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Benutzername: 
Glüxklaus
Wohnort: 
Franken

Bewertungen

Insgesamt 612 Bewertungen
Bewertung vom 12.03.2020
Luftpiraten
Orths, Markus

Luftpiraten


ausgezeichnet

Besonderes Hörerlebnis für die ganze Familie - intelligent und voller Magie und Humor

Echte Luftpiraten haben graue Haut, sind ständig unzufrieden und wütend und tun nichts lieber als Streiten. Sie verfügen über ein sehr aufbrausenden Temperament und können unglaublich laut wettern, blitzen und donnern. Liebe und Zuneigung sind ihnen völlig fremd. Besonders gut in allem, was ein Luftpirat so ausmacht, ist Amadeus Adiaba. Er bringt nicht umsonst den Luftpiratenkindern als Lehrer alles Wichtige bei. Eines Tages erhält er per Luftpost ein Paket mit einem kleinen Luftpiraten, Zwolle. Doch der entspricht leider so gar nicht der allgemeinen Vorstellung von einem wohlgeratenem, nützlichem Luftpiraten. Nicht nur dass er sich stets freundlich und gut gelaunt zeigt, seine Haut ist dazu auch noch weiß. Der kleine Kerl sorgt für allerlei Wirbel und Chaos in der Welt der Luftpiraten.....

Markus Orths hat einen wunderbaren Schreibstil: Klar und verständlich, poetisch und vor allem voller Wortwitz, gespickt mit vielen lustigen Wortspielen. So gibt es in „Firmament“ „Luftmolche“ und „Windschleichen“. Bei Gericht trifft man auf die „Zwölf Verschworenen“ und weggeschickt wird jemand mit den Worten: „Sieh zu dass du Luft gewinnst!“ Orths Sprache macht schlicht und einfach Spaß.

Die Welt der Luftpiraten, ganz Firmament, ist als Schauplatz so ganz anders als unsere Welt. Es gibt kein Miteinander, kein Helfen, keine Freunde, nur Streit, Zorn und Wut und das ist das Maß aller Dinge. Der liebenswerte Zwolle hat es da natürlich besonders schwer. Wirklich spannend, was er alles erlebt und wie er nach und nach die Luft-Welt ein kleines bisschen verändert.

Nicht nur der Handlungsort ist originell. Auch die vorkommenden Charaktere sind ungewöhnlich: die Luftpiraten Adiaba und Zwolle, die viel voneinander lernen, die ewig wütende und energiegeladenen Franka, die immer nur das tut, was sie möchte und sich von nichts und niemanden davon abbringen lässt, Luftikus Caspar, der verschiedene Gestalten annehmen kann, Bösewicht Kapitän Per Dekret, aber auch Professor Theo Rettich mit seiner Universaltheorie vom Urknall und nicht zuletzt die Stimme Charlie Gottchen.

Eine wirklich phantasievolle, traumhafte, tief- und hintergründige - aber auch zuversichtliche - Geschichte, die zeigt, wie wichtig Freundschaft ist und dass sich aus Gegensätzlichkeit eine besondere Dynamik entwickeln kann. Vielfalt ist bereichernd. Das macht Zwolle Franka recht deutlich, aber auch die anderen Figuren spielen jede ihre eigene Rolle auf dem Weg zum Happy End. Für Kinder ein wunderschönes spannendes Märchen, Erwachsenen können bei all der Doppeldeutigkeit für sich persönlich noch so viel mehr entdecken und „herausziehen“. Was, das liegt bei jedem selbst...

Axel Prahl liest das Ganze einfach unvergleichlich, für mich perfekt. Er gibt den Figuren eigene Stimmen, wettert, donnert oder erzählt ganz ruhig und unaufgeregt, je nachdem wie es gerade angebracht ist. Er verleiht der Geschichte Leben, ich höre ihm dabei sehr gerne zu.

Ein intelligentes zeitloses außergewöhnliches Hörerlebnis voller Magie, Humor und Feinsinn zum Nachdenken oder einfach Genießen für die ganze Familie. Eines, das man immer wieder hören kann und dabei vielleicht immer neue Details wahrnimmt.

