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Benutzername: 
dorli
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Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 24.02.2015
Der Geschichtensammler
Franke, Thomas

Der Geschichtensammler


ausgezeichnet

Berlin 1945. In der Stadt tobt die letzte große Schlacht des Zweiten Weltkriegs. Der Flakhelfer Rasmus Eichdorff ist auf dem Weg in den Humboldthain, um seine Freundin Emmi zu suchen, als er in einen Schusswechsel gerät. Unversehens wird der junge Mann in ein Kellerloch gezogen – der alternde Soldat Erwin rettet Rasmus mit dieser Aktion das Leben. Eine Zufallsbekanntschaft, die zu einer großartigen Freundschaft werden soll…

Doch zunächst gelten Rasmus’ Gedanken einzig Emmi – als er die junge Frau endlich findet, haben die Ereignisse der letzten Kriegstage die anfangs fröhliche, lebhafte Emmi gebrochen – sie will sich das Leben nehmen. In seiner Verzweiflung ringt Rasmus ihr das Versprechen ab, einhundert Tage lang über diese Entscheidung nachzudenken…

Kurz darauf gerät Rasmus in russische Kriegsgefangenschaft. Hier trifft er nicht nur Erwin wieder, sondern lernt auch den etwas einfältigen Hans kennen. Für die drei Männer beginnt eine schwere Zeit. Trost und Kraft, die schrecklichen Zuständen zu überstehen, finden sie in tiefgründigen Gesprächen und in Erwins allegorischer Geschichtensammlung, die besonders Rasmus nicht nur sein Gottvertrauen wiedergeben, sondern auch die Hoffnung auf eine glückliche Zukunft aufrechterhalten…

Thomas Franke wartet in „Der Geschichtensammler“ mit sehr intensiven Beschreibungen und Schilderungen auf. Schon die ersten Seiten – man geht mit Rasmus durch das zerstörte Berlin - bescheren mir eine Gänsehaut. Ruinen, verkohlte Häuserwände und Trümmerberge wohin man auch schaut. Man kann die Trostlosigkeit und die Hoffnungslosigkeit deutlich spüren.

Rasmus, Erwin und Hans erwartet im Verlauf der Handlung das, was viele Männer damals durchmachen mussten: Gefangennahme, Zwischenstopp im Lager Ketschendorf, dann in Waggons immer weiter gen Osten…
Thomas Franke erzählt vom Kriegsgeschehen und von den unmenschlichen Bedingungen in den Lagern. Doch in erster Linie geht es in diesem Buch nicht darum, die grausamen Zustände deutlich zu machen, sondern darum, wie die Männer es schaffen, trotz aller Widrigkeiten den Mut, die Hoffnung und den Glauben nicht zu verlieren.

In die eigentliche Handlung um Rasmus & Co. hat Thomas Franke nicht nur einige Rückblicke zu gemeinsamen Erlebnissen von Rasmus und Emmi eingeflochten, sondern hat hier auch einen Schatz versteckt: mehrere gleichnisartige Geschichten, die, vom Autor geschickt platziert, die eigentliche Handlung unterstreichen und veranschaulichen und den Leser ermuntern, über die Erzählungen nachzudenken, sie zu deuten und zu entschlüsseln.

„Der Geschichtensammler“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt - die bildreichen Schilderungen der Handlung, die ausdrucksstarken Figuren und ganz besonders die eingefügten Kurzgeschichten haben mich durchweg begeistert.

Bewertung vom 09.02.2015
Der Jahrhundertsturm / Jahrhundertsturm Trilogie Bd.1
Dübell, Richard

Der Jahrhundertsturm / Jahrhundertsturm Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Berlin - Paris - München, 1840-1871. Alvin von Briest ist im Testament seines Vaters nicht bedacht worden. Ein Nachbar, der Junker Otto von Bismarck, rät ihm zu einer Militärlaufbahn. Alvin folgt dem Rat und trifft einige Zeit später in Berlin auf Paul Baermann. Pauls ganze Leidenschaft gilt der Entwicklung der Eisenbahn. Alvin und Paul bekommen von Stéphane Flachat das Angebot, bei dem Bau eines französisch-deutschen Eisenbahnnetzes zu helfen und gehen mit ihm nach Paris, wo die beiden jungen Männer auf die mittellose Louise Ferrand treffen und sich beide in sie verlieben. Währenddessen droht Pauls Schwester Lily ein Leben in Armut, denn Paul hat durch eine Unachtsamkeit nicht nur seine Eltern in den Ruin getrieben, sondern auch Lilys Mitgift verspielt. Lily hasst ihren Bruder und sinnt auf Rache…

