Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
JDaizy
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 63 Bewertungen
Bewertung vom 26.03.2018
Parallelwelten
Girke, Jenifer

Parallelwelten


ausgezeichnet

Die junge Jenifer Girke ist ein aufstrebendes, begehrtes Elitemädchen. Ihr Karriereweg scheint vorgezeichnet. Jung, sexy, erfolgreich. Unermüdlich stürzt sie sich in ihre Arbeit als Journalistin und strotzt dem alltäglichen Wahnsinn, dem Dauerstress und ihrem anhaltenden Schlafmangel.
Doch wie lange wird sie in einer (Arbeits-)Welt, die mehr Schein als Sein ist und Höchstleistungen ohne Limit erwartet, bestehen können? Wird sie ihren Traum und ihre Visionen, sich für Menschen einzusetzen, die eine Stimme brauchen, aufgeben, um dafür am Fließband lieber Themen zu recherchieren und zu veröffentlichen, die genügend Klicks und Likes bringen? Und welche Rolle spielt sie in ihrem Leben? Welche Rolle spielen wir?

"Leistungsdruck, Optimierungswahn. Der Erfolg, dem wir nachlaufen, hat seinen Preis."
Das merkt auch die Autorin. Gefangen in einer Parallelwelt - wie so viele von uns, die oft am Abgrund auf einem ziemlichen schmalen Grat zwischen Familie und Job jonglieren müssen. Die zwar erfolgreich sind und viel Geld verdienen, aber keine Zeit haben es auszugeben und abends totmüde und unglücklich ins Bett fallen. Was ist der Sinn des Lebens? Warum tun wir uns das an? Und wie kann man es schaffen, seine Rolle in diesem Spiel zu erkennen, zu akzeptieren und (vielleicht sogar) etwas zu ändern?

Die Autorin eröffnet dem Leser mit ihrem autobiographischen Buch "Parallelwelten" - in 19 Kapiteln auf 253 Seiten - einen Blick hinter die Kulissen. Man erfährt viel über sie und ihre Familie, wie sie zu dem geworden ist, was sie heute ist und darüber, wie sie ihren Weg gegangen ist und immer noch geht. Dabei bleibt sie offen und authentisch - nicht alles geht steil bergan - es gibt Sackgassen, Umwege und auch (nicht immer ganz freiwillige) Pausen.
Ihr Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen, (manchmal sehr) direkt und auch der schwarze Humor kommt nicht zu kurz.
Das Buch wurde in seiner Erstauflage im März 2018 als Taschenbuch mit nach innen geklappten Umschlägen (Klappenbroschur) im ADEO-Verlag veröffentlicht. Auf dem Cover ist das Konterfei der Autorin - ihr Portrait vor einem dunklen Hintergrund. Da das Buch autobiographisch ist, finde ich das eine sehr schöne Idee. Vor allem, weil die Autorin so auch offen Stellung bezieht und zu ihrer Geschichte steht. Das ist nicht immer selbstverständlich. Gerade wenn man in der Öffentlichkeit steht.

Was mir besonders gut an diesem Buch gefällt, ist, dass es so ist wie es ist. Für mich erscheint die Geschichte nicht geschönt oder konstruiert, wie das bei autobiographischen Hintergründen gern der Fall ist. Es gibt sehr traurige, berührende Momente, aber auch wunderschöne und lustige Erinnerungen. Manchmal musste ich beim Lesen kurz innehalten und habe überlegt, ob die Autorin, gerade bei ihrem Vater, manchmal etwas zu rücksichtsvoll in ihren Aussagen ist. Aber am Ende spürt man ihre aufrichtige Vergebung und ihr Vertrauen auf Gott und in sich. Das hat mich sehr beeindruckt.
Es gibt auch Dinge, die ich gern für mich mitnehmen möchte: achtsamer zu sein, besser auf mich aufzupassen, mit den drei Ws zu schauen was mir gut tut. Eine gelungene Zusammenfassung ist dafür auch das letzte Kapitel im Buch: Zehn Regeln für Maskenträger.


Fazit:
"It`s simple but not easy!"
Es geht nicht (nur) um das Ziel, sondern um den Weg. Das Leben ist keine Einbahnstraße, bei der man zwischen "Richtig" und "Falsch" entscheiden muss.
Ein offener, authentischer Lebensbericht, der Mut und Hoffnung macht sich (auch in schweren Zeiten) treu zu bleiben.
Von mir bekommt das Buch verdiente 4,5 von 5 möglichen Sternen und meine Leseempfehlung!

Bewertung vom 21.03.2018
Weil du mit mir gehst
Weil du mit mir gehst (2)

Weil du mit mir gehst


sehr gut

In "Unterwegs mit dir " trafen sich die vier Frauen Meg, Mara, Hannah und Charissa zum ersten Mal und verbrachten bei einem gemeinamen Kurs viel Zeit mit sich selbst und miteinander. Zeit, bei der sie sich nach anfänglichen Schwierigkeiten besser kennenlernten und sich näher kamen. Ich habe mich deshalb sehr gefreut als nun der Folgeband "Weil du mit mir gehst" erschien.
Wie wird das Leben der Frauen weitergegangen sein? Sind sie vorangekommen auf ihrem Weg? Hatte ihre Freundschaft Bestand oder haben sie sich im Alltag gar aus den Augen verloren?

