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Top-Rezensenten Übersicht

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atzekrobo
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Zeven
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Bücherfreak

Bewertungen

Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 20.09.2016
Command Authority / Jack Ryan Bd.16
Clancy, Tom

Command Authority / Jack Ryan Bd.16


ausgezeichnet

Der inzwischen verstorbene Tom Clancy und sein Co-Autor Mark Greany haben in ihrem Roman “Command Authority - Kampf um die Krim” geradezu prophetische Gaben bewiesen. Und so haben etliche Rezensenten auch die Frage aufgeworfen: Wenn Clancy ahnen konnte, was auf der Krim passieren wird, warum dann EU und NATO nicht?
Das Buch schildert verschiedene Handlungsstränge, die erst im Laufe der Zeit zu einer Geschichte zusammengefügt werden.
Wer den ganzen Jack-Ryan-Kosmos von Clancy kennt, ist hier ohnehin sofort im Bilde, aber auch Quereinsteiger dürften sich schnell mit den Protagonisten zurecht finden. Jack jun. für ein Jahr nach London gezogen, derweil versucht sein Vater, immer noch Präsident der USA, den russischen Präsident Wolodin aufzuhalten. Der droht, die komplette Ukraine zu besetzen, und nicht nur die russisch geprägte Krim. Wolodin will Russland wieder so groß machen wie die einstige UdSSR. Zufällig ist John Clark mit den Mitarbeitern des ehemaligen Campus - ohne Jack Ryan jun. - gerade in Kiew, auf einer Mission gegen die russische Mafia. Und das führt zu entsprechenden Verwicklungen, wie man sich denken kann. Es gibt aber auch Rückblicke auf die Zeit vor 30 Jahren, als Jack Ryan noch als Agent der CIA gefährliche Missionen absolvierte.
Der 844 Seiten starke Wälzer ist gewohnt spannend und flüssig geschrieben. Ich kann die Kritik, hier sei schon nicht mehr genug von Tom Clancy drin, jedenfalls nicht nachvollziehen. Der Realitätsgehalt hat sich zudem im Nachhinein als erschreckend hoch erwiesen, was dem Buch auch Beachtung in Zeitungen verschaffte, die sich sonst eher wenig mit solchen Polit-Thrillern befasst haben. Und das finde außerordentlich bemerkenswert.

Bewertung vom 19.09.2016
Manhattan Transfer
Passos, John Dos

Manhattan Transfer


ausgezeichnet

Ein grandioses Hörspiel

“Manhattan Transfer” von John dos Passos ist ein bemerkenswertes Stück Weltliteratur. Neu übersetzt, und jetzt auch noch als grandioses Hörspiel inszeniert, lässt es den Leser schier atemlos zurück. Entsprechend wurden die gedruckte, aber auch die Hörspiel-Version in den deutschen Feuilletons gefeiert - und das in meinen Augen zu Recht.
Geht es um die Stadt oder um die Menschen? Ich denke, um beides. Der Autor hat hier ein buntes Sittengemälde der größten amerikanischen Stadt zu Papier gebracht, das ihn als Autor in der ganzen Welt bekannt gemacht hat. Drei Abschnitte werden geschildert, 1896 bis 1905, 1913 bis 1916 und die Nachkriegszeit von 1918 bis 1924. Eine große Palette an Figuren tritt auf, einige prägnante Hauptrollen sind mit recht prominenten Sprechern besetzt, die Heerschar der Nebenrollen ist aber auch durchaus prominent gesprochen worden.
Einen solch monumentalen Roman als Hörspiel zu inszenieren, dürfte eine Herkules-Aufgabe gewesen sein, aber es ist vortrefflich gelungen. Man sieht sich teilweise wirklich in die Straßenschluchten von Big Apple versetzt, spürt die Verzweiflung oder den überbordenden Optimismus einiger Protagonisten.
Auch musikalisch ist die Umrahmung mehr als passend gestaltet worden. Ich weiß nicht warum, aber zuweilen fühlte ich mich an die Dreigroschenoper von Bert Brecht und Kurt Weill erinnert.
Gesendet wurde das Hörspiel zunächst im SWR2, anschließend auch im Deutschlandfunk. Wer das verpasst hat, kann es in der vortrefflichen Aufbereitung von HoerbuchHamburg nachhören. Und das eben auch mehrfach, was ich ganz sicher machen werde, denn beim ersten Hören kann man kaum alle Nuancen dieses großartigen Werkes und der vortrefflichen Inszenierung erfassen.

Bewertung vom 16.09.2016
Unsühnbar
Ebner-Eschenbach, Marie von

Unsühnbar


gut

“Unsühnbar” von Marie von Ebner-Eschenbach ist vom Manesse-Verlag in seiner Erfolgsreihe “Bibliothek der Weltliteratur” neu aufgelegt worden. Von nicht wenigen Rezensenten ist der Roman als wichtiges emanzipatorisches Werk bezeichnet worden, denn die Autorin beschreibt darin um 1890 die unübersehbare Frauenfeindlichkeit der feinen Gesellschaft. Das Buch handelt von Leidenschaft und Schicksalsschlägen, Scheinheiligkeit und falscher Moral.

