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⇢ Ich bin: Ex-Buchhändlerin, Leseratte, seit 2012 Buchbloggerin, vielseitig interessiert und chronisch neugierig. Bevorzugt lese ich das Genre Gegenwartsliteratur, bin aber auch in anderen Genres unterwegs. ⇢ 2020 und 2021: Teil der Jury des Buchpreises "Das Debüt" ⇢ 2022: Offizielle Buchpreisbloggerin des Deutschen Buchpreises

Bewertungen

Insgesamt 735 Bewertungen
Bewertung vom 19.12.2013
Speechless - [Sprachlos]
Harrington, Hannah

Speechless - [Sprachlos]


sehr gut

Pro:
Das Cover sticht gerade deshalb aus der Masse der Bücher heraus, weil es nicht um Aufmerksamkeit heischt. Keine bunten Farben, keine attraktiven Menschen, kein Glitzer, kein Garnichts. Und damit passt es perfekt zu diesem Buch, in dem ein schuldbewusstes Mädchen quasi einen Schritt zurücktritt von ihrem bunten Leben, in dem es nur um Oberflächlichkeiten ging.

Die Themen sind - leider - immer aktuell: Mobbing, Clickenbildung in der Schule, exzessiver Alkoholkonsum von Minderjährigen... Es gibt Hunderte von Büchern über diese Themen, aber dennoch schafft es die Autorin, sie spannend und originell zu verpacken - das Buch ist ein echter "Pageturner", man will einfach wissen, wie es weitergeht mit Chelsea, ihren neuen und alten Freunden und natürlich Noah, dem armen Kerl, der dank Chelsea im Krankenhaus liegt.

Dabei ist Chelsea zu Beginn alles andere als sympathisch: sie ist eine oberflächliche kleine Zicke, die sich vom Gruppenzwang leiten lässt und ihre Position als eines der angesagtesten Mädchen der Schule hemmungslos ausnutzt, um weniger beliebte Jugendliche zu unterdrücken und demütigen. Aber im Laufe des Buches gewinnt man den Eindruck, dass dahinter keine echte Boshaftigkeit steckt, sondern der verzweifelte Wunsch, dazuzugehören und die Angst davor, selber zum Opfer von Mobbing zu werden. Der Schock, als Noah wegen etwas, was sie gedankenlos ausgeplaudert hat, fast stirbt, ist enorm, und tatsächlich zieht sie danach ihr selbstauferlegtes Schweigegelübde eisern durch, und das verändert ihr ganzes Leben. Sie hat auf einmal viel Zeit und Ruhe zum Nachdenken, und sie erfährt am eigenen Leib, was Mobbing wirklich bedeutet... Im Laufe des Buches verändert sie sich, man kann ihr praktisch dabei zusehen, wie sie als Mensch wächst und neue, bessere Wertvorstellungen annimmt.

Die neuen Freunde, die sie dabei gewinnt - Außenseiter, denen sie früher die kalte Schulter gezeigt hätte -, sind wunderbar und unerwartet: welchen Grund haben sie eigentlich, ausgerechnet Chelsea eine Chance zu geben? In Aisha begegnet Chelsea zum ersten Mal ein Mensch, der ihr aus purer Selbstlosigkeit und Herzensgüte hilft. Und in Sam, Noahs bestem Freund, der sie ja eigentlich hassen müsste, findet sie einen Jungen, der ihr bald mehr bedeutet, als sie für möglich gehalten hätte. Noah begegnet man erst gegen Ende des Buches, aber auch er ist ein großartiger, glaubwürdiger Charakter, der mir schnell ans Herz gewachsen ist.

Der Schreibstil trifft perfekt den richtigen Ton, vielleicht weil die Autorin selber noch sehr jung war, als sie dieses Buch schrieb. Jugendsprache in Büchern kann leicht aufgesetzt und unglaubwürdig klingen, aber wie Chelsea hier die Geschehnisse aus ihrer Sicht erzählt, war für mich durch und durch glaubhaft. Trotz des ernsten Themas wird vieles humorvoll erzählt, und auch die Romantik kommt in diesem Buch nicht zu kurz, wobei es Gott sei Dank nicht vor Kitsch trieft.

Kontra:
Chelsea ist am Anfang wirklich extrem unausstehlich, da muss man erstmal durch, bevor die Geschichte ins Rollen kommt. Das Ende lief mir vielleicht ein kleines bisschen zu glatt, aber andererseits war ich auch froh darüber...