Bewertung vom 07.03.2020
Tagesschau und Co. - Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen
Welk, Sarah

Tagesschau und Co. - Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen


ausgezeichnet

Sehr informativ und trotzdem sehr unterhaltsam
Das Sachbuch „Tagesschau & Co- Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen“ beantwortet zahlreiche Fragen zum Thema Nachrichten, z.B.: Was sind Nachrichten? Wie werden sie gemacht? Wer bestimmt, welches Thema in den Nachrichten behandelt wird? Warum kommen fast nur schreckliche Nachrichten vor? Wie finden Journalisten die Wahrheit raus? Was sind Fake News, wer erfindet sie und warum?....

Zu einem bestimmten Aspekt des Themas ist jeweils ein längerer Sachtext formuliert. Auf bunt gedruckten Notizzetteln finden sich auf den Seiten noch weitere Informationen, die für das Verständnis des Textes wichtig sein können, diesen vertiefen oder ergänzen. Zwischendrin lockern Rätselfragen das Ganze auf und die Kinder können überprüfen, ob sie das Gelesene richtig verstanden haben. Zusätzlich werden noch verschiedene bekannte Journalisten wie Tagesthemen- Moderator Ingo Zamperoni oder Marietta Slomka vom Heute-Journal interviewt. Nicht nur Nachrichtensendungen für Erwachsene sind Gegenstand des Buches, auch die Kindersendung „Logo“ wird immer wieder ausführlich behandelt.

Autorin Sarah Welk trifft genau den richtigen Ton. Sie schreibt klar und gut verständlich, aber nicht belehrend. Der Leser wird immer wieder direkt angesprochen. Durch den lockeren abwechslungsreichen Schreibstil kommt keines der etwas „trockeneren“ Themen auch nur ansatzweise langweilig rüber. Zum Selberlesen ist das Buch sicherlich ab 10/12Jahren geeignet, wenn die Kinder schon erste Erfahrungen mit dem Internet oder sozialen Medien gesammelt haben.

Die Gestaltung des Sachbuchs finde ich sehr gelungen. Die einzelnen Seiten sind mit netten Illustrationen versehen. Die kleinen witzigen, teils cartoonartigen, teils an Piktogramme erinnernden Bilder von Dunja Schnabel beziehen sich immer auf den Inhalt. Überhaupt ist das gesamte Layout gut durchdacht und stimmig, es erinnert an eine bunte Zeitschrift.

Anfangs war ich skeptisch, ob es möglich ist, ein so komplexes Thema wie Nachrichten, für Kinder verständlich und motivierend aufzubereiten. Aber meine Skepsis war vollkommen unbegründet. Stellenweise war das Buch sogar für meinen sechsjährigen Sohn und meine achtjährige Tochter sehr interessant, obwohl diese eigentlich nicht direkt der Zielgruppe entsprechen. Vor allem die Interviews, die Rätselfragen und die kleinen witzigen Anekdoten, wie die über Pannen beim Fernsehen oder den „Speiseplan“ von Auslandskorrespondenten, haben ihnen sehr gut gefallen. Ich als Erwachsene habe auch noch einiges dazulernen können, z.B. worin sich „die Tagesschau“ und „Heute“ unterscheiden. Es ist deutlich zu merken, dass die Autorin vom Fach ist, sich gut auskennt und genau weiß, worüber sie schreibt. Sie stellt die komplexen Zusammenhänge nicht zu vereinfacht dar, sondern erklärt sie kindgerecht, aber umfassend.
Ein wirklich tolles Buch zum Thema: informativ, gut recherchiert und vor allen Dingen unterhaltsam.
Genauso stelle ich mir ein perfektes Kindersachbuch vor.

