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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 16.10.2018
3 Zimmer, Küche, Mord
Minck, Lotte

3 Zimmer, Küche, Mord


sehr gut

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Eine neue Wohnung, neue Möbel und ein Neuanfang. Für Loretta Luchs ist klar, sie will sich nie wieder in Mordfälle verwickeln lassen. Ihre Neugierde und ihr Talent für Kriminalistik hat sie schon zu oft in gefährliche Situationen gebracht und nicht zuletzt auch zur Trennung von ihrem Freund geführt.

Es lässt sich gut an in der neuen Wohnung, die Nachbarn scheinen auf den ersten Blick nett, wenn auch ein wenig zu neugierig, aber dagegen kann sich Loretta ja wappnen. Doch es kommt schon wieder anders, im Hof auf der Gartenbank sitzt am frühen Morgen Nachbar Lembeck. Ob er wieder einen über den Durst getrunken hat? Nein, sonst würde er jetzt nicht wie in Zeitlupe von der Bank rutschen. Loretta eilt zur Hilfe, aber sie kommt zu spät, Lembeck ist tot, eine blutige Kopfwunde zeugt von einem Verbrechen.

Lange haben die guten Vorsätze Lorettas nicht gehalten, aber was sie soll sie denn machen, wenn die kleine Harmony, die Tochter einer Nachbarin um Hilfe bittet. Und der neue Freund von Harmonys Mutter ist wirklich ein Ekel, wie Loretta bald am eigenen Leib erfahren muss. So bleibt es eben nicht aus, dass Loretta ihrem festen Vorsatz untreu werden muss und wieder der grummeligen Kommissarin Astrid Küppers ins Handwerk pfuscht.

Der Ruhrpott ist der passende Rahmen für die „Krimödien“ von Lotte Minck. Sie hat ein Tableau von witzigen und sympathischen Figuren geschaffen. Da gehört natürlich auch ein Taubenvater dazu, Frank, der Klümpkesbüdchenbesitzer darf genau so wenig fehlen, wie Freund Erwin, der pensionierte Polizist. Es macht mir einfach immer wieder großen Spaß diese humorvollen Krimis zu lesen. Dazu tragen die witzigen, manchmal auch mit Ruhrpottslang gemischten Dialoge einen großen Teil bei.

Lotte Mincks Bücher haben einen ganz besonderen Charme und auch der inzwischen 10. Band hat nichts von der Frische und vom Ideenreichtum eingebüßt. Zwar ist für die Fans der Autorin ein „Wiederlesen“ mit den bekannten Protagonisten ein besonderes Vergnügen, aber jeder Band ist in sich abgeschlossen und ohne Kenntnis der Vorgänger gut zu lesen.

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Bewertung vom 14.10.2018
Alchimie einer Mordnacht
Black, Benjamin

Alchimie einer Mordnacht


sehr gut

Prag im Winter 1599. Voller Optimismus und mit einer gut gefüllten Börse kommt der junge Gelehrte Christian Stern in der Stadt an. Er möchte unbedingt eine Audienz bei Kaiser Rudolf, der bekannt dafür ist, ein offenes Ohr für Alchimisten, Astronomen und andere Gelehrte zu haben. Rudolf ist eher Exzentriker als Regent und die geheimen Wissenschaften faszinieren ihn.
Doch schon in der ersten Nacht seines Aufenthalts stolpert Stern über die Leiche der jungen und schönen Magdalena Knoll. Gleich darauf wird er in den Kerker geworfen und kann nur seine Unschuld beteuern. Er wird nicht nur aus dem Gefängnis entlassen, nein, er erhält sogar die Gelegenheit bei Hof seine Gelehrsamkeit und Beweis zu stellen und Kaiser Rudolf selbst engagiert ihn, den Tod der jungen Frau – die seine Favoritin war – aufzuklären.
Aber Christian Stern spürt bald, auf welch dünnem Eis er sich bewegt. Höflinge und Hofbeamte machen ihm das Leben schwer. Überall lauern Intrigen und Fallstricke.
Blacks Roman ist mehr historischer Roman als Krimi. Es ist kein Kriminalroman wie ich erwartet habe, mehr ein, sehr beeindruckendes Zeitbild des frühen 17. Jahrhunderts. Sehr interessant fand ich die Schilderungen von Kaiser Rudolfs Hof. Viele historische Persönlichkeiten bereichern das Tableau des Buches. Mit Christian Stern begegnet man den berühmten Astronomen Johannes Kepler und Tyche Brahe. Das Wissen der Zeit wirkt heute manchmal obskur, Rudolfs Wunderkammer ist ein Beispiel dafür. Man spürt aber auch schon die Zeitenwende, es ist schließlich nicht mehr lange hin zum Prager Fenstersturz.
Diese sehr detailreichen Geschichten haben mir gut gefallen, die Schilderungen des alten Prags ebenso. Ich fand auch die etwas altertümliche, der Zeit angepasste Sprache sehr schön. Es war mir ein Vergnügen diesen Roman zu lesen. Auch wenn es weniger Krimi war, als ich mir vorgestellt habe und ein wenig mehr Ermittlung und Spannung noch das Tüpfelchen auf dem „I“ gewesen wäre.

