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⇢ Ich bin: Ex-Buchhändlerin, Leseratte, seit 2012 Buchbloggerin, vielseitig interessiert und chronisch neugierig. Bevorzugt lese ich das Genre Gegenwartsliteratur, bin aber auch in anderen Genres unterwegs. ⇢ 2020 und 2021: Teil der Jury des Buchpreises "Das Debüt" ⇢ 2022: Offizielle Buchpreisbloggerin des Deutschen Buchpreises

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Insgesamt 735 Bewertungen
Bewertung vom 08.11.2013
Verräter der Magie
Wild, Rebecca

Verräter der Magie


gut

"Der Feind im Kopf ist nerviger als jeder Ohrwurm! Kira hasst den jungen Cian wie die Pest. Kein Wunder: Als einer der mächtigsten Magier der Welt lässt er Feenwesen wie sie einsperren. Um die Menschen vor ihnen zu schützen. Als wären Feen gefährlich! Insgeheim wünscht sie Cian den Tod. Eines Nachts wird er tatsächlich umgebracht. Blöd nur, dass seine Seele entwischt und ausgerechnet in Kiras Kopf schlüpft. Verzweifelt sucht sie nach einem Weg, wie sie den Schuft wieder loswerden kann. Dabei wird er ihr ärgerlicherweise immer sympathischer..."
© Klappentext: Ravensburger Buchverlag

Originalität: Es gibt diverse Urban-Fantasy-Romane, in denen sich Wesen wie Vampire, Werwölfe und Elfen den Menschen zu erkennen geben - ein bekanntes Beispiel sind zum Beispiel die Sookie-Stackhouse-Romane von Charline Harris. In der Welt von "Verräter der Magie" geht das aber fürchterlich nach hinten los: die Menschen reagieren mit Angst und Hass auf die ihnen so fremdartig erscheinenden Wesen, und so setzen sie ihr Vertrauen in die Magier, die immerhin wie normale Menschen aussehen. Das ermöglicht es den Magiern, die Macht an sich zu reißen und die anderen magischen Kreaturen in Reservate einzusperren - deswegen "Verräter der Magie". Zu dieser relativ unverbrauchten und originellen Idee kommt noch der Einfall, ausgerechnet eine im Reservat lebende junge Sidhe dazu zu zwingen, sich ihren Körper mit einem der mächtigsten Magier zu teilen, was mich sehr angesprochen hat - was für ein Konfliktpotential!

Allerdings werden für mein Empfinden weder Idee noch Konfliktpotential wirklich ausgereizt; ich hatte immer das Gefühl, dass die Geschichte und die Charaktere merkwürdig blass bleiben.

Spannungsaufbau: Das widerwillige, ungleiche Paar stolpert von einer brenzligen Situation in die nächste, und es wimmelt von Feinden: schließlich will jede Seite in dem magischen Konflikt einem von den beiden ans Leder. Da kommt nie Langeweile auf, und es gibt auch nur wenige langsame Passagen.

Charaktere: Kira ist eigentlich ein interessanter Charakter, und ich hätte gerne mehr darüber gewusst, wie ihr alltägliches Leben als Feenwesen im Reservat aussah, aber darüber erfahren wir so gut wie nichts. Auch ihr bisheriges Leben und ihr Hintergrund werden nur relativ knapp und oberflächlich skizziert, und so hatte ich nie den Eindruck, sie wirklich kennenzulernen. Cian war mir von Anfang an unsympathisch und schien sich im Laufe der Geschichte auch nicht großartig weiter zu entwickeln. Die beiden streiten sich das ganze Buch hindurch erbittert, und mir fehlte einfach das Gefühl, dass Kira und Cian voneinander lernen und ihre gegenseitigen Vorurteile abbauen. Auch kam es mir nicht so vor, als gäbe es zwischen ihnen eine romantische oder erotische Anziehung - oder auch nur echte Sympathie -, so dass die Ereignisse in den letzten ~80 Seiten des Buches auf mich erzwungen und unnatürlich wirkten.

Schreibstil: Der Schreibstil ist relativ umgangssprachlich und damit leicht zu lesen - was allerdings den ernsteren oder bedrohlicheren Szenen etwas Abbruch tut und zu manchen der magischen Kreaturen auch nicht recht zu passen schien.

Tempo: Die Protagonisten sind immer unterwegs, immer auf der Flucht, immer bedroht, nie gibt es wirkliche Verschnaufpausen... Was zwar gut für die Spannung ist, aber leider auch größeren Tiefgang völlig verhindert.

Humor: Viele der Dialoge und inneren Monologe sind wirklich witzig - aber vieles wirkt auch krampfhaft bemüht und überzogen. Nicht jedem Charakter "stehen" dumme Sprüche und flapsiger Humor.

