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Benutzername: 
dorli
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Berlin
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Bewertungen

Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 17.11.2014
Desperados im Land des Lächelns
Meyer, Stefan B.

Desperados im Land des Lächelns


ausgezeichnet

Dresden, 1990. Ein sowjetischer Soldat flüchtet nach einem Verkehrsunfall und taucht mit einer MP bewaffnet in der Stadt unter.
Einige Monate später wird der ehemalige Stasioffizier Erhard Paulus auf seinem Balkon erschossen. Der Täter entkommt unerkannt. Kurze Zeit später geschieht ein zweiter Mord…
Der junge Staatsanwalt Torsten Mars wechselt aufgrund der geringen Aufstiegsmöglichkeiten in Baden-Württemberg nach Dresden. Da sein Vorgänger die Akten unübersichtlich abgelegt hatte, sortiert Mars alles neu und stellt dabei fest, dass die beiden Morde einige Zusammenhänge aufweisen, die bisher noch niemandem aufgefallen sind. Mars reaktiviert den kürzlich in Vorruhestand gegangenen Kommissar Peter Wallner und macht sich gemeinsam mit ihm auf die Suche nach dem Mörder…

Stefan B. Meyer schickt in „Desperados im Land des Lächelns“ zwei Ermittler ins Rennen, die - obwohl von unterschiedlichen Systemen geprägt - in ihrem Denken und dem Wunsch nach Aufklärung der Mordfälle schnell auf einer Wellenlänge sind.

Die Nachforschungen in den Kriminalfällen gestalten sich als besonders schwierig, da sich alles und jeder im Umbruch und in einer Phase der Neuorientierung zu befinden scheint. Dennoch lassen die beiden Ermittler sich von nichts und niemandem abschrecken, sondern kämpfen sich mit Mut und Entschlossenheit ans Ziel und decken dabei allerlei Verwicklungen und Hintergründe auf.

Stefan B. Meyer schildert die Zeit nach dem Mauerfall hervorragend und gibt besonders die damalige Stimmung ausgezeichnet wieder. Es hat mir gefallen, wie der Autor die politische Situation beschreibt und die Ereignisse und Gegebenheiten der unmittelbaren Nachwendezeit mit einer spannenden fiktiven Handlung verknüpft. Die lebhaften Dialoge und der feine Humor mit den vielen kleinen Seitenhieben auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geben dem Krimi dabei das gewisse Etwas.

Mit der eigentlichen Handlung verflochten sind kleine Einschübe, in denen ein altes Haus in der Görlitzer Straße zu Wort kommt und seine Erlebnisse und Beobachtungen schildert. Außerdem lernt man zwei „Reisende in Sachen Revolution“ kennen - zwei irgendwie bekannte Gesichter, die sich selbst als „von gestern“ und „untergegangen im Heer der gestorbenen Utopien“ (S.194) bezeichnen und die Abläufe und Entwicklungen in Dresden beobachten und kommentieren.

Ein spannender Krimi, der die besondere Atmosphäre der Nachwendezeit aufleben lässt.

Bewertung vom 30.10.2014
Pleiten, Pech & Leichen
Schwab, Elke

Pleiten, Pech & Leichen


sehr gut

Saarbrücken. Die 35-jährige Bäckereiverkäuferin Jennifer Klein ist laufend pleite. Um ihre Haushaltskasse ein wenig aufzubessern, verdient sie sich durch den Verkauf von zuvor im Einkaufszentrum gestohlenen Dingen ein wenig dazu, bis ihr eines Tages Karl Renner, der Chef vom Wachdienst, auf den Fersen ist. Bei der Verfolgung stürzt Renner unglücklich – und stirbt! Und damit fängt der Schlamassel für Jenny richtig an, denn der Wachmann soll nicht das einzige plötzliche Opfer in Jennys Nähe bleiben…

Elke Schwab erzählt diesen Krimi mit viel Pep und Schwung. Die Autorin präsentiert hier eine sehr muntere Hauptprotagonistin, die eine gute Portion kriminelle Geschäftigkeit mitbringt. Die Gelegenheitsdiebin gerät irgendwie von einer vertrackten Situation in die nächste, ständig drapiert sich das Chaos um sie herum.

