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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 30.08.2018
Cottage mit Meerblick
Roberts, Caroline

Cottage mit Meerblick


gut

Nach einer kräftezehrenden Krebstherapie und einer gescheiterten Ehe zieht sich Claire für einige Wochen in ein kleines Cottage am Meer zurück. Sie will Ruhe tanken, zu sich selbst finden und gestärkt in den Alltag zurückkehren. Aber das Cottage steht nicht ganz einsam, direkt nebenan wohnt ein sehr gutaussehender, aber auch abweisender Mann. Claire beobachtet ihn beim frühmorgendlichen Schwimmen und fast gegen ihren Willen, findet sie ihn sexy und anziehend. Wenn er doch nicht so ein Stoffel wäre, eine Bitte um nachbarschaftliche Hilfe, kommt er nur sehr widerstrebend nach. Aber nach und nach taut Ed auf und auch Claire kommt aus ihrem Schneckenhaus. Doch beide schrecken vor einer intimen Begegnung zurück. Claire, weil sie sich ihrer Narben nach dem Brustkrebs schämt und Eds Beweggründe bleiben im Dunklen.
Doch selbst zurück im Alltag, als ihr Berufsleben wieder Fahrt aufnimmt und sie mit vielen neuen Ideen für ihre Zeitungskolumne eine breite Leserschaft findet, kann sie die Zeit im Cottage und vor allem Ed nicht vergessen.
Dieser Roman ist trotz der ernsten Ausgangssituation sehr leicht und unterhaltsam erzählt. Als Leserin war mir beim ersten Zusammentreffen klar, dass es nur in ein Happy End münden konnte. Beim Erzählstil schwankte ich ein wenig. Zwischen einem stimmungsvollen Beginn und einem schönen Ende lagen auch viele Kapitel die ich nur durchschnittlich empfand. Die Wendungen und Schwierigkeiten wirkten aufgesetzt, so als müsste das Ende noch hinausgezögert werden um einen ordentlichen Buchumfang zu garantieren. Dazu kamen sehr viele Wiederholungen, zum Beispiel, wenn Szenen die erlebt wurden dann fast wortgleich der Schwester und den Freundinnen erzählt werden. Auch manche Ausdrücke – vielleicht der Übersetzung geschuldet – fielen mir auf. „Gnädige Dame“ sagt das jemand so?
Mein Fazit: ein schnell gelesener Unterhaltungsroman für zwischendurch, aber ein bisschen mehr Substanz hätte er schon haben dürfen, auch wenn mich die letzten Kapitel wieder positiver gestimmt haben.

Bewertung vom 29.08.2018
Miss Olivia und der Geschmack von Gin
Miller, Catherine

Miss Olivia und der Geschmack von Gin


sehr gut

Olivia spürt schon manchmal ihr Alter und gibt deshalb auch nach, als ihr überfürsorglicher Sohn sie zum Umzug in eine Seniorenresidenz überredet. Nur ihre geliebte Strandhütte möchte sie behalten, viele Erinnerungen sind damit verknüpft und sie liebt die frühen Spaziergänge am Strand und das abendliche Gin Ritual.

Aber das Heim erweist sich als rigoros geführt, es gibt zwar erstklassige Versorgung aber keine persönlichen Freiheiten. Sie findet mit Veronica und Randy zwei gleichgesinnte Heimbewohner und sie beschließen sich einfach raus zu schleichen um die Abende mit einen schönen Gin am Strand genießen zu können. Bald finden sich weitere Freunde ein und das Trio beschließt einen Gin Club zu gründen.

Es ist der Lebensmut und der Optimismus von Olivia, die in dieser Geschichte besonders überzeugt. Sie ist eine liebenswerte, aber auch eigensinnige Frau, die nicht mit dem Wechsel der Wohnform auch ihre Freiheit abgeben möchte. Das führt zu vielen unterhaltsamen, ja manchmal richtig spannenden Situationen. Denn das Oakley-West-Trio, wie die Drei bald genannt werden, mischen das Heim so richtig auf.

