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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 10.02.2023
Dämonen der Speicherstadt
Denzau, Heike

Dämonen der Speicherstadt


ausgezeichnet

Üblicherweise habe ich es ja nicht so sehr mit Dämonen und Urban Fantasy, da ich mich als Technikerin an Fakten halte, aber dieses Buch aus dem Hause Emons habe ich verschlungen.

Worum geht’s?

Im großen und ganzen um den ewigen Kampf „gut gegen böse“. Allerdings bietet Autorin Heike Denzau hier alle ihr Können auf, um die Leser in eine spannende, mystische und erotisch knisternde Geschichte zu entführen.

Zunächst begegnen wir im Prolog der kleinen Rahel, die im Waisenhaus lebt und Dinge sieht, die anderen verborgen bleiben. Die kleinen blauen Flammen, zum Beispiel, die sich in der Auslage von Mr. Minhs Trödelladen zeigen. Sie wird nicht ernst genommen und als Spinnerin verspottet. Umso überraschter ist später die erwachsene Rahel, als sie einige Gegenstände als Vermächtnis von Mr. Minh erhält.

Dann schwenkt die Story auf die erwachsene Rahel, die nun Kommissarin bei der Hamburger Polizei ist. In ihrem aktuellen Fall wird sie mit unerklärlichen Phänomenen konfrontiert. Sie wird für eine Spezialeinheit der Polizei rekrutiert, die sich als Dämonenjäger entpuppt. Diese Truppe arbeitet im Verborgenen und besteht aus verschiedenen höchst eigenwilligen Persönlichkeiten, unter anderem dem Zwillingspaar Lukrezius und Soleria, das nicht ganz von dieser Welt zu stammen scheint. Wie sehr, lest bitte selbst ...

Meine Meinung:

Dass manche Menschen besonder Begabungen haben und Dinge sehen können und andere nicht, ist nicht ganz außergewöhnlich.

Faszinierend ist, wie Heike Denzau, die ich als Schöpferin von Lyn Harms und Raphael Freersen kenne, nun diesem ewigen Kampf „gut gegen böse“ aufnimmt.

Der Schreibstil ist fesselnd und lässt bei den Lesern die Gänsehaut aufziehen. Doch die Härchen krümmen sich nicht nur wegen der Verbrechen, sondern auch wegen der starken erotischen Anziehung, die von Lukrezius ausgeht und der sich Rahel nicht entziehen kann.

Ziemlich nervenaufreibend ist der Einblick in die Familie Hathor, bei der nicht nur ein Familienmitglied von einem Dämon besessen scheint. Doch wer will der Familie ihre Dysfunktionalität verdenken? Nach einem schweren Autounfall, bei dem Vater, Mutter und der Sohn schwerst verletzt wurden, und den nur die kleinen Töchter körperlich nahezu unbeschadet überlebt haben, und nun nichts mehr so ist wie vorher.

Nachdem noch einige Fragen, wie etwa die Herkunft von Rahel oder die Zukunft des Zwillingspaares offen sind, gehe ich von einer Fortsetzung aus. Jedenfalls ist der Einstieg des Emons-Verlages in das Mystery/Urban Fantasy-Genre gut gelungen. Wahrscheinlich werden sich eingefleischte Fans von historischen und regionalen Krimis nicht mit dieser Art Krimis auseinandersetzen wollen, doch kann der Verlag seine Angebotspalette ein wenig erweitern.

Fazit:

Diesem aufregenden, mysteriösen und fantastischen Krimi gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 10.02.2023
Die Herrin der Farben
Dempf, Peter

Die Herrin der Farben


ausgezeichnet

Autor Peter Dempf entführt uns in diesem historischen Roman in das Augsburg des 18. Jahrhunderts.