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Bewertung vom 14.10.2018
Nein ist das neue Ja
Nick, Désirée

Nein ist das neue Ja


weniger gut

Ja, das musste mal gesagt werden und die Nick macht das geradeheraus und ebenso spitzzüngig und frech, wie wir sie aus ihren Live Auftritten kennen. Es sind viele Dinge, die jedem schon so begegnet sind und wo man sich später wünschte, man hätte Nein gesagt. Da gibt es viel Zustimmung von mir.
Dennoch ist das Buch kein Ratgeber, es ist mehr eine Auflistung persönlicher Begebenheiten und Erfahrungen, immer sehr witzig, aber auch mit reichlich derb-vulgären Ausdrücken garniert. Aber schließlich hat Désirée Nick auch einen Ruf zu verteidigen.
Dabei bleibt es nicht aus, dass nicht jedes Nein von ihr überzeugt. Sie propagiert Digital Detox, berichtet aber viel von ihren Posts und von mehreren Tausend, natürlich unbeantworteten, Freundschaftsanfragen. Warum löscht sie nicht ihre Accounts?
Sie sagt Nein zum Schönheitswahn und zur Körperoptimierung, wirkt aber auf dem Titelbild – Photoshop sein Dank – wie aus dem Jungbrunnen gestiegen, nicht anders wie bei ihren Live Auftritten. Sie kokettiert mit ihrem Alter, aber nein, ansehen darf man es ihr nicht. Ist ihr Nein da nicht vielleicht eher ein Ja?
Was für einen guten Auftritt gereicht hätte, wirkt in Buchform leicht aufgebläht. Vieles wiederholt sich und wird einfach abgewandelt wieder aufgeführt. Sie muss halt ein ganzes Buch füllen, auch wenn der Stoff ein wenig dünn ist.
Dennoch habe ich mich immer wieder amüsiert. Kann man lesen, muss man aber nicht.

Bewertung vom 12.10.2018
Das Mädchen mit dem Edelweiß
Cantor, Jillian

Das Mädchen mit dem Edelweiß


gut

Katies Vater hat leidenschaftlich Briefmarken gesammelt. Zusammen mit ihm hat sie viele Flohmärkte besucht, er war immer auf der Suche nach einem ganz besonderen Schatz. Nun lebt er seit einiger Zeit in einem Heim für Demenzkranke. Sein Gedächtnis schwindet immer mehr und Katie bringt die Sammlung zu einem Briefmarkenhändler. Vielleicht findet sich ja doch eine besonders wertvolle Marke darunter.

Tatsächlich findet Benjamin Grossman etwas Besonderes. Einen vergilbten, nie abgeschickten Brief mit einer österreichischen Marke, an der einige Linien sein Interesse erwecken. Katie und er machen sich daran, die Geschichte des Briefes und der besonderen Marke zu erforschen und das führt sie in das Jahr 1939 nach Österreich. Katie ahnt noch nicht, wie die Geschichte und die Briefmarke mit ihrem Leben verknüpft sein werden.