Romantik: Die unvermeidliche Liebesgeschichte hat mich überhaupt nicht überzeugt. Es gibt im Laufe des Romans zwei Männer, von denen sich Kira angezogen fühlt, und bei beiden konnte ich es nicht verstehen. Besonders nicht bei Cian, der Kira nun wirklich wenig Grund gegeben hat, ihn auch nur zu mögen!

Bewertung vom 03.11.2013
Bis ich bei dir bin
Hainsworth, Emily

Bis ich bei dir bin


ausgezeichnet

Bevor ich mit meiner Rezi anfange: Cover und Klappentext haben bei mir den Eindruck erweckt, dass es sich hier um reine Romantasy handelt. Ich habe erwartet, dass es vor Allem oder sogar ausschließlich darum gehen würde, das Vivian und Camden einen Weg finden müssen, um wieder zusammen sein zu können, entweder in seiner oder in ihrer Welt. Dass wesentlich mehr dahinter steckt und die Geschichte echten Tiefgang hat, war für mich eine positive Überraschung.

Wer schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, weiß, wie man sich in den Tagen, Wochen und Monaten danach fühlt. Ist dieser Mensch dann auch noch eines frühen und gewaltsamen Todes gestorben, kommen zu Trauer, Verzweiflung und betäubter Fassungslosigkeit auch noch ohnmächtige Wut auf das Schicksal, Schuldgefühle, weil man selber noch lebt, und das merkwürdige Empfinden, dass die Welt aus dem Takt geraten ist und es niemand sonst merkt. Und genau das ist es, was Camden nach dem Tod seiner großen Liebe Vivian jeden Tag durchmacht. Er distanziert sich von seinen Freunden, belügt seine Therapeutin, und besucht immer und immer wieder den Ort, an dem seine Freundin den Tod fand. Die Autorin schafft es, dem Geschehen so viel Authentizität zu geben, als wäre das alles wirklich passiert, und so konnte ich Camden nur zu gut verstehen und litt richtig mit ihm mit.

Der Klappentext verrät es ja schon: eines Abends sieht er an der Unfallstelle ein geisterhaftes Mädchen, aber schon bald wird ihm klar, dass sie kein Geist ist, sondern eine Besucherin aus einer Parallelwelt. Dass Viv dort noch lebt, ist ihm zunächst nicht klar, und so begreift er nicht, was ihn mit dieser Welt verbindet, und warum dieses fremde Mädchen anscheinend so viel für ihn empfindet... Aber auch und gerade nach seiner ersten Begegnung mit der Viv dieser Welt lösen sich nicht alle Probleme in Wohlgefallen auf, und Camden muss eine schwerwiegende Entscheidung treffen und erkennen, dass seine Trauer ihn vielleicht blind gemacht hat.

Die wichtigen Charaktere fand ich alle sehr gut beschrieben, so dass man sie sich problemlos vorstellen konnte - von Mike, Camdens bestem Freund, über Logan, seinen Erzfeind, bis zu Nina, deren Verbindung zu Camden lange rätselhaft bleibt. Einzig Viv bleibt lange schwer zu erfassen, weil man sie mehr so wahrnimmt, wie Camden sie idealisiert in Erinnerung hat, als wie sie tatsächlich ist, aber das ist sicher durchaus beabsichtigt.

Es gab ein paar wirklich überraschende Wendungen in der Geschichte. Allerdings gibt es genug Hinweise im Text, dass man diese als Leser wesentlich schneller begreift, als Camden das tut. Das hat mich aber nicht gestört. Zum Einen sieht ein Außenstehender auch im realen Leben Dinge oft schneller, als man selber das tut, weil man zu sehr in seine Gefühle und Erwartungen verstrickt ist, und zum Anderen lag die Spannung für mich nicht so sehr in der Frage "Was wird passieren?" sondern in der Frage "Wie wird Camden damit umgehen?" Und das blieb spannend bis zum Schluss.

Die Geschichte stellte sich als viel origineller heraus, als ich erwartet hatte. Und ich war beeindruckt vom Schreibstil, dem es gelingt, die Gedanken eines Teenagers authentisch wiederzugeben, gleichzeitig eine dichte Atmosphäre zu erschaffen und auch das Unglaubliche glaubhaft zu machen. Die Liebesgeschichte steht einerseits im Zentrum des Geschehens, denn es vergeht kaum eine Seite, ohne dass Camden sich nach Viv sehnt... Aber andererseits ist die Romantik nicht das, was ich von dem Buch in Erinnerung behalten werde.