Anna Barbara Koppmair ist die Tochter eines Goldschlägers und wächst neben dem Formenschneiderbetrieb der Familie Gignoux auf. In der Augsburger Textilbranche haben die beiden Gewerke immer wieder Berührungspunkte, sodass die wissbegierige Anna Barbara ihre Zeit mit Johann Friedrich Gignoux verbringt, um mit den Farben für die Textilfärberei zu experimentieren. Dabei gelingen ihr einige Rezepturen, die Farben mit besonderer Leuchtkraft und Haltbarkeit hervorbringen.

Nach Johann Friedrichs Walz wird geheiratet und die beiden bauen, unter äußerster Auslegung der Zunftregeln eine Kattunfärberei auf. Das Unternehmen floriert. Nach nur wenigen gemeinsamen Jahren stirbt Johann Friedrich an einer Lungenkrankheit, die durch die giftigen Dämpfe beim Farbenmischen hervorgerufen worden ist.

Obwohl das Testament Anna Barbara bis zur Volljährigkeit des Sohnes als Betriebsleiterin vorsieht, ficht der Zunftmeister Anna Barbaras Position an. Absprachen werden nicht mehr eingehalten, denn Frauen sind keine Vertragspartner. Natürlich spielt hier der Neid auf die geschäftstüchtige Witwe eine große Rolle. Man beginnt Intrigen zu spinnen, in denen sich Anna Barbara verheddert und letztlich mit Georg Christoph Gleich, einen Mann heiratet, der sie nicht nut über sein eigenes (nicht vorhandenes) Vermögen täuscht, sondern sich das Unternehmen Gignoux unter den Nagel reißen will. Allerdings hat er nicht mit der Zähigkeit von Anna Barbara gerechnet. Um den Betrieb für ihren Sohn zu retten, beschreitet sie ungewöhnliche Wege ...

Meine Meinung:

Peter Dempf, der den eigenen Worten nach, „immer neugierig und wissen wollend, woher Gebäude stammen und wer die Menschen auf Bildern und Gemälden waren, was die Schriften auf Wänden und Steinen bedeuteten, wie und was die Menschen ehedem bewegt haben“, Geschichte studiert hat, hat mir diesem historischen Roman einer starken Frau ein Denkmal gesetzt. Denn Anna Barbara Gignoux, geborene Koppmair (1725-1796) ist eine fortschrittlich denkende Frau, die es mit dem verkrusteten Denken der Zünfte aufnimmt. Dabei denkt die Unternehmerin nicht ausschließlich an Gewinnmaximierung, sondern zeigt auch soziales Gewissen. erst als sie ihren Betrieb beinahe verliert, rückt ihre Anteilnahme an der Belegschaft, die vorrangig aus Frauen und Kindern besteht, in den Hintergrund.

Wir erfahren einiges über die strenge Zunftordnung, die noch aus dem Mittelalter stammt und für damalige Manufakturen geschaffen wurde und längst nicht mehr zeitgemäß ist. Vieles davon ist mir bekannt. Nicht gewusst habe ich, dass gerade in Augsburg die „Gerechtigkeiten“ (also die Betriebsgenehmigungen) streng paritätisch, nach Religionszugehörigkeit vergeben wurden: Je acht für Protestanten und Katholiken. Das gefällt mir an Peter Dempfs Romanen. Wir Leser bekommen Geschichtsunterricht, ohne es zu bemerken. Die historischen Zahlen, Daten und Fakten werden subtil in die Handlung eingebaut.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten und opulent erzählten historischen Roman rund um Anna Barbara Gignoux 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 07.02.2023
Rondo Veneziano
Ayoub, Susanne

Rondo Veneziano


gut

Dieser Venedig-Krimi unterscheidet sich ein wenig von den üblichen Krimis.

Wieso?

Es gibt zwar ein Mordopfer, doch das hat recht bald ausgedient.

In den Vordergrund rücken drei Schulfreundinnen, Adele, die Zahnärztin, die vor lauter Arbeit zu leben vergisst, Biggi, die ihre Boutique aufgeben musste und Chris, eine pensionierte Bibliothekarin.