Durch das ganze Buch ziehen sich Andeutungen um ein dunkles Familiengeheimnis, das bis heute die Beziehung zu ihrem Sohn Richard belastet. Das wurde mir ein wenig zu häufig thematisiert, vor allem da die Auflösung später dann eher beiläufig erfolgt.

Ein turbulentes Ende, das noch von allen Beteiligten den vollen Einsatz verlangt, beschließt mit einem zweifachen Happy End die Geschichte. Auch hier fand ich, dass die Autorin ein wenig übers Ziel hinausgeschossen ist. Trotzdem gehört dieser Roman zu den Geschichten, die man anfängt und einfach nicht mehr aufhören mag, bis die letzte Seite umgeblättert ist. Danach bleibt noch ein wohliges Gefühl und ein Lächeln zurück.

Liebenswert und charmant, damit kann man die gelungene, leichte Lektüre beschreiben.

3,5 Sterne die ich für die außergewöhnlichen Gin-Tipps auf 4 aufrunde.

Bewertung vom 28.08.2018
Mit der Faust in die Welt schlagen
Rietzschel, Lukas

Mit der Faust in die Welt schlagen


sehr gut

Wir schreiben das Jahr 2000. Aus den versprochenen blühenden Landschaften sind öde, verlassene Gegenden geworden. Dort wachsen die Brüder Philipp und Tobias auf. Zwar hat man den verhassten Plattenbau am Ortsrand hinter sich gelassen und ein kleines, mit viel Eigenleistung erbautes Einfamilienhaus bezogen, aber das war es dann auch schon an Idylle. Es gibt nichts, was Anregung oder Freizeitgestaltung verspricht, wenn man den verlassenen, überwucherten ehemaligen Steinbruch außen vor lässt. In den Ferien gibt es nur das Fernsehen, die Eltern arbeiten und ein gemeinsamer Urlaub ist nicht im Familienbudget drin.
Die Lehrer und die Erwachsenen schweigen, an einem Plattenbau mit schwarz verrußten Fenstern fährt man schnell vorbei. Wenn mal jemand was sagt, dann ist von „Zecken“ und „Polacken“ die Rede. In dieser hoffnungslosen Umgebung wachsen die Brüder heran, bald üben die Halbwüchsigen, die mit ihren Motorrädern vor der Schule posieren einen großen Reiz auf sie auf. Sie haben einfache Lösungen und große Sprüche parat, während Philipp den Irrweg erkennt, ist Tobias bald ganz in der Faszination der Szene gefangen.
Ganz kühl und sachlich und ohne Emotionen schildert der Autor eine Gegend, die er aus eigenem Erleben kennt. Er ist in Ostsachsen geboren und aufgewachsen. Wenn man verstehen will, wie sich eine Grundhaltung in der Bevölkerung entwickeln konnte, der wir fremd und mit Entsetzen gegenüber stehen, wird in diesem Roman viel Hintergrund finden. Die Trostlosigkeit der Landschaft und der Orte, denen Arbeitsplätze weggebrochen sind, deren Bewohner zwischen Resignation und Trotz schwanken, setzt sich in der Familiengeschichte fort.
Ich konnte wenig Empathie für die beiden Hauptprotagonisten entwickeln, dazu ist Rietzschels Schreibweise zu distanziert. Ich finde aber, dass er genau den Ton getroffen hat, der zu dieser Geschichte passt.
Wenn nichts bleibt, wenn es keine Hoffnung gibt, keine Perspektiven, dann scheinen die, die am lautesten schreien und die griffigsten Parolen haben, doch Recht zu behalten.
Ich hätte mir im Roman manchmal etwas mehr Stringenz gewünscht, die Lektüre war kein Vergnügen, aber ich halte es für ein wichtiges und wahres Buch.