Zusammenfassung:
Das Buch kann man auch als Erwachsener mit Spannung lesen, aber ich finde, es ist vor Allem ein wichtiges Buch für Jugendliche, die selber noch in die Schule gehen und damit in einer Situation sind, in der Gruppenzwang und Mobbing Bestandteile des ganz normalen Alltags sind.

Bewertung vom 15.12.2013
Weihnachtsdieb auf hoher See
Clark, Mary Higgins;Clark, Carol Higgins

Weihnachtsdieb auf hoher See


sehr gut

Pro:
Wie ich schon bei "Der Weihnachtsdieb" gesagt habe: diese süße kleine Kätzchen hat nicht die Bohne mit dem Inhalt des Romans zu tun, aber wer kann das so einem niedlichen Ding schon übelnehmen? Es stimmt dennoch gut auf diesen Roman ein, der zwar ein Krimi ist, aber durch und durch harmlos und lustig und weihnachtlich.

Wer einen "harten" Krimi mit Blut und Gewalt sucht, ist hier definitiv falsch, aber wer sich von einer originellen, schrulligen, witzigen, unterhaltsamen Geschichte mit unerwarteten Wendungen und einfallsreichen Ereignissen unterhalten lassen will, hat sich schon das richtige Buch ausgesucht. Ich hatte es in Null-Komma-Nix durch und war danach richtig in Weihnachtsstimmung! Man kann es übrigens auch problemlos lesen, wenn man die anderen Bücher der Regan-Reillly-Reihe nicht gelesen hat - das habe ich nämlich auch nicht und hatte nie das Gefühl, nicht mitzukommen oder etwas nicht zu verstehen.

Die Protagonisten sind eine wunderbare Ansammlung an bunten, dreidimensionalen Charakteren, die durchaus Marotten, Ecken und Kanten haben. Sogar den Nebencharakteren hauchen die beiden Autorinnenn so viel Leben ein, dass sie wirken wie direkt aus dem Leben gegriffen.

Der Humor ist fantastisch - manchmal staubtrocken, manchmal unbekümmert albern und fast schon wie Slapstick. Ich kann mich da zum Beispiel an eine Szene erinnern, in der zehn wütende Weihnachtsmänner sich auf einen Bösewicht stürzen.... Auch der Schreibstil ist sehr schön zu lesen und leitet sehr angenehm durch die Geschichte.

Kontra:
Ach Gott... Ein richtiges Kontra fällt mir nicht ein. Es ist vielleicht nicht Alles sehr wahrscheinlich, und es gibt wieder mal einen ganzen Haufen praktischer Zufälle, aber mal ehrlich - wenn ich da an Miss Marple & Co. denke, da war das auch nie anders! Das gehört irgendwie einfach zu dieser Art humorvollem Krimi.

Zusammenfassung:
Wer ein Weihnachtsbuch lesen möchte aber keine Lust auf zuviel Kitsch oder Rührseligkeit hat, sollte mal in diese Buch reinlesen!

Bewertung vom 15.12.2013
Der Weihnachtsdieb
Clark, Mary Higgins;Clark, Carol Higgins

Der Weihnachtsdieb


sehr gut

Pro:
Das ist mal ein Cover, bei dem es mich überhaupt nicht stört, dass es wenig bis nichts mit dem Inhalt zu tun hat - einfach deswegen, weil es so niedlich ist! Und zumindest sieht man direkt, dass es sich um ein Weihnachtsbuch handelt...
Allerdings ist es keine weihnachtlich-rührselige Geschichte, sondern ein unterhaltsamer Krimi mit überraschend trockenem Humor, skurillen Einfällen und schrulligen Charakteren! Ich habe oft schmunzeln oder sogar lachen müssen. Es ist kein Thriller, sondern eher ein "klassischer" Krimi - das Buch ist angenehm harmlos, ohne Blut und nennenswerte Gewalt, was ich für einen Weihnachtskrimi sehr angemessen und wohltuend fand! Insofern kommt keine nervenzerfetzende Spannung auf, aber es bleibt dennoch unterhaltsam bis zum Schluss und ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen, weil es so viel Spaß gemacht hat.

Die Mischung aus Weihnachtsgeschichte, Krimi und Humor fand ich originell und ansprechend, und nachdem ich dieses Buch fertiggelesen hatte, habe ich direkt das nächste, "Weihnachtsdieb auf hoher See", angefangen.