Adele reist nach dem Anruf ihrer betagten Nenntante Pauline nach Venedig und trifft dort ihre Schulkolleginnen. Man beschließt den Palazzo, sowie die Tante zu besuchen, nur um dort von Marlon, deren angeblichen Neffen aus Amerika zu erfahren, dass Paulina nach einem Treppensturz gestorben ist. Adele kann sich nicht entsinnen, jemals von einem Neffen aus Amerika gehört zu haben, und wittert ein Verbrechen, zumal der Palazzo eine große Gemäldesammlung birgt. Gemeinsam beginnen die drei Frauen zu recherchieren und fördern lang verborgene Geheimnisse zutage.

Meine Meinung:

Die Idee hat mir recht gut gefallen und die Beschreibung von Venedig und seiner Umgebung abseits der Touristenfallen ist gut gelungen.

Nicht überzeugt hat mich der Aufbau des Krimis. Hier sind viel zu viele Themen angerissen, sowie mehrere Handlungsstränge begonnen worden und nicht alle haben ihr Ende gefunden.

Paulines eigenes Schicksal, als Überlebende der Shoa, ist gut eingeflochten - doch die Rückblenden reißen die Leser aus dem Lesefluss genauso wie die Einblick in das Leben von Adele, Biggi und Chris in der Gegenwart. Vieles wird detailliert beschrieben, doch Wichtiges ausgelassen. Die Geschichte der armenischen Familie von Paulinas Ehemann, die dem Völkermord knapp entkommen ist und auf Murano eine neue Heimat gefunden hat, wäre es wert gewesen, weiter vertieft zu werden.

Worauf ich allerdings wirklich verzichten hätte können, ist Margareta, die furchtbare Mutter von Adele. Ja, es ist tragisch, ein Pflegefall und damit auf andere angewiesen zu sein. Diese Frau tyrannisiert nicht nur die Pflegerin, sondern auch ihre Tochter, die sich daraufhin ausschließlich in ihre Arbeit als Zahnärztin stürzt und dabei sich und ihr Privatleben völlig vergisst. Dieser Handlungsstrang hat mit dem Kriminalfall überhaupt nichts zu tun und bringt die Handlung nicht weiter. Zwar ist Margareta das Bindeglied zu Paulinas Vergangenheit in Wien, trotzdem hätte man das anders anlegen können.

Ach ja, der Kriminalfall: Der mutmaßliche Neffe aus Amerika wird tot aus dem Wiener Donaukanal gefischt und ist tatsächlich ein Verwandter von Pauline. Diesem Mordopfer kommt, nach dem anfänglichen Verdacht, ein Erbschleicher zu sein, keine mehr Bedeutung zu.

Die Charaktere sind durchwegs unsympathisch. Allen voran natürlich Margareta, aber auch die drei Schulkolleginnen sind keine echten Freundinnen. Der einzig halbwegs sympathische Kerl ist der Wiener Polizist Richard Lorenz, der den Tod des Neffen untersuchen soll.

Trotz der zahlreichen, nicht immer für die Handlung notwendigen Abzweigungen und Klimmzüge, habe ich recht schnell eine Idee, was hinter der Geschichte stecken könnte, gehabt. Die Auflösung, die im Gegensatz zu manch anderem, doch recht kurz ausfällt, hat meine Vermutung bestätigt.

Fazit:

Leider hat dieser Krimi meine Erwartungen nicht erfüllt, weshalb ich hier nur knappe 3 Sterne vergeben kann. Der dritte Stern ist das alleinige Verdienst der bildhaften Beschreibung der Lagunenstadt.