Der Roman von Jillian Cantor spielt auf zwei Zeitebenen, die sich abwechseln, die Gegenwart ist Los Angeles im Jahr 1989, die Vergangenheit in Österreich sind die Jahre 1938/1939.
Katie ist eine Frau, die an einem Wendepunkt ihres Lebens angekommen ist. Ihre Ehe ist gescheitert, der Vater, ihre Verbindung zur Kindheit erkennt sie nur noch an guten Tagen. Sie ist verletzt und ein wenig aus ihrer Lebensbahn geworfen. Mit der Suche nach der Empfängerin des alten Briefes findet sie eine Herausforderung und auch einen Grund sich öfters mit Benjamin Grossman zu treffen. Der schüchterne, wortkarge Mann beginnt sie zu interessieren.

Liebesgeschichte und historischer Roman gehen hier eine Verbindung ein. Je tiefer Katie in der Vergangenheit gräbt, umso besser kann sie ihre Gegenwart und ihre Zukunft einschätzen. Die Idee ist nun nicht sonderlich originell, aber die Umsetzung fand ich gelungen. Der Roman wird immer spannender und dramatischer, je näher Katie der Wahrheit kommt. Die Wahl der Zeitebenen hat mir auch gut gefallen, der Anschluss Österreichs an Nazideutschland und die Folgen auf die jüdischen Bewohner geben einen dramatischen und sehr persönlichen Hintergrund und das Jahr 1989 ist ebenfalls von vielen Umbrüchen geprägt. Mit dem Fall der Mauer in Deutschland bekommt auch die deutsche Herkunft von Katies Großeltern eine Bedeutung.

Auch wenn ich den Verlauf der Geschichte und ihr Ende schon früh ahnte, bleibt mir die Geschichte doch positiv in Erinnerung. Auch über einige Längen konnte ich gut hinwegsehen. Gute Unterhaltung mit Anspruch, wie ich finde.

Bewertung vom 07.10.2018
Ein Winter in Paris
Blondel, Jean-Philippe

Ein Winter in Paris


ausgezeichnet

Victor hat die Aufnahmeprüfungen ins elitäre Pariser Lycée D. geschafft. Der Erste aus seiner doch recht bildungsfernen Familie. In Paris findet er sich als Außenseiter wieder. Er hat weder den gesellschaftlichen noch den kulturellen Hintergrund seiner Mitschüler, er findet keinen Kontakt und zieht sich völlig zurück. Er erlebt den Unterricht wie ein Beobachter von außen. Als er zur Überraschung der Lehrer und Mitschüler das erste Jahr bestanden hat, trifft er auf Mathieu, ebenfalls aus der Provinz, ebenfalls Außenseiter, sie wechseln einige belanglose Sätze, treffen sich zum Rauchen im Schulhof. Doch Mathieu ist dem Druck nicht gewachsen, er stürzt sich während des Unterrichts aus dem Fenster. Victor ist fast als Erster am Ort des Suizids und nun wird er zum ersten Mal wahrgenommen. Lehrer und Mitschüler betrachten in als einzigen Freund Mathieus und suchen plötzlich Kontakt und Gespräch. Er nimmt diese Aufmerksamkeit wahr und er genießt sie auch, obwohl ihm klar ist, dass sie nicht seiner Person gelten. Lediglich bei Paul, dem Klassenprimus, spürt er echtes Interesse.
30 Jahre später erhält der Schriftsteller Victor einen Brief von Mathieus Vater, dieser Brief löst die Erinnerungskette an die Zeit am Lycée aus, die das Buch beinhaltet.
Ungemein feinfühlig und genau berichtet der Autor Blondel von der Entwicklung eines jungen Menschen, der durch ein Ereignis aus der festgeordneten Lebensplanung gerissen wird. Es sind nur wenige Monate, die er seinen Protagonisten Victor begleitet, aber er nimmt den Leser mit in die Gedanken – und Gefühlswelt des jungen Mannes. Seine Wahrnehmung der Umwelt ändert sich, er reift an den Ereignissen. Dieser Prozess der Selbstreflektion hat mich sehr berührt, mir den Menschen Victor sehr nah gebracht. Der kurze Roman hat mich gepackt, ich bin richtig eingetaucht und habe bemerkt, dass mich der Text nicht loslässt. Immer wieder bin ich gedanklich bei der Geschichte, das finde sehr bemerkenswert.
Für mich ist das Buch eine Literaturperle in diesem Herbst. Ein kurzes, aber sehr intensives Leseerlebnis.