Bei diesem Thema erscheint es mir nicht ganz richtig zu sagen, ich habe mich gut unterhalten gefühlt... Aber Tatsache ist, dass das Buch mich bewegt hat, dass ich mit Camden mitgefiebert habe, und dass das Ende mich völlig zufrieden gestellt hat, obwohl es nicht das war, was ich erwartet hatte.

Bewertung vom 31.10.2013
Dunkle Berührung / Kyndred Bd.1
Viehl, Lynn

Dunkle Berührung / Kyndred Bd.1


gut

Cover: Das Cover zeigt, wie so viele Cover, das Gesicht einer Frau. Also nichts Neues, aber durch die Farbgestaltung und die Gestaltung des Titels dennoch ansprechend. Außerdem weiß man direkt, welches Genre einen erwartet! Mir ist es bei der Durchsicht der Neuerscheinungen sofort ins Auge gesprungen.

Originalität: Vampire (Darkyn), Mutanten (Kyndred), römische Geschichte - über alle drei Themen gibt es eine Menge Bücher. Ich habe aber noch nie ein Buch gelesen, dass alle drei miteinander kombiniert! Eine interessante Mischung, die es der Autorin erlaubt, eine vielschichtige Geschichte voller unerwarteter Wendungen zu erzählen.

Spannungsaufbau: Am Anfang war ich durch die verschiedenen Handlungsstränge und die vielen Personen ein wenig verwirrt, was sich aber schnell legte. Sobald ich einmal in der Geschichte "drin" war, fand ich sie bis zum Schluss sehr spannend und unterhaltsam. Spannungsflauten oder zähe Passagen gab es für mich nicht!

Charaktere: Ich mochte Jessa, die Hauptfigur, und auch viele der anderen weiblichen Charaktere, wie die junge Rowan, sofort. Aber bei den meisten hatte ich das Gefühl, als bliebe immer ein wenig emotionale Distanz, und ich wollte mehr über sie erfahren und ihnen sozusagen näher kommen! Ich vermute und hoffe aber, dass genau das in den nächsten Bänden passieren wird - immerhin ist dieses Buch der Serienauftakt und die Autorin muss eine Menge an Informationen unterbringen, so dass sie vielleicht nicht immer in die Tiefe gehen kann. Mit den männlichen Charakteren hatte ich zum Teil so meine Probleme... Sie sind fast alle atemberaubend gutaussehend, und in vielen Szenen reden sie über Frauen, als seien sie Eigentum - wenn auch kostbares Eigentum, das beschützt werden muss.

"Du sollst eines wissen: Falls du versuchst, mich zu verlassen, werde ich Jagd auf dich machen und dich zurück in meine Festung schleifen."

Schreibstil: Der Schreibstil lässt sich überwiegend gut und flüssig lesen - nur in erotischen Szenen wird er für meinen Geschmack zu schwülstig.

"Er spürte seinen Samen anschwellen, gierig danach, ihre verborgenen Räume zu fluten, und ein Kind mit ihr zu zeugen, damit sie es an ihre herrliche Brust setzte."

Tempo: Das Buch hat überwiegend ein sehr angenehmes Tempo - nicht so schnell, dass man nicht mehr mitkommt und zurückblättern muss, um Dinge nachzulesen, aber schnell genug, dass es nie langweilig wird! Die Actionszenen sind rasant geschrieben, und viele davon konnte ich mir sehr gut als Filmszene vorstellen.

Glaubwürdigkeit: Die wissenschaftlichen Erklärungen der Mutationen und Fähigkeiten haben mich nicht immer 100%ig überzeugt, aber ich empfand das als wenig störend. Schwerer zu schlucken fand ich einige Gewaltszenen - nicht, weil sie mir zu blutig waren, sondern weil sie mir unrealistisch bis unmöglich erschienen. Zum Beispiel reißt ein Charakter jemandem den Arm aus (das lässt sich noch mit übermenschlicher Kraft durch Mutationen erklären) - und schlägt ihm dann mit dem Arm (also einem relativ weichen, leichten "Gegenstand") den Kopf ab.

Romantik: Bei der Liebesgeschichte fehlte mir das Gefühl, dass sie sich natürlich und nachvollziehbar entwickelte. Matthias hat noch kein Wort mit Jessa gewechselt, da hat er schon Fantasien darüber, wie sie ihren gemeinsamen Sohn säugt. Wenig später beobachtet er sie heimlich in ihrer Wohnung, das hatte für mich etwas unangenehm Stalker-haftes. Jessa sträubt sich lange gegen ihre Anziehung zu Matthias, die nicht wirklich begründet wird sondern einfach da ist (sie wundert sich selber darüber), und dann geht auf einmal alles wahnsinnig schnell.

Erotik: Wie oben schon erwähnt, war mir der Schreibstil bei den erotischen Szenen zu schwülstig, aber wenigstens sind sie recht einfallsreich.