Die "guten" Charaktere sind einfach wunderbar und lebensecht und liebenswert- da gibt es die erfolgreiche Krimi-Autorin und ihren Ehemann, den Bestatter... Die neugierige Amateur-Detektivin mit dem Gespür dafür, sich in Schwierigkeiten zu bringen, und ihren besorgten Gatten... Die Privatdetektivin, die ständig in Fälle hineinschlittert, auch wenn sie eigentlich Urlaub machen möchte, und den Kommisar, den sie heiraten wird...

Auch die "Bösewichte" sind großartig: der äußerlich charmante und innerlich böse und durchtriebene Gauner, der es sich so einfach vorgestellt hat, seine Beute aus dem Baum zu pflücken, und seine beiden oft begriffsstutzigen Komplizen, die eher Hindernis als Hilfe sind... Und dann gibt es da noch den erfolglosen Dichter, der keine Ahnung hatte, worauf er sich einließ, als er sich bereit erklärte, eine Scheune zu besorgen und zu bewachen, und den grummeligen alten Mann, der rein zufällig in die Geschichte hineingezogen wird.

Der Schreibstil ist angenehm und flüssig zu lesen, und auch die Übersetzung ist meiner Meinung nach gut gelungen.

Kontra:
Manches ist vielleicht nicht 100%ig wahrscheinlich - es passieren ziemlich viele Zufälle, und manches löst sich dann doch etwas zu praktisch und glatt auf... Aber mal ehrlich, bei einem lustigen Weihnachtskrimi erwarte ich keinen knallharten Realismus, insofern hat es mich überhaupt nicht gestört.

Zusammenfassung:
Wer klassische, humorvolle Krimis im Stile von Miss Marple mag, der wird sicher auch hier auf seine Kosten kommen! Und wer sich dabei noch in Weihnachtsstimmung bringen will, sollte es mit diesem Buch versuchen.

Bewertung vom 10.12.2013
Weihnachten auf dem Lande
Bick, Martina

Weihnachten auf dem Lande


weniger gut

Pro:
Das Cover ist sehr hübsch und weihnachtlich, da kommt schon beim Anschauen Festtagsstimmung auf! Und auch die Grundidee ist nett, mal was anderes für ein Weihnachtsbuch, aber dennoch passend für die besinnlichen Adventstage.

Die Geschichte liest sich gut und flüssig herunter, und neben der Haupthandlung - Eminas Suche nach dem Vater ihres Kindes - gibt es auch noch eine interessante Nebenhandlung über einen langjährigen Familienzwist in dem kleinen Dorf, in dem das Buch überwiegend spielt. Das Buch bleibt meiner Meinung nach immer spannend genug, dass man weiterlesen möchte, um herauszufinden, wie das Ganze endet.

Zu den Charakteren: Auf Emina, Christoph und Sybille werde ich leider unter "Kontra" näher eingehen! Jasper, der gehörnte Lebensgefährte, war mir dagegen direkt sympathisch. Nein, er ist vielleicht kein strahlender Adonis, aber er scheint ein netter, grundanständiger Mann zu sein, der sich nach einer richtigen Familie sehnt. Seine Trauer darüber, dass das Kind, auf das er sich so gefreut hat, nicht seines ist, hat mich richtig mitgenommen - der arme Kerl! Auch die bärbeißige Küsterin Renate, die zuerst ziemlich kratzbürstig und abweisend erscheint, habe ich im Laufe des Buches richtig gern gewonnen.

Der Schreibstil ist richtig schön und wunderbar zu lesen!

Kontra:
Sybille hat Multiple Sklerose, eine Krankheit, an der ich selber leide. Daher kann ich auch mit Sicherheit sagen, dass manche Dinge, die hier über die Krankheit behauptet werden, schlichtweg falsch sind, und andere nur halbwahr. Zum Beispiel ist der folgende Satz kompletter Unsinn:

"Vielleicht aber ließ der nächste Schub auch nicht lange auf sich warten und würde bald dafür sorgen, dass die nächste Muskelgruppe zerfiel und sich zersetzte."

Multiple Sklerose greift die Muskeln nicht an sondern das Gehirn. Wenn man Probleme mit dem Laufen hat, dann liegt das daran, dass eine Entzündung oder Vernarbung im Gehirn verhindert, dass die Beine richtig gesteuert werden.