Bewertung vom 07.10.2018
Der Zorn der Einsiedlerin / Kommissar Adamsberg Bd.12
Vargas, Fred

Der Zorn der Einsiedlerin / Kommissar Adamsberg Bd.12


ausgezeichnet

Nach seinem letzten Fall hat sich Adamsberg auf die isländische Insel Grimsey zurückgezogen. Er genießt die Einsamkeit und die wortkargen Bewohner, das alles passt zu Adamsbergs eigenbrötlerischem Charakter. Da ruft ihn eine Nachricht nach Paris zurück. Ein ungeklärter Mordfall, eine Frau wurde überfahren, dringend der Tat verdächtigt sind Liebhaber und Ehemann. Doch der Nachweis fällt den Kollegen schwer. Ein Fall, der Adamsberg nicht sonderlich interessiert, er liebt eher die komplizierten Sachverhalte, die ihn in seelische Abgründe schauen lassen. So löst er diesen Mordfall auch eher nebenbei.
Viel mehr interessiert ihn eine beiläufige Zeitungsmeldung. Im Süden Frankreichs ist wieder ein alter Mann am Biss der Einsiedlerspinne gestorben. Das kommt sehr selten vor, die Häufung in letzter Zeit beunruhigt die Menschen. Auch bei Adamsberg beginnt es zu rumoren, sein Unterbewusstsein arbeitet auf Hochtouren und so beginnt er zu recherchieren, heimlich zuerst, denn sein Kollege und Freund Danglard scheint überhaupt nicht davon erbaut und beginnt Adamsberg zu diskreditieren. Doch er hat nicht mit der unverbrüchlichen Treue der Truppe zu ihrem eigenwilligen Chef gerechnet.
Fred Vargas‘ Krimis entziehen sich eigentlich dem üblichen Schema des Genres. Im Mittelpunkt steht der grüblerische, fast lebensuntüchtig erscheinende Adamsberg, der mit Intuition arbeitet, sich von spontanen Stimmungen leiten lässt und immer auch auf sein Unterbewusstsein vertraut. Dieser Stimmung kann ich mich als Leserin nicht entziehen und ich habe mir noch kein Buch der Autorin entgehen lassen.
Die Spannung ist eher subtil aufgebaut, aber sie hält mich von Anfang an gefangen. Ganz egal, wie unwahrscheinlich der Plot anfangs scheint, Vargas hält alle Fäden in der Hand und verknüpft sie zum Ende zu einem dichten Netz, das keine Löcher hat und zu einer vollkommen logischen und realistischen Auflösung führt.
Bei diesem Kriminalroman spielen die Charaktere der Darsteller wieder eine wichtige Rolle und ich bin begeistert, wie vielschichtig und lebendig Fred Vargas sie zeichnet. Besonders die Kollegen im Polizeidezernat habe ich ins Herz geschlossen.
Die Kriminalromane von Fred Vargas sind mir immer ein ganz besonderer Lesegenuss: rätselhaft, fast poetisch und immer toll geschrieben.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.10.2018
Die vergessene Burg
Goga, Susanne

Die vergessene Burg


ausgezeichnet

Es gibt Romane die für mich perfekt sind. Sie vereinigen Spannung und Romantik und entführen mich in andere Welt. So war das auch bei „Die vergessene Burg“ von Susanne Goga, das mich in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts führt.

Paula, eine nicht mehr ganz jugendliche Frau, lebt ein eingeschränktes Dasein als Gesellschafterin bei ihrer ältlichen Cousine Harriet. Sie hat sich mit ihrem Leben arrangiert und geht ganz in der Pflege der kränklichen Dame auf. Als Harriet durch einen – wohl simulierten – Ohnmachtsanfall ihr den Höhepunkt des Jahres, eine Einladung zum Pfarrfest, hintertreibt, rebelliert sie endlich. Dann erfährt sie noch, dass Harriet ihr einen Brief vorenthalten hat und das bringt das Fass zum Überlaufen. Sie stellt Harriet zur Rede und verlangt den Brief, der von ihrem unbekannten Onkel Rudy stammt. Der lädt sie ins Rheinische nach Bonn ein, wo er seit Jahrzehnten lebt.