Bewertung vom 24.08.2018
Dreckiger Schnee / Aidan Waits ermittelt Bd.1
Knox, Joseph

Dreckiger Schnee / Aidan Waits ermittelt Bd.1


sehr gut

Aidan Waits war Detective, aber nach einem Griff in die Asservatenkammer und anderen Fehltritten wird er rausgeworfen. So ist die offizielle Version, in Wirklichkeit soll er sich under cover Zutritt zu einem Drogenring und seinem Boss verschaffen, der ein perfektes System des Handels aufgezogen hat. Junge Mädchen sind seine Kuriere und Geldeintreiber. Übrigens bis auf den Rauswurf stimmen die Vorwürfe, Aidan ist ziemlich weit unten, konsumiert Drogen und Alkohol und muss sich gar nicht groß verstellen, er wirkt perfekt.
Doch dann bekommt sein Einsatz eine ganz besondere Wende, Isabelle, die Tochter eines Abgeordneten ist von zu Hause abgehauen und scheint in die Fänge des Drogenbosses geraten zu sein. Aidan Waits soll sie ausfindig machen und zurückbringen.
Die ersten Kapitel haben mich stark herausgefordert. Ich fand sie verwirrend und kompliziert, ständig gab es Anspielungen und Halbsätze, die ich erst wieder nachlesen musste. Erst nach einiger Zeit hatte den Durchblick. Der Thriller - ein Debüt - ist sehr temporeich geschrieben. Manchmal fand ich das fast übertrieben, aber der Autor setzt es als Spannungsmittel ein. Dreckiger Schnee ist eigentlich ein Slangausdruck für unsauberes Heroin, aber hier ist alles dreckig. Dreckig und brutal und direkt! Drogen, Sex und ausufernde Gewalt machen das Buch aus, wer das mag, der kommt bei diesem Thriller wirklich auf seine Kosten. Auch das ich bei Aidan Waits bis zum Schluss nicht wusste, ob er eine Rolle spielt, oder wirklich so tief unten gelandet ist, hat mich irritiert. Es ist nicht mein Buch gewesen, obwohl ich zugeben muss, dass ich nach der Hälfte auch gefesselt war, die Spannung war unglaublich hoch und ich wollte dann doch bis zum Ende durchhalten.
Für Fans von harten Thrillern ist dieser Autor sicher eine Neuentdeckung.

Bewertung vom 23.08.2018
Signor Rinaldi kratzt die Kurve
Licalzi, Lorenzo

Signor Rinaldi kratzt die Kurve


ausgezeichnet

Der alte und zynisch gewordene Schriftsteller Pietro hat eben sein Abschiedsbrief beendet, alle Vorbereitungen für seinen Selbstmord sind getroffen, die ersten 3 Tabletten bereits mit einem Glas Prosecco hinabgespült, als seine Tochter Roberta vor der Tür steht. Sie muss mit ihrem Mann zur Beisetzung der Schwiegermutter nach Paris fahren und bittet ihren Vater, Haus, Hund und den 15jährigen Enkel Diego zu hüten. Was für eine Zumutung für Pietro, der sich nach dem Tod seiner Frau immer mehr zum Misanthropen entwickelt hat und kaum weiß, wann er mit seinem Enkel die letzten Sätze gewechselt hat.
Doch Roberta und ihr Mann kommen nicht mehr zurück. Sie wurden auf der Autobahn in einen tödlichen Unfall verwickelt und als Pietro wieder klar denken kann, beschließt er seinen Enkel zu einem Onkel zu bringen. Der war zwar mit seinem Bruder seit Jahrzehnten verstritten, aber er ist bereit, den verwaisten Jungen zu sich zu nehmen. Doch auf der Fahrt geschieht etwas, mit dem niemand gerechnet hätte…..
Was für ein kleiner, besonderer Roman. Der Zynismus und die rabenschwarze Ironie des Alten haben mich tatsächlich amüsiert und dennoch spürt man hinter jedem Satz seine Einsamkeit. Die Verbitterung hat sich ja nur langsam in sein Leben geschlichen. Die Zwiegespräche mit seinem Enkel lassen ihn erkennen, was er mit seiner Ablehnung versäumt hat. Jede Minute mit ihm öffnet seine Verschlossenheit. Es ist ein Road Trip der besonderen Art, der einen Weg in Zukunft zeigen könnte.
Es ist eine warmherzige, sehr emotionale Geschichte, die mich einige Male zu Tränen rührte, aber immer reißt mich Pietro mit einer spitzen Bemerkung aus der traurigen Stimmung. Abschiednehmen, Neubeginn – das sind die Themen und ich fand, der Autor hat dafür eine sehr schöne Sprache gefunden. Lebendig erzählt, so dass ich das Gefühl hatte, ich sitze selbst mit am Tisch und lausche Pietros Geschichte. Auch wenn mich der Roman ein wenig wehmütig zurück ließ, es ist ein wunderschönes Buch, das mich sicher noch länger begleiten wird.