Maria von Wolfsberg stimmt der Heirat mit Graf Dornach zu - und folgt damit dem Wunsch ihres Vaters und den Konventionen der Wiener Adelsgesellschaft. Sie liebt Felix Tessin, der das Gegenteil ihres kühlen und lieblosen Ehemanns ist – sich später aber als übler Lüstling zeigen wird. Maria lässt sich zum Seitensprung verführen, wird schwanger, und schiebt ihrem Gemahl das Kind unter. Nach dessen Tod will sie zu der Affäre und ihren Folgen stehen, macht alles öffentlich – und wird mit moralisierender Kritik überzogen und gesellschaftlich ausgegrenzt.
Dieses wieder entdeckte Werk ist auch für den Leser der Gegenwart ein lehrreiches Buch, denn die gesellschaftlichen und politischen Implikationen können auch in manchen Kreisen der Gegenwart noch beispielgebend sein. Wer seinen Blick für emanzipatorische Fragen schärfen möchte, wird in diesem Klassiker einige Anregungen finden.

Bewertung vom 06.06.2016
Der vierte Stern
Honigstein, Raphael

Der vierte Stern


ausgezeichnet

Ein hervorragend recherchiertes und interessant geschriebenes Buch

Raphael Honigstein hat ein Fußballbuch geschrieben, auf das man vor dieser Europa-Meisterschaft geradezu gewartet hat. Allerdings ist der Untertitel leicht irreführend. Dort heißt es: “Wie sich der deutsche Fußball neu erfand”. Denn natürlich hat sich der deutsche Fußball nicht neu erfunden, sondern günstige Umstände haben dazu geführt, dass einige Trainer mit ihren Innovationen plötzlich Gehör fanden. Das wird zuweilen an der Amtsübernahme von Jürgen Klinsmann festgemacht, aber Honigstein zeigt sehr deutlich, dass es bereits vorher viele Mosaiksteine gab, die dann endlich an den richtigen. Platz gesetzt wurden.
Rückblickend vom Sieg im Endspiel der Weltmeisterschaft 2014 - jedem Spiel ist ein eigenes Kapitel gewidmet - schildert Honigstein den für Außenstehende scheinbar wundersamen Prozess der Entwicklung von Rumpel-Fußballern zur besten Mannschaft der Welt. Schlüsselspieler werden vorgestellt, aber eben auch die radikal veränderte Jugendförderung durch DFB und Bundesliga. Der Autor schildert mit viel Hintergrundwissen den Einfluss der von ihm so genannten schwäbischen Fußballlehrerschule bei der Einführung von Viererkette und ballorientierter Raumdeckung, oder bei der Revolution der Spielanalyse.
Honigstein beschreibt, wie Dietrich Weise seine Anregungen zur Schaffung von Nachwuchsleistungszentren bei den Bundesligisten und DFB-Stützpunkten in der Fläche schon 1996 gegeben hat. Jeder junge Fußballer in Deutschland sollte gefördert werden, damit niemand übersehen wird. Die Resultate dieser revolutionären Veränderungen sind an jedem Spieltag auf den Plätzen zu sehen.
Zehn Jahre nach Einführung der Zentren kommt mehr als die Hälfte der aktuellen Bundesligaspieler aus diesen Kaderschmieden. “Der Vierte Stern” ist ein hervorragend recherchiertes und interessant geschriebenes Buch, mit jeder Menge Fakten und Anekdoten - und wird auch nach der Europameisterschaft 2014 noch lesenswert sein.

Bewertung vom 18.05.2016
Das zerstörte Leben des Wes Trench
Cooper, Tom

Das zerstörte Leben des Wes Trench


ausgezeichnet

Ein bemerkenswerter Hörgenuss

Viktor und Reginald Toup unterhalten auf einer Insel in der Barataria Bay vor der Küste von Lousiana eine Marihuana-Plantage. Den Sheriff schmieren sie kräftig, und wer ihrer Insel zu nahe kommt, endet als Alligator-Futter. Der Shrimp-Fischer Lindquist kommt ihnen ziemlich nahe. Nate Cosgrove und John Henry Hanson - zwei Kleinkriminelle - warten auf den großen Coup. Brady Grimes schwatzt im Auftrag von BP den arglosen Bürgern ihre Schadenersatz-Ansprüche nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexico ab. Wes Trench ist hier aufgewachsen und träumt davon, wie sein Vater Shrimp-Fischer zu werden. Als sich die Wege der Protagonisten kreuzen, überleben das nicht alle der Beteiligten.