Nicht nur die plötzliche Polizeipräsenz in ihrem Leben bereitet Jenny Schwierigkeiten. Chef Wollny mäkelt nur an ihr herum, die Kolleginnen sind zickig, Vermieterin Silvia ist hysterisch und überängstlich und auch im familiären Bereich gibt es viel Trubel, denn ihre als Schmugglerin aktive Oma hat sich erwischen lassen und daher jetzt einige Probleme an der Backe. Selbst ihr süßer dreibeiniger Hund bringt sie ungewollt in die Bredouille. Zudem hat Jenny in punkto Männer nicht das glücklichste Händchen.
Wie gut, dass sie sich auf Freundin Anna hundertprozentig verlassen kann.

„Pleiten, Pech & Leichen“ ist ein angenehm zügig zu lesender Krimi, der nicht mit atemloser Höchstspannung daherkommt, dafür aber mit lebhaften Charakteren und einer großen Portion Humor punkten kann.

Bewertung vom 29.10.2014
Lexicon
Barry, Max

Lexicon


ausgezeichnet

Portland. Wil Parke wird am Flughafen von zwei Männern angegriffen und entführt. Der einfache Zimmermann glaubt an eine Verwechslung, wird jedoch schnell eines Besseren belehrt. Von Tom Eliot nach Broken Hill gebracht, soll Wil einem Feind das Handwerk legen, den er schon einmal besiegt hat – dummerweise kann Wil sich nicht daran erinnern…

San Francisco. Die 16-jährige Emily Ruff ist eine Falschspielerin, die mit Kartentricks den Leuten das Geld aus der Tasche zieht. Sie versteht es hervorragend, Menschen zu täuschen und zu übertölpeln – ein Talent, das in der Akademie perfektioniert werden soll…

Was für ein Buch! „Lexicon“ ist der erste Roman, den ich von Max Barry gelesen habe und ich bin begeistert.

Es ist einfach brillant, was für eine Geschichte Max Barry hier kreiert hat. Das Buch ist raffiniert und grausam, die Handlung ist von Anfang bis Ende ausgeklügelt und wahnsinnig gut durchdacht – ein Thriller voller Überraschungen und Wendungen.

Ohne lange Vorrede wird man direkt in das Geschehen geworfen. Es fällt von Anfang an leicht, den Überblick in dieser clever gestrickten Geschichte zu behalten - und das, obwohl Max Barry die Geschichte nicht chronologisch erzählt, sondern munter zwischen Zeiten und Orten hin und her springt.

Schnell macht Barry den Leser zu seinem Spielball. Kaum glaubt man zu wissen, was vorgeht, dreht Barry die Handlung und man bekommt einen ganz neuen Blick auf die Figuren präsentiert, der alles in einem anderen Licht erscheinen lässt.
Immer mehr Fragen prasseln auf den Leser ein und man grübelt laufend, wer denn hier eigentlich die Guten sind. Wem kann man glauben? Wer ist der Bösewicht?

Die Akteure werden allesamt hervorragend charakterisiert. Den eigentlichen Mittelpunkt der Geschichte bildet Emily. Anfangs obdachlos, genießt sie in der Akademie alles, was ihr geboten wird. Mir gefallen ihre Neugierde und ihr selbstbewusstes Auftreten. Ihre starke Persönlichkeit, die sie im Verlauf der Handlung voll ausspielen muss, zeigt sich allein schon darin, dass sie lieber auf die ganzen Annehmlichkeiten verzichten und wieder auf der Straße leben würde, als sich von den Mitgliedern der Akademie verbiegen zu lassen. Emily erhält eine spezielle Ausbildung und lernt Beeinflussungstechniken, deren Wirkung einfach nur gruselig ist.

Nach und nach erfährt man die wirklichen Hintergründe und Absichten der Akademie und wird immer tiefer hineingezogen in eine machtgierige Welt, in der eine unglaubliche Rücksichtslosigkeit an den Tag gelegt und einem deutlich vor Augen gehalten wird, was ein einziges Wort alles anrichten kann.

Erst am Ende des Buches wird klar, wie die zahlreichen Handlungsfäden tatsächlich miteinander verschnürt und verflochten sind und wie eiskalt hier von Anfang an agiert wurde.