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Bewertung vom 07.02.2023
Majoran, Mord und Meisterwurz
Baumann, Manfred

Majoran, Mord und Meisterwurz


ausgezeichnet

Manfred Baumann, bekannt durch seine Salzburg-Krimis rund um Chefinspektor Martin Merana und sein Team, erfreut seine Leser mit einer weiteren Folge aus der Reihe „Kräuter-Krimis“.

Mit folgenden sieben (Küchen)Kräutern wird hier gemordet:

Majoran
Teufelsbart
Frauenmantel
Schnittlauch
Melisse
Tollkirsche
Meisterwurz

Nun ja, auch wenn die Mordwaffen relativ leicht zugänglich sind und keinen Lärm bei der Anwendung verursachen, ist dennoch Vorsicht geboten, denn die Ermittler sind, wie Pater Gwendal, durchaus kräuterkundig.

Meine Meinung:

Kurz-Krimis sind ja üblicherweise nicht so meines, aber ich halte es für eine hohe Kunst, auf wenigen Seiten Charaktere vorzustellen, Spannung aufzubauen und eine schlüssige Lösung darzustellen.

Für zwischendurch sind Kurz-Krimis eine kurzweilige Alternative.

Jede der sieben Pflanzen ist zu Beginn des jeweiligen Kurz-Krimis abgebildet und beschrieben. Da weiß der potenzielle Mörder gleich, nach welchem Kraut er (oder sie) im Garten oder auf dem Markt Ausschau halten muss.

Fazit:

Ein gelungenes Mitbringsel für Gartenliebhaber und Krimi-Fans. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 05.02.2023
Miss Kim weiß Bescheid
Cho, Nam-joo

Miss Kim weiß Bescheid


sehr gut

Nach ihrem feministischen Bestseller »Kim Jiyoung, geboren 1982« erzählt die südkoreanische Schriftstellerin Cho Nam-Joo Geschichten aus dem Leben von acht Landsfrauen.

Diese Alltagsgeschichten sind gut zu lesen. Kurz und knapp schildern sie die persönlichen Schicksale von Mädchen und Frauen zwischen 10 und 80 Jahren. Dabei werden Themen wie das heimliche Filmen von Frauen in der Öffentlichkeit, Hatespeech und Cybermobbing auf Social-Media-Plattformen, häusliche Gewalt, weibliche Identität im Alter und die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz erlebt.

Interessant zu lesen sind Ähnlichkeiten bzw. die Unterschiede in den Biografien der Frauen. Dann manches, was die jeweilige Ich-Erzählerin erlebt, passiert auch in unseren Breiten.

Fazit:

Diesem interessanten Einblick in das Leben südkoreanischer Frauen gebe ich gerne 4 Sterne.

Bewertung vom 03.02.2023
Der Blumenkavalier
Baumgartner, Michaela

Der Blumenkavalier


sehr gut

Fanny, die jüngste Tochter der adeligen Familie Wohlleben kehrt nach einem England-Aufenthalt gemeinsam mit ihrer älteren, schwangeren Schwester Sophie nach Wien zurück. Sie will ihr Kind, wegen der besseren ärztlichen Versorgung in Wien zur Welt bringen. Außerdem will sie ihrer garstigen Schwiegermutter entkommen.

Fanny, deren Ehemann in einer der Schlachten gegen Napoleon gefallen ist, feiert demnächst ihren 18. Geburtstag und freut sich, endlich die Trauerkleidung ablegen und in ihr eigenes Palais ziehen zu dürfen. Die junge Witwe wartet sehnsüchtig auf ihre große Liebe Paul, doch der ist vor einiger Zeit verschwunden. So stürzt sie sich in die Gestaltung von Palais und Garten.

Bei einem Pferderennen lernt sie den reichen und charismatischen ungarischen Magnaten Gyula Graf Erdély kennen, mit dem sie ihre große Leidenschaft für Pferde teilt.

Meine Meinung:

Der dritte Teil dieser Serie um Fanny von Wohlleben bietet wieder einen Einblick in die adelige Gesellschaft Wiens des Biedermeiers.