Auch fand ich es sehr erschreckend, deprimierend und ignorant, wie oft Sybille auf ihre Behinderung reduziert wird, und wie sehr darauf herumgeritten wird, dass sie schwach ist, dass sie Hilfe braucht, dass sie ihrem Mann eine Last ist. Immer und immer wieder - Sybille, die Schwerbehinderte. Wo ist Sybille, der Mensch?

Ich finde es ja löblich, wenn eine Autorin auch mal einen Charakter beschreibt, der an einer chronischen Krankheit leidet, aber dann sollte das auch gut recherchiert sein und sensibel behandelt werden.

Am Anfang war mir Emina noch sehr sympathisch, und ich musste darüber lächeln, wie sie sich auf ihr Baby freut - aber im Laufe des Buches gewann ich den Eindruck, dass sie auch ziemlich egoistisch und verbohrt sein kann. Zum Beispiel reagiert sie ein paarmal patzig und wütend darauf, dass ihr Freund und seine Schwester ein Problem damit haben, dass das Baby, mit dem sie schwanger ist, das Ergebnis eines Seitensprungs ist - was ich sehr verständlich von den beiden finde!

Christoph blieb für mich sehr blass. Er ist Organist, er hat eine schwerbehinderte Frau, und weiter? Ich fand auch nicht wirklich glaubwürdig, wie er auf Eminas Nachricht, dass er Vater wird, reagiert. Ich habe mich oft gefragt: was will er eigentlich? Wie stellt er sich die Zukunft vor?

Und da ich zu ihm so gar keinen Zugang fand, konnte ich auch überhaupt nicht nachvollziehen, warum Emina so fixiert auf ihn ist. Da kam für mich keine Romantik auf, und ich konnte auch nicht verstehen, wie Emina in ihrem Emotionen so wankelmütig sein kann. Daher kamen mir diese Emotionen auch nicht sonderlich echt oder tiefgehend vor!

Zusammenfassung:
Wer nicht selber von MS betroffen ist oder jemanden kennt, der es ist, dem wird dieses Buch sicher viel besser gefallen, als es mir gefallen hat. Aber auch die blassen Hauptcharaktere verhindern meiner Meinung nach, dass die wirklich nette und vielversprechende Grundidee ihr Potential voll ausschöpft.

Bewertung vom 10.12.2013
Die Nacht gehört dem Drachen
Casale, Alexia

Die Nacht gehört dem Drachen


ausgezeichnet

Pro:
Das Cover ist schlicht: ein geschnitzter chinesischer Drache in einem Glasfläschchen. Wer sich als interessierter Leser das Bild betrachtet, bekommt noch keinen Hinweis darauf, ob es sich hier um Fantasy handelt oder um ein realistisches Jugendbuch. Und erstaunlicherweise könnte ich auch jetzt, nachdem ich den Roman gelesen habe, nicht mit Bestimmtheit sagen: "Es ist Fantasy!", oder: "Es ist ein realistisches Jugendbuch!"

Wer den Film "Pans Labyrinth" gesehen hat, kann sich vielleicht vorstellen, was ich meine, wenn ich sage: es liegt einzig und allein am Leser, für sich zu entscheiden, ob Evie sich den Drachen nur einbildet, um der harten Realität zu entfliehen, oder ob er tatsächlich echt ist, die Erfüllung ihres innigsten Herzenswunsches. Beide Betrachtungsweisen sind meiner Meinung nach möglich und es gibt nicht die eine wahre Deutung!

Der Klappentext lässt schon erahnen, dass es hier um Kindesmissbrauch geht - Evie hat in ihrer Kindheit Schlimmes erdulden müssen und lernt auch jetzt, wo sie schon seit Jahren bei liebenden Aoptiveltern lebt, nur langsam, wieder zu vertrauen und sich dem Leben zu öffnen. Der Drache, ob er nun echt ist oder nicht, hilft ihr dabei und steht ihr mit Rat und Tat zur Seite. Nacht für Nacht schleicht sich Evie mit ihm aus dem Haus, um dem Wind zu lauschen, im Mondschein die Natur zu betrachten oder auch einfach nur frei zu atmen und zu heilen. Die Art und Weise, wie dieses schwierige Thema hier angegangen wird, fand ich sehr originell und bewegend.

