernünftig handeln.

T. J. Newman, die jahrelang als Flugbegleiterin gearbeitet hat, versteht es, die Szenen des Kampfes ums Überleben, die sich am Bord des Flugzeugs abspielen, glaubwürdig darzustellen. Mit jeder Seite des Buches wächst die Spannung ins Unermessliche. Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt, ein Teil der ergreifenden Handlung spielt sich am Boden ab und lässt das Buch nicht aus der Hand legen.

„Flug 416“ – ein großartiger Thriller mit einem atemberaubenden Szenario, gut skizzierten Charakteren und so viel Spannung, dass man sie kaum ertragen kann. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 10.08.2022
Elternhaus (eBook, ePUB)
Mentges, Jennifer

Elternhaus (eBook, ePUB)


sehr gut

Spannendes Thema

Eine seit Jahren im Hamburger Westen leerstehende Villa fasziniert den Barpianisten Tobias Hansen. Von dem Haus ist auch Yvette Winkler begeistert, die ihren Mann überzeugt das in der Nähe des Elbstrands gelegene Anwesen zu kaufen. Jeden Abend verfolgt Tobias Hansen das Geschehen am geheimnisvollen Haus: das Einziehen und später das Leben der Familie Winklers dort. Zuerst bringt er den Kindern nur das Klavierspiel bei, bald aber wurde er zum nicht immer willkommenen Dauergast im Haus. Bis die Situation eskaliert.

Es war die vielversprechende Beschreibung der Handlung, die meine Neugier auf das Buch erweckte. Ein leerstehendes Haus voller Geheimnisse, eine junge Frau, die um jeden Preis es erwerben will, ein Barpianist, der das Anwesen beobachtet und später am Leben der fremden Familie unbedingt teilnehmen will. Auch die täglich wachsenden Probleme in der Ehe der Winklers und Yvettes merkwürdige Freundschaft mit Melanie sind interessant.
Aber der Einstieg in die Handlung ist zäh, erschwert durch die detaillierten Beschreibungen der Protagonisten, deren Beziehung zueinander zuerst nicht ersichtlich ist. Die Spannung, die nach ungefähr einem Drittel aufgebaut wurde, flacht ständig ab. Dies ist unter anderen den vielen genauen Schilderungen der jeweiligen Schauplätze zu verdanken, die zwar bildhaft wirken, aber der spannenden, bedrohlichen Atmosphäre zu viel Platz nehmen. Auch der Schreibstil der Autorin hat mich nicht überzeugt; zu umständlich, zu langatmig, zu reserviert.
Nichtdestotrotz habe ich den Thriller mit großem Interesse gelesen, denn auf die Lösung des Rätsels war ich sehr gespannt. Zwar war einiges vorhersehbar, doch das Finale hat für manche Überraschungen gesorgt.
FAZIT: ein Psychothriller mit interessantem Handlungsplot, sorgfältig skizzierten Charakteren, wenig Spannung, jedoch lesenswert!

Bewertung vom 02.08.2022
Violas Versteck / Tom Babylon Bd.4 (eBook, ePUB)
Raabe, Marc

Violas Versteck / Tom Babylon Bd.4 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Spannender Abschied

Die Suche nach der vor Jahren verschwundenen und inzwischen für tot erklärten Viola geht in dem Band weiter. Der Preis dafür ist hoch: Tom muss sein Job bei der LKA kündigen und seine Ehe mit Anna geht in die Brüche.
Die Suche nach Viola verläuft mehr als dramatisch. Tom steht allein da, verliert fast sein Leben und riskiert das Leben der Mitmenschen, die seinen Weg kreuzen. Der psychische Druck ist enorm; er weißt nicht mehr, wem er noch überhaupt trauen kann.
Während Tom Violas Spuren in London nachgeht, recherchiert die Psychologin Dr. Sita Johanns auf eigene Faust in Deutschland. Auch sie muss einen hohen Preis für ihre Treue und das Glauben an Toms Geschichte bezahlen.

In zwei Handlungssträngen erzählt Marc Raabe über die abenteuerlichen Nachforschungen der beiden Protagonisten. Die Ereignisse wurden aber nicht zeitgleich dargestellt, was am Anfang für wenig Verwirrung sorgt.
Genauso wie in vorherigen Teilen der Reihe sind die aktuellen Ereignisse mit den Handlungsfäden aus der Vergangenheit verknüpft. Um das aktuelle Geschehen mühelos nachvollziehen zu können, wäre es vorteilhaft zuerst die Vorgängerbücher zu lesen.
Nichtdestotrotz bietet „Violas Versteck“, das vierte Buch aus der Reihe mit Tom Babylon, eine erstklassige Unterhaltung. Fesselnd geschrieben, mit vielen Gänsehautmomenten und temporeichen Szenen will das Buch in einem Zug gelesen werden. Denn die Spannung ist enorm und die Auflösung des Rätsels um Violas Verschwinden überwältigend.
Die Reihe endet mit dem Buch, aber ich hoffe, dass Tom nicht untätig bleiben kann und dass Marc Raabe uns mit neuen Büchern mit ihm bald überraschen wird.