Bewertung vom 22.08.2018
In Schönheit sterben / Robert Lichtenwald Bd.2
Ulrich, Stefan

In Schönheit sterben / Robert Lichtenwald Bd.2


gut

Seit Robert Lichtenwald von seiner Frau verlassen wurde, hat er sein Leben umgekrempelt. Er hat seine Münchner Kanzlei verkauft und ist ganz in sein toskanisches Landhaus gezogen. Aber irgendwann ist eben alles renoviert, der Garten gestaltet und Lichtenwald beginnt sich wohl zu langweilen.
Da trifft es sich gut, dass seine Bekannte Giada Bianchi, eine Reporterin, fast Augenzeugin eines Raubüberfalls wurde. Während sie eine Demonstration der ganz offensichtlich rechtsextremen neuen „Partei der Schönheit“ beobachtet, fällt ihr ein Polizeieinsatz auf. Der exzentrische Kunstsammler Colasanti wurde getötet, aber nur ein einziges Kunstwerk aus seiner überreichen Sammlung gestohlen. Eine antike Statue, die noch niemand gesehen hat und die er offensichtlich bei Raubgräbern erworben hat.
Gemeinsam suchen sie in Rom und in der toskanischen Maremma nach Spuren.
Der Prolog dieses Krimis beginnt mit einer brutalen Vergewaltigung, das Opfer war eine junge und schöne Gastwirtstochter, der Vater wollte kein Schutzgeld bezahlen und dieser brutale Überfall sollte ihn endgültig überzeugen. Das ließ in mir die Erwartung steigen, einen richtigen spannenden Krimi zu lesen. Aber die Spannung wollte nicht so recht aufkommen. Der Autor, der wohl Rom und die Toskana sehr gut kennt, beschreibt die Umgebung detail-und kenntnisreich. Das habe ich mit Genuss gelesen, ich konnte mich so richtig in die Landschaft denken, mit allen Gerüchen und Farben.
Aber der Plot hat mich nicht wirklich mitreißen können. Vielleicht lag es daran, dass ich schon sehr früh eine mehr als begründete Ahnung zum Täter hatte. Manche der geheimnisvollen Andeutungen sind einfach zu offensichtlich.
Es gibt einige kleine Nebenhandlungen, die mir Spaß gemacht haben. Das Zitateraten mit Roberts Nachbarn, der als Philosoph statt in einer Tonne in einem alten Taubenschlag lebt oder das zugelaufene Haustier, ein junger Dachs, der Alfredo genannt wird und Lichtenberg bald wie ein Hund begleitet.
Weniger angetan war ich von der ständigen Beziehungsproblematik. Plötzlich taucht Lichtenbergs Ex wieder auf und nach fast zwei Jahren aggressiven Schweigens gibt sie nun die verständnisvolle Freundin, die gern bei den Ermittlungen hilft. Auch zahlreiche Wiederholungen sind unnötig. Nach der ersten Erwähnung kann ich mir schon merken, dass Lichtenbergs Tochter Meeresbiologie studiert, das muss ich nicht ständig neu lesen. Giadas Hexenohrringe müssten auch nicht in jedem Kapitel auftauchen und beschrieben werden. Ein bisschen mehr Krimi und Spannung hätten dem Roman gutgetan.
Aber davon abgesehen, ist das Buch eine nette Unterhaltung und mit dem italienischen Hintergrund als Urlaubslektüre prädestiniert.