6 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.10.2013
Der Schattenjäger / Crossover-Reihe Bd.2
Moriarty, Chris

Der Schattenjäger / Crossover-Reihe Bd.2


sehr gut

Pro:
Wie schon im ersten Band die Mischung aus Historie und Magie mich wieder völlig in den Bann gezogen. Es vergeht kaum ein Kapitel, in dem sich nichts Magisches, Fantastisches ereignet, und dennoch hat man den Eindruck, dass einem der Hauch der Geschichte aus den Seiten entgegenweht! Denn es gibt Vieles, was durchaus unserer Realität entspricht, wie z.B. die Lebensweise der jüdischen Einwanderer im New York des frühen 20. Jahrhunderts. Aber wer den ersten Band gelesen hat, wird das ja schon erlebt haben, genauso wie die dichte Atmosphäre und den Schreibstil, der alle Sinne anspricht.

Auch in diesem Band werden wieder ganz nebenher soziale Themen wie Rassismus und Klassismus angesprochen, mit denen sich nicht nur die russischen Juden, sondern auch andere Einwanderer wie die Iren oder Italiener herumschlagen müssen. Das ist historische Fantasy mit echtem Tiefgang! Allerdings muss man sich darauf einlassen, dass das Tempo eher ein ruhiges ist und die Spannung sich langsam aufbaut.

Sacha war mir wieder ebenso sympathisch wie im ersten Band, auch wenn er nach wie vor schlechte Entscheidungen trifft und den falschen Leuten vertraut beziehungsweise nicht vertraut... Manchmal musste ich mir wirklich auf die Lippen beißen, um ihm nicht lautstark von irgendwas abzuraten! Was ich der Autorin sehr zugute halte ist die Tatsache, dass Sascha die Konsequenzen seiner Handlungen wirklich tragen muss, auch wenn es manchmal sehr traurig war. Hier gibt es keine magische Lösung, die wundersamerweise alles heilt und wiederherstellt, aber gerade das führt dazu, dass Sascha sich Schritt für Schritt weiterentwickelt, und Charakterentwicklung ist mir in Büchern immer sehr wichtig.

Lily kommt mir manchmal ein wenig vor wie Hermine Granger aus Harry Potter - sie ist wissbegierig, oft etwas altklug und besserwisserisch, mutig und entschlossen... Aber sie ist die Tochter reicher Eltern aus den höchsten sozialen Kreisen, und so sind einige Dinge anscheinend doch noch in ihr verwurzelt, wie zum Beispiel eine gewisse unterschwellige Überheblichkeit gegenüber weniger priviligierten Menschen. Da konnte ich manchmal nur mit dem Kopf schütteln, aber auch Lily wächst im Laufe des Buches an den Ereignissen.

Inspektor Wolf ist und bleibt schwer zu durchschauen. Man erfährt in diesem Buch immer mal wieder ein bisschen über sein Leben und seine Überzeugungen, aber dennoch ist das Bild, dass ich von ihm im Kopf habe, immer noch das eines Mannes, der seine Gefühle hinter einem unverbindlichen Lächeln versteckt. Und dennoch mag ich Wolf, irgendwie, und er ist wahrscheinlich der Charakter, über den ich am meisten nachdenke.

Und natürlich kommt auch Morgaunt wieder vor, der skrupellose Drahtzieher hinter vielen der Geschehnisse in New York. Morgaunt kommt mir manchmal so vor wie Moriarty in den Geschichten um Sherlock Holmes... Die stets präsente Nemesis im Hintergrund.

Kontra:
Wie schon erwähnt, baut sich die Spannung eher langsam auf und man muss sich als Leser auf das Tempo einlassen, was sicher nicht jedermanns Sache sein wird.

Was mich etwas enttäuscht hat: Saschas Gabe, die Magie anderer Menschen sehen zu können, spielt so gut wie gar keine Rolle. Kein Wunder, dass er selber sie nur für einen dummen Trick hält! Aber ich bin sicher, dass da mehr dahinterstecken muss, schließlich will nicht nur Wolf Sascha Magie beibringen, auch Morgaunt scheint der Meinung zu sein, dass er ein mächtiger Magier werden wird... Aber bisher erfährt man fast nichts darüber, was das zu bedeuten hat. Ich hatte öfter das Gefühl: jetzt wird es aber mal Zeit, dass das näher erklärt wird - genau wie ich öfter das Gefühl hatte: jetzt könnte dir Autorin aber mal aufhören, so geheimnisvoll zu sein, und uns mehr über Wolf erzählen.