Bewertung vom 06.03.2020
Die Schule am Meer
Lüpkes, Sandra

Die Schule am Meer


gut

Hochinteressanter Roman, in holprigem Schreibstil verfasst

1925 ziehen Anni Reiner, ihr Mann Paul und die drei Töchter auf die Insel Juist. Sie wollen dort gemeinsam mit engagierten Kollegen eine reformpädagogische Schule, ein Internat, gründen und ganz neu anfangen. Doch für die neuen pädagogischen Ideen, gemeinsames gleichberechtigtes Miteinander und Lernen im Einklang mit der Natur hat nicht jeder Verständnis. So haben die Schulgründer mit viel Gegenwind zu kämpfen. Einige Bewohner der Insel wollen die Schule lieber heute als morgen geschlossen sehen. Und dann erleben die Nationalsozialisten nach und nach immer größeren Zulauf. Keine einfache Situation für die Jüdin Anni.

Das Cover ist definitiv sehr positiv hervorzuheben. Es erzählt seine eigene kleine Geschichte: Junge Mädchen im Badeanzug sind darauf abgebildet, sie wirken zufrieden, ein Foto aus den 20er Jahren, der Mode nach zu urteilen. Definitiv ein Hingucker. Gut gefällt mir auch der Verzicht auf die Plastikfolie, das passt ideal zum naturnahen Konzept der Schule.

Sandra Lüpkes Schreibstil macht es dem Leser nicht ganz leicht: Die Autorin schreibt recht unklar, ein wenig holprig, wechselt immer wieder die Zeitformen - Moskitos Perspektive ist z.B. immer im Präsens formuliert- . Diese sprachlichen Eigenarten wirken ein wenig sehr bemüht und gekünstelt und hemmen den Lesefluss. Ich musste mich beim Lesen erst an die Sprache gewöhnen.

Das Thema zu diesem Roman ist hochinteressant. Die Schule am Meer in Juist hat es wirklich gegeben. Das zugrundeliegende Konzept mit dem Schwerpunkt gleichermaßen auf musische, physische und handwerkliche Ausbildung war damals ziemlich revolutionär. So hat mich die Geschichte recht schnell gepackt und ich fand den Roman sehr informativ und unterhaltsam. Dass die Handlung manchmal nicht chronologisch erzählt wird, nimmt dem Buch leider allerdings ein wenig die Spannung. Einige, meiner Ansicht nach sehr wichtige, Ereignisse finden nicht direkt statt, der Leser erfährt erst später im Rückblick davon, während Nebensächliches viel intensiver und ausführlicher thematisiert wird.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Beschrieben werden die Sichtweisen der Lehrerin Anni Reiner, des Schüler Maximilian, genannt Moskito, dessen Familie in Südamerika eine Zinnmine besitzt und der an starkem Heimweh leidet, des Musiklehrers Eduard Zuckmayer, Bruder des berühmten Schriftstellers Carl Zuckmayer, der Köchin Fräulein Kea und des Mädchens Marje, das nur durch Vermittlung ihrer Tante Kea einen Platz in der Schule erhält. Auch die Blickwinkel des Nationalsozialisten und Gemeindediener Gustav Wenniger und der Hotelierstochter Therese Gerken, denen die Schule ein Dorn im Aug ist, werden geschildert. Dass unterschiedliche Charaktere im Fokus stehen sorgt für Abwechslung, schließlich stellt die Schule für verschiedene Personen, Lehrer, Schüler und Angestellte ihren Lebensinhalt dar. Auch die Dorfbewohner sind vom Schulbetrieb beeinflusst. Trotzdem sich Autorin Lüpke beim Schreiben auf bestimmte Figuren konzentriert, fällt es schwer, sich auf diese einzulassen, sie blieben mir oft fremd und zu blass. Sympathisch waren mir zum Beispiel Anni oder Marje, darüber hinaus entwickelte ich aber keinen besonderen Zugang zu ihnen.

