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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 28.09.2018
Der letzte Sterz
Pfeifer, Günther

Der letzte Sterz


gut

Schierhuber und Hawelka sind zwei spät berufene Kriminalbeamte. Nach langen Jahren im Streifendienst haben sich die zwei Waldviertler zur Kriminalpolizei beworben und nun in Wien werden sie bei den Kollegen wohl nicht ganz anerkannt. So kommt es, dass beide im Team immer die unangenehmeren oder belangloseren Fälle bearbeiten müssen. Auch dieses Mal trifft es die Beiden, sie sollen einen seltsamen Vorfall in der Weststeiermark untersuchen.

Dort wurde die Statue des geschätzten Erzherzog Johanns vom Sockel gestürzt und eine grobe Figur darauf gesetzt. Die Inschrift des Sockels ziert nun die rätselhafte Inschrift „ Nicht Johann sollst du ehren, sondern Leuthold“. Doch bei eingehender Betrachtung stellt sich die Figur als die einbetonierte, verstümmelte Leiche des Mittereggers heraus. Ein Mensch, der viele Feinde hatte und entsprechend hoch ist die Zahl der Verdächtigen.

Bedächtig nähern sie Schierhuber und Hawelka im winterlich-frostigen Stainz der maulfaulen Bevölkerung an. Dazu braucht es Unmengen von Bier und Schilcher, dem berühmten Wein der Gegend, der ungeübten Trinkern reichlich Kopfschmerzen beschert.
Günther Pfeifer hat in seinem neuen Krimi um dieses Ermittlerduo eine ganze Reihe sehr skurriler Figuren erschaffen, oft überspitzt bis zu Karikatur gezeichnet. Dazu kommen Dialekteinschübe und örtliche Besonderheiten, die in witzigen Fußnoten erklärt werden. Diese Fußnoten haben mir besonders viel Spaß gemacht.

Die Handlung ist weniger spannend als originell, aber mit viel Liebe zum Landstrich und ihren Bewohnern entwickelt. So, wie ich das auch von einem Regionalkrimi erwarte. Die Einfälle des Autors, ganz besonders bei der Gestaltung seiner Charaktere sind beachtlich, wobei ich natürlich auch meine besonderen Lieblinge hatte. So finde ich die Sekretärin Herta ganz besonders gelungen und freue mich, wenn sie in weiteren Bänden noch mehr Handlungsanteil erhält.
Obwohl ich in der Inhaltsangabe gelesen habe, dass es schon frühere Fälle mit Schierhuber und Hawelka gibt, lässt sich das Buch auch als Einzelband ohne Vorkenntnisse lesen.

Ich selbst hatte kein ganz ungeteiltes Lesevergnügen, es fehlte mir ein bisschen Spannung und der Show Down war mir zu heftig in Gewalt und Suff ausgeufert.

Bewertung vom 25.09.2018
Der Klang eines Augenblicks (eBook, ePUB)
Dakota, Kate

Der Klang eines Augenblicks (eBook, ePUB)


gut

Nach zwanzig Jahren ist Brittany wieder nach Irland gekommen. Es gibt ein dunkles Kapitel in Britts Leben, damit will sie abschließen. Ihr Vater ist hier an den Klippen von Rathmullan in den Tod gestürzt und Britt und ihre Mutter waren überzeugt, dass es kein Unfall war. Das scheint auch der letzte Tagebucheintrags des Vaters zu bestätigen.
Gleich zu Beginn ihres Aufenthalts macht sie eher unfreiwillig die Bekanntschaft mit Declan Connolly, einem hinreißend gutaussehenden Mann mit einem feurigen Temperament. Die Begegnung endet im Streit und erst später erfährt Britt, dass Declan ausgerechnet der Mann ist, den sie aufsuchen wollte um Licht in die Vergangenheit zu bringen.
Gleich die ersten Seiten sprühten vor Temperament, die Treffen von Declan und Britt haben Feuer. Obwohl sie sich in herzlicher Abneigung begegnen, spürt man schon deutlich, dass sich das bald ändern wird. Die Liebesgeschichte ist dann auch leidenschaftlich, romantisch und mit einer ordentlichen Portion Tragik ausgestaltet.
Spaß machen die Beschreibungen der Bewohner Rathmullans, da gibt es eine recht witzige Szenen und Dialoge.
Das Buch ist sicher etwas für eingefleischte Irlandfans, die sich bei den Beschreibungen gleich in einen Pub oder in die wilde Landschaft träumen können. Die Autorin wickelt ihre Geschichte routiniert ab, die Fortlauf ist ein wenig vorhersehbar. Für echte Romantik Fans sicher gute Unterhaltung. Ich war von der schlichten Sprache und von der Vorhersehbarkeit des Plots etwas enttäuscht. Ich hatte mir mehr versprochen.