Zusammenfassung:
Trotz des eher langsamen Tempos hat mich das Buch durchaus überzeugt, besonders wegen der historischen Atmosphäre, die jede Seite durchdringt. Ich werde definitiv auch den nächsten Band lesen (wenn es denn einen gibt)!

Bewertung vom 22.10.2013
Frostblüte
Marriott, Zoë

Frostblüte


ausgezeichnet

Normalerweise tue ich mich mit High Fantasy (also Fantasy, die in einer anderen Welt spielt) eher schwer, aber "Frostblüte" hat mich von der ersten Seite an gepackt und nicht mehr losgelassen. Die Autorin baut ihre Welt so geschickt auf, dass ich nie den Eindruck hatte, von all den fremden Ländern und Kulturen oder den Namen der zahlreichen Charaktere erschlagen zu werden. Alles ist originell und frisch, und dennoch wirkt es vertraut und spricht es den Leser auf emotionaler Ebene mühelos an.

Die Charaktere sind großartig, besonders Frost, die Protagonistin. Sie hatte eine schwere Kindheit: ihre Mutter hat sie einerseits geliebt, andererseits aber auch gefürchtet und vielleicht sogar gehasst, wegen des Dämons, über den sie manchmal die Kontrolle verlor. Alle paar Wochen oder Monate mussten sie deswegen weiterziehen, um der Verfolgung durch aufgebrachte Dorfbewohner und Inquisitoren der beiden Kirchen zu entgehen.

Auch im Alter von 17 Jahren hat Frost noch mit dem Dämon in sich zu kämpfen - und mit Selbstzweifeln und Selbsthass, die sie daran hindern, sich auf Freundschaft oder gar Liebe einzulassen. Und so wird die Geschichte, die durchaus genug an Schlachten und Intrigen zu bieten hat, um Fans klassischer Fantasy zufriedenzustellen, auch zur Geschichte einer Selbstfindung. Auf der Suche nach der Feuergöttin, die den Dämon vielleicht vertreiben kann, muss Frost lernen, sich selbst zu vergeben und sich selbst zu vertrauen. Nur sie kann sich selber retten.

Luca, der Anführer der Berggarde, ist fest entschlossen, ihr dabei zu helfen. Er glaubt nicht an Dämonen sondern vermutet, dass Frost aufgrund eines Traumas immer dann in rasende Wut verfällt, wenn sie etwas an dieses Trauma erinnert. Ob er damit recht hat - das müsst ihr schon selber lesen! Ich fand es sehr rührend, wie er sich bemüht, Frost vorurteilsfrei zu unterstützen - auch wenn ihn das am Ende fast ins Verderben stürzt.

Arian, sein bester Freund und Ziehbruder, kommt einem erst vor wie ein aggressiver, unsympathischer Rohling - und tatsächlich kann ihn in der Berggarde außer Luca auch niemand leiden. Aber Frost stellt schnell fest, dass sich hinter der Fassade ein ganz anderer Mensch verbirgt, der ihr gar nicht so unähnlich ist, und so entspinnt sich eine zaghafte Freundschaft. Diese war für mich eins der schönsten Dinge an diesem Roman!

An der Liebesgeschichte hat mir sehr gut gefallen, dass sie nicht unproblematisch ist. Die Liebe ist hier nicht einfach, sie ist kein Allheilmittel, aber sie wird dennoch als Quelle von Trost und Kraft geschildert und gibt dem Buch die nötige Wärme.

Spannung kommt einerseits auf, weil man wissen möchte, ob Frost es schaffen wird, mit sich selbst ins Reine zu kommen und den Dämon zu besiegen, und andererseits, weil die Berggarde es mit einem skrupellosen Feind zu tun bekommt, dessen Handlanger wehrlose Menschen überfallen, ihre Besitztümer stehlen und sie dann töten oder als Sklaven verschleppen. Dabei spricht die Autorin behutsam das Thema Rassismus und Vorurteile an - weswegen ich es auch so schade finde, dass Frost auf dem Cover nicht dunkelhäutig ist, wie sie beschrieben wird.
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin benutzt viele Bilder und Metaphern, die das Thema "Frost" aufgreifen, was dem Buch eine ganz eigene Atmosphäre gibt.

Kontra:
Jetzt, wo ich das Buch gelesen - oder eher verschlungen! - habe, stört mich eines sehr am Cover: das Mädchen sieht überhaupt nicht aus wie Frost! Frost hat kupferbraune Haut, breite Wangenknochen und eine flache Nase. Ich habe sie mir wie eine Inuit vorgestellt, da sie auch aus einer sehr kalten Gegend stammt. Da kommt mir der deprimierende Gedanke: würde sich das Buch schlechter verkaufen, wenn ein dunkelhäutiges Mädchen auf dem Cover wäre?