Ich hatte, was das Buch „Die Schule am Meer“ betrifft, sehr hohe Erwartungen. Diese konnte der Roman letztendlich nicht ganz erfüllen. Das sehr interessante Thema hat die auf Juist aufgewachsene Autorin etwas „verhalten“ und verkrampft umgesetzt. Gerade durch den eigenwilligen Schreibstil wurden meine Emotionen während der Lektüre gebremst, ein intensives Mitfiebern mit den Figuren blieb aus. Lesenswert, weil die Geschichte authentisch ist, einen realen historischen Hintergrund hat, aber für mich kein überragender „groß angelegter Gesellschaftsroman“.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.03.2020
Eiskalte Augenblicke / Thomas Andreasson Bd.10
Sten, Viveca

Eiskalte Augenblicke / Thomas Andreasson Bd.10


sehr gut

Vielfältiges Potpourri an spannenden Kurzgeschichten rund um Sandhamn

Wiedersehen mit Kommissar Thomas Andreasson und der Juristin Nora: In den zehn Kurzkrimis, die zu unterschiedlichen Zeiten spielen, erfahren die Leser bisher Unbekanntes über die beiden Charaktere: Wie haben sie sich eigentlich kennengelernt? Waren sie je verliebt? Wie hat sich Thomas Karriere entwickelt? Wann ist er zur Wasserschutzpolizei gegangen?...

Diese und viele weitere Fragen beantwortet Stens neues Buch. Diesmal nehmen zur Abwechslung auch einige Nebenfiguren aus den vorherigen Krimis Hauptrollen ein. So erlebt Nachbarin Signe eine unglückliche Liebe, Noras unangenehme Schwiegermutter Monica gerät unter Mordverdacht, die Tochter von Noras Freundin Eva schwebt in Gefahr und Noras Sohn Adam verbringt in Chamonix einen Luxus-Skiurlaub, der dann doch nicht ganz so positiv abläuft wie erhofft.

Ich bin ein großer Fan von Viveca Stens Kriminalromanen. Die Autorin schreibt klar und verständlich, ruhig und unaufgeregt, aber trotzdem packend. Bei der Lektüre von Stens Bücher, fühle ich mich fast so als besuche ich gute Freunde zu Hause. Ihre Figuren sind mir mittlerweile richtig ans Herz gewachsen, ich möchte unbedingt erfahren, wie sie und ihr Leben sich weiterentwickeln.
Dadurch dass Stens Romane immer wieder auf Sandhamn spielen, ist mir auch die Ortschaft nunmehr so vertraut, als wäre ich persönlich dort gewesen. Der Schauplatz wirkt auf mich gemütlich, ruhig und idyllisch. Viele verbringen dort ihre Ferien. Trotz der grausamen Verbrechen und ihrer mitreißenden Spannung stellen Stens Romane also irgendwie auch ein Stück Urlaub, etwas „heile Welt“ für mich dar. Zumindest äußerlich...

Stens Kurzgeschichten habe ich sehr genossen. Einige sind ganz klassische Krimis, andere überraschen durch eine unerwartete Wende, manche haben ein offenes Ende. Überall, auch da wo man es nicht erwartet, lauern Verbrechen und hinter der Fassade manch harmlos anmutender Menschen verbergen sich Abgründe. Dies machen die Texte mehr als deutlich. Die einzelne Geschichten erscheinen sehr unterschiedlich und individuell, aber ausnahmslos alle halte ich für spannend und unterhaltsam und lesenswert.
Und wieder sind mir Thomas und Nora ein Stück nähergekommen. Ich bin schon sehr neugierig auf den nächsten Fall der beiden. Diese Kurzgeschichten haben mir definitiv schon einmal die Wartezeit verkürzt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.03.2020
Sommer bei Nacht / Ben-Neven-Krimis Bd.1 (eBook, ePUB)
Wagner, Jan Costin

Sommer bei Nacht / Ben-Neven-Krimis Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Perfekte Komposition

Der fünfjährige Jannis verschwindet auf einem Schulflohmarkt. Aufnahmen beweisen, dass er von einem Mann mit großem Teddybären fortgebracht wurde. Fieberhaft sucht die Polizei, allen voran die Kommissare Ben Neven und Christian Sandner, nach dem Jungen. Im Laufe der Ermittlungen ergeben sich Parallelen zu einem früheren Fall. Die Zeit wird knapp, denn mit jeder Minute sinkt erfahrungsgemäß die Chance, den Jungen lebend wiederzufinden....