Wieder mit dabei sind das frivole Ehepaar von Trattenbach, das mit seinen erotischen Eskapaden seinerzeit die damals knapp sechzehnjährige Fanny verführt hat, sowie einige historische Persönlichkeiten wie Friedrich von Gentz oder Kaiser Franz, der als Gartenliebhaber bekannt ist und auch selbst Hand angelegt hat. Wir dürfen auch einen Blick in den Salon der Karoline Pichler machen, die Künstler und Dichter sowie das Who-is-Who des Biedermeiers in ihren Räumen empfängt.

Die Geschichte an sich entwickelt sich für meinen Geschmack ein wenig zu sehr in Richtung Liebesroman. Ein wenig unwahrscheinlich ist, wie viele „Mitspieler“ nun adelig sind. Sei es, dass sie wie Emilia herausfinden, wer die Eltern waren oder wie Paul Faber, der vom Kaiser zum Baron geadelt wird. Die Nobilitierung von reichen Kaufleuten ist zwar nicht ganz ungewöhnlich und findet unter Kaiser Franz Josef ihren Höhepunkt, um Geld in die leeren Staatskassen zu spülen. Ob es wirklich genügt, dem Kaiser seltene Pflanzen von einer Reise mitzubringen, um in den Adelsstand erhoben zu werden? Der alte Hofadel, dem Fannys Mutter ja angehört, sieht auf den neuen Geldadel naserümpfend herab. Aber, Ausnahmen bestätigen die Regel und Fannys Mutter will, dass ihre Kinder glücklich werden.

Das Cover gefällt mir diesmal nicht ganz so gut als die der beiden Vorgängerbände. Es wirkt viel zu modern, während jene von „Debütantenball“ und „Seidenwalzer“ jeweils an ein Gemälde erinnern.

Von der im 18. und 19. Jahrhundert beliebten Sprache der Blumen hätte es im Text durchaus mehr sein können. Für interessierte Leser sind die Bedeutungen der Blumen, die der Dame des Herzens überreicht wurden, angeführt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der uns in die Zeit des Wiener Biedermeiers mitnimmt, 4 Sterne.

Bewertung vom 03.02.2023
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


ausgezeichnet

Dieser interessante Roman spielt gekonnt auf mehreren Zeitebenen: vorwiegend 1933, 1943 und 1977.

Zunächst lernt der Leser einen kleinen Jungen kennen, der in einer fensterlosen Bibliothek aufwächst kennen. Als 1943 Bomben auf Leipzig fallen, wird er von einem geheimnisvollen Mann aus dem brennenden Haus gerettet, für den er in Folge Bücher aus den Trümmern der zerstörten Städte Deutschlands retten muss.

Dazwischen gibt es Rückblenden in das Jahr 1933 in dem Jakob Steinfeld ein kleines Antiquariat und eine Buchbinderei im Graphischen Viertel von Leipzig betreibt. Immer im bedrohlichen Schatten der reichen Verlegerfamilie Pallandt.

Nahezu gleichzeitig begeben wir uns 1977 mit Robert Steinfeld und seiner Freundin Marie auf Spurensuche nach Roberts Wurzeln. Steinfeld, wie unschwer zu erkennen ist, ist mit Jakob verwandt und Marie soll die gigantische Bibliothek des Pallandts verkaufen. Dafür müssen sie von München aus auf die Buchmesse nach Leipzig, in das Hinterland und nach einem Hinweis auch nach Wien.

Meine Meinung:

Kai Meyer ist wieder ein fesselnder Roman gelungen, der durch seine komplexe Handlung besticht.

Was zu Beginn ein wenig verwirrend erscheint, erschließt sich den Lesern nach und nach. Doch der rote Faden sind zwei Bücher, denen die unterschiedlichen Protagonisten in jeder Zeitebene aus verschiedenen Gründen nachjagen.