Zusammenfassung:
Das Buch war für mich eine echte Überraschung und ein ganz großes Highlight!

Bewertung vom 19.10.2013
Die Liste der vergessenen Wünsche
Gold, Robin

Die Liste der vergessenen Wünsche


ausgezeichnet

Ich habe den Roman kurz vor dem Schlafengehen mit dem Vorsatz angefangen, schon mal das erste Kapitel zu lesen. Um 02:33 morgens habe ich es dann mit roten Augen und einem glückseligen Lächeln im Gesicht zugeklappt. Was für ein wunderschönes Buch, das den Leser auf eine unglaubliche Reise mitnimmt und dabei die volle Bandbreite menschlicher Emotionen heraufbeschwört! Ich habe gelacht und geweint, war himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt...

Aber mal der Reihe nach.

Cover & Ausstattung: Das Cover der deutschen Ausgabe ist einfach, springt aber dennoch direkt ins Auge und vermittelt meiner Meinung nach wunderbar die träumerische Grundstimmung des Romans. Ich habe mich beim Lesen immer wieder dabei ertappt, das Buch zu streicheln - der Einband ist aus dickem, strukturiertem Papier gemacht, das dem Ganzen etwas Besonderes und Edles gibt. Auch die Innenseite des Deckels ist liebevoll gestaltet: hier findet man schonmal einige von Claras Wünschen.

Originalität: Die Idee, dass die Wunschliste eines kleinen Mädchens viele Jahre später zum Schlüssel ihrer Trauerbewältigung wird, fand ich durchaus neu und frisch, und auch die Umsetzung umschiffte gekonnt sämtliche Klischees.

Spannungsaufbau: Ich habe von Anfang an mit Clara mitgelitten, und konnte die Seiten gar nicht schnell genug umblättern. Besonders ab dem Zeitpunkt, als Clara begann, ihre Liste abzuarbeiten, was sie usprünglich gar nicht geplant hatte! Ich wollte unbedingt wissen, wie sie es schaffen würde, die schwierigeren Aufgaben zu erfüllen. Außerdem ergeben sich schnell ungeahnte zwischenmenschliche Komplikationen...

Oft greift das Schicksal Clara ganz schön unter die Arme, und jetzt könnte man vielleicht bemängeln, dass das unrealistisch ist. Z.B. ist ein Punkt der Liste, dass Clara ein Lebkuchenhaus backen und zusammensetzen will, ohne auf "Bausätze" und Backmischungen zurückzugreifen - und siehe da, ein Sternekoch, den Clara total bewundert, bietet einen Kurs für Lebkuchenarchitektur an! Mich hat das, zu meiner eigenen Überraschung, kein bisschen gestört, denn das Buch hatte für mich einfach etwas Märchenhaftes, und in Märchen passieren solche Dinge eben.

(Übrigens: der englische Titel "Once upon a list" suggeriert schon, dass es sich hier um ein modernes Märchen handelt, denn Märchen beginnen im Englischen mit "Once upon a time".)

Charaktere: Clara war mir direkt sehr sympathisch, und auch ihr Bruder Leo ist unheimlich liebenswert und rührend um seine "kleine" Schwester besorgt. Auch die Sorgen der Mutter, die hilflos zusehen muss, wie ihre Tochter immer dünner wird und immer weniger am Leben teilnimmt, haben mich sehr berührt. Überhaupt werden alle Charaktere dreidimensional, mit Ecken und Kanten, und mit Liebe zum Detail beschrieben, so dass ich nie das Gefühl hatte, nur über erfundene Figuren zu lesen.

Schreibstil: Der Schreibstil ist wunderbar rund, schlüssig und gut zu lesen, da fliegen die Seiten vorbei wie nichts. Ich hoffe sehr, dass bald auch die anderen Bücher der Autorin ins Deutsche übersetzt werden!

Tempo: Für mich kam nie Langeweile auf. Das Buch ist nun mal kein Thriller oder ein Action-Reisser, insofern jagen sich hier die Ereignisse natürlich nicht im halsbrecherischen Tempo, aber ich fand das Tempo für die Geschichte genau richtig.

Humor: Für ein Buch, in dessem Zentrum ein tragischer Verlust und die darauf folgende Trauer steht, gibt es doch viele humorvolle Szenen, die aber nie pietätslos wirkten sondern sich wunderbar in die Geschichte einfügen.