Ich war sehr schnell drin in der Geschichte und wollte wissen, wie es weitergeht - von Mitternacht bis 2 Uhr früh wiederholte sich in meinem Kopf der Gedanke: "Nur noch ein Kapitel!" Evie ist ein Hauptcharakter, dem man sich schwer entziehen kann. Sie ist unglaublich tapfer und dabei auch unglaublich verletzlich, und man möchte als Leser einfach wissen, ob sich für sie alles zum Besten wendet oder nicht. Ihre Pflegeeltern sind wunderbare, sympathische Menschen, und auch ihr Onkel Ben ist ein Charakter, den man meiner Meinung nach nur lieben kann. Erstaunlicherweise erfährt man fast nichts über die Großeltern, die Evie so sehr verletzt haben - nichts über das warum und weshalb. Man sieht nur die Auswirkungen ihrer Handlungen auf Evies Leben... Und das reicht, erstaunlicherweise. Ich hatte nie das Gefühl, dass das Buch mir nicht genug verrät.

Der Schreibstil ist fantastisch und immer der Situation angemessen. In den Drachennächten poetisch, malerisch und märchenhaft... Bitter und traurig, wenn Evie sich gegen ihr Schicksal auflehnt. Und z.B. in einer Szene, in der Evie in Gefahr gerät, abgehackt und panisch und fragmentiert.

Kontra:
Das Ende hat mich etwas verstört. Mein Eindruck ist einfach, dass dieses Ende der Botschaft des Buches entgegenläuft. Mehr kann ich nicht darüber sagen, ohne zu viel zu verraten! Ich denke, viele Leser werden das Ende wahrscheinlich sogar sehr befriedigend finden, und es ist jetzt auch nicht so, als würde ich behaupten, das Ende wäre schlecht... Nur, dass ich persönlich meine Probleme damit hatte.

Zusammenfassung:
Ein großartiger Roman, in dem das schwierige Thema Kindesmissbrauch fantasievoll, originell und sensibel behandelt wird.

Bewertung vom 10.12.2013
Herz aus Eis
Ursu, Anne

Herz aus Eis


sehr gut

Pro:
Das Cover gefällt mir sehr, sehr gut. Es ist mal etwas ganz Anderes und gibt das Märchenhafte der Geschichte wunderbar wieder! Was man auf Fotos nicht sehen kann: die Schneeflocken glänzen, was das Titelbild nochmal richtig hübsch macht.

Märchen sind in den letzten Jahren wieder in Mode gekommen, und Anne Ursu gelingt hier eine ganz tolle Neuerzählung meines Lieblingsmärchens! Ihre Helden sind moderne Kinder, die fest in unserer Zeit verwurzelt sind, und trotzdem strahlt das Buch oft das aus, was ein echtes Märchen ausmacht: Zeitlosigkeit. Man kann es bestimmt in zehn oder zwanzig Jahren noch mit genausoviel Gewinn lesen wie heute! Ich hatte nie das Gefühl, sozusagen "Die Schneekönigin 2.0" zu lesen, denn die Autorin bringt genug Neues, Eigenes ins Spiel, dass die Geschichte sich frisch und unverbraucht liest.

In die Originalhandlung des Märchens werden durchaus ernste, moderne Themen verwoben: so leidet Jacks Mutter zum Beispiel an Depressionen, und Hazels Vater hat die Familie verlassen, um eine andere Frau zu heiraten. Auch, wenn man das ursprüngliche Märchen kennt und sich denken kann, wie die Geschichte ausgehen wird, bleibt das Buch spannend zu lesen, denn man will wissen, WIE es Hazel gelingen wird, die ganzen Hindernisse zu überwinden.

Hazel ist eine großartige Heldin - sie ist sympathisch, mutig, mitfühlend, einfallsreich... Aber perfekt ist sie (Gott sei Dank) nicht, denn in der Schule hat sie viele Probleme. Da sie, bevor der Vater gegangen ist, in einer alternativen Schule unterrichtet wurde, in der es keine Hausaufgaben gab und man die Lehrer mit Vornamen anreden durfte, kommt sie mit den strengen Regeln der "normalen" Schule einfach nicht klar. Sie kann sich nicht anpassen, sie fühlt sich eingesperrt und bringt sich ständig in Schwierigkeiten... Aber gerade, dass sie auch ihre Macken und Fehler, Schwierigkeiten und Ängste hat, macht sie so echt.

Auch Jack mochte ich direkt. Er ist genauso kreativ und lustig wie Hazel, und er ist - am Anfang - ein loyaler Freund, auf den sie sich immer verlassen kann. Deswegen kann man dann auch so sehr mit ihr mitleiden, als Jack sich verändert und ihr gegenüber plötzlich kalt und gleichgültig ist...