Kleine Einschübe mit fiktiven Meldungen, Berichten und Protokollen unterstreichen das Geschehen und vermitteln dem Leser, wie durch geschickt eingesetzte Worte und Formulierungen sowie einseitiger Berichterstattung Menschen täglich aufs Neue manipuliert und in eine gewünschte Richtung gedrängt werden.

Max Barry erzählt spannend und mitreißend, die Figuren sind vielschichtig, die Dialoge lebhaft, die Handlung ist tiefgründig und actionreich. Dazu ein fein eingewobener Humor, der die Geschichte ausgezeichnet abrundet. Ein grandioser Thriller.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.10.2014
Ein Bräutigam aus gutem Haus
Hedlund, Jody

Ein Bräutigam aus gutem Haus


ausgezeichnet

Jody Hedlund wartet in ihrem Roman „Ein Bräutigam aus gutem Haus“ mit einer wunderbaren Mischung aus Historie, Spannung und ganz viel Romantik auf. Als Grundlage dienen der Autorin dabei die wahren Begebenheiten rund um die deutschen Einwanderer in Michigan im späten 19. Jahrhundert.

Jody Hedlund zeichnet ein interessantes Bild voller Licht und Schatten. Die Aussicht auf eigenes Land und Selbstbestimmung lockte die Menschen an. Doch das Leben der Einwanderer ist kein Zuckerschlecken – harte Arbeit, Entbehrungen und derbe Rückschläge infolge von Naturkatastrophen und Krankheiten bringen die Menschen an den Rand der Verzweiflung.
Man versteht schnell, dass existentielle Dinge unbedingten Vorrang haben und dennoch fragt man sich, warum nicht auch eine Portion Liebe und Glücklichsein im Leben der Siedler Platz hat.

Trotz des ernsten Hintergrunds liest sich das Buch locker und angenehm zügig, die Autorin schreibt frisch und lebendig, die Geschichte ist fesselnd und voller Emotionen. Man ist als Leser sofort mittendrin im Geschehen und fühlt sich als Teil dieser kleinen Gemeinde.

Jody Hedlund hat ihre Charaktere ganz hervorragend ausgearbeitet.
Annalisa ist geprägt von dem harten Alltag und ganz besonders durch die damals übliche Unterdrückung der Frauen. Eine eigene Meinung wird nicht geduldet, Widerworte werden bestraft. Ihr Vater bestimmt, wen sie heiraten soll. Annalisa ist sogar derart eingeschüchtert, dass sie glaubt, der Liebe Gottes nicht wert zu sein.
Carl ist respektvoll, anständig und freundlich. Finanziert von seinem Vater, musste der Sohn eines Barons sich bisher noch nie um seine nächste Mahlzeit sorgen. Er ist Wissenschaftler und Erfinder, aber leider sehr unbeholfen, was die Landarbeit angeht.

Der schwierige Alltag schweißt die beiden zusammen. Annalisa und Carl verändern sich – ein Wandel, den Jody Hedlund sehr gefühlvoll gestaltet, die Veränderungen schleichen sich ganz langsam ein.

Annalisa fühlt sich immer mehr zu Carl hingezogen. Sie blüht auf, wird freier, entdeckt ihren eigenen Willen und rückt ihre eigenen Bedürfnisse und die ihrer Kinder in den Vordergrund.
Carl muss jetzt eigenständig für sein Überleben sorgen und hart für sein Auskommen arbeiten. Er erkennt, wie oberflächlich und belanglos sein Leben früher war und weiß jetzt, dass er seine Ziele auch ohne die Unterstützung seines Vaters erreichen kann. Besonders sein Glaube an Gott hat ihn in dieser schweren Zeit nicht aufgeben lassen und ihn zu einem starken Mann gemacht.

Es ist faszinierend, wie Jody Hedlund das Band zwischen diesen beiden Menschen, die aus so gänzlich unterschiedlichen Welten kommen, immer stärker werden lässt. Es entsteht eine Bindung, die es mit allen zukünftigen Anforderungen aufnehmen könnte - wenn Annalisa keinem anderen Mann versprochen wäre. Und wenn Carl nicht gänzlich andere Pläne hätte. Und wenn Carl nicht mit der gewaltigen Lüge über seine wahre Identität leben würde.

