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Sabine
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Bewertungen

Insgesamt 410 Bewertungen
Bewertung vom 26.12.2016
Palka, Kurt

Das Geheimnis der Pianistin


sehr gut

Mich hat der Klappentext angesprochen, das Cover hat das übrige beigetrage, dass ich dieses Buch lesen wollte - und schon nach wenigen Seiten war mir klar, dass das Buch genau in meine Lesestimmung passt.

Erzählt wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen, die aber gar nicht so weit auseinander liegen – einmal kommt Hélène in den 30er Jahren in das kleine Örtchen Saint Homais in Kanada, um sich dort ein neues Leben auszubauen, dann gibt es einen Erzählstrang ca. 20 Jahre zuvor, in dem man Einblicke in Hélènes früheres Leben erhält. Schade war ein wenig, dass diese Rückblenden nicht gekennzeichnet waren und man immer erst beim Lesen merkte, dass man sich in der Vergangenheit befand – das war an der einen oder anderen Stelle leider etwas verwirrend. Trotzdem haben mir beide Erzählstränge gut gefallen, weil sie nach und nach miteinander verwoben werden und die Fäden dann ganz am Schluss richtig zusammenlaufen, so dass keine Fragen offen bleiben. Der Titel sagt es ja schon, dass Hélène ein Geheimnis mit sich trägt, was es genau ist, erfährt man nach und nach – für mich hat dies die Spannung sehr erhöht: Man merkt, dass etwas im Verborgenen liegt, kann es aber nicht fassen und so konnte ich das Buch schlecht beiseitelegen, weil ich ja wissen wollte, was es mit diesem Geheimnis auf sich hat.

Schon den Einstieg fand ich toll – das war vor allem der dichten Atmosphäre zu verdanken, in die ich sofort eintauchen konnte und in der ich dann auch gefangen war. Dazu hat auch der Schreibstil beigetragen, der sehr eindringlich und packend ist, geheimnisvoll und mit viel Liebe zum Detail. Langweilig ist es trotz vieler Beschreibungen nie geworden – da gibt es Schilderungen verschiedener Landschaften, Alltagsszenerien und auch viele Einzelheiten rund um das Thema Klavier und Musik. Für mich war da einiges neu und daher sehr interessant.

Hélène als Protagonistin hat mir sehr gut gefallen, auch wenn es in ihrer Figur nur wenig Entwicklung gegeben hat. Dafür aber merkt man sehr genau, was das Geheimnis mit ihr gemacht hat – war sie in der Vergangenheit eine lebendige und aufgeweckte junge Frau, hat sie das Geheimnis zu einer stillen und zurückgezogenen Dame gemacht, die immer ein wenig geheimnisvoll wirkt und mit ihrer Klugheit besticht. Auch andere Figuren – und hier möchte ich vor allem die Bewohner des Örtchens Saint Homais erwähnen – sind gut gezeichnet, liebevoll ausgearbeitet, es sind Figuren mit Ecken und Kanten, die sehr authentisch gewirkt haben.

Zwar hat mich das Buch von Anfang bis Ende fesseln können, dennoch aber hat mir das erste Drittel am besten gefallen. Danach hat die Intensität irgendwie nachgelassen. Das schreibe ich den vielen Themen zu, die der Autor in die Geschichte gepackt hat und die mir bei der Dünne des Buches dann leider zu viele gewesen sind. Es geht nicht nur um das Geheimnis und um den Klavierbau, es wird auch viel über den Krieg geschrieben, über die Möglichkeiten, in der schwierigen Zeit zu Geld zu kommen, oft dann auch über nicht ganz legalen Wegen, es geht um Handel und Schmuggel, um Liebe und Betrug, um Wahrheit und Lüge. Einiges wird nur angerissen, anderes auch ausführlicher betrachtet – mir waren das zu viele Themen, deshalb ziehe ich einen Stern ab und gebe 4 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Mich haben vor allem die dichte Atmosphäre und die geheimnisvolle Protagonistin überzeugt und das Buch zu einem Lesegenuss werden lassen. Von Anfang an war ich in der Geschichte gefangen und konnte das Buch kaum aus der Hand legen – weil es mich einfach gepackt hat und ich wissen wollte, was denn nun das Geheimnis eigentlich ist. Einen Stern ziehe ich lediglich ab, weil mir im letzten Drittel zu viele Themen angerissen wurden, trotzdem empfehle ich das Buch gerne weiter und gebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 02.12.2016
Glaser, Paul

Die Tänzerin von Auschwitz


ausgezeichnet

Mich hat dieser Erfahrungsbericht sehr aufgewühlt und das, obwohl ich schon vieles aus dieser Zeit gelesen habe. Er ist tragisch, sehr offen und ehrlich und gibt dem Leser auch noch Einblicke in die Zeit nach der Befreiung – und das hat mir – zumindest was die Niederlande angeht – nochmal ganz neue Aspekte und Informationen geliefert.