Inzwischen musste sie auch erfahren, dass das Grab ihres Vaters leer ist, auch das haben ihr Mutter und Cousine verschwiegen. William Cooper, Paulas Vater ist verschwunden, als sie noch ein Baby war und das ausgerechnet bei einer romantischen Rheinreise des jungvermählten Paars.In Bonn beginnt sie mit den Nachforschungen und erfährt viel über ihre Eltern, aber auch über sich selbst.

Mir hat dieser Roman ganz hervorragend gefallen, ich konnte mich kaum von den Seiten lösen. Eine junge Frau, die über sich selbst hinauswächst, eine wunderschön beschriebene Landschaft – dass ließ mich die Rheinreise der Paula selbst miterleben. Sehr gut hat mir gefallen, wie die Autorin Geschichtliches in ihren Roman verwebt. Die malerischen Burgen und romantischen Städtchen des Rheins sind schön beschrieben, wie mich überhaupt die ganze Atmosphäre des Buches überzeugt hat.

Bewertung vom 03.10.2018
Das Geheimnis der Grays
Meredith, Anne

Das Geheimnis der Grays


weniger gut

Die Grays waren mal alteingesessene Gutsbesitzer, inzwischen sind sie nur noch eine abscheuliche, verstrittene Sippe. Die Geschwister kehren mit ihren Familien nur ungern an Weihnachten ins Elternhaus zurück, eigentlich nur, weil sie vom alten Gray Geld wollen. Was sie nicht wissen, dass er selbst durch Spekulationen total überschuldet ist. Die Söhne und Töchter sind einander in herzlicher Abneigung, bis hin zum Hass verbunden.

Dann stirbt Gray in der Weihnachtsnacht in seiner Bibliothek, es ist ein plötzlicher Tod. Der Leser wird Zeuge seiner Ermordung und der Versuche des Mörders seine Spuren zu verwischen. Im Gegensatz zu den Whodunit-Krimis stellt sich hier also nie die Frage nach dem Täter, sondern nach dem Auslöser der Tat. Die Autorin legt in ihrem Buch sehr viel Wert auf die psychologischen Gründe und ihrer Auswirkung. Ein jedes Familienmitglied und die Ehepartner werden beschrieben und analysiert, das wirkt fast wie eine Familienaufstellung. Weil oft auch die herrschenden Moralvorstellungen der Zeit einfließen, wirkt es in manchen Teilen ungewollt komisch und antiquiert. Dass einer der Schwiegersöhne Grays, Eustache Moore, ein windiger Spekulant, natürlich Jude ist und alle negativen Charaktereigenschaften diesem Umstand zugeschrieben wird, fällt unangenehm auf. Das ist dem Zeitgeist der 1930iger Jahre geschuldet, aber es bleibt ein schlechter Beigeschmack.

Natürlich sind die Bemühungen des herabgerufenen Kriminalbeamten nutzlos. Es bleibt einem Schwiegersohn Grays - übrigens mit seiner Frau die einzigen sympathischen Protagonisten - überlassen, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Ich verfolge seit einiger Zeit die Wiederentdeckung klassischer Krimis im Klett Cotta Verlag. Die liebevolle wertige Ausstattung lässt ein Sammlerherz höher schlagen. Diese Neuübersetzung hat mich allerdings nicht überzeugen können, auch wenn im Nachwort die euphorische Besprechung von Dorothy L. Sayers zitiert wird.