Für einen spannenden Handlungsverlauf sorgen nicht nur einige unerwartete Ereignisse, auch zahlreiche Nebenfiguren beleben das Geschehen außerordentlich und sind für den Verlauf der Geschichte unverzichtbar.
Da ist allen voran die quirlige Gretchen, Annalisas 2-jährige Tochter, so liebenswert und unbekümmert, dass man sie schnell ins Herz schließt. Und Annalisas 12-jähriger Bruder Uli, der sich selbst zum Beschützer seiner großen Schwester ernannt hat. Neben ihrem unaufhörlich gängelnden Vater hat Annalisa es auch dem habgierigen Ward zu tun, der vor rein gar nichts zurückschreckt, um an Annalisas Land zu kommen.

Jody Hedlund hat mich mit ihren facettenreichen Schilderungen über das Leben der deutschen Einwanderer in Michigan und der damit verflochtenen fiktiven Handlung begeistert. „Ein Bräutigam aus gutem Haus“ hat mich durchgehend gefesselt und bestens unterhalten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.10.2014
Karpfhamer Katz
Werner, Ingrid

Karpfhamer Katz


ausgezeichnet

Die 45-jährige Heilpraktikerin und Hobbyermittlerin Karin Schneider möchte das alljährliche Karpfhamer Fest genießen, doch ihre fröhliche Stimmung wird ein wenig getrübt. Nicht nur, dass sie auf den möglicherweise untreuen Ehemann einer Bekannten aufpassen soll, auch ihre Handtasche ist plötzlich verschwunden – gestohlen!

Am nächsten Tag erhält Karin mit der Post den angeblichen Abschiedsbrief ihrer ehemaligen Patientin Rosi Reitmeier. Rosi hatte am Abend vorher noch lautstark gegen den Zauner-Wirt und eigentlich auch gegen jeden der Volksfestbesucher gewettert und liegt jetzt nach einem Selbstmordversuch im Bezirksklinikum.
Karin hat das Gefühl, als Therapeutin versagt zu haben und eilt zu Rosi in die Klinik. Als Rosi vehement bestreitet, dass sie sich das Leben nehmen wollte, erwacht Karins Spürsinn und sie beginnt zu ermitteln…

„Karpfhamer Katz“ ist bereits Karin Schneiders 3. Fall - für mich war dieser Einsatz in Karpfham und Umgebung der erste, den ich mit der sympathischen Ermittlerin erleben durfte.

Ingrid Werner erzählt den Krimi mit viel Pep und Schwung. Es geht in diesem Buch frisch, locker und lebhaft zu, die Autorin präsentiert hier eine sehr muntere Ermittlerin - ich bin begeistert von Karin und der Art, wie sie die Dinge anpackt.

Karin geht beherzt und unerschrocken, manchmal auch etwas chaotisch zu Werke. Man ist durchweg sehr nah an Karin dran, erfährt all ihre Gedanken zum laufenden Geschehen und bekommt ihre unterschiedlichen Stimmungen bestens vermittelt. Immer geht es turbulent zu, Ruhe oder gar Langeweile scheint die Mittvierzigerin nicht zu kennen.

Durch ihren unbedingten Willen, Rosi zu helfen und die Hintergründe zu Rosis vermeintlichen Selbstmordversuch aufzudecken, bringt Karin Dinge ins Rollen, die immer dramatischer werden, irgendwann aus dem Ruder laufen und damit auch sie selbst in größte Gefahr bringen. Dass Karin in eine für sie sehr brenzlige Situation rutscht, mag auch daran liegen, dass sie ihre Mutmaßungen und Annahmen gerne herausposaunt und so auch dem Täter ihre eifrigen Ermittlungen zu Ohren kommen.

Trotz kleiner Erfolge gestalten sich die Ermittlungen überaus schwierig, zu viele Verdächtige und Motive ziehen Karins Blicke in unterschiedliche Richtungen. Karin hat das Gefühl, niemandem wirklich trauen zu können. Außerdem glaubt die Polizei ihren Ausführungen nicht und fordert sie auf, ihre Nase nicht in Dinge zu stecken, die sie nichts angehen.