Tom Cooper lebt in Louisiana, als sich die Katastrophe auf der Plattform Deepwater Horizon abspielt. Er erlebt hautnah, wie das Leben der Menschen an der Golfküste vor die Hunde geht. Das ist in dieser lesens- und hörenswerten Geschichte zu spüren. Der Autor schildert authentisch das Lebensgefühl und die Verzweiflung der Menschen – mit einer düsteren Stimmung, skurrilen Protagonisten, und witzigen Dialogen.
Tom Cooper versteht es, mit seiner Erzählweise den Hörer oder Leser die Atmosphäre an der Golfküste spüren zu lassen. Er beschreibt die dem Untergang geweihte Kultur der Shrimp-Fischer mit ihren Eigenheiten in Sprache, Musik und Tanz. Seine Protagonisten werden in bemerkenswerten Facetten beschrieben, und wirken dabei sehr authentisch, man sieht sie förmlich vor sich. Ein ausgezeichneter Hörgenuss - von Johannes Steck eindringlich vorgetragen.

Bewertung vom 18.05.2016
Old School
Niven, John

Old School


ausgezeichnet

Vier alte Ladys auf irrer Verfolgungsjagd

Susan Frobisher ist völlig am Boden zerstört, als sie von zwei Polizisten erfährt, dass ihr nur scheinbar höchst durchschnittlicher Ehemann Barry bei heftigen Sexspielen mit einer Prostituierten einen Herzinfarkt erlitten hat. Die 60-Jährige muss offenbar damit zurecht kommen, von heute auf morgen völlig mittellos zu sein – Barry hat sein geheimes Sexleben mit Krediten finanziert, die Susan ahnungslos mit unterzeichnet hat.
Ihre Freundin Julie schlägt sich mit einem Putzjob im Altersheim durch, wo die 89-jährige Ethel der Zeit nachtrauert, als sie ein heißer Feger im Showbusiness war. Ihre andere Freundin Jill braucht Geld für ihren kranken Enkel, den nur ein enorm teure Operation noch retten kann. Das Quartett beschließt nach chaotischen Diskussionen, tatsächlich eine Bank zu überfallen, um sich finanziell zu sanieren. Julies Ex-Liebhaber Nails war einst Bankräuber, und kommt als Fachmann mit ins Boot. Doch bei dem Überfall geht alles mögliche schief, Nails wird geschnappt, aber die vier Ladys entkommen in einer wilden Flucht. Zwei sture Polizisten jagen sie durch Frankreich und bis ans Mittelmeer. Bei der Verfolgungsjagd müssen die alten Damen ihre ganze Fantasie einsetzen, um nicht gefasst zu werden.
Eine skurrile Truppe, ein verrückter Plan, und eine irre Verfolgungsjagd - schön schräg und humorvoll erzählt, von Gerd Köster perfekt gelesen. Die Geschichte ist herrlich rasant, und das wird in der Hörbuch-Fassung ausgezeichnet vermittelt. Der Realitätsgehalt der ganzen Story dürfte gegen Null gehen, aber das ist bei einem solchen Buch im Grunde völlig irrelevant. John Nivens Roman ist eine Art Roadmovie zum Lesen oder Hören, Kopfkino der besseren Sorte.

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Bewertung vom 17.05.2016
Silent Scream / Kim Stone Bd.1 (1 MP3-CDs)
Marsons, Angela

Silent Scream / Kim Stone Bd.1 (1 MP3-CDs)


gut

Eine unterhaltsame und spannende Geschichte
Black Country nennt man eine Gegend nördlich und westlich der englischen Industriestadt Birmingham. Dort sorgen oberirdische Kohleschichten für die schwarze Färbung der Erdoberfläche. Hier wird Teresa Wyatt, eine frühere Mitarbeiterin des Kinderheims Crestwood, in ihrer Badewanne ertränkt. Detective Kim Stone von der West Midlands Police und ihre Kollegen ermitteln, und weitere Morde zeigen der Polizei, dass es Gemeinsamkeiten gibt. Alle Opfer haben in Crestwood gearbeitet, das mittlerweile geschlossen wurde. Auf einem Ausgrabungsgelände neben dem ehemaligen Heim wird eine schon lange vergrabene Kinderleiche gefunden, und Kim wird klar, dass sie es mit einem größeren Fall zu tun hat.
Angela Marsons hat mit Silent Scream einen lesens- und hörenswerten Erstlingsroman vorgelegt. Sie ist eine gute Geschichten-Erzählerin, baut einen großen Spannungsbogen auf, und schildert eine insgesamt überaus düstere Stimmung. Dazu passt der Schauplatz der Geschichte mit der Ruine von Crestwood und den ausgegrabenen Leichen der jungen Mädchen.
Es gibt viele falsche Fährten, und Kim Stone ist eine ungewöhnliche Protagonistin. Als Sprecher tragen vor allem Andrea Sawatzki und auch Christian Berkel, der einen kleineren Part liest, zur Attraktivität dieses unterhaltsamen Hörbuchs bei.