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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Juti
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HD

Bewertungen

Insgesamt 632 Bewertungen
Bewertung vom 13.07.2017
4321
Auster, Paul

4321


sehr gut

Ein Riesenwerk mit über 1250 Seiten, das furios beginnt.
Der osteuropäische Jude Ishak Rezikoff will in die USA reisen und überlegt sich auf Ellis Island, welchen Namen er haben will. Ein Mitreisender sagt ihm, er solle sich Rockefeller nennen.
Als er zwei Stunden später von der Behörde gefragt wird, antwortet er auf Jiddisch: „Ich hab fargessen.“ und wird zu Ichad Ferguson.
Leider wird dieser Anfangswitz auf S.1251 genauso wiederholt und man hat auch irgendwann das Gefühl, es reicht.
Die Idee des Buches ist großartig. Nach der Einleitung mit dem Immigrant als Großvater der Hauptperson werden 4 Geschichten erzählt, wie das Leben von Archie Ferguson hätte verlaufen können. Der Autor liebt dabei überraschende Wendungen und kann auch Details gut ausführen.
Für mich als Europäer wird er dabei manchmal zu ausführlich, etwa wenn es um Baseball geht oder die unzähligen Literaturtipps oder die amerikanische Politik der 60er Jahre.
Interessant dagegen, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung der Familie immer unterschiedlich gestaltet und wie Archie immer wieder neue Frauen trifft, mit denen er Sex hat.
Ein wenig enttäuscht war ich schon, als ich auf der Wikipedia-Seite von Paul Auster gelesen habe, dass er immer die gleichen Themen in seinen Büchern behandelt. So steht dort quasi, warum die zweite der vier Geschichten so früh endet. 4 Sterne.

Bewertung vom 24.06.2017
Jürgen
Strunk, Heinz

Jürgen


sehr gut

Ein typisches Sommerbuch, ideal fürs Freibad.
In diesem Buch gibt der Hauptdarsteller Jürgen Dose allerlei Tipps, wie man mit Frauen flirten kann. Er arbeitet als Parkhausbetreuer und lebt zusammen mit seiner Mutter, die ein Pflegefall ist. Sein bester Freund Bernd sitzt im Rollstuhl. Nachdem Jürgen ein misslungenes Date mit der Alkoholikerin Manu hinter sich hat, machen die beiden beim Speed-Dating mit und werden enttäuscht. Daraufhin fahren sie mit einer Gruppe „Eurolove“ nach Breslau, um polnische Frauen kennenzulernen. Auch das geht natürlich schief und ohne zuviel zu verraten verkracht er sich ein wenig mit Bernd, woraufhin gegen Ende des Buches Jürgens Jugendlieben thematisiert werden.
Da die Rückfahrt aus Breslau den Höhepunkt des Buches darstellt ist das Ende ein wenig lang. Die Vielzahl an Sprüchen fand ich eher anregend als störend und empfehle diese Buch jedem, der sich mit Flirten beschäftigen will.

Bewertung vom 14.06.2017
Was ein einzelner vermag
Prantl, Heribert

Was ein einzelner vermag


weniger gut

Ein bekannter Journalist und ein vielversprechender Titel. Doch leider hält der Titel nicht, was er verspricht. Denn es geht meistens um Politiker und was sie getan haben. Selten sind es Typen wie Geißler, die auch gegen die Partei gearbeitet haben, auch Helmut Kohl kommt vor und was hat er als Einzelner geleistet? Und erfahren wir überhaupt etwas Neues?
Solche Portraits verkommen leider allzu häufig zu einer unerträglichen Lobhudelei, zu einem Nachruf auf lebende Personen. Später im Buch folgen tatsächliche Nachrufe.
Und bei einigen weniger bekannten Personen, wie Jürgen Miksch, dem Gründer von Pro Asyl und dem Karikaturist Hans Traxl wird klar, was dieses hätte leisten können, wenn der Titel ernst genommen worden wäre.

Bewertung vom 13.06.2017
Seelandschaft mit Pocahontas
Schmidt, Arno

Seelandschaft mit Pocahontas


weniger gut

Sagen wir, ich bin zu dumm für dieses Buch. Seinerzeit war es ein Skandalbuch.
Ich kann das nicht erkennen. Erotisches wird nur angedeutet und atheistisch mag es auch sein, aber nur milde.
Die größte Erkenntnis ist wohl, dass ich für Bücher Arno Schmidt nicht geeignet bin und lobe vor allem die Kürze dieses Buches.