Der Autorin Sharon Garlough Brown gelingt es problemlos ihre Figuren im Kopf des Lesers schnell wieder lebendig werden zu lassen. Mit Rückblicken erinnert man sich gut an den ersten Teil ihrer Reise. Aber auch Leser, die den ersten Band nicht gelesen haben, werden ausreichend informiert, so dass man das Buch auch ohne Vorkenntnisse lesen kann. Allerdings fände ich das schade, weil man den ersten großen Entwicklungsschritt von Meg, Mara, Hannah und Charissa verpassen würde.
Was mir bei der Entwicklung der Figuren besonders gut gefällt, ist ihre Einbettung in eine sehr intensive, detailreiche, individuelle Lebensituation, die sehr unterschiedlich ist. Schon deshalb wird sich der Leser an der ein oder anderen Stelle selbst wiedererkennen können. Bei mir gab es tatsächlich Momente, bei denen ich dachte: "Diese Worte hat sie jetzt genau für dich geschrieben." Und in anderen Leseabschnitten habe ich einfach mit den Frauen mitgefiebert, gehofft, gebangt, gelacht und auch die ein oder andere kleine Träne vergossen.

Natürlich gab es auch wieder sehr persönliche (Lese-)Momente, die mich zum Nachdenken gebracht haben. "Lerne bei dem zu Verweilen, was dich provoziert." wurde Hannah geraten. Dieser Satz hallt auch bei mir nach und ich werde mich noch weiter damit auseinandersetzen (müssen, nein dürfen). Ebenso mit dem Gedanken, wie man bei einer aufgezwungenen Freizeit-Diät seine Zeit am besten nutzen kann. Die Ideen mit dem Reisetagebuch (wobei es nicht zwangsläufig eine Urlaubsreise sein muss, sondern sehr gern auch die eigene geistliche Reise sein darf) und mit dem Jahresgebet fand ich sehr inspirierend und die Vergleiche von Gott mit einer Blume, mit den Blumen im Winter oder mit dem Windrad. Ach es gab so viele berührende Momente, die ich für mich gern mitnehmen möchte. Ich hoffe, sie bleiben mir lange Zeit im Gedächtnis.

Das Buch wurde in seiner 1. Auflage 2018 als Hardcover im Verlag GerthMedien veröffentlicht.
Den 429 Seiten mit ihrer angenehmen Schriftgröße fehlt zum puren Lesegenuss nur noch das Lesebändchen, das ich wirklich vermisst habe.
Sonst ist es ein würdiger Nachfolger von Band 1, dem es von der äußeren Aufmachung her sehr ähnelt. Wieder sind die vier Frauen im Scherenschnitt abgebildet, die man auch dieses Mal leider nicht 100-prozentig zuordnen kann. Da hätte ich mir eine Veränderung gewünscht. Auch das Größenverhältnis der stehenden Frauen zu der sitzenden wirkt für mich auf den ersten Blick etwas unproportional. Was mir gut gefällt ist die Farbgestaltung. Anders als bei Band 1 ist es diesmal ein zartes Rosè, dass für mich eine positive Grundstimmung vermittelt. Da ist schon etwas in Gang gekommen, was nun fortgeführt werden soll.

Am Ende des Buches findet sich zudem ein Leitfaden für Gebets- und Gesprächsrunden, damit man das Gelesene auch in der Praxis anwenden kann. Die Autorin läd uns dabei auf eine achtwöchige Reise ein: mit Fragen, die uns zum Nachdenken anregen sollen und geistlichen Übungen zum Ausprobieren - damit man sich auch selbst geistlich weiterentwickeln kann.

Fazit:
Eine gelungene Fortsetzung, die mir neben schönen Lesestunden, auch jede Menge Anregungen zum Nachdenken und Nachmachen geboten hat. Ich hätte mir ein "tieferes" Ende gewünscht. Aber ich vermute, dass wurde zugunsten eines dritten Buches "aufgespart".

Bewertung vom 11.09.2017
Sonntags fehlst du am meisten
Drews, Christine

Sonntags fehlst du am meisten


sehr gut

Caro Winter war immer der Liebling ihres Vaters. Schon von klein auf hat er seine kleine Prinzessin gegen die größeren Brüder und gegen alles Böse in der Welt verteidigt und ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Doch plötzlich wendet sich das Blatt. Mit 43 Jahren wendet sich ihr Vater von einem Moment auf den anderen von seiner Tochter ab. Der Kontakt bricht nach einem Streit über ein Jahr vollkommen ab. Doch jetzt steht die goldene Hochzeit der Eltern auf dem Plan und alle rechnen fest mit Caros Besuch und einer Versöhnung.
Wird es Caro schaffen ihren Vater gegenüberzutreten? Wird sie, wie von ihrer Mutter gefordert, ihre eigenen "Befindlichkeiten" hintenanstellen können und sich mit ihrem Vater aussöhnen? Und was war passiert, dass es überhaupt soweit kommen konnte?