Bewertung vom 22.08.2018
Zwischen uns ein ganzes Leben
Levensohn, Melanie

Zwischen uns ein ganzes Leben


gut

Zu ihrem Roman „Zwischen uns ein ganzes Leben“ wurde die Autorin Melanie Levensohn durch den Fund von alten Familiendokumenten angeregt und diese Authentizität spürt man in den historischen Kapiteln. Die beiden Leben, auf die der Titel anspielt, führen in die frühen 40iger Jahren im besetzten Paris und dann gut 60 Jahre später nach Washington.
Béatrice arbeitet für die Weltbank, ein äußerst gut dotierter Job und sie hat auch Karriereambitionen, obwohl die Arbeit sie nicht richtig ausfüllt. Genauso unbefriedigend ist ihr Privatleben, schon lange ist sie nicht mehr glücklich in der Beziehung zu Joaquin, nur die Angst vor dem Alleinsein lässt sie ausharren. Über eine Hilfsorganisation lernt sie Jacobina kennen, eine widerborstige und unsympathische alte Frau, die ihre Hilfe anfangs so gar nicht wertschätzt. Aber dann, vielleicht weil Béatrice Französin ist, äußert sie eine Bitte. Sie hatte vor vielen Jahren ihrem Vater auf dem Sterbebett versprochen, die verschollene Halbschwester Judith zu suchen. Aber wie das Leben so spielt, diese Aufgabe wurde so lange aufgeschoben, bis es fast zu spät ist.
Béatrice recherchiert und erfährt, dass sich Judiths Spuren nach dem Transport in ein Konzentrationslager verlieren.
Das zweite Leben ist Judiths Leben, wir tauchen ins besetzte Paris ein, erfahren wie sich die Einschränkungen für jüdische Bürger immer stärker bemerkbar machen und erleben mit Judith ihre zart aufkeimende Liebe zu Christian. Christian stammt aus der bürgerlichen Oberschicht, aber sein Vater ist ein eifriger Kollaborateur, deshalb muss die Beziehung geheim bleiben.
Bei den zwei Zeitperspektiven hat mir ganz eindeutig die historische besser gefallen. Diese Abschnitte sind warmherzig und wie aus erster Hand. Man lebt und leidet mit Judith.
Béatrice bleibt dagegen blass und oberflächlich. Die Washingtoner Abschnitte fielen auch in der Spannung und im Erzählton ab. Sie machen zwar den größeren Teil des Romans aus, aber nachgewirkt haben nur die historischen Kapitel. Gestört hat mich tatsächlich auch die ständige Erwähnung von Markennamen. Bèatrice im Armani Kostüm, oder mit von Furstenberg Kleidern, Dior Kosmetik und so weiter…. Was will die Autorin damit ausdrücken? Dass Béatrice eine teuer gekleidete Frau ist oder dass die Designerkleidung ihre Rüstung gegen ihre Unsicherheit ist? Egal, es war mir einfach zu viel. Zuviel waren mir dann auch die Zufälle, die die beiden Teile verbunden haben.
Mein Fazit: ein gut lesbarer, in Teilen auch sehr anrührender Roman, bei dem ich aber immer das Gefühl hatte, dass die Autorin ihr Potenzial, wie sie es im warmherzig-anrührenden Prolog anklingen lässt, nicht ganz ausgeschöpft hat.