Bewertung vom 07.06.2017
Gott, hilf dem Kind
Morrison, Toni

Gott, hilf dem Kind


ausgezeichnet

Nachdem ich Thea Dorn über dieses Buch sprechen gehört hatte, wollte ich es auch lesen und im Gegensatz zu Dennis Scheck, der mir "Kompass" aufgeschwatzt hat, lohnte es sich auch.
Eine hellfarbige, fast weiße Mutter bekommt ein rabenschwarzes Kind, wird von ihrem Mann verlassen und zieht ihr Kind so auf, dass niemand merken soll, dass sie die Mutter ist und gibt vor, dass sie damit ihr Kind vor dem Rassismus, dem sie ausgesetzt sein wird schützen will.
Eigentliche Hauptperson des Buches ist dann aber die Tochter, die sich Bride nennt, und wie sie aus ihrer schweren Situation das Beste machte. So trägt sie nur weiß, was ihre schwarze Hautfarbe zur Geltung bringt und gründet ein Modelabel.
Dennoch wird sie von ihrer großen Liebe Brooker verlassen, ohne dass sie dafür den Grund kennt. Ihm gefiel wohl nicht, dass sie sich von ihrer Lehrerin, die wegen Kindesmissbrauch im Gefängnis war, einfach zusammen schlagen lässt.
Bride sucht Brooker Adresse und reist ihm hinterher. Dabei kehrt sie, vielleicht aufgrund eines Autounfalles zurück in ihre Jugend. Brookers Tante plegt sie nach dem Unfall. Streitigkeiten können ausgeräumt werden und mit dem plötzlichen Tod der Tante befindet sich Bride wieder im Erwachsenenleben und wird schwanger.
Dann hören nochmal die Mutter die dazu meint, dass Gott diesem Kind helfe.
Viel Inhalt, auf wenigen Seiten, von unterschiedlichen Personen beleuchtet. Es ist nicht nur ein Buch gegen Rassismus, sondern auch ein Buch, das Mut macht sich aus schweren Zeiten zu befreien. Bestnote.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.06.2017
Kompass
Énard, Mathias

Kompass


weniger gut

Ein solch kluger Autor hätte ein Sachbuch mit Register schreiben sollen.
Die Kritiker erwähnen die „minimalistische Rahmenhandlung.“ Und ja, das stimmt. Und ich sage, lesen Sie was anderes, nicht dieses Buch über viele Europäer und Orientalisten.
Es erinnert ein wenig an „Widerfahrnis“, das den Buchpreis bekommen hat, weil das Flüchtlingsthema behandelt wird, hier geht es viel um Syrien, auch um Palmyra. Aber Michael Sommers Buch ist dafür wohl die bessere Wahl.
Was dieses Buch vor der schlechtesten Note bewahrt, ist der ein oder andere bedenkenswerte Satz.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.05.2017
Elefant
Suter, Martin

Elefant


ausgezeichnet

Ein rosa Spielzeugelefant steht im Mittelpunkt. Spielzeug steht für seine Größe, denn es ist kein Spielzeug. Der Elefant lebt. Gentechnik macht es möglich. Doch zeigt dieser Roman gerade, welche Gefahren mit der Gentechnik verbunden sind. Das Leben des Spielzeugelefanten ist kurz. Ob es lebenswert ist,wer mag es zu beurteilen.
Kaung, der burmesische Elefantenpfleger im Zirkus Pelligrini, glaubt, dass der rosa Elefant heilig sei. Daraufhin entwickelt sich ein Diskussion zwischen der Tierärztin Valerie und dem Obdachlosen Schoch, woran man glauben dar, an Gott, an die Schöpfung oder an die Evolution. Oder ist etwa alles das gleiche.
Wir Leser erhalten auch Einblicke ins Milieu der Obdachlosen. Schoch schläft bis er den Elefanten findet in einer Höhle am Fluss und hat Kontakt zu Leidensgenossen, die ebenso wie er alkoholabhängig sind. Schoch war früher Bänker und so enthält der letzte Teil des Buches neben der Gentechnikkritik auch noch Kritik am Kapitalismus. Warum steht z.B. das Haus der Tierärztin leer?
Und dann gibt es noch den Gentechnikwissenschaftler Roux, der mit seinem chinesischen Partner „seinen“ rosa Elefanten sucht. Diese Suche wird zu einer Jagd und erzeugt Spannung.
Sprachlich gefällt mir das Buch wegen der kurzen Sätze und den kurzen Kapitel. Ich möchte dieses Buch gerne Menschen empfehlen, die die deutsche Sprache lernen. Die Denkweise der Protagonisten wird von allen Seiten beleuchtet.
Handwerklich gelungen ist auch die Verbindung der drei Teile. Selbst wenn ich erst dachte, dass das Thema des Buches mich nicht interessiere, so hat mich die Spannung und gelungene Komposition dazu eingeladen, mehr Bücher von Martin Suter zu lesen. Bestnote.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.05.2017
Wie alle anderen
Burnside, John