In ihrem Roman "Sonntags fehlst du am meisten" erzählt die Autorin Christine Drews eine
tief zu Herzen gehende Familiengeschichte, in deren Mittelpunkt eine generationsübergreifende Vater-Tochter-Beziehung thematisiert wird. Durch ein Unglück verändert sich Caros Leben von einen auf den anderen Moment und es zerbricht nicht nur die tiefe, ihr immer Halt gegebene Bindung zu ihrem Vater, sondern auch ihre Ehe. Ihr Leben ist ein einziges Trümmerfeld. Und obwohl Caro es aus eigener Kraft schafft, den Kopf über Wasser zu halten, ziehen ihre inneren Selbstzweifel und ihr angekratztes Ego sie immer wieder nach unten. Ihr Vertrauen und ihr Selbstwertgefühl sind zutiefst verletzt. Und das nicht erst seit diesem alles verändernden Tag.
Mit Hilfe von Jakob und Maria macht sich Caro auf die Suche nach der Vergangenheit ihrer Familie und auf die Suche nach sich selbst. Wer bin ich wirklich? Was will ich? Und kann ich es aus eigener Kraft schaffen, meinem Leben wieder auf die richtige Bahn zu bringen?

Caro ist eine Protagonistin, die man gern haben kann, die aber auch Ecken und Kanten hat. Auch wenn ich mit ihren Problemen selbst zum Glück noch nie konfrontriert war, gibt es Momente, in denen ich mich ihr sehr nahe gefühlt habe. Man spürt ihre Verunsicherung und ihre Suche nach Anerkennung und Liebe stark zwischen den Zeilen. Ich habe das Buch kaum aus der Hand legen können. Die wechselnden Perpektiven zwischen Vater und Tochter und zwischen den unterschiedlichen Zeiten machen es dem Leser möglich, nach und nach zu verstehen, was sich ereignet hat und warum jeder so ist wie er ist. Mich hat das alles sehr zum Nachdenken angeregt und wieder einmal gezeigt, dass man nicht auf den ersten Blick vorschnell eine Meinung über andere fällen, dass man immer wieder mal die Perspektive wechseln und über den Tellerrand schauen sollte.
Im letzten Drittel des Buches verliert das Buch ein bisschen an Fahrt und Intensität. Aber das ist nur mein subjektives Empfinden und hat den Lesegenuss nicht geschmälert. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich kann es mit gutem Gewissen weiterempfehlen.

Fazit:
Eine sehr bewegende, zu Herzen gehende Vater-Tochter-Geschichte, die zeigt, dass im Leben nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Und das man nicht immer nur sich selbst sehen darf, sondern auch das große Ganze im Auge behalten sollte. Familie kann man sich nicht aussuchen. Aber auch wenn nicht alles einfach ist, sollte man froh sein, dass man sich hat.

Bewertung vom 01.06.2017
Ikigai
Miralles, Francesc;García (Kirai), Héctor

Ikigai


sehr gut

Die Autoren Hèctor Garcia und Francesc Miralles begeben sich in ihrem Buch auf die Spurensuche nach dem Geheimnis für ein langes Leben. Es gibt Regionen in der Welt, in denen ungewöhnlich viele Fälle von Langlebigkeit vorkommen. Dazu gehören z. B. Okinawa in Japan, Sardinien in Italien, Loma Linda in Kalifornien, die Halbinsel Nicoya in Costa Rica und Ikaria in Griechenland.
Garcia und Miralles zog es bei ihrer Recherche aber vor allen auf die südjapanische Insel Okinawa, die auch "die Insel der Hundertjährigen" genannt wird.
Warum leben die Menschen dort länger als an jedem anderen Ort auf der Welt? Liegt es am geheimnisvollen Ikigai, dass bei ihren Besuchen vor Ort immer wieder wie selbstverständlich auftauchte? Was bedeutet dieses Wort Ikigai und liegt darin das Geheimnis eines langen, glücklichen Lebens?