In seinem historischen Roman „Der Jahrhundertsturm“ entführt Richard Dübell den Leser in das 19. Jahrhundert nach Berlin, Paris und München und erzählt die wechselvolle Geschichte einer ungewöhnlichen Dreiecksbeziehung.
Darüber hinaus wartet der Autor mit einer geballten Ladung Historie auf und hat seine Geschichte eng mit den historischen Begebenheiten zwischen Januar 1840 und Sommer 1871 verknüpft und ein umfassendes, vielschichtiges und vor allen Dingen sehr glaubwürdiges Bild der damaligen Zeit gezeichnet. Die ausführlichen Beschreibungen der Schauplätze und die detaillierten Schilderungen der Ereignisse haben mich durchweg begeistert. Man ist ruckzuck mittendrin in einer zwiegespaltenen Welt, die einerseits aus dem Wunsch besteht, Traditionen und alte Ordnung beizubehalten und andererseits nach Fortschritt und technischen Neuerungen strebt.

Nacheinander stellt Richard Dübell seine Hauptfiguren ausführlich vor und verleiht ihnen schnell eine Persönlichkeit, man kann sich von Anfang an sehr gut in die einzelnen Akteure hineinversetzen. Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt, so dass man keine der Hauptpersonen aus den Augen verliert, auch wenn sich deren Wege ab und an trennen.
Begeistert hat mich das perfekte Zusammenspiel zwischen fiktiven und historischen Personen. Auch wenn der Fokus auf Alvin, Paul, Louise und Lily liegt, nehmen zahlreiche andere Personen einen wichtigen Part ein. Einer von ihnen ist Otto von Bismarck. Obwohl Bismarck eher im Hintergrund dieser Geschichte agiert, kann man seinen Werdegang ausgezeichnet verfolgen.
Aber auch andere historische Persönlichkeiten sind wichtige Weggefährten der Hauptakteure, unter ihnen zum Beispiel, Henry Dunant, Alfred Nobel, Joseph Anton Maffei, August Borsig und Eugène Flachat.
Meine liebste Nebenfigur ist Sergeant „Broni“ Bronikowski. Er ist nicht nur immer zur Stelle, wenn seine tatkräftige Unterstützung gebraucht wird, er berlinert auch noch ganz wunderbar.

Richard Dübell hat einen angenehm zu lesenden Schreibstil. Der Autor erzählt sehr anschaulich und mit viel Schwung und es gelingt ihm hervorragend, dem Leser die jeweils vorherrschende Stimmung zu vermitteln. Sowohl die kleinen Kämpfe, wie zum Beispiel eine Kneipenschlägerei, bei der Alvin und Paul sich kennenlernen, wie auch die damaligen Revolutionen und Kriege in Europa werden spannend und ausdrucksvoll beschrieben.

Nicht nur das politische und militärische Geschehen des 19. Jahrhunderts, sondern auch technische Errungenschaften und Erfindungen, wie die Eisenbahn, die Telegraphie oder das Dynamit sind große Themen in diesem Roman, aber auch die gesellschaftlichen Gepflogenheiten spielen eine Rolle.
Es wird dramatisch und emotional - Stolz und Ehre, Liebe und Leidenschaft, Zorn und Hass, Machtgier, Intrigen und Rache – die Handlung ist durchweg lebhaft und wird zu keiner Zeit langweilig.

„Der Jahrhundertsturm“ ist eine großartige Zeitreise – ereignisreich, spannend, voller Abenteuer und Emotionen.