Die Verknüpfung von Spannung und Humor ist Ingrid Werner hervorragend gelungen, so dass ich mich in diesem Krimi von der ersten bis zur letzten Seite richtig wohl gefühlt habe. Die Dialoge sind zum Teil in Mundart geschrieben und verleihen der Geschichte damit eine Extraportion Schwung.
Obwohl man früh ahnt, wer hier seine kriminellen Finger im Spiel hat, bleibt die Handlung bis zum Ende lebhaft und spannend.

Ein Niederbayern-Krimi randvoll mit bester Unterhaltung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.10.2014
Eigentlich erhängt
Triebel, Claas

Eigentlich erhängt


gut

Immobilienmakler Walter Eigen hat einen Termin mit Heinrich Schedl, einem potentiellen Kunden. Als Walter in dessen Villa eintrifft, findet er Herrn Schedl tot auf – der Hauseigentümer hängt in seinem Wohnzimmer kopfüber vom Deckenbalken.
Walter weiß, dass er den offensichtlichen Mord sofort der Polizei melden sollte, doch aus Angst, selbst verdächtigt zu werden, zögert er und beschließt, selbst auf Mördersuche zu gehen. Unterstützt wird Walter bei seinen Überlegungen und Spekulationen von seiner erzählfreudigen Mutter…

Claas Triebels Idee, den größten Teil seines Kriminalromans „Eigentlich erhängt“ von einer Person erzählen zu lassen, die dem Hauptakteur zwar nahe steht, aber an dem eigentlichen Fall unbeteiligt ist, hat mir sehr gut gefallen.

Walters Mutter ist eine nette, sehr redselige ältere Dame. Was sie mir über den imaginären Gartenzaun zu erzählen hat, hat mich anfangs sehr gut unterhalten. Doch irgendwann beginnt sie sich zu wiederholen und schweift immer wieder ab. Beschreibt nicht nur sehr umfangreich und ausführlich ihre Sicht auf die Geschehnisse rund um den Mordfall Schedl, sondern auch noch, was sie sonst so bewegt. Es wird anstrengend, ihren Ausführungen zu lauschen. Die langen Monologe nehmen dem Krimi den Schwung und auch die Spannung.
Sehr amüsant fand ich, dass sie die Geschichte so wiedergibt, als wäre sie bei allem selbst dabei gewesen. Sie ist sich absolut sich sicher, dass Walter ihr immer ALLES erzählt und sie daher den genauen Ablauf der Dinge kennt.

„Aber Walter Eigen hatte seiner Mutter nicht alles erzählt.“ Ein Satz, der die Kapitel einläutet, in denen Walter selbst zu Wort kommt. Hier lernt man auch die anderen Mitspieler besser kennen, ist viel näher an den Geschehnissen dran und kann sich ein genaueres Bild von den Ereignissen machen. Außerdem kann man einen Blick hinter die Kulissen der Immobilienbranche werfen. Schon interessant, was da zum Teil für dunkle Geschäfte laufen. Doch wirkliche Spannung, wie ich sie in einem Kriminalroman erwarte, will auch hier nicht aufkommen.

„Eigentlich erhängt“ hat einen gut durchdachten Handlungsablauf und interessante Charaktere, konnte mich jedoch aufgrund der fehlenden Spannung nicht durchweg fesseln.

Bewertung vom 15.10.2014
Und Eva sprach . . .
Voosen, Jana

Und Eva sprach . . .


ausgezeichnet

Hamburg. Die 35-jährige Steuerfachangestellte Evi Blum ist seit fünf Jahren mit dem Programmierer Alexander liiert. Die beiden sind glücklich und wünschen sich sehnlichst ein Baby. Obwohl Evi Alex sehr liebt, flirtet sie heftig mit jedem attraktiven Mann, der ihr über den Weg läuft. Als es auf einer Betriebsfeier fast zu einem Seitensprung mit dem Bruder ihres Chefs kommt, fühlt Evi sich so schäbig und schuldig, dass sie Hilfe bei einem Psychologen sucht, um ihr Problem in den Griff zu bekommen…

In „und Eva sprach…“ wartet Jana Voosen nicht nur mit einer ganz eigenen Version vom Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies auf, sondern hat ihre Darstellung dieses biblischen Ereignisses mit einer fröhlich-turbulenten Liebesgeschichte verknüpft.