Die Suche nach dem Sinn des Lebens ist eine der großen (philosophischen) Lebensfragen.
Sicher findet man in diesem Buch keine absolut neuen, weltbewegenden Erkenntnisse auf diese Frage. Die Autoren versuchen vielmehr populärwissenschaftlich der Ikigai-Philosophie auf den Grund zu gehen und sie auf die westliche Welt zu übertragen. Dabei schreiben sie verständlich und sehr praxisnah. Man findet nur wenige "wissenschaftliche Exkursionen", was mir persönlich sehr gut gefallen hat, weil man dadurch nicht im Lesefluss gestört wird. Außerdem mag ich Praxisbeispiele und Erfahrungsberichte sehr gern, auch wenn sie im vorliegenden Fall nur kurz angerissen bzw. zusammenfassend analysiert werden. Für mich hätten sie gern noch ausführlicher ausfallen können.
Auch das Layout und die Aufmachung des Buches sind sehr ansprechend. Das ich ein Freund von Hardcovern mit Schutzeinschlag und Lesebändchen bin, ist unumstritten. Aber hier sind es vor allem die angenehme Schriftgröße, die überschaubaren, gut durchdachten Kapitel und die vielen Praxisbeispiele, die mir gefallen haben. Zu Beginn der einzelnen Kapitel findet man zudem die Cover-Abbildungen wieder, was die Emotionalität des Lesers durchaus positiv beeinflusst.

Für mich persönlich waren die Fragen nach unserem eigenen Rüstzeug und die Ausführungen wie ein Flow, Resilenz und Antifragilität entstehen sehr interessant. Wir neigen dazu immer nach mehr zu streben und verlieren uns und unsere Gemeinsschaft dabei leider oft aus den Augen. Was zählt ist der gegenwärtige Moment; das "Hier und Jetzt". Keine neue Aussage, aber wie setzt man dies im alltäglichen Leben um. Wie ist das in schwierigen Lebensitutationen, in Zeiten der Aufruhr, des Verlustes und der Trauer? Dort habe ich aus wenigen Worten sehr viel für mich mitnehmen können. Danke dafür.

Fazit:
Ein leicht lesbares Sachbuch, kurzweilig und nicht zu trocken, mit vielen Praxisbeispielen.
Eine schöne Ergänzung für alle, die auf der Suche nach dem eigenen Lebensinn, nach ihrer Glücksquelle sind.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.05.2017
Seitenwechsel
Römling, Michael

Seitenwechsel


ausgezeichnet

Berlin im Sommer 1961
Die Brüder Julius und Bernhard leben im Osten der Stadt Berlin. Während sich Julius für angesagte Musik interessiert und erfolgreich mit Langspielplatten „handelt“, gilt Bernhards Interesse eher der Natur. Als er eines Abends mit seinem Freund Georg von einem Hochstand aus darauf wartet, einen Luchs in freier Wildbahn zu erleben, beobachten sie sowjetische Soldaten dabei, wie sie mysteriöse Gegenstände verladen.
Am nächsten Morgen finden sie seinen Vater, der ganz in der Nähe wohnt, erhängt in seinem Haus. War es Selbstmord oder hat auch er etwas beobachtet und wurde ermordet?
Die beiden Brüder stellen heimlich Nachforschungen an und geraten dabei schnell zwischen die Fronten der Geheimdienste. Beobachtet und unter Druck gesetzt, sehen sie nur noch eine Lösung. Sie wollen sich in den Westen absetzen. Doch in der Nacht ihrer Flucht versperren plötzlich Stacheldraht und Wachposten ihren Weg.
Werden sie den Tod ihres Vaters aufklären können? Können Freunde zu Feinden werden? Und wird Julius und Bernhard die Flucht in den Westen Berlins doch noch gelingen?

Eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im August 2014 ergab, dass nur die Hälfte der Deutschen den 13. August 1961 dem Mauerbau richtig zuordnen können. Michael Römlings „Seitenwechsel“ kommt also zur rechten Zeit.

Nachdem Bernhard und Julius ihren Vater tot in seinem Haus gefunden haben, geraten sie ins Visier der Geheimdienste und der Stasi. Trotzdem beginnen sie nachzuforschen und bringen sich damit selbst in große Gefahr.

Der Autor beschreibt sehr bildhaft wie Menschen, die als nicht linientreu befunden,
unter Druck gesetzt wurden. Man versuchte erst mit ihnen zu kooperieren, stellt ihnen dann die angeblich freie Wahl auf welcher Seite man stehen möchte. Er zeigt auf, wie es sich anfühlt sich ständig beobachtet zu fühlen. Man selbst hat beim Lesen immer das beklemmende Gefühl der Enge in seiner Brust und bekommt kaum Luft.
Besonders beeindruckend empfand ich auch das Beispiel von Barbara und ihrer Tante Laurentia. Es zeigt sehr anschaulich wie in den Köpfen der Menschen alles verdreht, zurechtgebogen und vereinheitlicht wird.
Und wie müssen Bernhard und Julius den Moment der Grenzschließung empfunden haben und die Einsicht, dass das alles keine vorübergehende Maßnahme, keine Drohung und auch keine Schikane, sondern eine endgültige Maßnahme ist und sie damit in der Falle sitzen?! Und wem kann man in so einem Moment noch trauen?!

Seitenwechsel war mein erstes Buch von Michael Römling. Und ganz sicher nicht das letzte. Seine Schreibweise hat mich fasziniert und von der ersten Seite an gefangen genommen. Ich hatte beim Lesen immer das Gefühl, dass jemand hinter mir steht und mir über die Schulter schaut. Wie schrecklich muss dieses Gefühl für Julius und Bernhard gewesen sein.
Bildhaft und sehr emotional lässt der Autor so die Stimmung im August 1961 in Berlin in unseren Köpfen wiederauferstehen.