Bewertung vom 25.09.2018
Slow Horses / Jackson Lamb Bd.1
Herron, Mick

Slow Horses / Jackson Lamb Bd.1


sehr gut

Slough House ist die Endstation für ausgemusterte Agenten des britschen MI5. Dorthin werden sie versetzt, wenn sie einen unverzeihlichen Fehler gemacht haben oder in Diskredit geraten sind. Dorthin hat es auch River Cartwright verschlagen, als er eine Übung zur Terrorabwehr gründlich vermasselt hat – sagen seine Chefs. Aber River ist sicher, dass er hereingelegt worden ist.
Die Slow Horses so der Begriff für die Loser, werden mit unnützen Aufgaben beschäftigt, sie durchsuchen Müll, hören endlose unwichtige Telefonate ab und legen Akten an. Ein frustrierender, Zustand, vor allem da es noch nie einer zurückgeschafft hat.
Doch die Entführung eines pakistanischen Jungen scheint eine Chance für Jackson Lamb, den „Chef“ der lahmen Gäule zu sein. Er will mitmischen!
Mick Herron hat einen klassischen Spionagethriller geschrieben, trickreich, voller Wendungen und Verschwörungstheorien. Es gibt auf Seite 312 den Satz von Rivers Großvater: Vergewissere dich, dass niemand das sieht, was er zu sehen glaubt. Der Autor geht nach der gleichen Devise vor: Schreib so, dass kein Leser das liest, was er zu lesen glaubt. Das macht die Geschichte sehr undurchsichtig und fordernd, aber auch spannend, wie ich das von einem Spionagethriller erwarte.
Nach einem rasanten Beginn, lässt sich die Handlung dann mehr Zeit um die vielen Protagonisten im Slough House vorzustellen, ihre Schwächen und Stärken zu thematisieren und ihre Fehler bei ihrer Arbeit im Geheimdienst. Das hat mit anfangs etwas verwirrt und manchem Abschnitt musste ich ein weiteres Mal lesen um auch ja keine versteckte Informationen zu übersehen.
Im Schlussteil findet Herron wieder zu seinem Anfangstempo und der Thriller endet mit einem echten Paukenschlag.
Der Untertitel „Ein Fall für Jackson Lamb“ weist ja schon darauf hin, dass noch weitere Bücher ins Deutsche übersetzt werden, denn Slow Horses ist bereits 2010 erschienen und es gibt im Englischen bereits mehrere Fortsetzungen. Die Presse vergleicht den Autor bereits mit Le Carré, ein würdiger Nachfolger ist er auf jeden Fall.

Bewertung vom 24.09.2018
Nie zu alt für Casablanca
Frank, Elisabeth;Homma, Christian