Bewertung vom 14.01.2015
Veilchens Winter / Valerie Mauser Bd.1
Fischler, Joe

Veilchens Winter / Valerie Mauser Bd.1


ausgezeichnet

Innsbruck. Oberstleutnant Valerie „Veilchen“ Mausers erster Arbeitstag am LKA Tirol beginnt mit einem mächtigen Kater - ein Überbleibsel ihrer vorabendlichen Antrittsfeier - und hat im weiteren Verlauf einen verzwickten Entführungsfall im Gepäck.
Die 5-jährige Tochter des Oligarchen Boris Marinov wurde entführt und der Tiroler Landeshauptmann Hubertus Freudenschuss persönlich bittet Valerie nicht nur um ihre Hilfe bei der Suche nach Lizah, sondern auch um äußerste Diskretion bei den Ermittlungen…

Joe Fischler hat mich mit seinem Krimidebüt „Veilchens Winter“ von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt. Die Geschichte wird flüssig und spannend erzählt und besonders die Verknüpfung von Humor und Spannung ist dem Autor hervorragend gelungen. Die abwechslungsreiche Handlung ist mit einigen Actionszenen gespickt und es gibt reichlich Situationskomik und auch die ein oder andere Slapstick-Einlage.

Joe Fischler schickt ein interessantes Ermittlerteam ins Rennen. Veilchen Mauser war mir von Anfang an sympathisch. Besonders ihr energisches Auftreten ist klasse, sie lässt sich weder von den superreichen Marinovs beeindrucken, noch kuscht sie vor der Obrigkeit. Veilchen ist hart im Nehmen – was ist schon so eine kleine Gehirnerschütterung und ein allergischer Schock, davon lässt frau sich doch nicht ausbremsen – zeigt aber auch eine sensible Seite, wenn sie an ihre Tochter Rebecca denkt, die sie mit 18 bekommen und zur Adoption freigegeben hatte. Veilchen hat außerdem zwei imaginäre Schulterhocker, das „kleine Teufelchen“ und die „böse Souffleuse“, die mit ihren vorlauten Sprüchen immer wieder für gute Unterhaltung sorgen.

Unterstützt wird Valerie bei ihren Nachforschungen von Manfred Stolwerk, ihrem Exkollegen am LKA Wien. Stolwerk hat mich vor allen Dingen mit seiner exzellenten Menschenkenntnis fasziniert, er kann nicht nur fast Veilchens Gedanken lesen, er findet auch schnell einen Draht zu seinem jeweiligen Gegenüber.
Außerdem ist noch Sven Schmatz mit von der Partie, ein Mitarbeiter der EDV-Abteilung. Schmatz ist ein fröhlich-frecher Kollege, der mit seinem IT-Wissen glänzt, dafür aber Defizite in anderen Bereichen hat, mit denen er unfreiwillig für einige Schmunzler sorgt.

Mit vereinten Kräften gelingt es den Ermittlern letztendlich, den Fall zu lösen - ich konnte durchweg prima miträtseln und mitgrübeln, bin den Tätern aber bis zum Schluss nicht auf die Spur gekommen und wurde von deren Identität überrascht.

Ein rundum gelungenes Krimidebüt – humorvoll, spannend, unterhaltsam.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.01.2015
Verliebt noch mal
Günak, Kristina

Verliebt noch mal


ausgezeichnet

Hameln. Nachdem die 27-jährige Physiotherapeuten Thea Fuss vor einigen Jahren die Schattenseiten einer Beziehung kennengelernt hat, ist sie Single und geht voll und ganz in ihrer Arbeit auf. Thea teilt sich ein schönes Fachwerkhaus, in dem sie ihre erfolgreiche Praxis hat, mit drei weiteren Mietern. Psychotherapeut Dr. Grosser, Sachbuchautorin Margarete, IT-Spezialist Schröder und Thea bilden eine harmonische Hausgemeinschaft. Bis plötzlich allen eine Kündigung in den Briefkasten flattert: ihre gemütliche Bleibe soll an einen Investor verkauft und luxussaniert werden…

Ich mag den frischen Wortwitz in Kristina Günaks Romanen. Der macht die Geschichten so wunderbar frech und fröhlich und hat mir auch in „Verliebt noch mal“ ein Dauerschmunzeln ins Gesicht gezaubert.