Das Buch ist hochwertig, mit einem unverwechselbaren Hardcover mit eingeschlagenem Einband, Lesebändchen, festen Seiten und großer Schrift. Auch die Auswahl des Titels ist unverwechselbar und passend.


Fazit:
Ein beklemmendes Buch über den Bau der Berliner Mauer. Spannend bis zur letzten Seite lässt es einen nachdenklich und betroffen zurück.
Für mich ein echtes Lesehighlight.

Bewertung vom 19.05.2017
Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
Hogan, Ruth

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge


ausgezeichnet

Der 74-jährige Schriftsteller Anthony Peardew hat seinen Beruf an den Nagel gehängt. Trotzdem verbringt er viel Zeit in seinem Arbeitszimmer oder begibt sich immer wieder, mit seiner Tasche bewaffnet, auf lange Streifzüge durch die Stadt. Dort sammelt er seit nun mehr vierzig Jahren auf, was er findet: verloren gegangene Dinge mit mehr oder weniger Gegenwert: "ein Puzzlestück, blau mit weißem Fleck", " ein limettengrünes Haargummi mit Plastikblumen", ein Medaillon und eine fast leere Huntley & Palmers - Keksdose, beide mit einer ganz besonderen Bedeutung für die ehemaligen Besitzer. Für die einen vielleicht wertloser Plunder, für Anthony aber unermesslich kostbar. Sein Haus wird zu einem Sammelsurium, in dem alle diese herrenlosen Dinge eine neue Heimat finden, fein säuberlich beschriftet und sortiert.
Doch wie sollen all diese Gegenstände zurück zu ihren Besitzern finden? Warum ist sein Arbeitszimmer immer vor den Blicken anderer verschlossen? Und warum wird der sonst so ruhige, alte Mann immer unruhiger und fahriger?

Schnell habe ich den stets freundlichen, unaufdringlichen Anthony mit seiner makellosen Höflichkeit in mein Herz geschlossen. Auch das behagliche, viktorianische Haus in dem Anthony wohnt, hat mich von Beginn an verzaubert. Denn das Padua ist mehr als nur ein Haus. Es ist ein sicherer Ort, um Wunden zu heilen, um Tränen zu trocknen und aus den Augen verlorene Träume zu erneuern. Eine Zuflucht für gestrandete, verlorene Seelen.
Dort lernen wir auch Laura, seine persönliche Assistentin, Freddy, den Gärtner und die fröhliche Sunshine kennen und lieben. Man kann sich diesen liebevoll gezeichneten Figuren mit ihren Ecken und Kanten und ihren Hoffnungen und Sehnsüchten einfach nicht entziehen. Und man möchte es auch gar nicht, weil man sich als Leser nicht nur als Zuschauer sieht, sondern mit Herz und Gefühl in diese Geschichte eintaucht und mitfiebert.

Auch die "Geschichte in der Geschichte", ein zweiter Handlungsstrang, der vierzig Jahre zurückliegt, schafft es zu fesseln. Hier treffen wir auf Bomber und Eunice, einen bekannten Verleger und seine Assistentin, die Filme über alles lieben und auf die egoistische, oberflächliche Portia, die meine Emotionen immer wieder hochkochen lassen hat.

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll, wenn ich erzählen wollen würde, was mich an diesem Buch begeistert hat. Die feinfühlige, sensible Art der Autorin zu schreiben, ein Schreibstil der gewaltige, bleibende Bilder im Kopf hinterlässt oder die, wie scheinbar nebensächlich auftauchenden "Personen", wie Godfrey oder Douglas und Carrot, die mich berührt und nachdenklich zurückgelassen haben. Die Autorin zeigt, dass auch kleine Dinge und Gesten eine große Bedeutung haben können, die man im Alltag häufig übersieht. Alles im Leben ist vergänglich. Wir haben nicht ewig Zeit. Auch wenn wir das glauben.
Ein Zitat ist an meine "Kühlschranktür" gewandert und wird mich immer wieder daran erinnern, dass nichts im Leben sinnlos ist: "Wenn man nie traurig ist, woher soll man dann wissen, wie es ist, glücklich zu sein."

Fazit:
"Wir warten alle darauf, gefunden zu werden ..."
Eine wunderschöne, zu Herzen gehende Geschichte über verlorene Dinge, zweite Chancen und die große Kraft der Liebe und aufrichtiger Freundschaft. Meine absolute Leseempfehlung!
Danke für dieses wundervolle Debüt, das mein Herz tief berührt und mir kostbare, kleine (Lese-)Momente geschenkt hat.