Das Buch wird aus zweierlei Sicht erzählt – einmal aus Sicht des Autors Paul Glaser, der mehr zufällig anfängt, in seiner Familiengeschichte zu stöbern und den man bei seinen Recherchen begleitet. Die andere Sicht ist die seiner Tante Roosje, die aus ihrem Leben erzählt, wie sie eine Tanzschule eröffnet, wie es zunehmend schwieriger wird als Jüdin in den Niederlanden, was sie dann in Auschwitz erlebt und wie sie schließlich befreit wird und dann ein neues Leben in Schweden beginnt.

Das Buch liest sich sehr flüssig, sicherlich auch der eingehenden und einfachen Sprache wegen, die aber authentisch klingt und den Leser mitten ins Geschehen entführt. Mich hat aber vor allem die Geschichte Roosjes sehr gefesselt. Sie beschreibt ihre verschiedenen Etappen sehr lebhaft und lebendig und bewahrt sich trotz aller schrecklicher Erlebnisse immer noch ihren Optimismus. Wahrscheinlich hat dieser ihr auch das Leben gerettet, denn ein „ich kann nicht mehr“ gab es für Roosje nicht, egal, was passierte, hat sie für sich immer nach Lösungen gesucht – und auch gefunden, egal wie widrig die Umstände auch waren. Mich hat diese Willenskraft und Stärke sehr beeindruckt, mir nochmal aufgezeigt, was Menschen aushalten können, aber auch, was sie am Leben hält.

Interessant waren aber auch die Erfahrungen, die Paul Glaser im Rahmen seiner Recherchen macht. Zunächst stößt er auf ein großes Schweigen, kaum einer weiß genaueres oder die, die etwas wissen, wollen nicht reden. Es ist schon interessant, wie unterschiedlich Menschen mit dem Thema Holocaust umgehen – die einen verschweigen und wollen gar nichts mehr davon hören, die anderen wollen genau das nicht – schweigen, sondern gegen das Vergessen reden. Bemerkenswert finde ich auch, was diese Erfahrung dann mit einer Familie machen kann – wie sie das Zusammenleben beeinflusst und auch den Umgang mit anderen schwierigen Themen – wird eher geredet oder doch eher geschwiegen.

Mich hat dieses Buch sehr beeindruckt – nicht der schrecklichen Erlebnisse wegen, die Roosje zur Zeit des Holocaust durchmachte (und auch später noch, als sie wirklich unangenehme Erfahrungen mit ihrem Geburtsland machte), sondern vor allem wegen ihrer Stärke und ihrem Optimismus, den sie ausgestrahlt und nie verloren hat. Ich finde es faszinierend, wie Menschen sich in Ausnahmesituationen verhalten und was sie am Leben erhält – Roosje ist da ein tolles Beispiel, eine starke Frau, die sich nicht hat unterkriegen lassen und so auch das schlimmste Kapitel deutscher Geschichte überlebte.

Mein Fazit
Ein beeindruckender Erfahrungsbericht einer jungen Holländerin, die sicher vor allem durch ihre Stärke und ihren Optimismus den Holocaust überlebte. Obwohl Schreckliches beschrieben wird, sprüht das Buch doch voller Optimismus, eine Einstellung, die der Protagonistin Roosje das Leben rettete und mich sehr fasziniert hat. Wer sich für diese Zeit interessiert, dem kann ich diese Biographie sehr ans Herz legen – sie rückt noch mal andere Gesichtspunkte in den Vordergrund, und ich bin sehr froh, sie gelesen zu haben.

Bewertung vom 01.12.2016
Vaucher, Thomas

Die Akte Harlekin


gut

Den Einstieg in die Geschichte fand ich sehr gelungen, denn im Prolog wird man Zeuge eines Mordes - und man sollte nicht zu zart besaitet sein, denn der Serienkiller geht mit seinen Opfern nicht gerade zimperlich um.