Evi ist so liebenswert in ihrer Verzweiflung – mal abgesehen von ihrem bisher unerfüllten Kinderwunsch könnte alles ganz wunderbar sein, wäre da nicht diese eine große Unwucht in ihrem Leben, die ihr einen riesigen Haufen Schuldgefühle beschert.

Mit einem Umzug aus dem lebhaften Hamburger Schanzenviertel in das idyllische Heven will Evi ihr Leben in die richtigen Bahnen lenken – doch ganz so leicht macht Jana Voosen es ihrer Protagonistin nicht. Auf dem Weg in ihr ganz persönliches Paradies gilt es für Evi, einige Hürden zu überwinden, denn auch in Heven lauert die Versuchung.
Aber Evi ist gewillt, jede Herausforderung zu meistern. Ein Hypnosetherapeut soll sie aus ihrem Dilemma befreien. Kaum in Hypnose versetzt, rauscht Evi geradewegs ins Paradies und begegnet dort Eva, Adam, Jesus, deren „Dad“ und der 9-beinigen (!) Schlange Rudi.
Evis Unterbewusstsein vermischt ihr reales Leben mit der geläufigen Geschichte aus dem Buch der Bücher und sorgt damit für einige sehr amüsante Szenen. Denn nicht nur die Gesichter der Anwesenden kommen Evi bekannt vor, auch die Vorkommnisse im Garten Eden sind so ganz anders, als bisher angenommen.

Eva sieht aus wie Evi und hat mir besonders gut gefallen. Sie ist so quirlig und sprudelt vor Lebensfreude und Abenteuerlust. Sie ist neugierig auf die Welt hinter dem Gartenzaun und ganz begierig darauf zu erfahren, was gut ist und was böse. Sie möchte endlich Sex haben und Babys bekommen. Diese Begeisterung für das Neue, die Lust auf das Leben, das ist einfach herrlich.
Adam sieht das (natürlich :-)) ganz anders. Er liebt die chillige Ruhe im Paradies, verbringt den Tag mit Schwimmen und Faulenzen. Warum diesen traumhaften Ort verlassen? Nun, er erlebt es, als der Apfel am Baum der Erkenntnis reif ist…

Äußerst gelungen finde ich die Idee, Bibelverse in die laufende Handlung einzustreuen. Die Zitate unterstreichen das Geschehen sehr treffend.

Die Geschichte rund um Evis Erlebnisse zur Beseitigung ihrer Schuldgefühle wird so erfrischend und fröhlich von Jana Voosen erzählt, dass es großen macht Spaß, Evi auf dieser abenteuerlichen Wanderung zu begleiten.
Ein frecher, unterhaltsamer Frauenroman, der die Sache mit dem Apfel mal in einem anderen Licht zeigt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.10.2014
Hostienfrevel / Begine Serafina Bd.2
Fritz, Astrid

Hostienfrevel / Begine Serafina Bd.2


ausgezeichnet

Freiburg 1415. Die Stadt ist in Aufruhr - die Hostien im Münster wurden entweiht, der niedergeschlagene Kreuzbruder stirbt! Ein Verdächtiger ist schnell gefunden, der jüdische Schuster Mendel soll die Tat begangen haben. Doch die Begine Serafina hat Zweifel an der Schuld des Schusters und macht sich auf Spurensuche…

„Hostienfrevel“ ist der zweite Band der historischen Krimiserie um die scharfsinnige Begine Serafina. Auch ohne Kenntnis des ersten Bandes habe ich sehr schnell in diese Geschichte hineingefunden. Dank einiger geschickt platzierter Rückblenden in das bewegende Leben vor ihrer Beginenzeit, lernt man Serafina schnell und gut kennen.

Astrid Fritz hat einen flüssigen, angenehm zügig zu lesenden Schreibstil. Die tollen Beschreibungen des mittelalterlichen Freiburgs haben mich sofort in das Geschehen hineingezogen und es hat mir großen Spaß gemacht, Serafina bei ihrer nicht immer ungefährlichen Suche nach dem wirklichen Täter zu begleiten.