Bewertung vom 19.08.2018
Elitewahn
Skalecki, Liliane;Rist, Biggi

Elitewahn


sehr gut

Malie Abendroth hat einen tollen Auftrag erhalten. Sie soll den Park des Eliteinternats Waldesruh umgestalten. Auch die Schüler bezieht sie in ihr Projekt ein. Den jungen Lehrer Malte Jensen findet sich ganz besonders sympathisch, aber einige Andeutungen und Bemerkungen machen sie stutzig. Er scheint nicht ganz glücklich mit seiner Anstellung in diesem Internat. Kurz danach stirbt Jensen, eine Herzattacke nach einer verschleppten Grippe, diagnostiziert der Arzt.

Gleichzeitig kommt auch Malies Freundin Lioba in Kontakt mit der Geschichte des Internats. Ein Professor Kessler stellt eine Anfrage zur Baugeschichte des Schlosses ans städtische Archiv. Liobas Interesse als Archivarin ist geweckt und sie nimmt Kontakt mit dem sympathischen Historiker auf. Doch sie findet nur einen Toten, auch Kessler ist auch nach einer Herzattacke verstorben.
Ein bisschen viel Zufall finden die beiden Frauen und fangen an sich mit den Vorgängen im Internat zu beschäftigen.

Malie und Lioba sind zwei sehr sympathische Frauen und ihre „Ermittlungen“ sind sehr spannend und nachvollziehbar, gerade weil sie nicht mit wilden Aktivitäten arbeiten, sondern sich mit Dokumenten beschäftigen, recherchieren und viele Gespräche führen.

Die Verquickung des Krimis mit ganz aktuellen gesellschaftspolitischen Themen hat mir sehr gut gefallen und gibt dem Buch eine besondere Brisanz. Populistische Tendenzen, die unsere Gesellschaft seit Jahren belasten, werden realistisch aufgezeigt. Gewisse Ähnlichkeiten mit unserer Wirklichkeit sind wohl keine Zufälle. Gerade junge Menschen, die im Internat leben, sind ein leichtes Opfer für Verführung und Manipulation. Die Ähnlichkeit zwischen Internat Waldesruh und der Napola-Schule sind nicht nur zufällig.

Ein Krimi mit Tiefgang, der trotz des brisanten Themas immer spannend und unterhaltend bleibt. Aber wer sagt, dass ernste Themen nicht auch guten Krimi-Stoff bieten. Ganz besonders gut hat mir das überraschende und logische Ende gefallen, das alle Handlungsfäden geschickt verbindet.

Bewertung vom 19.08.2018
Fischland-Angst
Kastner, Corinna

Fischland-Angst


ausgezeichnet

Greta, die Frau des Galeristen Matthias Röwer wurde entführt. Er kommt der Forderung der Entführer nach, zahlt das Lösegeld und schaltet nicht die Polizei ein. Als Greta trotzdem nicht freikommt, bittet er Kassandra und Paul um Hilfe. Die Beiden haben schon einige Male erfolgreich in Fischland ermittelt.


Doch die Zeit läuft unerbittlich weiter, lebt Greta überhaupt noch? Da gibt es noch weitere Erschütterungen in Matthias Leben, was ist mit Arvid und Eric Sundberg, zwei Schweden – Vater und Sohn – die viel Interesse an der Familie Röwer zeigen?


Corinna Kastners Fischland Krimis entführen mich immer sofort in diese wunderschöne Gegend an der Ostseeküste. Es ist mir inzwischen vertraut geworden, die Liebe zu diesem Landstrich, die farbigen Schilderungen von Land und Leuten lassen mich ein Teil der Geschichte werden. So sehr, dass ich inzwischen die Schauplätze schon besucht habe. Der Krimi ist spannend aufgebaut und die Figuren sind lebendig geschildert. Ich mochte immer weiterlesen und wollte gar nicht aufhören. Der Plot ist wendungsreich und es gibt eine Reihe von Nebenhandlungen, die sich ganz stimmig zum Ende auflösen.