Doch nach dem Prolog flacht die Spannung leider erst mal ab. Man lernt den Privatdetektiv Richard Winter kennen, den die Polizei als externen Ermittler für die Ermittlungen engagiert. Mittlerweile gibt es nicht nur ein Mordopfer, sondern schon drei und dazu noch einige Suizide der Angehörigen, die plötzlich von Geistern heimgesucht werden. Da Winter ein Experte für Okkultes ist, scheint er natürlich genau der richtige zu sein. Und mit seinen Ermittlungen wird es auch wieder spannend – zumal Winter bald selbst ins Visier des Mörders gerät. Diese Spannung wird dann auch bis zum Schluss gehalten – ich zumindest war wirklich gepackt von der Geschichte.

Wer denn nun eigentlich der Mörder ist, habe ich zu keinem Zeitpunkt wirklich geahnt – ich habe da in eine ganz andere Richtung gedacht und war am Ende auch wirklich erstaunt. Die Auflösung war in sich schlüssig, auch wenn rückblickend vieles konstruiert erschien und gerade das Motiv des Mörders wenig glaubhaft wirkte. Ebenfalls nicht gefallen hat mir der ausgeprägte mysteriöse Touch im Buch – wer das mag, der wird hier voll auf seine Kosten kommen, meins war es leider nicht. Mir hat am Ende da einfach eine plausible Lösung gefehlt. Trotzdem war ich gefesselt von dem Fall, weil es einfach spannend war, und ich habe das Buch nur schlecht aus der Hand legen können.

Mit dem Privatdetektiv Richard Winter hatte ich leider so meine Probleme – der dem Alkohol verfallene Ermittler, der am Hungertuch nagt und den keiner engagieren will, war mir einfach zu stereotyp gezeichnet, eigentlich war seine Figur sogar überzeichnet. So möchte ich ihn einfach nicht und das hart sich auch während seiner Ermittlungen nicht geändert, ich fand ihn leider einfach nur unsympathisch. Die anderen Figuren sind nicht so stereotyp geraten, dafür aber eher flach in ihrer Gestaltung. Neben der Richard zur Seite gestellten Polizistin Catherine Weiß, die eng mit ihm zusammenarbeitet und die man nach und nach kennenlernt, gibt es zwar noch andere Figuren, die aber eher Nebenrollen einzunehmen scheinen.

Sehr gelungen fand ich aber die vielen Wendungen und Überraschungen – so bin ich wirklich die ganze Zeit auf dem Holzweg gewesen. Am Ende überschlagen sich dann die Ereignisse und Catherine wird eine ganz besondere Rolle zuteil – das hat mich wirklich sehr erstaunt, weil ich mit einer anderen Lösung gerechnet hatte.

Der Schreibstil ist umgangssprachlich und sehr einfach, manchmal wirkte er auf mich ein wenig hölzern - trotzdem hat er sich gut lesen lassen und die Seiten sind rasch dahingeflogen. Es gibt wenig Beschreibungen, die ich aber auch nicht vermisst habe, dafür reichlich Dialoge, die manchmal etwas gestelzt wirkten, das ganze aber sehr lebendig gemacht haben.

Mich hat das Buch trotz meiner Kritikpunkte gut unterhalten, am meisten gestört haben mich der eher unsympathische Ermittler und der doch große mystischen Part – ich gebe 3,5 von 5 Sternen und behalte den Autor weiter im Auge.

Bewertung vom 01.12.2016

Tell


sehr gut

Ich war sehr neugierig auf diese Interpretation über die Legende Wilhelm Tells, weil mich die Leseprobe sofort gefesselt hat – und auch das Cover finde ich sehr ansprechend, vielleicht auch, weil es die klassische Art von Covern historischer Romane etwas verlässt.

Und ich wurde beim Lesen auch nicht enttäuscht – der Autor hat es geschafft, mich von der ersten Seite an zu fesseln. Die Geschichte Wilhelm Tells – von Kindheit an bis zum legendären Apfelschuss – ist eingebettet in eine kleine Rahmengeschichte, die das Ganze nochmal spannender gemacht hat. Zwar wird das Leben Wilhelm Tells langsam erzählt, das aber hat die Spannung überhaupt nicht gemindert. Sie ist die ganze Zeit vorhanden, steigt stetig an und entlädt sich dann am Schluss in einem tollen Finale. Ich war wirklich zu keinem Zeitpunkt gelangweilt, obwohl es auch ruhigere Passagen gab im Buch - einfach weil ich immerzu wissen wollte, wie es denn nun weitergeht.