Jan Costin Wagner schreibt auf unverkennbare Weise: im Präsens mit klaren und einfachen Sätzen. Er nimmt jeweils die Perspektive einer Figur ein und schildert aus ihrer Sicht alles, was passiert und auch das, was der Person gerade durch den Kopf geht, ihre Gedanken und Emotionen. Durch die Zeitform der Gegenwart entsteht der Eindruck, alles finde genau jetzt statt. Dies wirkt so nüchtern und sachlich, als könnte man den Charakter ganz unvoreingenommen beim Denken beobachten. Dieser prägnante typische Stil macht Wagners Romane aus.

Auch die Handlung ist durch diesen unnachahmlichen Schreibstil geprägt. Sie ist im Grunde ganz schnell erzählt. Es geht um den Fall des verschwundenen Jungen. Der Autor befasst sich mit den am Fall beteiligten Personen, den Ermittlern, den Eltern des Jungen, dem Täter, dem Opfer und anderen Betroffenen und beschreibt in einzelnen Kapiteln deren momentane Situation: das, was sie auf unterschiedlichen Ebenen gerade erleben. Dabei geht es nicht darum zu rätseln, wer der Täter ist. Das wird schon ziemlich am Anfang aufgelöst. Es wird vielmehr aufgezeigt, was der Entführungsfall mit den einzelnen Charakteren anstellt und was sie in der Folge tun und denken. Die Handlung findet teils auch in den Köpfen der Figuren statt. Der Krimi ist nicht spannend im klassischen Sinn. Die Spannung liegt sicher eher darin, immer mehr über die Figuren zu erfahren. Alle haben ihr Päckchen zu tragen, wecken auf unterschiedliche Art das Interesse des Lesers: Was bewegt sie? Welche Abgründe verbergen sich hinter ihrer Fassade? Die sind mitunter erschreckend tief.....

Jan Costin Wagner ist auch hier wieder ein einzigartiger besonderer Roman gelungen: düster, melancholisch und intensiv. Beeindruckend! So klar und doch kaum zu fassen. Ich kann nicht genau ausdrücken, worin die besondere Faszination dieses Romans besteht, aber vielleicht ist es ja gerade das, was das Buch ausmacht. Also lieber nicht mehr analysieren, einfach lesen, genießen und über die perfekte Komposition staunen. Für mich große Literatur!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.02.2020
Der geheimnisvolle Sumpfjocki / Doktor Miez Bd.3
Walko

Der geheimnisvolle Sumpfjocki / Doktor Miez Bd.3


ausgezeichnet

Ein kleiner Schatz unter den üblichen 08/15 Erstlesebüchern

Die Sumsler möchten Pfadfinder werden, wissen aber leider nicht so genau, wie das geht. Zum Glück kennt sich Doktor Miez gut aus und zeigt ihnen, worauf es beim Pfadfinder sein ankommt: Sie lernen gemeinsam morsen, knüpfen Pfadfinderknoten, bauen sich eine Pfadfinderhütte, brutzeln am Lagerfeuer ihr Essen und Dr. Miez erzählt nachts eine Gruselgeschichte. Abends bei der Nachtwache hört Löbe dann plötzlich ein verdächtiges Knacken. Gibt es den Sumpfjocki aus Dr. Miez Gruselgeschichte etwa doch wirklich? Die Freunde machen sich in der Dunkelheit auf die Suche....

„Doktor Miez- Der geheimnisvolle Sumpfjocki“ ist ein Buch für Erstleser ab 6/7 Jahren. Die Schrift ist angenehm groß gedruckt, so dass die jungen Leser sich nicht überfordert fühlen. Die Sätze sind einfach, gut verständlich und recht kurz gehalten, aber trotzdem schön abwechslungsreich formuliert. Daher lässt sich der Text recht flüssig lesen. Für Leseanfänger hat die in drei Kapitel gegliedert Geschichte genau die richtige Länge.

Das Thema Pfadfinder ist für Kinder dieses Alters sicher eine gute Wahl. Welches Kind möchte selbst nicht auch einmal Pfadfinder spielen und Abenteuer im Wald erleben? Die Geschichte regt definitiv die Phantasie der Kinder an und animiert zum Nachspielen. Schön auch, dass das Buch sowohl für Jungen und Mädchen interessant ist und nicht nur auf Leser eines bestimmten Geschlechts abzielt.