Da die Begine in ihrer Vergangenheit selbst schon einiges an Unrecht erfahren musste, hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, unschuldig in Bedrängnis geratenen Menschen zu helfen. Bestürzt über den plötzlichen Hass auf den Schuster Mendel und die anderen jüdischen Familien, macht sich Serafina beherzt ans Werk und beginnt Nachforschungen anzustellen und unangenehme Fragen zu stellen.
Sehr gut vermittelt Astrid Fritz die hitzige Atmosphäre in der Stadt. Man spürt, wie es in der Bevölkerung brodelt, fast jeder will die Juden als Schuldige am Hostienfrevel sehen, wittert man doch eine willkommene Möglichkeit, die ungeliebten Geldverleiher loszuwerden.

Die Krimihandlung ist fesselnd und spannend, der Blick des Lesers wird in unterschiedliche Richtungen gelenkt und man kann bis zum Schluss über die Identität des Täters grübeln.

Ausgesprochen gut gefallen haben mir auch das ausführliche Personenverzeichnis und das umfangreiche Glossar.

„Hostienfrevel“ ist ein unterhaltsamer historischer Krimi, der mir ein paar spannende Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 07.10.2014
Die Hure und der Spielmann
Ziebula, Thomas

Die Hure und der Spielmann


ausgezeichnet

Thomas Ziebulas Roman „Die Hure und der Spielmann“ spielt in der ersten Hälfte des 30-jährigen Krieges. Die jahrelangen Querelen zwischen Katholischer Liga und Protestantischer Union sind die Grundlage für das gesamte Geschehen. Mit seinen detailreichen Beschreibungen und ausführlichen Schilderungen zeichnet der Autor ein für mich sehr glaubwürdiges Bild dieser barbarischen Zeit, man kann den Verlauf des Krieges in den Jahren 1618-1632 hervorragend mitverfolgen.
Thomas Ziebula wartet mit einer geballten Ladung an historischen Fakten auf, die aber so spannend und mitreißend verpackt sind, dass man schnell mittendrin ist in dieser Welt aus Machtgier, Intrigen und Verrat, Unterdrückung, Ausbeutung und Entbehrungen. Die sehr gelungene Mischung aus Historie und Fiktion lässt sich angenehm zügig lesen.

Der Aufbau der Handlung hat mir sehr gut gefallen. Es gibt zwei große, zunächst weitestgehend voneinander unabhängige Handlungsstränge und darüber hinaus eine Rahmenhandlung, die im Jahr 1632 in Meuchen spielt. In dieser Rahmenhandlung, bestehend aus Prolog und mehreren Zwischenspielen, belauscht Major Erik Thott die Beichte eines Gefangenen - der Inhalt der Beichte bildet den Part mit dem Geschehen rund um Tonda. Gleichzeitig liest Erik im Tagebuch seiner Schwester Kristina - der zweite große Handlungsstrang in diesem Buch.

Thomas Ziebula hat das Schicksal seiner beiden Hauptdarsteller eng in das Kriegsgeschehen eingebunden. Die beiden treffen erst ungefähr in der Mitte des Buches aufeinander und machen bis dahin ganz unterschiedliche Entwicklungen durch.

Kristina, das einst fröhliche, schwedische Mädchen aus gutem Hause, macht im Verlauf der Handlung eine enorme Wandlung durch. Ungestüm und wenig durchdacht verlässt sie ihr Elternhaus und bekommt die ganze Wucht des Krieges zu spüren. Geprägt von den Erfahrungen und Erlebnissen wird sie stärker, wächst schließlich über sich hinaus und hat mich am Ende mit ihrem Tun beeindruckt. Sehr berührend sind die Augenblicke, wenn ihr Heimweh die Oberhand gewinnt und sie sich fragt, wie es ihren Eltern und ihrem Bruder in der Heimat gehen mag. Die Sehnsucht nach ihren Lieben kann man gut nachempfinden.

Tonda ist der Sohn eines böhmischen Ritters und wächst in Prag auf. Er leidet unter seinem hartherzigen Stiefvater, wird ständig geprügelt, steckt die Prügel schweigend ein. Als Tonda dem angeblichen Magister Franz von Trient begegnet, ändert sich sein Leben völlig. Franz wird zu Tondas Lehrer und Beichtvater, er lobt und achtet den jungen Mann, beschützt ihn und erschleicht sich damit sein Vertrauen. Dass Franz ihn für ein ganz bestimmtes, grausiges Ziel ausbildet, bemerkt Tonda erst spät.