Bewertung vom 01.10.2018
Tod in Schmargendorf
Blum, Karla

Tod in Schmargendorf


sehr gut

Schmargendorf ist ein beschaulicher Stadtteil Berlins, eher ein Dorf, wo jeder jeden kennt. So trifft es Wanda, die liebenswert-chaotische Buchhändlerin von der Krimibuchhandlung „Agathe“ ganz besonders, als sie beim morgendlichen Geldwechseln Zeugin eines Raubmords wurde. Der sympathische Bankangestellte Herr Hellmann liegt im Vorraum der Bank in einer Blutlache.
Wer so viele Krimis gelesen hat wie Wanda, fühlt sich durchaus zum Ermitteln berufen, auch wenn das der Kommissar Kamat ganz anders ist. Wandas Chefin und Freundin Miriam ist da auch nicht abgeneigt, so ein bisschen Publicity könnte der kleinen Buchhandlung nicht schaden. Die Online Konkurrenz macht auch ihr zu schaffen. Gut dass Miriam eine erfolgreiche Scheidung hinter sich hat und als Abfindung ein Mehrfamilienhaus bekommen hat.
Da Bank und Altersheim Hof an Hof liegen und zudem noch einen gemeinsamen Keller haben, ist das Wandas erster Ermittlungsansatz. Ein Krimilesekreis bei den Senioren bietet doch die beste Möglichkeit zum Schnüffeln.
Wanda hat zwar ziemlich oft den richtigen Riecher, aber mit dem Kombinieren hapert es ein wenig. Trotzdem liefert sie Kommissar Kamat, übrigens ein ausgesprochen gutaussehendes Exemplar seiner Gattung, immer wieder ein Ansatz und einen Grund zur Befragung. Neben Job und Ermittlungen stemmt Wanda noch die Aufgaben einer alleinerziehenden Mutter und findet trotzdem immer noch Zeit ihrer Freundin Miriam unter die Arme zu greifen, die Probleme mit ihren Mietern hat.
Dieser Krimi ist wie Schmargendorf, heimelig und gemütlich. Man muss Wanda einfach sympathisch finden, auch wenn ihre Ticks manchmal nerven. Gemütlich entwickelt sich auch die Spannung dieses richtigen Cosy Krimis. Es macht Spaß mit Wanda zu kombinieren und zu rätseln und die Autorin trifft ihrem Sprachstil und ihren Protagonisten genau meinen Geschmack.
Das war genau das richtige Buch um die Herbstlesesaison auf dem Sofa einzuläuten.

Bewertung vom 29.09.2018
Wut kommt selten allein / Südtirolkrimi Bd.7
Neubauer, Ralph

Wut kommt selten allein / Südtirolkrimi Bd.7


sehr gut

Commissiario Fabio Fameo macht sich Sorgen. Der Umbau des neuerworbenen historischen Ansitzes wird teurer als geplant, vor allem seit der Denkmalschutz mitmischt. Dabei wollte er nur seiner größer werdenden Familie ein Heim schaffen. Seine erwartete Beförderung zum Vicequestore scheint zunehmend unsicher. Gut, dass es dafür auf der Dienststelle ruhiger zugeht.

Es gibt eine Tote, aber ganz offensichtlich ein Bergunfall, auch wenn Freund und Kollege, der Carabiniere Tommaso Caruso ein seltsames Gefühl dabei hat. Dann der tote Jogger vor dem Hotel, aber auch da scheint alles ganz harmlos. Doch dann schlägt die Pathologie Alarm, beim Bergunfall findet man Anzeichen einer Schussverletzung und der tote Jogger hat einen abgerissenen Halswirbel. Gibt es eine Verbindung?

Ralph Neubauer liebt Südtirol und kennt es wie seine Westentasche. Ihn in die Berglandschaft zu begleiten ist immer ein Gewinn. Man kann auf den Spuren seiner Kriminalromane Südtirol entdecken und erwandern. Die Lokale, in den Fabio und Tommaso speisen, sind immer auch in der Realität zu finden und immer auch ein kulinarischer Tipp.

Beachtlich finde ich auch, wie sich Neubauer bis in die Details seiner Handlungen kundig macht. Wenn er von geschichtlichen, kulturellen oder politischen Ereignissen spricht, dann spürt man, dass alles bestens recherchiert ist.

Vielleicht ist mir deshalb aufgefallen, dass das berühmte Schloss Burg vom bergischen Solingen nach Wuppertal verlegt wurde. Das sollte nicht passieren, vor allem da Neubauer quasi um die Ecke zu Hause ist. Wenn ich hier schon bei der Kritik bin: einige Druckfehler fand ich auch peinlich. Ich will nur ein Beispiel nennen: das Glas wurde langsam gelehrt.

Aber das hat meinen gesamten Leseeindruck nicht geschmälert, der Kriminalroman war von der Idee her ausgefallen und die Handlung wurde geschickt zusammengeführt. Ich fand das Buch spannend, auch wenn es eine eher gemächliche Spannung ist, die sich Lauf des Plots entwickelt. Gut gefallen haben mir wieder die Personen, die Neubauer sehr genau charakterisiert und die dadurch sehr realistisch wirken.

Die Südtirol Krimis des Autors haben sich einen festen Platz im Genre der Regionalkrimis erobert.