Dann gibt es da noch die überraschend liebe und fantasievolle Adelaide und ihren großartigen Onkel - die beiden waren schlichtweg toll, ich hatte sie richtig gerne!

Der Schreibstil ist eher einfach und passt gut zu der Altersempfehlung von 10-12, aber er ist nicht ZU einfach, sondern einfach schön. Erwachsene können meiner Meinung nach genausoviel Freude daran haben wie Kinder.

Schön fand ich auch, dass Hazel und Jack begeisterte Leser sind und es viele, viele kleine Anspielungen und Hinweise auf großartige Bücher gibt.

Kontra:
Gegen Ende gingen mir die Dinge auf einmal etwas zu schnell, und dann war, hopplahopp, auch schon Schluss. Da hätte ich mir mehr Erklärungen, mehr Tiefe, mehr Schwierigkeiten, mehr Auswirkungen gewünscht.

Zusammenfassung:
Wer Märchen mag, sollte ruhig auch als Erwachsener zu "Herz aus Eis" greifen!

Bewertung vom 10.12.2013
Wunder einer Winternacht
Leino, Marko

Wunder einer Winternacht


ausgezeichnet

Marko Leino erzählt in seinem Buch eine finnische Weihnachtsgeschichte, nämlich die ergreifende, wunderbare Geschichte des kleinen Nikolaus, der seine Eltern und seine kleine Schwester ausgerechnet kurz vor Weihnachten bei einem Unfall verliert.

Die Menschen in dem kleinen Fischerdorf Korvajoki sind zunächst ratlos, wie es nun mit dem Waisenkind weitergehen soll - sie sind arme Menschen, die kaum ihre eigenen Familien durchgefüttert bekommen, aber sie sind auch gute Menschen und wollen den Jungen natürlich nicht verhungern oder erfrieren lassen. Nach langer Debatte kommen sie auf eine ungewöhnliche Lösung: das ganze Dorf wird Nikolaus großziehen.

Jede der acht Familien des Dorfes wird sich je ein Jahr um ihn kümmern, und an jedem Weihnachten wird er zur nächsten Familie weiterziehen. Und so gewinnt Nikolaus im Laufe der Jahre viele Pflegeeltern und viele Geschwister, die er lernt zu lieben, als wären sie seine echte Familie. Das ganze Dorf wird zu seiner Familie!

Zu dieser Zeit gab es den Brauch, an Weihnachten Geschenke auszutauschen, noch nicht, aber Nikolaus will seine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, und so beginnt er damit, Geschenke für die Kinder seiner Gastfamilien zu schnitzen, die er immer an Weihachten verteilt.

Als acht Jahre vergangen sind und der inzwischen 13-jährige Nikolaus je ein Jahr bei jeder Familie verbracht hat, steht das Dorf erneut vor dem Problem, was nun mit dem Jungen passieren soll, denn das letzte Jahr war hart und jetzt kann sich wirklich keine Familie mehr um ihn kümmern.

Ausgerechnet der unfreundliche, furchterregende Tischler Iisakki, der ab und zu in das Dorf kommt, um seine Waren feilzubieten, bietet sich an, Nikolaus in die Lehre zu nehmen - dabei hasst er Kinder. Und zunächst scheint es wirklich so, als habe er Nikolaus nur aufgenommen, um ihn als billige Arbeitskraft auszunutzen...

Aber ausgerechnet Nikolaus Entschlossenheit, weiter in der Weihnachtsnacht heimlich Geschenke für jedes Kind des Dorfes Korvajoki zu bringen, führt dazu, dass Iisakki Nikolaus verrät, warum er so unfreundlich zu Kindern ist, und dadurch ändert sich alles...

Mehr will ich hier noch nicht verraten, aber das Buch hat mich wirklich bewegt und ich habe ein paarmal Tränchen der Rührung vergossen. Wie ihr euch bei dem Titelbild ja schon denken könnt, wird der kleine Nikolaus natürlich als Erwachsener zu DEM Nikolaus, und wie es dazu kommt und was für Auswirkungen es auf die Menschen um ihn herum hat, das ist eine großartige Geschichte, die nie zu kitschig wird. Beim Gedanken an das Ende steht mir schon wieder ein bisschen das Wasser in den Augen, aber es sind gute Tränen!

Dieses Buch wurde auch verfilmt, und ich habe mir schon fest vorgenommen, dass ich mir den Film kaufen und dieses Jahr an Weihnachten ansehen werde!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.