Romantik: Ja, es gibt eine Liebesgeschichte. Ich war mir erst nicht schlüssig, ob ich das jetzt gut finden soll oder nicht, denn immerhin ist Clara am Anfang des Buches noch krank vor Trauer... Aber letztendlich fand ich es sehr behutsam und passend geschildert, und die Liebe ist hier auch kein wundersames Allheilmittel.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.10.2013
Die dunkle Prophezeiung des Pan / Pan-Trilogie Bd.2 (eBook, ePUB)
Regnier, Sandra

Die dunkle Prophezeiung des Pan / Pan-Trilogie Bd.2 (eBook, ePUB)


gut

Pro:
In Originalität steht der zweite Band dem ersten in nichts nach. Zeitreisende Elfen, Druiden, Prophezeiungen, sprechende Bilder, verknüpft mit dem Alltag eines scheinbar normalen Mädchens - die auf ihre eigene Art etwas ganz Besonderes ist.

Positiv fand ich, dass Felicity sich endlich gegenüber ihrer Familie behauptet, von der sie sich lange Zeit wie ein Fussabtreter hat behandeln lassen. Sie hat ihre Ziele und Träume und besitzt jetzt auch das Selbstvertrauen, dafür gegenüber ihrer Mutter und ihren selbstsüchtigen, neidischen Geschwistern einzustehen. Sehr interessant fand ich, wie sich die Dynamik innerhalb ihres Freundeskreises durch ihr neues Selbstbild verändert - was oft nicht unproblematisch ist, sondern durchaus auch mit Neid und Enttäuschung quittiert wird, was Felicity vor ungeahnte Zweifel und Probleme stellt.

Felicitys Zeitreisen sind zwar manchmal etwas ziellos (s. Kontra), aber dennoch größtenteils unterhaltsam. Amüsant war, wie menschlich und stinknormal historische Figuren aus Felicitys Sicht wirken!

Der Schreibstil hat mir nicht ganz so gut gefallen wie im ersten Band, aber er ließ sich immer noch locker runterlesen und hat mich unterhaltsam durch die Geschichte gelotst. Den Humor fand ich oft richtig klasse (ich sage nur: drei Elfen namens UPS, FedEx und Hermes), aber manchmal auch etwas zu aufgesetzt.

So etwa ab der Mitte hat mich das Buch richtig gepackt und dann war ich sehr gespannt, wie es weitergeht und wo das alles enden wird.

Kontra:
Ziemlich überzogen fand ich, wie viele Verehrer Felicity plötzlich hat. Anscheinend will sie so ziemlich jeder Mann - auch die, die Felicity bisher komplett ignoriert haben! Ja, dafür gibt es bestimmt noch eine (magische) Erklärung, aber ich fand es trotzdem nach einer Weile etwas nervtötend.

Ich wurde in diesem Band auch irgendwie nicht richtig warm mit Felicity, was allerdings nicht an ihrem neuen Selbstbewusstsein lag, das ihre Freunde (meiner Meinung nach zu Unrecht) als Überheblichkeit und mangelnde Loyalität bemängeln. Was mich zum Beispiel gestört hat: auf einmal verlässt sie sich, statt Dinger selber zu klären, darauf, dass das schon jemand anders für sie tun wird, z.B. Lee. Bisher hatte ich eigentlich den Eindruck, dass Felicity sich selbst behaupten kann und dafür keinen starken Mann braucht.

Außerdem fand ich wenig glaubwürdig, wie sie zum Teil auf bedrohliche Situationen reagiert. Ihr Bruder wird erpresst - und zwar damit, dass der Erführer droht, Felicity etwas anzutun! Und sie ist zwar sauer auf ihren Bruder, unternimmt aber nichts zu ihrer Sicherheit. Statt dessen lebt sie einfach weiter, wie gehabt, ohne sich auch nur groß Gedanken darüber zu machen.

Lee, der im Verlauf des ersten Bandes eigentlich zunehmend Pluspunkte bei mir gesammelt hatte, hätte ich manchmal am liebsten die Meinung gegeigt: er kann so furchtbar oberflächlich sein! Außerdem wird er Felicity gegenüber manchmal richtig herrisch, und da hatte ich ungute Erinnerungen an Twilight und daran, dass Edward immer viel besser wusste als Bella, was gut für sie ist.

Manchmal hatte ich den Eindruck, dass es etwas an Struktur fehlt: die Geschichte springt zwischen den Zeiten, den Handlungssträngen und den Erzählperspektiven hin und her, und manche Entwicklungen verlaufen dabei irgendwie im Sand. Auch Felicitys Zeitreisen scheinen oft etwas ziel- und wirkungslos, und manchmal sogar etwas langatmig. Da habe ich mich öfters gefragt: warum das Ganze? Wie hat dieser Zeitsprung die Handlung vorangebracht, und wäre das nicht auch kürzer oder anders gegangen?

Was mir richtig störend aufgefallen ist: das Buch enthält unheimlich viele Fehler. Doppelte Wörter, fehlende Wörter, kleinere inhaltliche Ungereimtheiten...