Ich habe recht schnell eine Idee gehabt, wie die Ereignisse zusammenhängen. Trotzdem hat mich der Beweggrund, warum der kleine Junge gefangen gehalten wurde doch ein wenig überrascht.

Das Buch zieht seine Leser in einen Sog, der sie die Umwelt vergessen lassen und unbedingt weiterlesen wolle/müssen.

Die historischen Ereignisse sind gekonnt in die Handlung eingeflossen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden und komplexen Roman 5 Sterne.

Bewertung vom 02.02.2023
Tod auf Föhr (eBook, ePUB)
Härtl, Cornelia

Tod auf Föhr (eBook, ePUB)


gut

Kommissarin Kari Lürsen ist, nach einem zunächst nicht näher erklärten Misserfolg bei einer Ermittlung, vorläufig beurlaubt in ihre Heimat Föhr zurückgekehrt. Noch bevor sie sich in der Kate ihres verstorbenen Großvaters einleben kann, wird sie mit dem Selbstmord ihrer Schulfreundin Wiebke konfrontiert. Da ihr der Abschiedsbrief ein wenig kryptisch vorkommt und sich die Eltern sich keinen Reim darauf machen können, beginnt sie in Wiebkes Unterlagen zu kramen und fördert einiges zu Tage, was mehr Fragen aufwirft, als Antworten gibt.

Um Klarheit über Wiebkes Suizid zu bekommen, sucht Kari jene anderen beiden Schulfreundinnen auf, mit denen sie und Wiebke die Vierer-Bande gebildet haben. Dabei entdeckt sie, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Und bald weiß sie nicht mehr, wem sie noch trauen kann und gerät in ein Minenfeld von Manipulation ...

Meine Meinung:

Dieser Krimi hat durchaus Potenzial, doch es dauert eine geraume Zeit, bis alles so richtig in Gang kommt.

Zu Beginn wird den Lesern mit den Andeutungen über Karis Verfehlungen bei der Berliner Polizei der Mund wässrig gemacht. Ich habe da schon die kühnsten Fantasien entwickelt - hat sie den Berliner Polizeipräsidenten in flagranti erwischt? Oder den Innensenator beim Juwelenraub? Die Wahrheit stellt sich dann als wenig spektakulär heraus. Ja, natürlich ist es frustrierend, einen Undercover-Auftrag vermasselt und jahrelange Polizeiarbeit vernichtet zu haben. Aber deswegen gleich eine Entlassung aus dem Polizeidienst? Nun gut, ich kenne mich im Dienstrecht der deutschen Polizei nicht aus.

Irgendwie habe ich den Eindruck, die Autorin konnte sich nicht ganz entschließen, in welche Richtung der Krimi gehen soll. Einige Ideen werden angerissen und nicht zu Ende geführt. Da ist zum Beispiel Bente, der Kneipenwirt, der auch einiges zu verbergen hat.

Der Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen. An den Charakteren könnte noch ein wenig gefeilt werden. So richtig warm bin ich mit Kari nämlich nicht geworden. Ich halte sie nicht für eine toughe Polizistin. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass sie ihren Dienst quittieren musste. Nur, was wird die Zukunft bringen? Soll sie an Wiebkes Stelle in das Blumengeschäft einsteigen und als Hobby-Ermittlerin weitermachen?

Fazit:

Ein Krimi, der noch Luft nach oben hat, aber durchaus über Potenzial verfügt. Gerne gebe ich hier drei Sterne.

Bewertung vom 01.02.2023
Bürgerkriege (eBook, ePUB)
Walter, Barbara F.

Bürgerkriege (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In ihrem Buch „Bürgerkriege“ stellt die Autorin Barbara F. Walter die durchaus provokant klingende Frage „Warum immer mehr Staaten am Abgrund leben?“
Auch ich habe das subjektive Gefühl, dass sich die Spirale der Gewalt immer schneller dreht. Immer mehr Menschen scheinen mit ihren Staatenlenkern, egal ob Diktatoren oder gewählte Politiker unzufrieden zu sein, und dies auch lautstark kundzutun.