Das Abenteuer um den geheimnisvollen Sumpfjocki ist richtig spannend zu lesen. Dies ist bei anderen Erstlesebüchern nicht immer der Fall. Oft setzen solche Bücher nämlich mehr auf Verständlichkeit und Lesbarkeit als auf einen mitreißenden Inhalt und kommen dann ziemlich langweilig und wenig motivierend rüber. Diese Geschichte hat mir und meinem sechsjährigen Sohn aber richtig gut gefallen. Nach dem Vorlesen war er ziemlich enttäuscht, dass das Buch schon vorbei war.

Walko hat für seine Geschichte originelle witzige und liebenswerte Figuren erfunden, die den Lesern sofort sympathisch sind. Am meisten lachten wir über Angeber Löbe, der eigentlich ein ziemlicher Angsthase ist, aber das natürlich niemals zugeben würde....
Besonders hervorzuheben sind zudem die lebendigen, detaillierten, bunten Bilder, die die Geschichte perfekt illustrieren und treffend zusammenfassen.

Alles in allem ein rundum gelungenes Erstlesebuch: gut lesbar, lustig, spannend und motivierend. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 28.02.2020
Das kann uns keiner nehmen
Politycki, Matthias

Das kann uns keiner nehmen


sehr gut

Melancholischer Roman über eine außergewöhnliche Männerfreundschaft
Hans hat es geschafft, er hat den Kilimandscharo bestiegen und hofft nun endlich, mit seiner abschließen zu können. Doch viel Zeit, in sich zu gehen und und die atemberaubende Landschaft in Ruhe zu genießen, bleibt ihm nicht. Denn am Rande des Kraters hat der Bayer Tscharlie bereits sein Lager aufgeschlagen. Und der ist ganz schön laut, penetrant, grob, ungehobelt und teilt politisch völlig unkorrekte Ansichten. Eine alles andere als ideale Reisebegleitung! In der folgenden beängstigenden Nacht mit Schneesturm können sich die beiden Männer allerdings nicht aus dem Weg gehen und sind unfreiwillig aufeinander angewiesen. Diese Erfahrung schweißt zusammen, danach fühlen sich beide miteinander verbunden. Schließlich unternehmen die zwei gemeinsam sogar eine Reise und Tscharlie zeigt Hans „sein Afrika“. Dabei lernen sich die ungleichen Männer immer besser kennen und erleben am Ende eine unvergleichliche Freundschaft, die genauso intensiv wie kurzlebig ist. Denn nichts währt ewig und schon gar nicht das Leben....


Matthias Politycki hat einen ganz eigenen Schreibstil, besonders, interessant, aber nicht unbedingt flüssig, manchmal eher „unbequem“. In der ersten Hälfte des Buchs tat ich mich deshalb ziemlich schwer, in den Roman hineinzufinden. Der „Knoten platzte“ dann, als Tscharlie immer mehr von sich und seinem Leben preisgab. Da „hatte“ Politycki mich! Wie Hans entwickelte auch ich beim Lesen nach und nach einen besonderen Bezug zu Tscharlie, der trotz seiner rauhen Schale ein sehr empfindsamer „tiefsinniger“ Mensch ist, und damit schließlich auch zum Roman selbst.

„Die Weiber san was Wunderbares, Hansi. Es sei denn, sie san grad ganz schrecklich“, erklärt Tscharlie. Irgendwie ging es mir mit Tscharlie da ganz ähnlich. Wenn er nicht gerade ganz „schrecklich“ war, indem er provozierte und laut und taktlos lospolterte, fand ich ihn ganz wunderbar. Dieser so vielschichtige, ambivalente Charakter Tscharlie zeichnet den Roman aus, in ihm zeigt sich Polityckis ganze Erzählkunst. Hans hingegen macht es dem Leser einfacher, er ist nachvollziehbarer, mit ihm lässt es sich viel leichter identifizieren. Hans stellt Tscharlies Gegenpol dar, wirkt sympathisch, ruhig und besonnen, aber vor allem anfangs etwas spröde. Dass auch Hans in Afrika ein Trauma zu verarbeiten hat, macht ihn schließlich greifbarer und zugänglicher. Der Leser und Tscharlie fühlen sich von Hans Erzählungen über die schrecklichen vergangenen Erlebnisse tief betroffen und kommen ihm dadurch emotional näher. Am Ende hatte ich das Gefühl, selbst Teil dieser Freundschaft geworden zu sein, so intensiv habe ich die Schritt für Schritt gewachsene besondere Beziehung der beiden Männer miterlebt.