Nie zu alt für Casablanca


sehr gut

Haben wir nicht alle als Kinder gern ein bisschen Detektiv gespielt? Besonders, wenn man sich aus der Bücherei grade einen neuen „Fünf-Freunde-Band“ oder ein neues „TKKG“-Buch ausgeliehen hatte?
Gero-Valerius, Ina, Ellie und Rüdiger waren jedenfalls zur Schulzeit eine verschworene Bande, doch leider hat im Lauf des Lebens sich die Verbindung gelockert. Als Rüdiger durch den Tod seiner Frau im seelischen Tief steckt, hat Journalistin Ina eine zündende Idee. Sie lässt die V.I.E.R. – so ihr jugendlicher Bandenname – wieder aufleben. Sie ist eh dran an einer Story über Elfenbeinschmuggel und so ein bisschen Recherche von unauffällig-honorigen Leuten kann nicht schaden. Da sie vermutet, dass das Elfenbein auf Kreuzfahrten ins Land geschmuggelt wird, wird flugs eine Reise gebucht. Ellie und Rüdiger getarnt als Ehepaar, Ina lässt sich als Gästebetreuerin anheuern und Gero gibt den verschlossenen, aber wissbegierigen Einzelreisenden.
Ich habe mich bestens amüsiert. Sofort katapultiert mich die Geschichte in ein Abenteuer. Das Autorenpaar E. Frank und C.Homma haben sich vier tolle Protagonisten ausgedacht, die schon einzeln immer für ein Lacher gut sind, aber wenn sie vereint agieren einfach nicht zu schlagen sind.
Der Stil dieses humorvollen Krimis ist leicht, aber nicht seicht. Der Witz hat Charme und Esprit und kleine Logiklücken fallen dabei gar nicht sehr ins Gewicht. Spannende Verfolgungsjagden in Casablanca und Cadiz im Stile eines James Bond und geheimnisvolle und gefährliche Aktionen an Bord bringen richtig Spannung ins Geschehen. So macht die Kreuzfahrt auch den Lesern Spaß und man ist viel zu früh am Ende der Geschichte angekommen.
Aber wer weiß, die V.I.E.R. sind wieder auf den Geschmack gekommen. Es wird nicht das letzte Mal sein, dass sie sich wieder zu einem Abenteuer treffen.

Bewertung vom 23.09.2018
Gschlamperte Verhältnisse / Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth Bd.5
Gruber, Felicitas

Gschlamperte Verhältnisse / Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth Bd.5


ausgezeichnet

Dr. Sofie Rosenhut und die ganzen Giesinger Freunde feiern in den Isarauen die Taufe der kleinen Ayrun als ein aufgeregter Passant vom Fund eines Toten berichtet. Was für ein Zufall, dass mit der Rechtsmedizinerin Sofie und Freund Joe Lederer von Kriminalpolizei gleich die Richtigen an Ort und Stelle sind.

Die Ermittlungen führen zu gestohlener Kirchenkunst und alten Schädelreliquien, die sich schnell als gar nicht so alt herausstellen. Wie Sofie bald herausfindet, sind die Schädel erst wenige Jahre alt und passen zu vermissten jungen Frauen.

Zusammen mit Joe beginnt sie mit den komplizierten Ermittlungen, ganz gut, dass ihre sonst so unterkühlte Chefin Dr. Falk in Liebessphären schwebt und Sofie ungestört ihrer Neigung zu Polizeiarbeit nachgehen kann. Doch der Täter scheint näher, als sie sich träumen lässt.

Im 5. Fall um die „Kalte Sofie“ ist das ganze liebgewordene Giesinger Personal wieder versammelt und auch die Beziehungsturbulenzen Sofies, die sich einfach nicht zwischen Joe und Charly entscheiden kann, gehen weiter. Das ist Lesespaß pur! Besonders liebgewonnen habe ich dabei Vroni, Sofies gstandene Tante, eine Urmünchnerin, die im Dialekt mit Lebensweisheit und gesundem Menschenverstand mitmischt.

In diesem Lokalkrimi stimmt die Mischung aus Spannung, Humor und Liebeswirren. Aber auch die Lebenswirklichkeit spielt eine Rolle, der Wohnungsnot in München zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Ich liebe die Dialektpassagen und die Beschreibung der alten Münchner Stadtteile, die das Lebensgefühl in der „Weltstadt mit Herz“ perfekt wiedergeben. Auch dieser Band hat mich wieder komplett überzeugt. Schade nur, dass es er schneller gelesen ist, als das Autorenduo mit dem Pseudonym Felicitas Gruber schreiben kann.

Also, liebe Gruberin, bitte lasst mich nicht so lange auf den nächsten Band warten.