Das hat sicherlich auch mit dem angenehmen und sehr eingängigen Schreibstil zu tun. Er lässt sich flüssig lesen und hat bei mir ein historisches Gefühl geschaffen, so dass ich mich beim Lesen tatsächlich in eine andere Zeit versetzt gefühlt habe. Durch die vielen Beschreibungen, die aber nie zu lang oder ausführlich waren, konnte ich mir alles genau vorstellen und die Geschichte spielte sich vor meinen Augen wie ein Film ab.

Mir hat die Erzählung um Wilhelm Tell noch mal ganz neue Einblicke in die Vergangenheit gestattet – nicht nur, weil ich bisher noch nichts historisches gelesen habe, das in der Schweiz spielt, sondern auch, weil mir die Einblicke in das Söldnerleben sehr gut gefallen haben. Ich hatte da keine konkreten Vorstellungen, umso interessanter war es für mich, nun Neues über das Leben, die Hintergründe und auch die Motivationen eines Söldners zu erfahren.

Die Charaktere sind alle sehr gut gestaltet – und tatsächlich hat nicht nur der Protagonist Wilhelm viel Tiefe, sondern auch die Nebencharaktere sind alles andere als flach gezeichnet. Dafür hat sich der Autor viel Zeit genommen, so dass mir viele der ganz unterschiedlichen Figuren sehr ans Herz gewachsen sind. Es gibt nicht einfach nur „gut“ oder „böse“, jeder hat ganz unterschiedliche Facetten und jeder hat auch eine eigene Geschichte, die erklärt, warum er so geworden ist, wie er nun mal ist. Interessant sind dabei auch die Namen, die die Söldner tragen – selten ist es einfach nur der richtige Name, vielmehr nennen sie sich nach Anekdoten ihres Lebens; und als Leser wundert man sich über Namen wie „Strubbler“, „Bluttrinker“, „Einohr“, „Schlitzer“, „Zwiebelarsch“ – doch im Laufe des Buches werden alle Namen erklärt und damit dann auch verständlich.

Gefallen hat mir auch der sehr ausführliche Anhang – hier kann man nicht nur nachschlagen, wo sich mancher Ort befindet und welche Figuren überhaupt mitspielen, es gibt zudem noch ein Glossar, in dem einige Worte erklärt werden, die heutzutage nicht mehr so geläufig sind. Auch die auf den Innenseiten abgedruckte Karte mochte ich sehr, denn so konnte ich manche Reise einfach besser einordnen.

Dass mich das blutrote Cover sehr angesprochen hat, habe ich ja schon erwähnt, genauso wie die gesamte Gestaltung des Buches mit seinem Anhang und den abgedruckten Karten. Ungewöhnlich fand ich dagegen das Format des Buches: es ist deutlich größer als herkömmliche Hardcover und zu meinem Leidwesen leider mit sehr kleiner Schrift gedruckt. Auch der Preis des Buches ist ungewöhnlich hoch – aber vielleicht wird sich der ja noch unserem Buchpreismarkt anpassen.

Bewertung vom 17.11.2016
Müller, Carin

Tage zwischen Ebbe und Flut


sehr gut

Eine wundervolle Geschichte voller Emotionen, die zum Nachdenken genauso anregt wie zum Schmunzeln oder Weinen – man sollte nur in der richtigen Lesestimmung sein, dann kann es wirklich überzeugen.

Mittelpunkt der Geschichte ist der 70-jährige Felix, der mit Ehefrau Ellen, Tochter Judith und Enkelin Fabienne eine Kreuzfahrt antritt – doch wer jetzt denkt, ein Idyll anzutreffen, täuscht sich, denn nicht nur ist Felix an der Alzheimer-Demenz erkrankt und wirft damit den einen oder anderen Plan schnell mal über Bord, ist seine Familie auch alles andere als einfach – so braucht es seine Zeit, bis jeder seinen Platz findet, auf dem Schiff, in der Familie und auch in seinem eigenen Leben.