Auch alle anderen Figuren werden lebhaft und facettereich dargestellt, selbst kleinste Nebenfiguren wirken nicht oberflächlich, sondern bereichern die Szenerie außerordentlich.
Eine wichtige Rolle spielen auch einige Handpuppen – Erzengel, Tod und Teufel. Es ist sehr interessant zu beobachten, welche Wirkung das Puppenspiel auf die Menschen hat. Fast jeder wird zu einem willigen Zuhörer. Ein Effekt, den sich Franz von Trient zunutze macht.

Meine Begeisterung für dieses Buch hat schon vor dem Lesen begonnen – das Cover ist außerordentlich gut gelungen. Nicht nur die Farben sind hervorragend gewählt, die abgebildete Teufelsmaske ist mit Lack hervorgehoben und deutlich fühlbar.
Zudem ist für reichlich informatives Drumherum zur eigentlichen Geschichte gesorgt - eine Landkarte des Reiches zur Zeit des 30-jährigen Krieges, ein ausführliches Personenverzeichnis und ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen runden den Roman ab.

Mir hat das Lesen dieses historischen Romans mit den nicht immer leicht zu durchschauenden politischen Verwicklungen, den ganzen Kriegswirren, dem Glaubensgerangel, den fiesen Machenschaften und der spannenden Liebesgeschichte sehr großen Spaß gemacht. Ein tolles, intensives Leseerlebnis.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.10.2014
An der Mordseeküste
Minck, Lotte

An der Mordseeküste


ausgezeichnet

Friesland /Nordsee. Loretta Luchs macht gemeinsam mit ihren Freunden Urlaub an der Küste. Doch was fröhlich und vielversprechend beginnt, endet jäh während eines morgendlichen Wattspaziergangs: Loretta findet eine Leiche neben ihrer Strandburg, der Mann wurde augenscheinlich erdrosselt. Damit nicht genug, die herbeigerufene Polizei findet Lorettas guten Freund Frank auf der anderen Seite der Strandburg, friedlich seinen Rausch ausschlafend. Frank hatte am Abend vorher einen bösen Streit mit dem Ermordeten, kann sich aber jetzt an die nächtlichen Geschehnisse nicht mehr erinnern. Eine unbedachte Bemerkung bringt Frank dann in Teufels Küche, er landet nämlich umgehend im Knast – Loretta ist sich sicher, dass Frank unschuldig ist und begibt sich auf Spurensuche…

Als Handlungsort hat sich Lotte Minck diesmal einen beschaulichen Flecken an der Nordsee ausgesucht – nur, so ruhig und erholsam, wie sich alle diesen Urlaub in dem idyllischen Küstenort vorgestellt haben, wird es nicht, denn die altbekannte Truppe rund um Loretta Luchs stolpert wieder einmal Hals über Kopf in einem Kriminalfall.

Die Verknüpfung von Humor und Spannung ist der Autorin auch in „An der Mordseeküste“ hervorragend gelungen, so dass mich auch Lorettas dritter Fall von der ersten bis zur letzten Seite bestens unterhalten hat.

Lotte Minck hat auch diese Krimödie wieder mit ganz viel Wortwitz gespickt und den Protagonisten viele lockere Sprüche in den Mund gelegt. Außerdem verleihen Franks Ruhrpottslang, Marias niedlicher Akzent und einige plattdeutsche Sätze den Dialogen eine Extraportion Humor. Die Geschichte kommt frisch und lebhaft daher und ist randvoll mit guter Laune, zumindest für den Leser – denn Loretta und ihre Freunde sind alles andere als fröhlich, als Frank verhaftet wird. Loretta muss in diesem Fall wieder reichlich kriminalistisches Gespür an den Tag legen, um den wahren Täter dingfest zu machen.

Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht, mit „Hornbrillen-Girl“ auf Verbrecherjagd zu gehen – „An der Mordseeküste“ hat mich durchweg begeistert und mir ein paar spannende, vergnügliche Lesestunden beschert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.