Bewertung vom 22.09.2018
Mexikoring / Chas Riley Bd.8
Buchholz, Simone

Mexikoring / Chas Riley Bd.8


sehr gut

In Hamburg brennt ein Auto. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, es brennen landauf landab die Autos – so machen sich meist perspektivlos-rebellische Jugendliche Luft. Dass es nicht immer Luxuskarossen sind, ist auch nicht verdächtig. Aber dieses Mal sitzt ein Mensch im Wagen, die Tür ist verschlossen und die Frage, warum er sich nicht befreit hat ist ein Fall für die Pathologie. Staatsanwältin Riley ist gleich am Tatort. Eine Frau, die psychisch und auch physisch angeschlagen wirkt. Zu viel Alkohol, zu viel Stress, zu wenig Anerkennung haben sie zynisch werden lassen.
Interessant wird der Fall, als der Tote als verstoßener Sohn des türkisch-libanesischen Familienclans der Saroukhan aus Bremen identifiziert wird. Ein Clan, der sich wie ein Krake in Norddeutschland ausgebreitet hat. Ihr Geld wird mit allem gemacht, was illegal ist und Gesetze oder Vorschriften des Landes, das sie einst aufgenommen hat, werden verlacht.
Die Bremer Polizei, die den Hamburger Ermittlern hilft, hat längst resigniert. Aber was führte zur Ermordung von Nouri Saroukhan? Eine Abrechnung unter Gangstern oder eine Familienfehde?
Sabine Buchholz schreibt ihre Großstadtkrimis hart und desillusioniert. Die Sprache ist ihr Stilmittel diese Atmosphäre zu transportieren. Ich finde, das gelingt ihr ausgezeichnet. Die Innenansicht der libanesischen Familienclans beschreibt sie mit beklemmender Realität. Etwas, was erst mit viel Verspätung von der bundesdeutschen Wirklichkeit wahrgenommen wird. Insofern erschien mir der Hintergrund des Kriminalromans wie ein gesellschaftspolitisches Psychogramm.
Mit den Ermittlern Riley und Stepanovic musste ich erst warm werden. Kurz angebunden, schnoddrig und doch mit Empathie gehen sie an ihre Ermittlungen. Ich fand den Krimi richtig spannend zu lesen, es war Unterhaltung mit Anspruch. Das hat mir gut gefallen.
Für mich ist es das erste Buch von Sabine Buchholz gewesen, aber sicher nicht das letzte.

Bewertung vom 18.09.2018
Jenseits von Wut
Flebbe, Lucie

Jenseits von Wut


sehr gut

An ihre ersten beruflichen Erfahrungen bei der Polizei denkt Eddie Beelitz nur sehr ungern zurück. Deshalb war sie ganz froh, als sie sich durch ihre Schwangerschaft in eine Ehe flüchten konnte. Das war aber nicht die richtige Entscheidung, die Ehe ist grandios gescheitert und Eddie steht mit ihrer 5jährigen Lottie quasi auf der Straße. Außerdem bringt die finanzielle Not für Eddie auch einen sozialen Abstieg mit sich. Was für ein Glück, dass die Personalnot bei der Kripo ihr eine unkomplizierte Rückkehr in Teilzeit ermöglicht.
Doch der Schreibtischjob ist nicht ganz so unkompliziert wie vorgestellt. Die knappe Besetzung bringt es mit sich, dass Eddie auch zu einem Außeneinsatz mit muss. Eine junge Frau wurde vor dem Jobcenter brutal erschlagen. Das Opfer war keine sympathische Person, sie klammerte sich an Freunde und stalkte auch ihren ehemaligen Freund, der im Jobcenter arbeitete. Die Ermittlungen bringen Eddie fast an ihre Grenzen.
Dieser Krimi ist ganz aus der Sicht von Eddie geschildert, die sich plötzlich in allen Bereichen mit Schwierigkeiten konfrontiert sieht. Eine fordernde berufliche Situation, die ungeklärte finanzielle Situation und dazu noch die Auseinandersetzungen mit ihrem Ex-Mann bringt sie an ihre Grenzen. Aber sie erkennt auch, dass sie daran wachsen kann. Diese Perspektive hat mir den Krimi sehr sympathisch gemacht. Lucie Flebbe schildert den Polizeialltag sehr realistisch und zeigt eben nicht den üblichen Helden, sondern eine Beamtin, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen muss. Eddie schließt Freundschaften, wo sie sie nie erwartet hätte: nämlich in einem trostlosen Bochumer Viertel, wo in tristen Wohnblocks eher die Verlierer der Gesellschaft anzutreffen sind.
Zwischen den Kapiteln sind immer wieder kurze Einblendungen, die die Gedankenwelt von „Zombie“ schildern, einem offensichtlich jungen Mann, der kaum seine Aggression in Zaum halten kann und sich in Gewalt-und Vergewaltigungsfantasien verliert. Diese Einblenden geben zwar im Verlauf der Handlung einen Sinn, trotzdem fand ich sie etwas übertrieben.
Aber insgesamt hat mich der frische Erzählstil von Lucie Flebbe überzeugt und ich fand diesen Krimi aus dem Grafit Verlag einen gelungenen Einstieg in die geplante Serie um Eddie Beelitz.