Viel passiert in diesem ruhigen Roman nicht, entscheidende Teile der Handlung fanden bereits in der Vergangenheit statt und werden dann in Gesprächen lediglich zusammengefasst und verarbeitet. Trotzdem kommt keine Langeweile auf, am Ende war ich traurig, dass alles schon vorbei sein sollte. Ich hätte der Freundschaft der beiden noch mehr Zeit gewünscht. Aber immerhin ist sie gewesen und immerhin hatte ich das Glück, diesen tiefgründigen, atmosphärischen Roman für mich entdeckt zu haben und an Tscharlies und Hans tiefer Verbundenheit und ihren Lebensweisheiten teilhaben zu dürfen. Diese Lese-Erfahrung kann mir keiner nehmen: Komisch, traurig, berührend, aufwühlend, melancholisch und vor allem zum Schluss hin von beeindruckender Erzählkraft.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.02.2020
Sieben Lügen (eBook, ePUB)
Kay, Elizabeth

Sieben Lügen (eBook, ePUB)


sehr gut

Spannender Psychothriller, der Einblick in die Abgründe der menschlichen Seele gewährt

Dass Charles nicht der Richtige für ihre beste Freundin Marnie ist, davon ist Jane überzeugt. Trotzdem macht sie gute Miene zum bösen Spiel und versichert Marnie, sie halte Charles und Marnie für „füreinander geschaffen“. Die Wahrheit, dass Jane Charles abgrundtief hasst, soll niemand erfahren. Eine Lüge, sei sie auch noch so nichtig, bleibt meist nicht lang alleine. So auch hier: Um ihre Freundschaft mit Marnie zu schützen, lügt Jane weiter, „sieben Lügen“ insgesamt, und setzt damit eine unaufhaltsame Kette von Ereignissen in Gang, die schon bald außer Kontrolle gerät....

Elizabeth Kay erzählt aus der Sicht der Protagonistin Jane. Sie schreibt plausibel und lebendig und liefert dem Leser einen klaren Einblick in Janes Kopf, lässt ihn an Janes sämtlichen Gedanken teilhaben. Häufig wendet sich Jane auch direkt an ihr Gegenüber in der Du-Form, fast als befände sie sich in einem Gespräch. Immer wieder wird der Eindruck erweckt, Jane rechtfertige sich direkt beim Leser für ihr Verhalten. Der Roman ist gegliedert in sieben Abschnitte, sieben Lügen, die die Geschichte vorantreiben. Anfangs noch harmlos, werden die Lügen schlimmer und gewinnen immer mehr an Gewicht und Bedeutung. Für Jane gibt es kein Zurück mehr. Am Ende steuert alles auf eine Katastrophe, auf ein atemberaubendes, trotz der stimmigen stringenten Handlung irgendwie auch unerwartetes Finale zu. Der Thriller kommt mit wenig Blut und Grausamkeit aus, vieles findet nur in Janes Kopf statt, aber gerade deshalb ist der Plot ziemlich realistisch und mitreißend.

Jane ist eine sehr interessante Hauptfigur. Das Leben meint es mit ihr oft nicht gut, so muss sie die Verantwortung für ihre schwerkranke kleine Schwester und ihre demente Mutter tragen. Die Protagonistin erzählt ihre Story sehr eindringlich und legt schonungslos offen all ihren abgründigen Vorstellungen und Gefühle dar. Dabei kommt sie dem Leser so nah, dass sie große, teils widersprüchliche Emotionen auslöst. In einem Moment empfand ich beim Lesen überwältigendes Mitleid für sie, im nächsten widerte sie mich nur an. Und immer wieder steht die Frage im Raum, ob die Dinge wirklich so geschehen oder ob alles lediglich Janes Variation der Realität darstellt. Denn Lügen sind ja genau Janes Ding...Alle andere Figuren lernt der Leser nur gefiltert, aus Janes Blickwinkel, kennen, sie werden bei Janes permanenter Präsenz zu Nebenfiguren degradiert.