Die Autorin schickt ganz unterschiedliche Akteure ins Rennen, die mit ihren herrlichen und zum Teil skurrilen Eigenarten für ein schwungvolles Geschehen sorgen.

Ich-Erzählerin Thea steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Einziges Handicap ist ihr anstrengender Emanzen-Modus, der sich nicht immer bändigen lässt und sie ab und an in recht blöde Situationen bringt.

Nach und nach stellt Thea dem Leser auf sehr vergnügliche Weise Nachbarn, Familie und Patienten vor und erzählt dann, wie der miese Vermieter und der böse Investor den friedvollen Alltag der Hausgemeinschaft durcheinanderwirbeln.

Neben der fristlosen Kündigung spielt natürlich auch die Liebe eine große Rolle – ein Part in dieser Geschichte, in der Theas 81-jährige Oma kräftig mitmischt. Oma ist etwas sonderbar, unangepasst und dickköpfig und vor allen Dingen davon überzeugt, dass Thea unbedingt einen Mann braucht. Da passt es gut, dass Oma von einem ansprechenden Exemplar geträumt hat und Thea jetzt eine baldige Hochzeit mit einem blonden Mann prophezeit. Heiraten will Thea eigentlich nicht, dennoch hält sie Ausschau und sondiert mögliche Kandidaten - doch keiner entfacht ein Gefühlsfeuerwerk bei ihr. Der einzige, der ihre Hormone unverständlicherweise Purzelbäume schlagen lässt, ist ein guter Kumpel - nicht gerade ihr Traummann und schon gar nicht blond…

„Verliebt noch mal“ ist randvoll gefüllt mit guter Laune - ein spaßiger Roman, der durchweg kurzweilige Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 03.01.2015
Das Reich des Teufelsfürsten
Stolzenburg, Silvia

Das Reich des Teufelsfürsten


ausgezeichnet

„Das Reich des Teufelsfürsten“ ist der zweite Band des Zweiteilers rund um den Fürsten Vlad Draculea – und auch dieser Teil hat mich durchweg begeistert.

Was sich im ersten Band schon erahnen ließ, wird hier zur grausamen Gewissheit: Vlad hat alle Menschlichkeit verloren und ist zu einem mordenden Ungeheuer geworden, nachdem seine Pläne, zuerst seinen Thron zurückzuerobern und dann seine große Liebe Zehra zu heiraten, anders als gedacht verlaufen.
Silvia Stolzenburg präsentiert Vlad so, wie die Geschichtsschreibung ihn sieht: als Sadisten und Gewaltherrscher. Er glaubt an die Macht der Angst und verbreitet als „Teufelsfürst“ Schrecken und Entsetzen. Seine Brutalität und Grausamkeit wird dabei von Silvia Stolzenburg sehr deutlich geschildert – es ist mir nicht nur einmal eiskalt den Rücken runter gelaufen. Vlad besteht nur noch aus flammendem Zorn, der sich in Folter und Mord äußert und aus unbändiger Wut, die nicht nur seine Gegner zu spüren bekommen, sondern die selbst vor dem eigenen Volk, engen Vertrauten und sogar Familienangehörigen nicht Halt macht.

Neben Vlad steht auch sein Sohn Carol im Fokus dieser Geschichte. Vlad ist enttäuscht von Carol – ein Bücherkind, der zudem seinem verhassten Bruder Radu viel zu ähnlich sieht, und nicht der Krieger ist, den Vlad sich vorgestellt hat. Der Junge bekommt die Abneigung seines Vaters mehr als deutlich zu spüren.

Ab und an gönnt die Autorin dem Leser eine kleine Auszeit von dem schaurigen Geschehen und richtet den Blick auf Utz und Sophia von Katzenstein nach Ulm. Die Ehe der beiden verläuft unglücklich und wird durch Utz’ Vorhaben, seine Söhne Hans und Jakob auf eine Handelsreise mitzunehmen, auch nicht besser. Im Gegenteil, Utz beschwört mit dieser Entscheidung schwere Zeiten für seine Familie herauf.

Wieder einmal ist es Silvia Stolzenburg hervorragend gelungen, historische Fakten und fiktive Geschichte zu einem großartigen, spannenden Roman zu verbinden. Zusammen mit dem lebendigen, flüssigen Schreibstil und der wunderbar bildlichen Erzählweise wird die packende Handlung zu einem fesselnden Leseerlebnis.