Dabei sind es nicht nur die üblichen Verdächtigen wie der Nahe Osten, Südamerika oder afrikanische Staaten, die davon betroffen sind. Nein, auch in einigen demokratischen Staaten Europas wie Frankreich gärt es und das (selbst ernannte?) Mutterland der Demokratie, die USA, wird zunehmend Schauplatz von gewalttätigen Unruhen.

Was ist los mit den Menschen? Warum dreht - gefühlt - derzeit die halbe Weltbevölkerung durch? Warum auch oder besonders (?) in Demokratien? Wie entstehen Bürgerkriege?

Akribisch listet die Autorin die Anzeichen, wie es zu einem Bürgerkrieg kommen kann, auf. Denn, so schreibt sie, ein Bürgerkrieg fällt nicht vom Himmel, sondern ist die Entladung eines lange dauernden Prozesses. Häufig werden die gängigen Mittel der Propaganda wie „WIR und die anderen“ benützt, um ein System zu destabilisieren.

Um festzustellen, wie hoch die Gefahr eines Bürgerkriegs ist, gibt es mehrere anerkannte Messmethoden. Zum Beispiel den Polity-Index, anhand dessen man den Grad der Anokratie (Mittelding zwischen Autokratie und „perfekter Demokratie“) eines Landes messen kann.

Wie kann das System dann wirklich kippen? Einerseits Verunsicherung der Menschen durch Angst, den eigenen guten Staus zu verlieren, Wut auf die Politiker aufgrund deren mögliche Korruption sowie Neid. Andererseits spielen die sozialen Medien durch ihre oft gezielte Desinformation eine große Rolle. Message Control, Fake News usw. sind die Schlagworte der Stunde.

Lassen sich die politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen, die zu einem Bürgerkrieg führen können, stoppen oder gar umkehren? Ja, es ist möglich, diesen Prozess aufzuhalten und das fragile Gleichgewicht wieder herzustellen. Als Beispiel führt die Autorin Südafrika an, das durch die Anerkennung des ANC unter Nelson Mandela einen Bürgerkrieg vermeiden konnte.

Meine Meinung:

Barbara J. Walter erklärt sehr anschaulich die aktuellen Probleme. Als in Amerika lebende Autorin liegt ihr Fokus natürlich auf der derzeitigen Lage in den USA, in der sich selbst ernannte Milizen bis an die Zähne bewaffnen und scheinbar nur darauf warten, losschlagen zu dürfen, wie der Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner 2021 eindrücklich beweist.

Der Schreibstil der Autorin darf getrost als populär wissenschaftlich bezeichnet werden, was aber keineswegs abwertend gemeint ist. Es ist nicht einfach, das komplexe Zusammenspiel zahlreicher Faktoren, die zu einem Bürgerkrieg führen könn(t)en, gut lesbar darzustellen.

Was kann nun jeder Einzelne dazu beitragen, damit es doch nicht so weit kommt? Geht das überhaupt? Ja, es ist möglich. Auch wenn wir in Zeiten des Wandels leben, so sollte das Verbindende vor das Trennende gestellt werden und als Informationsquellen sollten nicht ausschließlich die sozialen Medien dienen.

Fazit:

Dieser interessanten Analyse, die auch als Weckruf für westliche Demokratien verstanden werden kann/muss, gebe ich gerne 5 Sterne.

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Bewertung vom 30.01.2023
Der Tote im Kurhaus / Fräulein vom Amt Bd.2
Blum, Charlotte

Der Tote im Kurhaus / Fräulein vom Amt Bd.2


ausgezeichnet

Passend zum zweiten Fall für das Fräulein vom Amt, Alma Täuber, fand in Wien in der vergangenen Woche die Wiederaufnahme der Verdi-Oper „Aida“ mit den aktuell bekanntesten Operngrößen der Welt, Anna Netrebko, Elina Garanča und Jonas Kaufmann statt.