Bewertung vom 29.04.2017
Betrunkene Bäume
Dorian, Ada

Betrunkene Bäume


ausgezeichnet

"Auf der Fensterbank füllten sich die Blätter wieder mit Leben, nur der Selbstmörder wollte nicht so recht. Von der Eckbank und aus dem niedrigen Winkel im Sitzen bildeten die Pflänzchen einen dichten Wald. Einen Miniaturwald, von dem Erich wusste, wie er später in voller Größe aussehen würde. Obwohl er lange in keinem Wald gewesen war, erinnerte er sich, wie es sich anfühlte, an einem heißen Tag im Schatten eines Baumes mit großer Krone zu sitzen. Er wusste, wie es im Wald roch, wie die Zusammensetzung des Bodens sein musste und welche Pflanzen den Unterwuchs bildeten. Er konnte den Wald bereits spüren."


Professor Erich Warendorf ist über achtzig und wohnt in einer eher verlassenen Gegend, die durch Leerstand in den alten, abgewohnten Wohnhäusern gezeichnet ist. Seine Gesundheit ist nicht mehr die beste und seine Tochter würde ihn gern in einem Pflegeheim unterbringen. Doch wie ein bekanntes Sprichwort sagt: "Einen alten Baum verpflanzt man nicht so leicht." Und so wehrt sich Erich mit Händen und Füßen gegen diese Entscheidung.
Mit viel Gefühl beschreibt die Autorin seine Traurigkeit, seine Ängste und seinen wachen Geist. Immer wieder gibt es Rückblicke in seine berufliche und private Vergangenheit, wobei mir ganz besonders seine spannende Forschungsreise in die Taiga mit seinem Begleiter Wolodja und seinem namenslosen Laika, und seine tiefe Liebe zu seiner Frau Dascha im Gedächtnis geblieben sind.
Als es Ärger mit der Haushälterin gibt, trifft Erich eher unerwartet auf die junge Ausreißerin Katharina. So unterschiedlich die zwei auch auf den ersten Blick erscheinen mögen, verbindet sie mehr als ihre Wohnungen im gleichen Haus. Die zwei kommen sich immer näher und es entsteht eine ungewöhnliche Freundschaft, die beiden Luft zum Atmen und neue Impulse gibt.

Wird Erich Katharina davon überzeugen können, wieder zur Schule und zurück nach Hause zu gehen? Oder wird Katharina bei Erich bleiben und so seine drohende Unterbringung im Heim abwenden können? Und was hat es mit dem verschlossenen Schlafzimmer auf sich? Welches Geheimnis verbirgt Erich dort vor der Außenwelt?

Auch wenn es für die Geschichte nicht vorrangig ist, hat mich der Besuch von Erich und seiner Tochter in einer Seniorenresidenz und sein Gespräch mit Herr Hofmann sehr bewegt. In diesen wenigen Worten steckt so viel Tiefe und Wahrheit. Wir alle werden älter. Und wie wird es uns dann ergehen? Immer wieder habe ich während der Geschichte das Verhalten von Irina gegenüber ihrem Vater hinterfragt und bin zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen. Man könnte es verstehen, man könnte es kritisieren und man könnte es (in Gedanken) selbst besser oder schlechter machen. Doch wer weiß das schon BEVOR man nicht selbst in genau so einer Situation gesteckt hat.
Auch die Vergleiche zwischen dem alternden Erich und "seinen" Bäumen finde ich sehr gelungen. Es steckt so viel Poesie und Kraft in diesen Zeilen. Schwankend, gefangen, gebrochen, aber mit einem unbändigen (Überlebens-)Willen - auch oder gerade - in schwierigen Zeiten.

Das Buch wurde am 24. Februar 2017 im Ullstein-Verlag veröffentlicht. Es überzeugt als kleines Hardcover mit einem griffigen Schutzeinschlag und einem Lesebändchen und ist zudem hochwertig verarbeitet.
Mit dem Titel konnte ich zu Beginn nicht wirklich viel anfangen. Aber NACH dem Lesen passt er perfekt und bekommt eine symbolhafte Bedeutung für die Geschichte. Das Cover selbst ist unaufdringlich und überzeugt eher durch die Anordnung der Schrift und mit seiner wunderschönen Farbgestaltung als durch die Abbildung, die Bäume, Büsche oder Gräser vermuten lässt.


Fazit:
Ein wortgewaltiger, berührender Roman über das Älterwerden, über verratene und neugeknüpfte Freundschaft, über die Sehnsucht und die unerschütterliche Liebe zu den Eltern, dem Partner und der Heimat und den eigenen Wurzeln. Meine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.04.2017
Die Verseflüsterin
Fougerousse, Nicolas

Die Verseflüsterin


sehr gut

Marcus ist Franzose, 37, verheiratet und arbeitet in La Défense westlich von Paris in einem renomierten IT- und Consultingunternehmen. Alles könnte perfekt sein, wäre da nicht dieses unerklärliche Gefühl in seinem Bauch. Ihm ist klar, dass seine Probleme und Misstimmungen im Vergleich zu vielen anderen Jammern auf höhstem Niveau sind. Aber irgendetwas fühlt sich nicht (mehr) richtig an.
Eines Tages findet er eine mysteriöse Notiz an der Windschutzscheibe hinter seinem Scheibenwischer, der später zwei weitere Botschaften folgen. Marcus quälen unzählige Fragen: Wer ist der anonyme Verfasser dieser Nachrichten? Warum bekommt gerade er, gerade jetzt, diese mysteriösen Botschaften? Oder macht sich jemand einfach nur einen Spaß mit ihm?