Kassandra und Paul sind zwar Hobbyermittler, haben aber viel Erfahrung und mit Hilfe des Polizeibeamten Kay und seiner Truppe auch immer wieder die Möglichkeit an Informationen zu kommen, die anderen verschlossen bleiben. Aber gerade auch aus dieser Zusammenarbeit entstehen immer wieder Interessenskonflikte, die Freundschaft und Vertrauen bedrohen.


Fischland-Angst und seine Vorgängerbände machen süchtig. Was macht die Faszination dieses Krimis aus? Sicherlich, dass ich mich den Figuren der Autorin verbunden fühle. Man spürt, dass Corinna Kastner Fischland kennt und liebt und das teilt sich auch den Lesern mit. Bis ins kleinste Detail sind der Hintergrund und die Handlungsweise der Protagonisten stimmig. Es gibt nur ein Handicap – ich bin immer viel zu schnell am Ende des Buches angelangt.


Wieder ein spannender Kriminalroman der Autorin mit großem Suchtpotential, den ich allen Lesern mit einem Faible für Regionalkrimis empfehlen kann.

Bewertung vom 17.08.2018
Der Stoff, aus dem Träume sind
Stieler, Jana

Der Stoff, aus dem Träume sind


gut

Zwei Frauen, fast zwei Generationen voneinander getrennt, tragen diesen Roman.
Claire verlebt ihre frühe Jugend in Armut auf der Insel Barra. Der Großvater ist Weber und bringt seiner Enkelin die Farben und Garne des unvergleichlichen Tweedstoffs näher. Er ist ihr Stütze im lieblosen Elternhaus. Der Vater ist ein gewalttätiger Trinker, die Mutter hilfloses Opferlamm. Aber ein tragisches Opfer ist der kleine Bruder Logan, der schon als Baby von den Misshandlungen bleibende Schäden davonträgt. Nach dem Tod des Großvaters siedelt die Familie ins Londoner East End um und zur Armut kommt jetzt noch die von Elend geprägte Umgebung.


Vivian lebt als alleinerziehende Mutter in London. Ein abgebrochenes Psychologiestudium, wenig Zukunftsaussichten und eine diffuse Lebens-und Zukunftsangst prägen sie. Sie hat wenig Selbstvertrauen und möchte am liebsten unsichtbar sein. Obwohl sie bei anderen Menschen sehr gut Handlungsweisen einschätzen kann und aufgrund ihres Studium sie auch gleich analysieren kann, versagt bei ihr selbst diese Einschätzung. Nur in der Liebe zu ihrem kleinen Sohn Ethan geht sie völlig auf.


Claires und Vivians Wege kreuzen sich und aus anfänglicher Abneigung erwächst langsam Vertrauen und Verständnis.
Der Roman ist warmherzig geschrieben, die beiden Frauenschicksale sind gut geschildert. Erstaunlich fand ich, wie die – deutsche – Autorin so kenntnisreich das London der Nachkriegszeit schildert und wie farbig die Schauplätze, sowohl in der Gegenwart, wie auch in der Vergangenheit, erzählt werden. Vivian und Claire müssen beide ihre Komfortzone verlassen und sich dem Leben stellen, auch wenn die Herausforderung an sie beide sehr unterschiedlich sind. Die Veränderung der Persönlichkeiten habe ich sehr gern begleitet. Wie aus der exzentrischen Claire und der zurückhaltenden, unsicheren Vivian die ersten Anfänge von Freundschaft entstehen, gefiel mir.


Das Stilmittel der wechselnden Perspektiven und der Rückblicke in die Vergangenheit der beiden Frauen machen den Roman lebendig und interessant.