Trotz der Schwächen würde ich allen, die das erste Buch gelesen und gemocht haben, den zweiten Band durchaus empfehlen. Die Geschichte ist immer noch origineller als vieles, was zur Zeit auf dem Markt ist, und auch gut geschrieben.

Bewertung vom 15.10.2013
Die Goldatmerin
Markgraf, Susanne

Die Goldatmerin


ausgezeichnet

Das ist mal wieder so ein Buch, das ich nicht in mein übliches Pro-Kontra-Schema pressen möchte und kann. Dafür ist es einfach zu außergewöhnlich, und Dinge wie Spannungsaufbau und Tempo werden bei diesem Buch nicht darüber entscheiden, ob ein Leser es mit Gewinn lesen wird oder nicht.

Als ich das Buch das erste Mal in der Hand hatte, habe ich natürlich direkt die Beschreibung hinten auf dem Einband gelesen:

"Die 13-jährige Lisa Lehmann flüchtet sich von Zeit zu Zeit in die Welt der Farben, in der sie auf riesigen Vögeln, den Di'erabinai, reiten und mit ihrem Freund und Beschützer, dem großen Wolf Do'inoboro, dem Unaussprechlichen aus dem Weg gehen kann. Mit der Kraft der Farbmagie lernt sie, sich dem Ungeheuerlichen zu stellen."

Aha. Also ein Fantasyroman für Kinder? Hmm. Als nächstes kam der Klappentext dran:

"Lisa Lehmann, 13 Jahre alt, ist alles in allem ein ziemlich pfiffiges Mädchen. Allerdings: Lisa tickt nicht richtig. Deshalb geht sie jede Woche zu Frau Dr. Freudensprung, die nicht nur Psychologin, sondern darüber hinaus auch Farbmagierin und Hüterin eines ganz besonderen Tores ist.

Bald wird klar, warum Lisa nicht richtig tickt: Es hat etwas mit dem Vater zu tun. Lisa ... komm ... lass mich das machen ... So lockt Lisas Schattenschwester Lena sie an fremde, geheimnisvolle Orte, sobald der Vater auf der Bildfläche erscheint. Immer stärker wird Lisas Drang, zu erfahren, was es mit dem Vater auf sich hat. Mit der Hilfe von Frau Doktor Freudensprung, dicht gefolgt von den Völkern der Do´inoboroì und der Di´erabinaì, sowie den Wiesenleuten, gelangt Lisa endlich an das Tor der Tore, hinter dem sich der Abgrund der vollkommenen Erinnerung befindet. Gut, dass Lisa in die Geheimnisse des Goldatmens eingeweiht wird, denn nur dank dieser speziellen Farbmagie wird sie am Ende ihrer Suche eine erstaunliche Entdeckung machen..."

Oh... Hier ist schon ziemlich eindeutig, worum es gehen wird: sexueller Missbrauch und Trauma-Bewältigung. Verrät das denn nicht schon zu viel, so dass die Spannung verloren geht? Nein, habe ich später festgestellt, denn in diesem Buch ist, wie im Leben, der Weg das Ziel.

Das Vorwort hat der Chefarzt einer psychosomatischen Klinik geschrieben, und damit ist auch klar, dass die Autorin dieses Buch aus persönlichen Erlebnissen heraus geschrieben hat. Also eine Art Autobiographie in Fantasy-Verpackung? Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich einfach in die Geschichte habe fallen lassen, ohne mich ständig zu fragen, was ich hier eigentlich lese... Aber sobald ich mich darauf eingelassen hatte, hat mich das Buch nicht mehr losgelassen.

Was mich immer wieder tief beeindruckt hat: trotz der herzzerreissenden, traumatischen Geschehnisse, die Lisas Reise zugrunde liegen, strahlt das Buch eine unglaublich positive Energie aus - der Fokus liegt nicht auf Hass, sondern Heilung, nicht auf Trauer, sondern der Liebe zum Leben. Natürlich war ich beim Lesen oft betroffen und wütend, aber auch positiv berührt und hoffnungsvoll. So bunt, fantasievoll und poetisch habe ich dieses Thema noch nie verarbeitet gesehen, mit einem wirklich einzigartigen, außerwöhnlichen Schreibstil. Im letzten Viertel gibt es noch eine unerwartete Wendung, die mich sehr überrascht hat... Lisa ist dabei stets eine sympathische Heldin, mit der man mitfiebert und der man die Daumen drückt. Zum Schluss habe ich das Buch mit einem Gefühl warmer Zufriedenheit und großem Respekt vor der Autorin zugeschlagen.

"Die Goldatmerin" ist ein Buch, auf das man sich einlassen muss, aber es lohnt sich!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.