Doch zurück zum Buch:

Man schreibt das Jahr 1924 und es sind gerade einmal zwei Jahre seit Alma Täuber ermittelt und Howard Carter das Grab des Tutenchamun in Ägypten entdeckt hat. Ganz Europa liegt im Ägyptenfieber und deshalb wird nicht nur in Baden-Baden die Oper Aida aufgeführt, sondern zahlreiche Ausstellungen, Bälle und Modeschauen nehmen sich des Themas an. Nilgrün und Gold sind die Modefarben der Saison und der Premierenfeier, die durch den plötzlichen Tod des Startenors ein jähes Ende findet.

Unfall oder Mord, das ist hier die Frage, die sich nicht nur Alma und Emmi stellen, denn Emmi hat nur noch Augen für den Tenor, was wiederum ihrem Ex, dem August nicht so gut gefallen hat.

Ludwig Schiller, nun mehr zum Kommissar aufgestiegen, ermittelt wieder. Doch auch Alma kann das Schnüffeln nicht lassen und entdeckt ein Detail, das zuvor übersehen worden ist. Damit bringt sie sich wieder einmal in Gefahr.

Meine Meinung:

Gleich vorweg, diese Fortsetzung ist weniger ein Krimi als eine spannende Beschreibung der Lebensumstände in der Weimarer Republik. Diesmal nicht die Großstädte Berlin oder München, sondern das elitäre Baden-Baden, das sich langsam von der Inflation erholt und wieder Treffpunkt der Reichen und Schönen ist.

Dafür dürfen wir der Miele 50, dem „Monster“ zuhören, wenn es die Wäsche der Familie Täuber wäscht. Erfahren einiges über gesellschaftlichen Hintergrund der Zwanziger Jahre. Herrlich ist der Disput einer Dame mit großem Hut in der Straßenbahn, der Almas Großmama gleich auf den Kriegspfad für Hüte und dazugehörige Hutnadeln wandeln lässt. Diese Episode ist historisch belegt und als „Hutnadelkrieg“ in die Annalen eingegangen.

Alma hat ihre Beziehung zu Ludwig schweren Herzens beendet, denn im Falle einer Verehelichung muss sie Ihre geliebte Arbeit als Fräulein vom Amt aufgeben. Schmunzeln musste ich über Emmi, die Alma ein Fromms, also ein Präservativ, in die Tasche geschmuggelt hat. Man weiß ja nie, wann und wo es gebraucht wird. Emmi ist hier die Vernünftigere, wenn auch ein wenig flatterhaft.

Die Ermittlungen geraten darob ein wenig in den Hintergrund, wird der Leser doch mit dem rundherum beschäftigt. Es scheint, dass der tote Sänger, nach kurzer Aufregung um die Störung der Premierenfeier, den meisten eher egal war, zumal sich herausstellt, dass er seinen Charme und Esprit an zahlreiche Damen versprüht hat.

Dafür kommen sich Alma und Ludwig wieder ein wenig näher.

Der Schreibstil von Charlotte Blum, hinter dem Namen verbirgt sich das Autorinnen-Duo Dorothea Böhme und Regine Bott, ist leicht und locker. Dieser historische Cosy-Krimi lässt sich flüssig lesen.

Im Anhang sind jene historischen Details, die die Autorinnen der Handlung angepasst, also ein wenig zurechtgebogen haben, angeführt.

Ich bin schon neugierig, was der dritte Band, der im August 2023 erscheinen soll, für Alma und uns Leser bereit halten wird.

Fazit:

Wer gerne Cosy-Krimis liest, die in den 1920er-Jahren spielten, ist hier goldrichtig. Gerne gebe ich hier wieder 5 Sterne.