Ein spannender aufwühlender und deprimierender Psychothriller, der dem Leser Einblick in das Innere einer ebenso faszinierenden wie abgründigen und abstoßenden Persönlichkeit gewährt. Dies geschieht so überzeugend, dass einen die Figur sicherlich noch lange beschäftigen wird. Kein spektakulärer Roman, aber eine fundierte Schilderung dessen, wozu Menschen in Extremsituation fähig sind, um zu schützen, was ihnen lieb ist. Intensiv, glaubwürdig und deshalb lesenswert!

Bewertung vom 28.02.2020
Die Tochter - Deiner Vergangenheit entkommst du nicht! (eBook, ePUB)
Klay, Rose

Die Tochter - Deiner Vergangenheit entkommst du nicht! (eBook, ePUB)


sehr gut

Sind wir nicht alle das Produkt unserer Vergangenheit?

Die Alleinerziehende Kathi lebt mit ihrer Tochter in dem heruntergekommenen Haus ihrer Mutter in Lohausen, einem Düsseldorfer Vorort. Kathi stammt aus schwierigen Verhältnissen und wurde deshalb während ihrer Schulzeit von anderen Mädchen wie ihrer Klassenkameradin Gabi gehänselt, ja richtiggehend drangsaliert. Nun scheint sich das Schicksal zu wiederholen und es ergeht ihrer Tochter Lucy genauso. Ausgerechnet Annabell, Gabis Tochter, macht Lucy gemeinsam mit ihrer besten Freundin Charlotte das Leben schwer. Als plötzlich Charlotte verschwindet, eskaliert die Situation. Unglücklicherweise hat Kathi das Mädchen auch noch zuletzt lebend gesehen. Die Erinnerungen an die Vergangenheit kommen wieder hoch und Kathi gerät unter Verdacht. Glücklicherweise findet sie in der neuen Schwimmlehrerin Judith eine Verbündete und zuverlässige Freundin.....

Rose Klay schreibt angenehm klar, strukturiert und sehr flüssig, mein Einstieg in die Geschichte gelang daher mühelos. Die Handlung des Thrillers hat mich von der ersten Seite an gefesselt und ich habe den Roman in kürzester Zeit regelrecht inhaliert. Im Verlauf der Geschichte dringen immer mehr Geheimnisse aus Kathis Vergangenheit und deren Familie an die Oberfläche und auch im Entführungsfall tauchen sukzessive neue Details auf. Trotzdem kam das Ende für mich ziemlich unvorhergesehen.

Klays Charaktere haben alle einen ambivalenten, leicht mysteriösen Touch, niemand scheint hier ganz unschuldig zu sein, weder der harmlos anmutende Rolfie, noch Tochter Lucy oder Hauptperson Kathi selbst. Für Kathi hegte ich große Sympathie aber nicht alles an ihrem Verhalten war für mich nachvollziehbar. Ihre Tochter Lucy tat mir sehr Leid. Kein Kind sollte von seinen Klassenkameraden so behandelt werden wie sie. Klay sät gezielt geschickt Misstrauen gegen ihre eigenen Figuren, die sich auch immer wieder gegenseitig hinterfragen. Das macht die Geschichte umso interessanter und spannender.
Klays Krimi, der in Deutschland spielt, mutet fast ein wenig amerikanisch an: nicht leise zurückhaltend und bodenständig, sondern recht spektakulär und mit viel Effekt, hier wird ordentlich Staub aufgewirbelt. Der Plot macht definitiv was her und könnte auch ein Drehbuch für einen Spielfilm darstellen.
Ein packender Psychothriller, den ich jedem empfehlen kann, der spannende fesselnde Unterhaltung zu schätzen weiß.