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Bewertung vom 04.09.2018
Königskinder
Capus, Alex

Königskinder


sehr gut

Die unvorsichtige Fahrt über die gesperrte Passstraße endet im Graben. Das Schneetreiben wird dichter und vor dem nächsten Morgen ist keine Hilfe in Sicht. Um seiner Frau die Zeit zu vertreiben, beginnt Max ihr eine Geschichte zu erzählen. Bei jedem Aufwachen spinnt er sein Garn ein wenig weiter.
Mit dieser Rahmenhandlung umgibt Alex Capus eine kleine Geschichte aus der Vergangenheit des Tals. Er beginnt bei einem armen Sennerbuben, der als Waise allein in der Melkhütte haust, jahrein, jahraus, bis er eines Tages beim Viehabtrieb die Tochter des Bauern sieht. Mit dem Blick, den Jakob und Marie tauschen, beginnt eine abenteuerliche Liebesgeschichte. Wobei mit der Rahmenhandlung und der immer skeptisch den Wahrheitsgehalt der Erzählung anzweifelnden Ehefrau auch der Leser immer wieder überlegt, was ist wahr, was Fantasie. Je mehr Fakten aus Kirchenbüchern und Melderegistern Max zitiert, umso weniger scheint Ehefrau Tina überzeugt.
Für beide Erzählstränge findet Capus seinen ganz eigenen Ton. Es ist eine unterhaltsame Reise, die den Leser bis zur Französischen Revolution und an den Hof von Versailles führt und doch immer wieder auch Bezug zu den zwei Menschen im eingeschneiten Auto nimmt. Der Autor lässt die Leser mit seiner Fabulierkunst in die Geschichte eintauchen, lässt Märchen und Realität mit einander verschmelzen. Es ist kein umfangreicher Roman, eher Lektüre für einige Stunden, aber gelungen aufgebaut und erzählt.
Wenn dann der Morgen graut und die Signallampen der Straßenwacht aufleuchten, taucht auch der Leser wieder aus der Geschichte auf. Mit den Schlussworten entlässt uns Capus und wir dürfen uns dann die Geschichte gern weiterspinnen.

Bewertung vom 04.09.2018
Walter muss weg / Frau Huber ermittelt Bd.1
Raab, Thomas