Bewertung vom 01.01.2015
Das Geheimnis von Stralsund
Weiß, Sabine

Das Geheimnis von Stralsund


ausgezeichnet

In ihrem historischen Roman „Das Geheimnis von Stralsund“ entführt Sabine Weiß den Leser in die Jahre 1627 bis 1630 nach Mönchgut auf Rügen und nach Stralsund.

Die 17-jährige Kapitänstochter Sina Cassers lebt mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester Dorthie auf Mönchgut. Alles wirkt unbekümmert und fröhlich, nichts scheint dieser heilen Welt etwas anhaben zu können.

Die unbeschwerte Zeit endet jäh, als der 30-jährige Krieg die Insel erreicht – Söldner besetzen Rügen, nehmen sich eiskalt und brutal alles, was sie wollen. Es wird geraubt, gebrandschatzt, geschändet, gemordet. Sina flüchtet mit ihrer Schwester in einem kleinen Boot, bekommt vorher von ihrer sterbenden Mutter einen Ring zugesteckt. Sie soll nach Stralsund gehen, bei Daniel von Garlstorf um Hilfe bitten und dort auf ihren sich auf einer Kauffahrt befindenden Vater Gideon warten.

Fast erfroren, werden die beiden Mädchen von dem Schiffer Leif Flake gerettet, der das winzige Boot nur zufällig in der tosenden See entdeckt. Leif bringt Sina und Dorthie nach Stralsund, wo Sina nach ihrer Genesung Daniel von Garlstorf ausfindig machen kann und bei ihm Unterkunft findet.

Während die Stralsunder ihre Stadt hartnäckig gegen die kaiserlichen Truppen verteidigen, hat Sina ganz eigene Probleme. Sie muss sich um die kleine Dorthie kümmern, hält täglich Ausschau nach ihrem immer noch nicht zurückgekehrten Vater, will beim Rat der Stadt den Mord an ihrer Mutter anzeigen und um Hilfe und Unterstützung für Mönchgut bitten. Außerdem beschäftigt sie das Geheimnis um den Ring ihrer Mutter unaufhörlich und sie fühlt sich sehr zu Leif hingezogen.

Auch wenn Sina im Mittelpunkt der Handlung steht, erlebt man einen Teil der Geschichte aus anderen Perspektiven und lernt zum Beispiel das harte Leben auf See kennen, indem man Leif bei seinen unermüdlichen und manchmal gefährlichen Einsätzen für Stralsund begleitet.

Sabine Weiß hat die dramatischen historischen Ereignisse des Krieges hervorragend mit einer lebhaften fiktiven Handlung zu einer spannenden Geschichte verwoben und ein umfassendes, vielschichtiges und vor allen Dingen sehr glaubwürdiges Bild der damaligen Zeit gezeichnet. Die ausführlichen Beschreibungen der Schauplätze und die detaillierten Schilderungen von Sinas Erlebnissen und den Vorgängen in und um Stralsund haben mich ausnahmslos begeistert.

Besonders die jeweils vorherrschende Atmosphäre wird von der Autorin hervorragend vermittelt. Man kann die schönen, heiteren Momente ebenso spüren, wie die Ängste, Sorgen und Hoffnungen der Akteure.

Die Figuren werden von Sabine Weiß alle lebhaft und facettereich dargestellt, selbst kleinste Nebenfiguren wirken nicht oberflächlich, sondern bereichern die Szenerie außerordentlich.

„Das Geheimnis von Stralsund“ ist eine durchweg mitreißende Geschichte, eingebunden in die historischen Ereignisse in und um Stralsund während des 30-jährigen Krieges – spannend und unterhaltend von der ersten bis zur letzten Seite.