Wie alle anderen


sehr gut

Nach Thomas Melle „Die Welt im Rücken“ wollte ich ein zweites Buch über psychisch Kranke lesen. So fängt auch Burnsides Buch in einer Irrenanstalt an. Als 1.Schlusswort.
Doch dann ändert sich das Buch. Der Autor beschreibt weit weniger seine Krankheit, als vielmehr der Versuch ins normale Leben zurückzukehren. Klar, geht das wie bei Melle auch mit viel Alkohol.
Aber trotzdem lesen wir die Beschreibung eines immer normaler werdenden Lebens. Vom Saufkumpan Greg, der ihn zum Mord an seiner Frau „Mühlstein“ auffordert, über die Freundin Gina, die ihren Kindern Valium gibt, damit sie abends ausgehen kann, der geträumten Beziehung mit Helen, bis hin zur wahrhaft romantischen Liebe mit Adele. Auch beruflich geht es aufwärts.
Doch als Adele ihn verlässt und er sich mit einer Schülerin und einer Mitsäuferin trifft, geht es auch beruflich nicht weiter voran. Er findet einen Zettel auf seinem Schreibtisch mit der herrlichen Beleidigung:„JESUS LIEBT DICH, ALLE ANDEREN HALTEN DICH FÜR EIN ARSCHLOCH.“
Seine eingebildeten Stimmen kommen zurück. Er wird zum Nachtmensch und erkennt, dass er nicht fürs bürgerliche Leben geschaffen ist. Genau wie die Aeronauten, die Flugpioniere, die wie z.B. Antoine de Saint-Exupéry  einfach verschollen sind. Das 2.Schlusswort. Ein neues Leben beginnt.
Alles interessant, mitunter, aber nicht immer spannend. 5 Sterne.

Bewertung vom 01.05.2017
Kraft
Lüscher, Jonas

Kraft


sehr gut

Ich will hier keine Inhaltsangabe mehr geben. Die Stärke dieses Buches liegt im Scheitern. Im Scheitern der Liebesverhältnisse des Hauptdarstellers Richard Kraft. Gescheitert ist auch manch ein Lebensentwurf, etwa der seines Freundes Istvas, der als Hemdwäscher einer ungarischen Schachmannschaft im Hotel vergessen wurde und notgedrungen in den Westen flüchtet.
Gescheitert ist letztlich auch der Held selbst an der Millionenaufgabe, zu erklären, warum diese Welt die beste sei. Doch gerade hier liegt der kleine Schwachpunkt dieses Buches. Das Theodizee-Problem, das zu einem Oikodizee-Problem gewandelt wird enthält zu wenig Spannung.
Die Geschichte der Bonner Wende ist oft genug erzählt. Das Lambsdorff-Papier wurde erst unter dem Verräter Schröder umgesetzt, aber ist das neu?
Heute, 2017, könnte die Linkspartei mit dem Slogan „Wir wollen die Kohlzeit zurück!“ Werbung machen. Das steht nicht im Buch, muss es auch nicht, wir wissen es auch so.
Also die Hauptgeschichte leidet unter zu wenig Spannung, der Rest ist ohne Fehl und Tadel, grandios auch die Verbindung zwischen dem Provinzkaff Tübingen und der Weltstadt San Francisco.

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Bewertung vom 20.04.2017
Kinder der verlorenen Gesellschaft
Can, Safiye

Kinder der verlorenen Gesellschaft


gut

Lyrik zu bewerten fällt schwer, da sie ziemlich subjektiv ist. Und ein gutes Gedicht entschädigt für drei schlechte. Mir gefiel dieses Buch erst ab Seite 60.
Dort gab es auch wirklich witzige Gedichte.
Den Rest habe ich gelesen und nicht behalten.