Die Leseprobe in der Verlagsvorschau hat mich sehr neugierig gemacht auf dieses Buch. "Viel mehr als nur eine nette Geschichte", "eine Lektion fürs Leben", "ein hinreißendes Debüt, dass die Seele berührt". Da konnte ich einfach nicht wiederstehen.
Doch dann kam es ganz anders als erwartet. In die Geschichte hineinzufinden, ist mir überhaupt nicht schwer gefallen. Obwohl Marcus durchaus sympathisch ist und man sich als Leser ganz sicher in einigen Situationen wiederentdecken kann, blieb mir die Hauptfigur aber leider bis zum Schluss zu blass. Der Schreibstil ist leicht zu lesen und stellenweise wirklich sehr berührend und poetisch. Aber auch hier trifftet der eigentliche Roman immer wieder mal in Richtung Sachbuch ab. Die mentalen, geistigen Übungen - die ich sehr gelungen finde und die mich wirklich inspiriert haben - sind eher sachlich, erklärend geschildert. Ich fühlte mich als Leser immer wieder hin- und hergerissen.
Immer wieder wurden auch sexuelle Themen angesprochen und eine Wendung in der Geschichte hat mich dann kurzzeitig wirklich komplett aus dem Lesefluss gebracht haben. Da musste ich meine Gedanken erst einmal neu für mich ordnen und sortieren. Aber das ist wirklich rein subjektiv. Denn "Die Verseflüsterin" ist wirklich ein gelungenes, außergewöhnliches Debüt, dass mir viele Anregungen mit auf den Weg gegeben und mich nachdenklich zurückgelassen hat.

Etwas, das mir auch noch nach Tagen im Gedächtnis geblieben ist, das "viel zu Tun" nicht immer gleichzusetzen mit "viel Erleben" sein muss. Auch die Idee sich jeden Abend die Zeit zu nehmen, um sich zu besinnen und an drei schöne Dinge zu erinnern, die einen am Tag begegnet sind, finde ich eine schöne Inspiration, die ich gern für meinen Alltag übernehmen möchte.

Der Roman wurde 2017 im LIBRA-Verlag veröffentlicht. Libra ist das neue Belletristik-Imprint des Scorpio-Verlags, das Literatur für die Seele verspricht.
Als Hardcover mit Schutzumschlag ist es hochwertig verarbeitet und überzeugt auch innen mit seiner wunderschönen, liebevollen Gestaltung der Kapitel. Ich mag dieses beschriebene, davonwehende Blatt (welches sich auch auf dem Cover wiederfindet) zu Beginn der drei Teile und die Überschriften und Wortanfänge der einzelnen Kapitel sehr.
Auch das Cover ist wirklich wunderbar. Da fällt etwas unerwartet quasi aus den Wolken in deinen Schoss und du musst entscheiden, was du daraus machst.

Fazit:
Ein bewegender Debütroman über den Sinn des Lebens, über Schmerz, Rache und Vergebung, der mich nicht nur wegen seiner ungewöhnlichen Gegensätze sehr nachdenklich zurückgelassen hat.

Bewertung vom 26.04.2017
Unsere Seelen bei Nacht
Haruf, Kent

Unsere Seelen bei Nacht


ausgezeichnet

Addie und Louis wohnen seit vielen Jahrzehnten nur einen Häuserblock voneinander entfernt in der Ceddar Street, im ältesten Teil der Kleinstadt Holt. Eines Tages fasst Addie einen folgenschweren Entschluss und macht dem verwitweten Louis ein ungewöhnliches Angebot: "Ich wollte fragen, ob du dir vorstellen könntest, hin und wieder zu mir zu kommen und bei mir zu schlafen." Louis ist überrumpelt, lässt sich aber darauf ein. Die zwei starten in ein aufregendes Abenteuer, bei dem sie sich, eng nebeneinander liegend, mit Geschichten aus ihrem Leben, die triste Einsamkeit vertreiben. Dabei kommen sie sich näher und nicht jeder ist mit dieser Liason einverstanden. Ihre Beziehung weckt nicht nur bei Addies Sohn Neid und Missgunst. Auch in der Kleinstadt wird hinter vorgehaltener Hand über das späte Glück gelästert.

"In der Nacht sind alle Katzen grau." Doch was passiert, wenn sich jemand dieser Tristess, der Einsamkeit und der Vernunft widersetzt? Ist es das Risiko wert? Ist es wirklich egal, was andere Leute denken oder glauben? Oder wird die zwei ihre Vergangenheit einholen, noch bevor der nächste Tag anbricht?