Bewertung vom 31.12.2014
Das Buch der Finsternis
Dübell, Richard

Das Buch der Finsternis


ausgezeichnet

Kloster Admont, 1486. Der 13-jährige Buchdruckergehilfe Quirin Klingseis ist mit seinem Meister Lukas Guldenmund im Kloster, weil der Abt seine Handschriftensammlung nachdrucken lassen will. Doch der Auftrag verläuft nicht wie geplant. Erst geht ein Teil der Druckerpresse kaputt, dann stürzt der Meister plötzlich wie von Sinnen auf Quirin zu, drückt ihm eine Schatulle in die Hand und fordert ihn auf, um sein Leben zu rennen und das Kästchen zum Bischof zu bringen. Auf keinem Fall darf der Burggraf von Gallenstein – laut dem Meister der Teufel persönlich – Quirin erwischen. Panisch läuft der Junge los und kann noch beobachten, wie sein flüchtender Meister in den tosenden Fluss springt und ertrinkt. Ängstlich macht Quirin sich auf den Weg nach Salzburg. Begleitet wird er auf dieser gefahrenvollen Reise von der 14-jährigen Anna Hutmann, die sowieso von zuhause ausbüxen wollte, weil ihr Vater sie gegen ihren Willen verheiraten will…

Ich bin ein großer Fan von Richard Dübells Romanen und auch mit seinem Jugendbuch „Das Buch der Finsternis“ konnte der Autor mich durchweg überzeugen.

Richard Dübell lässt seine beiden Hauptakteure auf ihrem gemeinsamen Weg vom Kloster Admont nach Salzburg spannende Abenteuer erleben. Quirin und Anna haben mit allerlei Gefahren und Unwegsamkeiten zu kämpfen, begegnen rätselhaften Gestalten und zwielichtigen Typen und müssen erleben, dass der erste Eindruck von einem Menschen durchaus täuschen kann und man nicht jedem ohne Weiteres vertrauen sollte.

Ganz nebenbei erzählt der Autor von Sitten, Bräuchen und Traditionen und von den Tücken und Nöten des Mittelalters und erklärt in der laufenden Geschichte typische Begriffe der damaligen Zeit. Immer altersgerecht und für die Zielgruppe gut verständlich formuliert.

Die mit einigen humorvollen Szenen gespickte Geschichte bleibt bis zum Schluss fesselnd, zahlreiche Überraschungen und Wendungen lassen zu keiner Zeit Langeweile aufkommen. Ein toller historischer Jugendroman, der mich, obwohl ich das empfohlene Lesealter schon um einiges überschritten habe, ausgezeichnet unterhalten hat.

Ich kann „Das Buch der Finsternis“ allen empfehlen, die einen Ausflug in eine abenteuerliche Mittelalter-Welt machen möchten und denke, dass Leser ab 12 Jahre spannende Lesestunden mit diesem Buch haben werden.

Bewertung vom 30.12.2014
Fangermandl
Rößner, Susanne

Fangermandl


ausgezeichnet

Rosenheim. Es ist Winter. Eine anonyme Anruferin meldet bei der Kripo den Fund einer Leiche – wie am Telefon beschrieben wurde, finden die Ermittler eine Tote, aufgebahrt in einer Heuraufe, an einem abgelegenen See, inmitten hoher Schneemassen. Der Leichnam ist fast völlig ausgeblutet, die Unbekannte wurde zu Tode gequält. Niemand scheint die junge Frau zu vermissen…

Susanne Rößner beginnt ihren Debütkrimi „Fangermandl“ mit einem spannenden Prolog: Ein Psychopath ermordet auf grausame Weise eine Frau. Dann eine Wende, es war nur ein Albtraum – oder doch nicht?

Schon nach diesen ersten Seiten hat „Fangermandl“ mich fest im Griff. Die rasch aufgebaute Spannung bleibt bis zum Ende des Krimis durchgehend hoch.

Die Ermittlungsarbeit der Kommissare wird von Susanne Rößner sehr ausführlich geschildert, ohne dass die Handlung dabei langatmig wird. Man ist stets sehr nahe am Geschehen und kann prima miträtseln. Besonders die Ermittlungsmethoden von Eva & Co. haben mich begeistert. Da sind mal ganz neue, interessante Ideen dabei. Obwohl sich immer neue Spuren auftun, verlaufen die meisten Fährten im Sande, ein Erfolg will sich partout nicht einstellen. Der Mörder treibt weiterhin sein Unwesen.