Die Autorin hat sich ein schweres Thema für ihren Roman ausgesucht, trotzdem ist die Geschichte eine locker-leichte, bei der zwar zwischendurch immer mal wieder die ernsten Töne durchblicken und den Leser zum Nachdenken anregen, die aber auch voller Humor steckt und mich so auf eine Achterbahn der Gefühle mitgenommen hat. Ich habe viel geschmunzelt, aber auch viel nachgedacht – vor allem aber sind die Probleme, die sich durch die Alzheimer-Erkrankung eines Familienmitglieds ergeben können, sehr deutlich geworden. Auch wenn manche Situation eher zum Schmunzeln einlädt, waren andere doch oft auch ernst und zeigten, wie viel Gefühl und Einfühlungsvermögen notwendig sind im Zusammenleben mit einem Demenzkranken.

Die Figuren waren alle sehr gut gezeichnet und jeder wirkte wie aus dem Leben gegriffen. Felix habe ich natürlich sofort ins Herz geschlossen – obwohl er manchmal hilflos wirkt, hat er doch seinen eigenen Kopf und vor allem das Herz am rechten Fleck – schlimm waren nur die Situationen, wenn er sich seiner Krankheit bewusst wird, da hatte ich dann auch schon mal Tränen in den Augen. Seine Ehefrau Ellen wirkt leider etwas herrisch, im Laufe der Geschichte aber lernt man sie näher kennen und dann auch ihren weichen Kern – das Zusammenleben mit ihrem Mann fordert sie sehr und diese Dominanz ist einfach ihre Art, mit der Situation umzugehen. Tochter Judith dagegen muss erst lernen, wie schwer genau dieses Zusammenleben sein kann – sonst sich eher der Karriere widmend, weiß sie in manchen Situationen nicht, mit der Familie umzugehen. Gefallen an ihr hat mir aber, dass sie sich entwickelt und bald auch erkennt, was im Leben wirklich wichtig ist. Enkelin Fabienne bringt in die Geschichte noch mal jugendlichen Schwung, weil ihre Probleme einfach andere sind und sie sich wie ein typischer Teenager verhält – auch wenn sie das natürlich nicht hören mag.

Der Schreibstil ist locker und leicht, sehr lebendig und lässt mich als Leser eintauchen in die wundervolle Geschichte. Und die entführt nicht nur in eine turbulente Familie, sondern nimmt auch mit auf eine wundervolle Schiffsreise rund um den italienischen Stiefel und schafft so auch ein gewisses Urlaubsfeeling. Die Seiten fliegen rasch dahin und die Geschichte ist sehr kurzweilig, dennoch ist das Buch keins für zwischendurch, weil es noch lange nachhallt und zum Nachdenken anregt. Einziges Manko – und da kann das Buch nichts für – ich war leider nicht in der richtigen Lesestimmung; sonst hätte es volle 5 Sterne gegeben. Trotzdem würde ich das Buch auf jeden Fall empfehlen, weil es einfach eine tolle Geschichte ist, die emotional berührt, dabei voller Humor steckt und Lesefreude schenkt.

Mein Fazit
Trotz des ernsten Themas ist das Buch voller Humor und lädt zum Lachen, aber auch zum Nachdenken und Weinen ein. Die Schiffsreise der Familie Kaufmann, bei der im Mittelpunkt der demenzkranke Felix steht, entwickelt sich für jeden einzelnen zu einer Reise zu sich selbst – und trotz vieler lustiger Szenen bietet die Geschichte auch viele ernste Themen, die nachdenklich machen. Liebenswerte Charaktere und ein lockerer, sehr lebendiger Schreibstil haben mir schöne Lesestunden geschenkt. Ich kann das Buch auf jeden Fall empfehlen.

Bewertung vom 02.10.2016
Strøksnes, Morten A.

Das Buch vom Meer


weniger gut

Ich sage es gleich vorweg – mich konnte das Buch nicht begeistern. Ich hatte an das Buch einfach die falschen Erwartungen. Wer eine spannende Abenteuergeschichte wie ich erwartet, der wird vermutlich genauso enttäuscht sein – denn eigentlich verbirgt sich zwischen den Buchdeckeln ein Sachbuch über das Meer und die angepriesene Abenteuergeschichte spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Dazu mochte ich den Schreibstil nicht – er war mir einfach zu ausufernd und weitschweifend, so dass ich oft gelangweilt war von all den sicherlich gut recherchierten Fakten über die Lebewesen des Meeres oder die Bewohner norwegischer Dörfer. Aber selbst die Geschichte um die zwei Freunde, die einen Eishai ziehen wollen, ist nicht sonderlich spannend – vielleicht, weil nicht wirklich viel passiert, vielleicht aber auch, weil der Autor immer wieder abschweift und so der rote Faden immer wieder verloren geht.
Hoch anrechnen muss ich dem Autor sein maritimes Wissen und wer sich dafür interessiert, für den ist dieses Buch sicherlich eine tolle Bereicherung. Meins war es leider nicht. Wer also ein Sachbuch über Meeresbewohner und über nordische Dörfer lesen will, dem kann ich dieses Buch ans Herz legen, wer aber einen spannenden Abenteuerroman sucht, dem würde ich von dieser Lektüre leider abraten.