Bewertung vom 28.07.2022
Ellis
Mariani, Selene

Ellis


ausgezeichnet

Heimatlos

Ellis, die Protagonistin des Debütromans von Selene Mariani, lebt inzwischen seit fast zwanzig Jahren in Deutschland. Sie kam zur Welt in Italien, in einer deutsch-italienischen Familie. Nach der Trennung von ihrem Mann kehrte Ellis` Mutter mit damals noch kleinen Tochter nach Deutschland zurück.

Für Ellis blieb ihre neue Heimat irgendwie fremd, unnahbar. Sie wurde in der Schule regelmäßig wegen ihrer Herkunft gemobbt. Es zählte nicht, dass das Mädchen halb Italienerin – halb Deutsche war.

Einiges änderte sich jedoch, als Grace in Ellis` Klasse kam. Grace beschützte das gemobbte Mädchen und wurde für sie zur besonderen Freundin. Zum ersten Mal fühlte sich Ellis sicherer, ihre Umgebung erschien ihr vertrauter. Doch dieses Gefühl verschwand rasch, als Grace sich plötzlich der feindlichen Clique anschloss und seitdem Ellis mied.
Ein paar Jahre später treffen sich die jungen Frauen zufällig wieder; die alte Freundschaft erwacht erneut zum Leben. Ellis lädt Grace nach Italien ein, wo sie bei Ellis` Großeltern den Sommer zusammen verbringen. Während Grace ihren italienischen Sommer genießen will, schwelgt Ellis in alten Erinnerungen und entdeckt erneut ihre Gefühle für Grace.

Die Erlebnisse aus dem Leben der jungen Protagonistin wurden auf den Seiten des schmalen Buches (147 Seiten in der Print-Ausgabe) in Form von kurzen Episoden zusammengewürfelt. Es gibt keine Chronologie in dem Roman, das Jetzt wird mit den Puzzleteilen aus der Vergangenheit zusammengemischt. So kommen die Gefühle des innerlich zerrissenen Mädchens, das sich nirgends zuhause fühlt und nach Anerkennung und Geborgenheit lechzt, besonders zum Ausdruck. Wie Erinnerungsblitze wirken die Fragmente mit Ellis` Rückblicken an die schwere Schulzeit und ihre toxische Freundschaft mit Grace.

Emotional und tiefgehend ist diese Geschichte in einer wunderbaren, einfühlsamen Sprache verfasst. Die zahlreichen sprachlichen Bilder der italienischen Dolce Vita ergänzen diese bewegende Geschichte.

„Ellis“ – ein emotionaler, intensiver Roman, in dem die Themen Herkunft, Zugehörigkeit und Freundschaft meisterhaft miteinander verwoben wurden.

Bewertung vom 25.07.2022
Todesfall / Agnes Tveit Bd.1
Fuglehaug, Randi

Todesfall / Agnes Tveit Bd.1


gut

Nach dem Absturz…

Ein Absturz beim Fallschirmspringen schockiert die zahlreichen Zuschauer des Sportfestivals in Voss im Westen des Norwegens. Eine junge Frau, Mutter zweier kleinen Kinder, überlebt den Sturz in die Tiefe nicht. Da der Fallschirm der Springerin sich nicht automatisch beim Sprung geöffnet hat und man nicht unbedingt von einem tragischen Unglücksfall ausgehen konnte, beginnt die örtliche Polizei den Fall zu untersuchen.
Auch die Journalistin Agnes Tveit, die das Todesopfer seit ihrer Jugend kannte, recherchiert für die Lokalzeitung in dem Fall.

Mit einem Schockerlebnis – einen tragischen Todesfall am ersten Tag der Extremsportwoche – beginnt der spannende Krimi von Randi Fuglehaug. Das Todesopfer ist eine der vier Formationsspringerinnen, die seit ihrer Schulzeit miteinander befreundet waren. Das rätselhafte Unglück und einige bereits am Anfang angedeutete Konflikte, sowohl im Leben der verunglückten Frau wie auch im scheinbar idyllischen Ort, haben mich auf eine super spannende Story neugierig gemacht.
Doch die darauffolgenden Seiten des Buches sind alles anderes als hochspannend. Es folgt eine langatmige Erzählung über Privatprobleme von Agnes. Die Journalistin, die vorher in Oslo ihre Erfolge gefeiert hat, ist mit ihrem aktuellen Job bei der Lokalzeitung unzufrieden. Auch ihre Ehe mit dem Chirurgen Frederik leidet unter ihren beruflichen Problemen und dem unerfüllten Kinderwunsch. Die Ermittlungen, die sie zum größten Teil auf eigene Faust durchführt, sind nicht immer interessant und nachvollziehbar. Agnes Tveit, meistens frustriert und unsympathisch, konnte mich als ermittelnde Journalistin und die Hauptfigur der neuen Krimi-Reihe nicht überzeugen.
Die Ermittlungen selbst ziehen sich ins Unendliche, die Ereignisse sind verwirrend und nicht immer leicht zuzuordnen, genauso wie die vielen darin verwickelten Personen. Das Ende des Buches ist ähnlich wie sein Anfang: überraschend und ergreifend.
Fazit: ein interessanter Kriminalfall, anstrengende Ermittlerin, verzwickte Schicksale.