Die Geschichte um Addie und Louis hat mich tief im Herzen berührt. Sie zeigt, dass es nie zu spät ist für seine Träume und Sehnsüchte einzustehen. Liebe, Glück und die Erfüllung unserer Träume sind an kein Alter gebunden.
Sie zeigt aber auch, dass wir alle Brüche in unserem Lebenslauf haben und das wir nicht immer selbstbestimmt sein dürfen. Die Anwandlungen ihres egoistischen Sohnes, für den ich zu Beginn sogar Mitgefühl empfand, haben mich wirklich fassungslos und wütend gemacht. Für mich gab es da eine starke Parallele zwischen Jamie und Addie, die beide hilflos seinen Launen ausgesetzt sind. Ist es wirklich so, dass sich die (Familien-)Geschichte immer wieder wiederholt? Ich hoffe sehr, dass das zumindest für Jamie nicht zutreffen wird.
Einfühlsam gelingt es dem Autor dabei, die Seele des Lesers zu berühren und dann wieder - für mich unerwartet - aus ihrer Seeligkeit zu reißen. Wahrscheinlich habe ich ein anderes Ende erwartet und doch - oder gerade deshalb - lässt mich die Geschichte mit all ihren alltäglichen Wahrheiten und Problemen nachdenklich und aufgewühlt zurück.

Das Buch wurde 2017 im Diogenes-Verlag veröffentlicht. Es überzeugt mit einer gut lesbaren Schrift und überschaubaren, kurzen Kapiteln. Das Cover ist eher unscheinbar. Man sieht eine gelbe Hauswand, mit einem Fenster mit zurückgezogener Gardine, für den Leser aber uneinsehbar. Wahrscheinlich hätte ich es in der Buchhandlung nicht spontan in die Hand genommen. Schade, denn dann hätte ich "ein kleines, aber feines" Buch verpasst.
Der Schreibstil des Autors ist gut zu lesen. Ruhig und unaufgeregt, mag das zeitweise einfach anmuten. Aber die Kraft dieses Buches entfaltet sich zwischen den Zeilen und ohne große Worte. Etwas, das mich im Lesefluss allerdings gestört hat, waren die fehlenden Anführungsstriche in der wörtlichen Rede, die Kent Haruf aber in jedem seiner Bücher konsequent ignoriert.


Fazit:
Ein ruhiges, berührendes Buch mit einer starken Stimme, die zwischen den Zeilen den Weg zu ihren Lesern findet. Mit einer Botschaft, die ans Herz geht und die mich sehr nachdenklich und betroffen, aber auch voller Hoffnung und Zuversicht zurückgelassen hat.

Bewertung vom 26.04.2017
Der Freund der Toten
Kidd, Jess

Der Freund der Toten


sehr gut

Unerwartet erhält der Dubliner Hippie Mahony einen versiegelten Umschlag, der seine Lebensgeschichte ins Wanken bringt. Bisher glaubte er, er wäre als vaterloser Bastard im Waisenhaus aufgewachsen, weil seine junge Mutter eine Hure war und ihn nicht gewollt und abgeschoben hat. Doch der Inhalt des Briefes offenbart etwas anderes. Von einer Minute auf die andere ist nichts mehr wie es war. Mahony beschließt herauszufinden, was damals kurz nach seiner Geburt wirklich in seinem Heimatort Mulderigg passiert ist. Doch wird er vor Ort brauchbare Informationen finden? Oder sind alle Erinnerungen 26 Jahre später längst Asche und Rauch? Und was verbirgt sich hinter den "dunkelsten von Mulderiggs dunklen Träumen"?

Die Autorin Jess Kidd schafft es sofort zu Beginn atmosphärische Bilder und Personen im Kopf des Lesers entstehen zu lassen. Manchmal sind die intensiven Umgebungsbeschreibungen fast etwas viel. Und doch sind sie stimmig und man kann sich ihnen nicht entziehen.
Was mich sehr betroffen gemacht hat, war die Tatsache, dass einige grausame Geschehnisse wirklich sehr detailiert erzählt wurden. Ich gebe zu, dass ich einige Sätze tatsächlich nur mit halbgeöffneten Augen überfolgen habe. Meine Fantasie lässt einfach zu schnell Bilder in meinem Kopf entstehen, die ich dann nicht wieder loswerde.

Etwas darf dabei nicht unerwähnt bleiben. Mahony "kommuniziert" mit den Toten. Eine Folge seines Drogenkonsums oder eine Gabe? Das müsst ihr selbst herausfinden. Stellt euch darauf ein, dass es manchmal etwas wirr werden kann.

Fazit:
Ein ungewöhnliches, aber gelungenes Debüt, das mir vor allem durch seine detailierten und athmosphärischen Beschreibungen und seinem poetisch angehauchten Schreibstil im Gedächtnis bleiben wird.