Susanne Rößner schickt ganz unterschiedliche Charaktere ins Rennen – jeder hat seine Eigenarten und Besonderheiten. Das hat zur Folge, dass die Akteure sich nicht immer grün sind und sich des Öfteren angiften. Eine manchmal explosive Stimmung, die der Geschichte das gewisse Etwas verleiht und die Handlung sehr lebhaft macht.
Eva ist direkt und geradeheraus. Max stichelt gerne und nimmt jede sich bietende Chance wahr, sich vor der Arbeit zu drücken. Karl ist eher ruhig und nachgiebig. Martin versucht, sein Team zu führen, hat aber mit massiven privaten Problemen zu kämpfen, die ihn ab und an aus dem Tritt bringen.
Amüsiert habe ich mich über den Rechtsmediziner Dyrkhoff. Er strotzt nur so vor Überheblichkeit, sieht sich selbst als das Nonplusultra unter den Rechtsmedizinern und reibt dieses auch jedem ständig unter die Nase.
Auch den Mörder lernt man sehr gut kennen. In mehreren Passagen erzählt er von sich und seinen Taten und man erfährt sehr ausgiebig, wie er tickt. Nur über seine Identität habe ich bis zum Schluss gegrübelt.

Sehr gut gefallen hat mir auch der locker eingeflochtene bayrische Dialekt, der dem Krimi einen wunderbaren regionalen Touch gibt.

„Fangermandl“ ist ein spannender, sehr gut durchdachter Krimi, der mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert hat. Ein großartiges Debüt.

Bewertung vom 30.12.2014
Mörderkind
Löhnig, Inge

Mörderkind


ausgezeichnet

München 2014. Die 26-jährige Fiona erfährt, dass ihr Vater Ben gestorben ist, reagiert sie mit Gleichgültigkeit. Sie weint dem Mann, der sie vor 19 Jahren zum Mörderkind gemacht und ihre ganze Kindheit aus den Fugen geraten lassen hat, keine Träne nach. Dann betritt der Rettungsassistent Matthias „Darcy“ Stiller die Bühne und teilt ihr mit, dass Ben mit seinen letzten Worten seine Unschuld an dem ihm zur Last gelegten Mord beteuert hat…

Freising 1995. Julia ist wütend - Ben erwidert ihre Liebe nicht. Anders als erwartet, reagiert er mit Entsetzen und Ablehnung auf ihre Schwangerschaft…

„Mörderkind“ ist der erste Krimi, den ich von Inge Löhnig gelesen habe und ich bin begeistert. Die Autorin versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil hervorragend, schon auf den ersten Seiten eine spannende Atmosphäre aufzubauen, die den Leser bis zum Schluss nicht loslässt – ein vor Jahren sorgsam ausgetüftelter Racheplan wirkt bis in die Gegenwart nach, drängt sich plötzlich wieder in den Vordergrund und ruft neue, dramatische Ereignisse hervor.

Ich konnte von Anfang an bestens mit Fiona mitfühlen und die in ihr tobenden, widersprüchlichen Emotionen sehr gut nachempfinden. Ihre Reaktionen auf die Geschehnisse sind durchweg verständlich - die anfängliche Ablehnung gegenüber allem, was mit Ben zu tun hat, genauso wie später ihr unnachgiebiges Bestreben, trotz jeder Menge Gegenwind, die Rätsel der Vergangenheit zu lösen.

Während Fiona sich in 2014 auf eine immer dramatischer werdende Suche nach der Wahrheit macht, bekommt der Leser in dem zweiten Handlungsstrang nach und nach die folgenschweren Ereignisse aus 1995 präsentiert.
Julias Begeisterung für den von ihrer Mutter Renate ersonnenen Racheplan kann man durchaus nachvollziehen, zumal Julia in ihrer Wut blind für das eigentliche Ziel ihrer Mutter ist. Das tatsächliche Ausmaß ihres Handelns begreift Julia erst sehr viel später.

In diesem Kriminalroman gibt es keine polizeilichen Ermittlungen. Hier steht eine junge Frau im Mittelpunkt, die Geheimnisse und Intrigen aufdecken möchte. „Mörderkind“ ist eine rundum gelungene, spannend erzählte Familientragödie.