Walter muss weg / Frau Huber ermittelt Bd.1


weniger gut

Von der Dorfidylle zum Vorhof der Hölle ist es nur ein kurzer Weg. Und in Glaubenthal, dem Dörfchen zwischen grünen Wiesen und sanften Hügeln scheint er besonders kurz.
Hannelore Huber, die Huberin, darf endlich nach 53 mehr oder weniger qualvollen Ehejahren ihren Walter zu Grabe tragen. Aber einem Sargträger rutscht das Seil aus der Hand, der Sarg poltert senkrecht in die Grube, springt auf und da liegt kein friedvoller Walter drin.
Selbst ein ausführlicher Leichenschmaus bringt kein Licht in die Angelegenheit, nur einige Leute, die sich die Hanni Huber schon verwundert anschaut. Da weint sich eine Frau die Augen aus, ein Stück von Walters Prothese taucht in einer Hundeschnauze auf und Dorfarzt und Pfarrer verwickeln sich in seltsame Widersprüche.
Diese Dorfroman ist schwarzhumorig und bitterböse. Die Huberin als Mittelpunkt dieses Rätsels um den verschwunden Toten ist eine gallige, verbittert gewordene Alte. Aber dumm ist sie nicht, auch wenn man sie gern so hinstellt. Es braucht eine ganze Menge skurriler Wendungen und Anspielungen bis sie das Spiel durchschaut, aber dann ist sie am Zug.
Thomas Raabs Krimis um den Wiener Restaurator Metzger waren immer ein Muss für mich. Deshalb war ich auf den Start einer neuer Serie schon sehr gespannt. Vielleicht waren meine Erwartungen zu hoch. Dieser Dorfkrimi hat mich jedenfalls nicht überzeugen können. Er wirkte mit seinen vielen skurrilen Einfällen zu überzogen und den feinen Humor, den ich bei Raab sonst so schätze, kommt hier eher brachial daher. Auch sprachlich konnte mich das Buch nicht überzeugen, die Sätze sind verschachelt und dennoch abgehackt. Nebensätze bleiben in der Luft hängen und ich hatte das Gefühl, das auch hier Raab unbedingt ganz besonders skurril und urig sein wollte und deshalb diesen Sprachstil wählte. Mir fehlt die Leichtigkeit und der österreichische Charme, der für mich immer ein Markenzeichen des Autors war.
Die Figurenzeichnung ist dick aufgetragen und erinnert mich an ein Bauerntheater. Es gab komische Szenen, aber auch die Auflösung erinnerte mich eher an eine Dorfgroteske, als an einen Krimi.
Schade, ich hatte mich so sehr das neue Buch von Thomas Raab gefreut.

Bewertung vom 02.09.2018
Der Schmetterling / Kommissar Johan Rokka Bd.1
Ullberg Westin, Gabriella

Der Schmetterling / Kommissar Johan Rokka Bd.1


sehr gut

Johan Rokka kehrt nach Jahren in der schwedischen Hauptstadt zurück in seinen Heimatort Hudiksvall in Nordschweden zurück. Er hat noch eine Rechnung offen mit seiner nordschwedischen Heimat. Aber bevor er offiziell seinen Dienst antritt, wird er schon gerufen. Henna Sandin, die Frau des berühmten Fußballstars Måns wurde an Heiligabend getötet. Ein fast unwirkliches Szenario, sie erwartete ihren Mann als Weihnachtsmann verkleidet für die Bescherung der Kinder und dieser Weihnachtsmann brachte ihr den Tod.

Keine einfache Ausgangslage für Rokka, fast alle in den Fall involvierten Personen sind Jugendfreunde, er hat selbst mit ihnen in einer Fußballmannschaft gespielt, aber nur Måns hatte das Zeug zum Star. Einige Spuren führen nach Italien und da gibt es immer wieder Gerüchte um manipulierte Pferdewetten. Auch die Frauen haben in dieser Geschichte eine entscheidende Rolle, Måns war kein Kostverächter und auch Henna hatte ihre unbekannten Seiten.

Wie bei einem Skandinavien Krimi zu erwarten, spielt das Innenleben der Ermittler und ihre Interaktionen untereinander eine große Rolle. Die Figuren sind deshalb auch psychologisch ausgefeilter angelegt, als in anderen Thrillern. Das hat mir gefallen, es gibt dem Buch außer der erwarteten Spannung durch den Plot, auch eine Spannung durch die Charaktere der Protagonisten. Dennoch ist es nicht damit überfrachtet. Auf die sonst oft in skandinavischen Krimis ausgiebig behandelte Sozial- und Gesellschaftsproblematik verzichtet die Autorin, trotzdem ist der Thriller realistisch und nah an der Lebenswirklichkeit. Damit hat sie bei mir schon gepunktet. Die Geschichte ist anspruchsvoll aufgebaut, ein Handlungsfaden besteht aus alten Tagebucheinträgen. Auch den Rokka ist bald klar, dass die Lösung des Falls in der Vergangenheit zu suchen ist.

Ich war von der ersten Seite an gefesselt, auch wenn ich den Typ Rokka erst näher kennenlernen musste. Dann hat mir die Figur wirklich gefallen und mit seiner Kollegin Janna wurde ein gelungener Gegenpart eingeführt. Ich könnte mir gut weitere Fälle aus Hudiksvall vorstellen.