Bewertung vom 25.09.2016
Hannah, Kristin

Die Nachtigall


ausgezeichnet

„Die Nachtigall“ ist ein wirklich berührender und aufrüttelnder Roman über das schwierigste Kapitel deutscher Geschichte.
Im Mittelpunkt stehen die beiden Schwestern Vianne und Isabelle, die unterschiedlicher nicht sein können – während für Vianne die Familie über allem steht, fühlt sich Isabelle eher als unabhängiger Mensch. Und auch als Frankreich von den Deutschen besetzt wird, geht jede der Frauen einen eigenen Weg – aber beide kämpfen auf ihre Weise gegen die Nazidiktatur.

Auch wenn mich das Buch nicht von Anfang an packen konnte und es etwas Zeit brauchte, bis die Geschichte in Schwung kam, hat es mich letztlich doch überzeugen und fesseln können. Kristin Hannah hat mich mit ihren Beschreibungen in die furchtbare Zeit des von den Deutschen besetzten Frankreichs entführt – ich habe den Hunger der Bevölkerung genauso spüren können wie die Kälte des Winters, habe beim Schlange stehen, um etwas Essbares zu erhalten, mitgefühlt und viele schreckliche Bilder vor Augen gehabt. Dabei fand ich die Beschreibungen nie zu weitschweifend, sondern genau passend, so dass mein Kopfkino angeschaltet war. Überhaupt schafft die Autorin eine unglaubliche Atmosphäre mit ihrem Schreibstil, der gut zu lesen ist, dabei mitreißt und den Leser berührt. Einmal in der Geschichte angekommen, war ich dann auch gefesselt und gerade in der zweiten Hälfte konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Dabei ist die Autorin nicht zimperlich mit dem, was geschieht, hier wird nichts verharmlost oder beschönigt, sondern die Zeit so dargestellt, wie sie tatsächlich war – und auch wenn es eine fiktive Geschichte ist, konnte ich mir die beiden Schwestern Vianne und Isabelle genauso in dieser Zeit vorstellen.

Beide Figuren waren sehr gut gestaltet und ich könnte gar nicht sagen, wer von beiden mir besser gefallen hat. Ich mochte Vianne mit ihrer bodenständigen Art, auch wenn sie nicht so revolutionär wie ihre Schwester war und man sie fälschlicherweise auch als untertänig oder gehorsam bezeichnen könnte – sie hat auf ihre Weise gekämpft und auch gehörigen Mut bewiesen; dass sie die Familie als höchstes Gut sieht, habe ich als sympathische Eigenschaft empfunden und daher auch mit ihr gelitten und gefiebert. Ihre kleinere Schwester Isabelle war da ganz anders – sie ist impulsiv und ein Kämpfertyp, nichts kann sie so schnell zurückschrecken. Manches Mal wirkt sie dabei ein wenig naiv, und oft hatte ich das Bedürfnis, sie einfach mal in den Arm zu nehmen in dieser von Angst und Schrecken geprägten Zeit. Sie hat sich einen anderen Weg des Widerstands ausgesucht und mich mit ihrer mutigen und anpackenden Art beeindruckt. Aber auch andere Charaktere sind gut gestaltet, besonders gefallen hat mir zum Beispiel der Vater Viannes und Isabells in seiner sehr tragischen Rolle.

Man sollte sich wohl von dem Cover nicht in die Irre leiten lassen – so hübsch ich es auch finde, passt es meiner Meinung nach leider nicht zur Geschichte und lässt einen an etwas ganz anderes denken. Man sollte also keine romantische Liebesgeschichte in Paris erwarten – vielmehr bekommt man bedrückende und sehr emotionale Einblicke in das Leben zweier starker Frauen im besetzten Frankreich. Ich gebe dieser Geschichte 4,5 von 5 Sternen, einen halben Stern ziehe ich nur wegen des doch zögerlichen Einstiegs in die Geschichte ab.